Über natürliche Vitalität und Dekadenz-Phänomene in moderner Gesellschaft
Foto: Carl Gibson
Pralles Leben - dem Tode geweiht?
Wo ist der "gallische Hahn" noch in Deutschland aufzufinden?
Auf der Chianti-Flasche als "gallo nero"
oder
auf dem Misthaufen,
dort, wo er hingehört: in die freie Natur?
Wer in "archaischer Gesellschaft" gelebt hat, wird sich wundern, wenn er nach Deutschland kommt:
Die Katze an der Leine,
das Schwein an der Kette,
die Kuh im Stall,
der Vogel im Käfig ...
Überall, wo man hinblickt in unserer "offenen Gesellschaft", liegt die Kreatur in Ketten.
Der Mensch wird frei geboren - und doch liegt auch er überall in Ketten,
auch nach Jean-Jacques Rousseau in dieser neuen Welt der Freiheit.
Wenn der Mensch auf den Hund gekommen ist, dann fällt ihm noch manches ein, was Staunen und Verwunderung auslöst:
High-Land-Rinder in der Tiefebene,
Lamas im Flachland,
Strauße auf üppigem Weideland
und Bergziegen im Tal.
Doch weitaus schlimmer ist das, was sich in den Gefängnisse der Tierwelt vollzieht,
in den Ställen und Käfigen,
wo der - selbst schon unfrei und pervers gewordene Mensch - die Mit-Schöpfung und Kreatur zum
Mittel zum Zweck reduziert
und mit dem Leben so umgeht, wie es der Krone der Schöpfung gerade passt.
Die Krone der Schöpfung der Mensch das Schwein?
Oder
- die Krone der Schöpfung das Schwein der Mensch?
Der moderne Mensch, der schnell satt werden will, um dann anderen "Werten" nachzujagen,
hat das Tier zu einem würdelosen Objekt reduziert,
zu einem Industrie-Produkt,
das er unreflektiert verschlingt,
wenn er das eine oder andere nicht gerade zu seinem Spiel-Objekt reduziert hat wie die Katze und den Hund,
die ihm in verzweifelter Vereinsamung den "Mitmenschen" ersetzen.
Vor einiger Zeit habe ich etwas beobachtet, was andere "wissenschaftliche Köpfe" als "Experiment" einstufen würden:
Eine Gruppe Hähne "in freier Wildbahn"!
Von der Wiege bis zur Bahre.
Das Leben eines Gockelhahn - ein inzwischen sehr seltenes Bild in Deutschland!
Weshalb?
Das pralle Leben ist dem Tod geweiht!
Der Hahn ist nicht wert, dass er lebt!
Aber er ist wert, das er zu Grunde geht!
Ein Gockelhahn aus einem guten Dutzend mit der Gnade des Überlebendürfens.
"Glückliche Hähne" in natürlicher Umgebung
auf der Suche nach Regenwürmen im Komposthaufen des Freizeit-Grundstücks irgenmdwo im Südschwarzwald.
Harmonie wie im Urzustand des Gartens Eden.
Ein stolzer Hahn - philosophisch kontemplativ in die Welt schauend -
abgekehrt, mit einer Prise Weltverachtung:
Sein oder Nichtsein - diese Frage bestimmt der Mensch.
Drei Hähne und ein Huhn im Staub- und Sonnenbad.
Dolce far niente und carpe diem in ora et labora?
Jede "Rivalität" ist fern.
Hahnenkampf inmitten der Natur - ein seltenes Bild.
Da "Hähne" fast nie die Chance zum Überleben erhalten,
sondern gleich nach dem Schlüfpen schon als Kücken abgetöt und in der Regel an andere Tiere im Zoo verfüttert werden,
kennt man ähnliche Bilder nur aus den Wett-Höllen Südostasiens.
Scharren auf dem Mist - Ich scharre, also bin ich!
Scharren ist wesensgemäß für Hühner und Hähne, es sei denn,
sie müssen im Käfig leben und dort im Unglück
Eier produzieren - wie am Fließband,
manchmal bei Kunstlicht sogar zweimal am Tag.
Aufforderung zum Tanz?
Nein, nur eine Auftakt zur Abklärung des Ranges in der Hackordnung
- ist das bei Menschen im Mobbing-Zeitalter viel anders?
Ein stolzer Hahn in Freiheit -
Vitalität und Kraft.
Mutter und Kind - auch in der Tierwelt beginnt alles klein.
Mutter Glucke mit ihrem einzigen Kücken
Aus dem kleinen, wohlbehüteten Kücken sollte bald ein glückliches Huhn werden.
In trauter Gemeinschaft - wer ist "Huhn" und wer ist "Hahn"?
Keiner fragt danach - "glückliches" Leben in unmittelbarer Entfaltung
Eile mit Weile - doch Vorsicht:
Manche Weinberg-Schnecke landet als "Badischen Schneckensuppe" im Kochtopf oder im Magen der vitalen Hühnner und Hähne.
Hühner im Hühnerhof daheim - auch dort ist ein artgerechtes Hühner-Dasein möglich,
zur Freude der Kinder aus der Umgebung,
die oft noch kein eierlegendes Federvieh hautnah erlebt haben.
über Naturnähe und Naturferne,
über eigentliches Sein,
überinnere Diskrepanzen
und über Dekandenz,
die der Natur-Entfremdung unmittelbar folgt.
Das Leben der Hähne -
Ich hatte die Chance, den gesamten Lebenszyklus der Ungewollten mit zu verfolgen:
vom Schlüpfen aus dem Ei im Brutkasten
bis zum Tod im grünen Gras als Beute der "Beutegreifer".
Die meisten "Hähne" landeten nämlich nicht - wie vielleicht angedacht - im Kochtopf des Gourmet-Kochs zwecks Steigerung der eigenen Lebensfreude,
sondern in den Krallen des "Hühner-Habichts",
der auch Hähne nicht verschmäht.
Während der riesige Mäuse-Bussard den prächtigen Vögel nichts anhaben will,
stürzen sich Habichte und Wanderfalken auf Huhn und Hahn,
hacken sie tot,
rupfen sie etwas,
picken etwas Fleisch aus der wohlgenährten Brust
und fliegen dann wieder davon.
Beutegreifer und Raubtiere jagen, töten, um zu überleben.
Der Mensch, der größte und rücksichtsloseste aller Räuber, unterwirft die Schöpfung,
um zu seinem Zweck zu gelangen!
Wachteln aus der Massenzucht - in Frankreich isst man sie gern, auch die Perlhühner.
Darf der Mensch als Krone der Schöpfung ihm unterlegene Lebensformen unterwerfen und töten,
um selbst zu bestehen?
Ist das Abschlachten von Tieren legitim?
Buddhisten und Anarchisten wie Leo Tolstoi würden sagen:
Nein,
mit Hinweisen auf die "Schlachthöfe", Schlachtbänke" und "Schlachtfelder".
Christen, Moslems und Juden meinen:
Vielleicht!
Doch bestimmt nicht - wie bisher praktiziert - von der Natur entfernt.
Der Hahn im heutigen Abendland - er hatte einige Vorzüge:
er ist prächtig und schön anzusehen!
Nachteilig ist, dass dieses stolz-vitale Symbol- und Wappentier auch "kräht".
Einige zart besaitete Wanderer ertragen nicht mehr das helle Krähen der Hähne in freier Natur,
ebenso wie sie den Weck-Ruf des Haushahns am frühen Morgen nicht mehr hören können -
wie den Glockenschlag der Uhr im Kirchturm und das Geläut!
Es sind die gleichen Leute, die mit dem Lärm der Straße leben ... und mit dem Grill-Hähnchen aus der Fabrik, dessen Stunden peplant und gezählt sind
und um dessen "Glück" sich keiner kümmert.
Das Glück der Tiere - eine Illusion!?
Wohl dem, der in Deutschland ein Hund ist oder eine Katze!
Dann geht es ihm in der Regel gut!
Doch nimmermehr ein Hahn!
Der Hahn wird mehr und mehr zur Märchenfigur,
zum abstrakten Symbol für etwas,
was sein sollte,
was aber nicht mehr ist.
Wie dekandent sind wir eigentlich?
Todbringende Keime - wie den EHEC-Errger - suchen wir neuerdings in vegetarischern Produkten, statt nachzusehen, wo "Fleisch" degeneriert oder wo gute fleischliche Nahrungsmittel mit Fäkal-Bakterien versucht werden,
nur weil man den "industriellen Prozess" der Nahrungsmittelgenerierung nicht mehr voll im Griff hat!?
Irrwege und Pestilenz resultieren aus der Natur-Ferne des modernen Menschen, der diesem Umstand nicht wahrhaben will
oder nicht wahrhaben kann,
weil ihm vieles nicht bewusst ist.
Die Wisssenschaftsnation eines Koch und Virchow tappt im Dunkeln - ein Hohn auf den gesunden Menschenverstand und auf die Wissenschaftsgläubgkeit unserer Zeit.
Zurück zur Natur?
Die Forderung ist alt - Jeder von uns kann mithelfen, den Weg zu beschreiten,
im Denken und im Handeln.
Hühner im Gemüsegarten -
während des Umspatens schnappen sie nach Regenwürmern und anderen Kleinlebewesen.
So bleiben Hühner gesund und ihre Eier nahrhaft.
Hühner im natürlichen Umfeld
Mehr Tierisches aus meiner Feder als Fabel, Parabel und Parodie unter:
http://carl-gibson-satire.blogspot.com/
Hier ein Auszug:
Protest der Tiere
Der Eindruck, den der verwegene Meister der Sophistik hinterlassen hatte, wirkte nach.
„Wenn die Welt auch insgesamt schlecht ist,
kombinierte Faustinus,
„dann gibt es immer noch edle Charaktere wie diesen Fuchs, die einen den Glauben an die Tierheit aufrechterhalten lassen.“
Von der Zuversicht genährt, die andere Zweckoptimismus nannten, trottete der Sylvanier stadteinwärts, um noch mehr von den kolossalen Bauten zu sehen, in welchen die Angehörigen der Nomenklatur und die Kader Partei- und Staatsführung residierten.
Von der Zuversicht genährt, die andere Zweckoptimismus nannten, trottete der Sylvanier stadteinwärts, um noch mehr von den kolossalen Bauten zu sehen, in welchen die Angehörigen der Nomenklatur und die Kader Partei- und Staatsführung residierten.
Wohin er auch blickte; überall sah er wölfische Kunst strotzend vor Kraft und Freude; und immer wieder weiße Spruchbänder mit blutroter Tinte beschriftet, die von der „neuen Zeit“ kündeten, vom „neuen Tier“ und von der „neuen bestialischen Gesellschaft des Lichts“, wo alle Tiere irgendwann in Eintracht und Harmonie göttergleich und glücklich leben würden – wie die friedfertigen Esel in Concordia.
Utopia war nicht mehr weit entfernt – es musste nur noch vollendet werden.
Die meisten, recht knapp gehaltenen, doch aussagekräftigen Aufschriften erinnerten an die Diktion des Latinischen, das auf den Stamm der Wölfin zurückging. In der Regel wurden sie mit einem emphatischen „Vivat“ eingeleitet, wobei man sich das „Crescat“ und „Floreat“ nur noch hinzu zu denken brauchte.
Dem „Es lebe“ war ein markantes, der ideologischen Ausrichtung des idealen Lichtstaates entsprechendes Schlüsselwort zugesellt, das vereinnahmend und bewusstseinsbildend wirken sollte. Beliebt waren Begriffe wie Lupismus, Das neue Tier, Wolf, Rudel, Art, bestia triumphanss, Partei.
Das mit Abstand am häufigsten eingesetzte, über alles erhabene aber war das heilige Wort „Lupus“ – der Leitbegriff schlechthin, weil Lupus der Führer als gottgleicher Pharao oder Cäsar alles war – auch das Volk und der Staat.
Keine sprachliche Steigerung reichte aus, um seine Meriten zu beschreiben und seinen Wert allen zu verdeutlichen.
„Ein Glück, dass ihr mich gefunden habt“,
soll Lupus einmal in einer fulminanten Rede gesagt haben.
Er galt als ein vollendeter Redner, großartiger noch als Demosthenes. Und ein ausgekochter Demagoge sei er noch dazu, meinte einmal ein Spötter im Übermut, bevor er für immer im Loch verschwand.
Armee und Volk waren längst auf den Führer vereidigt worden. Wer sich seinem Befehl auch nur wimpernzuckend widersetzte, wurde standesrechtlich erschossen, auf der Stelle.
Das hehre Endziel duldete keine Meuterei.
Jeder Widerstand war zwecklos.
Wer aber dem Leittier aller Wölfe zujubelte, ehrte sich selbst, auch wenn er von Haus aus ein Esel war.
Ovationen, von den weisen Dichtern und Denkern ersonnen, dann vom allmächtigen Propaganda- Ministerium des Kardinals autorisiert, wurden feierlich im großen „Chorus mysticus“ skandiert, feierlich und ehrfurchtsvoll wie im Gottesdienst. Zustimmungsrufe ertönten monologisch im Dauerrefrain:
„Sieg heil, Hau, Hau!
Ewiges Heil Dir, Erbauer der Zukunft!
Sieg heil, Hau, Hau!
Was deutete sich an?
Ein Fest?
Eine Feier?
Eine Führer- oder Heroenehrung?
Mitten auf dem Heldenplatz hatte sich gerade einige Tiere versammelt, ein stattliches Häufchen Aufrechter. Sie waren nun dabei waren, Transparente auszurollen, bunte Fähnlein zu schwingen und Losungen zu skandieren, deren Wortlaut hier seit langer Zeit nicht mehr vernommen worden war.
Merkwürdige Sprüche hallten durch die Luft, ganz neue Töne!
Faustinus wunderte sich: Kein „1. Mai“ wurde hier angepriesen, kein Tag der Karrenzieher und Steineklopfer, kein „23. August“ als Befreiungstag, als der Tag, an dem Wölfe das Joch früherer Unterdrücker für immer abschüttelten.
Kein schwindsüchtiges „Es lebe“ ertönte, noch das heuchlerische „Hau – Hau“. Nie gehörte Begriffe drangen jetzt an das Eselsohr, verbotene Ausdrücke, die man nur noch in alten Büchern vorfand. Hier und heute aber wurden sie offen in die Welt hinausposaunt, wie eine Selbstverständlichkeit:
„Freiheit! Freiheit! Freiheit, für alle Tiere der Republik!“
röhrte ein Hirsch. Entschlossen führte er den Zug der Protestierende an, der zunehmend lauter wurde. Schafe blökten und Hühner gackerten aufgeregt durcheinander.
„Brüderlichkeit unter allen Geschöpfen der Erde, der Luft und des Wassers!“
schnatterte eine Wildgans aus den Lüften herbeisegelnd.
„Aber nie wieder Gleichheit an sich – Von der Gleichmacherei auf dem Papier haben wir genug!
„Wir fordern aber die strenge Gleichbehandlung aller Tiere in der Gesellschaft und vor Gericht!“
ereiferte sich der Gockelhahn aus voller Kehle loskrähend, überzeugt ein krummes Prinzip durchschaut zu haben. Seine Hofhennen pflichteten ihm bei:
„Nie wieder wollen wir im engen Ghetto leben … und auf Kommando Eier legen müssen … bei Kunstlicht tagsüber und sogar in der Nacht! Natürliches Futter wollen wir, freien Auslauf, eine immergrüne Wiese und einen großen Misthaufen zum Scharren.“
Die Wölfe hatten auf ihrem blinden Weg zur Bestie, die artgerechte Lebensweise ihrer Mitgeschöpfe vollkommen aus dem Blickfeld verloren, auch in der Erwartung, alle Tiere aus Wald und Flur würden sich den Zielsetzungen der Lupisten unterwerfen und kritiklos an der „Gesellschaft des Lichts“ weiterbauen, auch ohne ausreichende Nahrung, warme Behausung und ein Quäntchen Lebensglück.
Jetzt machten die Vielgeplagten ihrem Unmut Luft – und sie begehrten auf, weitaus mutiger als Faustinus es je für möglich gehalten hätte. Noch war die „Würde“ den Tieren nicht abhanden gekommen; noch wehrten sie sich gegen Unrecht, auch wenn es nicht allzu viele waren.
„Wir wollen künftig nicht mehr zum Schafott geführt werden wie willenlose Kreaturen“,
rief ein Hammel.
„Wir sind nicht länger Opfertiere, sondern freie Geschöpfe mit Lebensrecht wie jede andere Kreatur auch!“
„Es sollen auch nie wieder Hetzjagden veranstaltet werden in diesem Staat, nur zum Vergnügen der Wölfe!
Wir wollen nicht weiter verfolgt werden wie Schwerverbrecher!“
meldete sich ein Wildschwein laut grunzend zu Wort.
Zahlreiche Rehe waren erschienen, auch Gämsen und Steinböcke, einst freie Tiere, die hoch oben im Fels wohnten zwischen Schnee und Eis und dorthin sprangen, wohin ihnen kein Wolf folgen konnte.
Allen voran schritt immer noch der Vierzehnender. Ein weißes Pergament zierte sein Geweih, ein Freibrief aus alten Tagen, eine Art „Magna Charta der Tiere“ in Schriftform, wo Freiheiten und Rechte aller Kreatur aus Wald und Flur mit schwarzer Tusche festgeschrieben waren für alle Ewigkeit. Sie stammte aus den Tagen Noahs und war gleich nach überstandener Sintflut für alle Zeiten aufgesetzt worden. Wie die Legende berichtete, war damals ein Regenbogen am Firmament erschienen als Zeichen des Bundes zwischen der Kreatur und den großen Vater aller Tiere, der im Himmel wohnte. Der Löwe als Kaiser und Stellvertreter des Schöpfers auf Erden hatte einst den Pakt besiegelt. Und das göttliche Recht, das Naturrecht war, wirkte fort, auch wenn wölfische Setzung es aufzuheben suchte.
„Wo die Wahrheit regiert, gibt es auch Gerechtigkeit für alle … und freie Selbstbestimmung!
Tierrechte für alle!“
mischte sich ein Wisent ein, der noch die Zeiten vor der Neuen Ordnung erlebt hatte. Dann stimmte er dumpf muhend eine Weise ergreifende Weise an, die er als verfolgter Illegalist zusammen mit liberalen Wölfen in Kerkerhaft gesungen hatte, damals, als Geier und Esel noch das Land regierten:
„Tiere, hört die Signale,
Auf zum letzten Gefecht,
Die Internationale,
Erkämpft der Tiere Recht“
Andere mehr und weniger begnadete Sänger fielen ein. Die Stimmen vereinten sich nun zu einem großen Chor der Eintracht wie damals in England, als die Tiere schon einmal auf die Barrikaden gegangen, um in Rückbesinnung auf ihre angestammten Tierrechte der Ausbeutung ein Ende setzten.
Damals auf der „Farm der Tiere“ scheiterte das Harmoniestreben der Vielen am Egoismus einzelner, am „Allzutierischen“ von wenigen. Aber auch heute war die Welt nicht viel gerechter, schon gar nicht im Wolfsstaat, wo die - offiziell abgeschaffte - Ausbeutung des Tieres durch das Tier immer noch in Blüte stand, um mit ihr als Mittel das ideale Werk zu vollenden. In Wirklichkeit herrschten Ungleichheit, Diskriminierung und Unrecht in allen Lebensbereichen. Göttlichem Recht war auch hier und jetzt kein Raum gegeben.
Dies aber war eine friedfertige Kundgebung.
Ungeachtet ernster Entschlosssenheit, waren alle Minen der Protestierenden von Zuversicht erfüllt. Die Tiere glaubten an die Macht der Veränderung über Dialog und Einsicht.
Was sprach gegen eine ideologische Neuausrichtung,
gegen eine Reform des Systems innerhalb des Systems
und gegen eine „Gesellschaft mit tierischem Antlitz“?
Einige Tiere hielten Rosen in den Pfoten, Klauen und Krallen, andere wedelten mit Ölzweigen wie an Palmsonntag. Über den Häuptern stiegen weiße Tauben auf mit der Botschaft:
„Friede allen Tieren!
Friede ist möglich!
Friede muss sein!“
Die Verfolgten, die Betroffenen, die Verfemten, die Geschundenen und Geplagten, sie alle strömten hier zusammen, friedfertig, doch entschossen, ihre Meinung und Haltung frei kundzutun. Freie Meinungsäußerung, das war ein heiliges Recht in der Demokratie! Und wenn der Wolfsstaat keine Diktatur war, dann musste das freie Wort gestattet sein, jedem und öffentlich.
Faustinus staunte. Verbrüderungsszenen überall. Hyänen, Dingos und Schakale, Schlangen, Krokodile und Warane, ein Eisbär und ein Dachs, ein scheuer Lux und sogar eine Wildkatze, ferner Ratten, Mäuse, Heuschrecken, Vogelspinnen und andere sonst gefürchtete Mitgeschöpfe hatten sich unter die Menge gemischt; sie umarmten sich nun so gut es ging mit den sonst schon friedlich und zahm wirkenden Tieren aus der Farm.
Dann bildeten alle Geschöpfe einen großen Reigen und tanzten in trauter Einheit den „Tanz der Aussöhnung“, so als ob jede künftige Gefahr für immer gebannt sei und das „goldene Zeitalter“, in dem alle Tiere gleich glücklich und zufrieden waren, jetzt anbrechen würde.
Dionysischer Taumel erfüllte den Platz.
Alle tanzten hier freiwillig. Sie jubelten so laut, wie es den Stimmen nur möglich war. Das war Freiheit und Glück zugleich!
„Siehe da“,
sagte Faustinus zu sich selbst:
„Wer frei ist, ist auch glücklich!“
Doch dann traute es seinen Augen nicht ganz. Mitten in der Menge stand ein alter Wolf, mit entschlossenem Blick ein Transparent entrollend, auf dem schwarz auf weiß in großen Lettern geschrieben stand:
„ICH KLAGE AN!“
Faustinus hatte den Alten mit dem zerzausten Fell zunächst für einen Schäferhund gehalten, für einen alten Kombattanten aus den Zeiten der Illegalität, der von seinen wölfischen Genossen längst vergessen worden war, nachdem er seine Schuldigkeit der neuen Gesellschaft gegenüber getan hatte. Doch nein, es war wirklich ein Wolf – als Untertan … in der Schar der Geschundenen?
Also gab es auch gute Wölfe, aufrichtige Wölfe, die noch den Mut und die Kraft aufbrachten, ihre freie Meinung öffentlich kundzutun?
Jetzt gab es kein Halten mehr. Der Atmosphäre des natürlichen Protests ausgeliefert und ergriffen vom Gefühl der tierischer Solidarität rannte der junge Sylvanier auf den fast schon greisen Wolf zu, um ihm zu helfen, das schwere Holz zu tragen:
„Komm, Alter, reich mir das Banner! Auf meinen starken Schultern will es vorantragen in den Kampf. In diesem Zeichen werden wir siegen!“
Vom Augenblick berauscht, konnte Faustinus kaum noch vernünftig denken. Emotionen bestimmten sein Tun, ethische Impulse, die tiefer verankert waren als der kühl berechnende Verstand.
Nikodemus hatte es ihm einst vorgemacht …
und bald darauf Konstantin, der große Kaiser: „In hoc signo vinces“ …
Ohne eine Antwort abzuwarten, entriss er dem gebrechlichen Wolf die mächtige Holzstange und stürmte damit auf das Mausoleum zu wie ein Patriot in der Entscheidungsschlacht. Sein Leben kümmerte ihn nicht weiter. Glücklich fühlte es sich schon jetzt, wo er für eine höhere Sache eintrat – und für eine gerechte.
Ja, es kämpfte sich nicht schlecht … für Freiheit und das Recht. Romantisch war er und ein Altruist, einer, der für Ideale in den Kampf zog und ins Abenteuer. Die Gefährten folgten ihm mit „Hurra“!
„Vorwärts, in den Kampf!
Auf Brüder, zur Sonne, zur Freiheit“ …
röhrte der Hirsch, als er am Esel vorbei zog. Die große „Symphonie der Freiheit“ auf den Lippen, strömten die anderen Tiere hinterher. Aufruhr war das, Rebellion, nein Revolution!
„Wacht auf, Verdammte dieser Erde!“
schrie ein protestierender Braunbär, der seiner Republik längst den Rücken gekehrt hatte.
„Wacht auf, Wölfe!“
übertönte ihn ein anderer, versuchend seine trägen Landsleute aus dem Dauerschlaf zu wecken. Die Clique, der neue Adel der Macht, der Seinesgleichen vergessen hatte, sollte und konnte nun weggefegt werden.
Doch gerade als die große Freiheit schon zum Greifen nah erschien, erfüllte Maschinenpistolengeratter die Luft. Die ersten Tauben stürzten. Getroffen fielen sie zum Boden herab und aus ihrem weißen Gefieder tröpfelte blutrotes Blut.
Prätorianer aus der nur wenige Schritte entfernten Kaserne marschierten jetzt auf: Ein Kampftrupp aus Jungwölfen und Schäferhunden, Kämpfer, die gleich nach ihrer Geburt isoliert und in unterirdischen Zwingern im Geist der Spaltung, des Hasses und des absoluten Gehorsams erzogen worden waren. Sie hatten keinen Sinn für Ungesetzlichkeiten. Sie gehorchten nur Befehlen.
Als ein bestimmter Pfiff ertönte, das Signal zum Eingreifen, stürzten sich die Bestien mit Macht auf die Protestversammlung am Heldenplatz, dorthin, wo gerade die freiheitliche Versöhnungssymphonie polyfon und doch im harmonischen Einklang zum Himmel schallte, zu jenen Sphären hin, wo der guter Vater wohnte, der ihnen die Magna Charta gereicht hatte. Aus der kämpferischen Kundgebung wurde schnell ein Gemetzel - eine Schlacht, die bald zum einem Abschlachten verkam, zu einer Vernichtung des Nächsten, wie es nur noch die Menschen der Welt vorgemacht hatten in den Kriegen früherer Äonen.
Die Helfershelfer des Staates, die Bluthunde, hatten den strikten Befehl, einzugreifen und die nicht angemeldete Kundgebung niederzuschlagen, sehr ernst genommen. Zunächst wurde wild in die Menge der Protestierenden geschossen. Schuldige und Unschuldige konnten später immer noch voneinander getrennt werden, spätestens an der Pforte zum Himmelreich.
Die Prätorianer, längst eine eigene Macht im Staat, feuerten aus allen Rohren. Kollateralschäden, das hatte man ihnen früh eingetrichtert, mussten hingenommen werden – ganz nach dem alten Motto: „Wo gehobelt wird, dort fallen Späne!“
Die Aufrührer hätten das wissen können: der omnipotente Staat schützte sich selbst. Schließlich repräsentierte er den obersten Wert in der Gesellschaft, weil er dies so dekretiert hatte in weiser Anlehnung an Machiavelli.
Wer sich dagegen auflehnte, ob Mastschwein oder Schakal, das konnten nur offensichtliche „Anarchisten“ sein; als solche waren sie bekämpfungswürdig und wurden auch mit aller Macht und Gewalt bekämpft, wie überall auf der Welt. Schließlich stand dem Staat das Gewaltmonopol zu –und nur dem Staat.
Nicht auf das Erringen der Macht kam es an, sondern auf die Machterhaltung. Dazu waren alle Mittel Recht, auch Terror, Willkür nach innen – und über allem die Angst.
Dionysische Entrückungen und musikalisch-tänzerischer Taumel, die jede Angst verfliegen ließen und in wilde Erhebungen mündeten, die der Autorität der Wölfe gefährlich werden und die staatliche Ordnung zersetzten, durften auf keinen Fall toleriert werden.
Also wurde jeder Protest im Keim erstickt, der musische wie der profane, noch bevor sich die ketzerischen Stimmen und Gesten im Land ausbreiteten. Aus Funken durfte kein Feuer entstehen, schon gar kein Flächenbrand. „Wehret den Anfängen“, auch da!
Das Toben der Vergeltungsschlacht ging weiter. Mächtige Tiere stürzten im Kugelhagel zu Boden. Selbst der riesige Auerochs wankte und sank in sein Blut. Der himmelwärts aufsteigende Gesang verhallte bald im Schrecken.
Wehgeschrei überall. Bunte Federn flogen durch die Luft. Aus mehreren Richtungen stürmten verstärkende Verbände herbei. Die Prätorianergarde des Führers, allesamt feurige Jungwölfe und Kampfhunde aller Art, wütete am ärgsten. Sie stürzten sich ungehemmt auf die protestierenden Tiere, entrissen ihnen die Spruchbänder mit den ungewöhnlichen Aufschriften, trieben sie auseinander und legten die widerspenstigsten unter ihnen in Ketten.
Aus friedlichen Hirtenhunden, die einst die Schafherden beschützten, aus flinken Jagdhunden, die einst brav apportierten, waren durch Zucht und Züchtung entfesselte Bestien geworden, tierische Mordmaschinen, die im Blutrausch die Besinnung verloren.
Einige Thesen des schnauzbärtigen Machtphilosophen waren wieder gründlich missverstanden worden. Oder wurden sie absichtlich pervertiert?
Mord – das war eine moralische Kategorie, von der die Täter noch nichts gehört hatten. Alle positiven Formen der Ethik und Moral war ihnen während der Ausbildung enthalten worden. Sie kannten nur das Ethos des blinden Gehorsams und der Vernichtung.
Wo diese Prätorianer auftraten, wütete der Tod.
Der Esel war mittendrin – und zum ersten Mal in seinen Leben kämpfte Faustinus wirklich. Wolfszähne flogen durch die Luft. Einer übermächtigen weißschwarzen Dogge hatte er gerade noch einen saften Huf verpasst, als ihn ein kräftiger Jungwolf an der Kehle packte. Der Würgegriff schürte ihm den Atem ab und funkelnde Sterne erschienen am Firmament. Nur den eigenen Stern vermisste er jetzt sehr.
Halb ohnmächtig dahintaumelnd und ohne recht zu wissen, was um ihn geschah, schleppte sich der junge Heros mit letzter Kraft aus dem Getümmel und blieb kraftlos am Straßenrand liegen. Was noch verschwommen vor seinen Augen abrollte, glich der traumatischen Hetzjagd im Wald. Das war die Autodynamik des Mordens aus Mordlust, was hier abrollte.
Während ein Trupp artentfremdeter Bernhardiner die ersten Leichen wegschaffte, wurden die anderen Ökopazifisten in einen vergitterten Ochsenkarren gedrängt, um dann, auf engsten Raum zusammengepfercht, öffentlich zur Schau gestellt durch die Hauptstadt gefahren zu werden.
Vergeltung war jetzt angesagt, Abbitte und Sühne.
Ein Ochse wurde als abschreckendes Beispiel an den Pranger gestellt und öffentlich mit glühenden Zangen gefoltert.
Selbst den stolzen Hirsch traf Acht und Bann. Mit anderen Besiegten wurde er in schwere Ketten gelegt und dann – wie der Leichnam des besiegten Paris - durch die elysischen Straßen geschleift. Unter den Augen ohnmächtiger Untertanen wurden viele Anarchisten und Ökofaschisten schließlich zum Richterstuhl gefahren oder gleich zum Schafott, nicht anders als einst die Katzen und Hexen des Mittelalters. In seltenen Fällen, wenn Gnade waltete und wölfische Milde, landeten einige Rebellen im Loch – die stärksten unter ihnen in Einzelhaft.
Nach getaner Arbeit riegelten die Ordnungskräfte der Wolfsrepublik das Viertel hermetisch ab, so, dass kein Entkommen mehr möglich war. Faustinus war für tot gehalten und deshalb bisher kaum beachtet worden. Als es sich nun wieder aufbäumte, instinktiv versuchend sich in letzter Sekunde aus dem Staub machen und sich zu retten, warf ein aufmerksamer Häscher sein Netz aus, fing ihn wieder ein und zurrte in mit Stricken fest wie Gulliver. Er war zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort.
Kurz darauf war eine Razzia angesagt. Jedes Tier, welches das abgeriegelte Karree verlassen wollte, wurde aufgefordert, seinen Ausweis vorzuzeigen und zu begründen, weshalb es sich gerade jetzt hier befinde, an einer Stätte des Aufruhrs und nicht brav an seinem Arbeitsplatz oder zumindest daheim hinter dem warmen Ofen.
Alle arbeitsfähigen Tiere mussten den sofortigen Nachweis führen, ob, wo und wie sie einer regulären Arbeitstätigkeit in einem Staatsbetrieb nachgingen oder dass sie sonst wie das Wohl des Wolfsstaates förderten. Arbeitsscheue, entartete Künstler, Drückeberger und Taugenichtse aller Art sollte es ihm Wolfsstaat nicht geben. Leistung war gefragt, die selbst ein Nichts noch für den Staat erbringen sollte, der alles war und dessen Inkarnation der Überwolf war, das Genie der sieben Berge, der Titan aller Titanen.
Künstler, die keine Wolfsstatuen in Erz gossen, Poeten, Tonsetzer, die keine Lobeshymnen auf den Führer dichteten oder komponierten und keine Führerporträts idealisierend retuschierten, waren genauso unbrauchbar wie reaktionäre Denker und andere Parasiten, die auf ihre Weise die Interessen der neuen Gesellschaft des Lichts untergruben. Sie alle wurde als nutzlose Intellektuelle eingestuft, als destruktive Elemente, die angeblich den gesunden Volkskörper der Wolfsgesellschaft schwächten.
Wer verdächtig war, dieser parasitären Kategorie Tier anzugehören, wessen Mähne oder Ziegenbärtchen zu lang war oder wessen Fell als zu bunt erschien, wurde auf der Stelle verhaftet und im „kurzen Prozess“ abgeurteilt.
Wer sich nicht fügte, anarchisch aufmuckte oder gar Widerstand leistete, der wurde sofort standesrechtlich erschossen.
Federnlesen war die Sache der Prätorianer nicht.
Solche Wirklichkeiten der lupistischen Gesellschaft waren neu für Faustinus – aber sehr real.
„Was sucht ein unreifer Waldesel aus Siebenbergen in der Wolfsschanze und dazu noch hier, am Mausoleum der Wölfe?“
schnauzte der kommandierende Tribun des Absperrkommandos Faustinus beim ersten Verhör an, nachdem festgestellt worden war, dass der graue Besucher, der noch grün war hinter den langen Ohren, von sehr weit her kam, genau aus der Enklave Eselsburg, im hintersten Winkel Sylvaniens.
Der Platz, wo die Annalen der Wolfsgeschichte in Stein gemeißelt und auf Eselshaut verewigt nachgelesen werden konnten, galt als nationales Heiligtum und war für Nichtwölfe tabu. Esel oder Schweine wurden hier nicht geduldet.
Und nun hatten sich gar alle Feinde des Vaterlandes, Taugenichtse, Parias und Ungeziefer aller Art, gerade an diesem sakralen Ort zusammengerottet, um ihr Gift zu verspritzen!?
Bereits das freche Entweihen der Kultstätte rechtfertige ein Durchgreifen.
„Ich bin in vertraulicher Mission unterwegs“,
versuchte sich der Esel halbherzig aus der Affäre zu ziehen, nachdem er sich vom größten Schock erholt hatte, in der Hoffnung den nicht gerade hellen Wolf genauso zu überlisten wie die beiden Rottweiler an der Pforte des Ministeriums. Doch diesmal sollte es anders kommen:
„Werft ihn in einen Kastenwagen und ab mit ihm ins Loch“,
hörte er den ärgerlich dreinblickenden Riesenwolf gerade noch befehlen, als er von zwei niederen Schergen an der langen Mähne gepackt und in das Gefährt geschubst wurde. Der Sicherheitsoffizier hatte sich nicht täuschen lassen. Das zerzauste Eselsfell und die Bissspur an der Kehle sprachen Bände.
Also fügte sich Faustinus in sein Schicksal und duckte sich in eine Ecke des fahrenden Gefängnisses. Diesmal war er vom Glück verlassen. Ein rosarotes Schweinchen folgte gleich quiekend hinterher durch die Luft geschleudert und hart landend wie ein Kartoffelsack. Es war ein androgynes Wesen und hatte für sexuelle Emanzipation eintreten wollen und für die Abschaffung eines bestimmte Paragrafen im Strafgesetzbuch, doch nicht für sodomitische Ferkeleien. Geknickt sah sich Faustinus um. Im dunklen Innenraum des Fahrzeugs jammerten bereits andere Tiere vor sich hin; mehrere Bergziegen, ein Schafsbock, drei Graugänse, zwei Feldhasen und eine seltene Tibetkatze, alles Angehörige der Minderheiten im Land, die sich dem spontanen Protestzug aus innerer Überzeugung angeschlossen hatten. Gegen Rassismus hatten viele aus ihren Reihen aufstehen wollen, gegen Fremdenfeindlichkeit und somit gegen negative Phänomene, die mehr deutlich als latent, viele Bereiche der egalitären Wolfsgesellschaft bestimmten.
Selbst ein Wolf war längst kein Wolf mehr, wenn er falschen Ideologien und Wertvorstellungen nachhing. Oder wenn ihm ein denunziatorischer Nachbar so etwas unterstellte.
Der zunehmend realistischer werdende Faustinus staunte still; denn manche dieser Tiere, die in der Gesellschaft vorschnell als ängstlich, feige und schwach eingestuft wurden, hatten mit ihrem Protest großen Mut bewiesen und somit die Vorurteile widerlegt.
Dann kam es, wie befürchtet. Während die einen kurz darauf abtransportiert wurden, um in einem entlegenen Teil der Stadt in einen finsteren Bau geworfen zu werden, wurden andere gleich nach ihrer Verhaftung einem Wolfsrichter vorgeführt, der ihnen den „schnellen Prozess“ machte. Hochverrat. Todesstrafe.
Umgegend wurden sie standesrechtlich exekutiert – und die Familie durfte die Rechnung für die Patrone begleichen. Machtpolitischer Zynismus wurde das hinter vorgehaltener Pfote genannt; und solche Praktiken waren im Wolfsstaat üblich – aus Gründen der Staatsraison nach innen.
Hart durchgreifen war die Devise. Ein berüchtigtes Führerdekret reichte aus, um jedes verdächtige Tier innerhalb von Augenblicken zu verurteilen, fern von Recht und Gesetz. „Lebenslange Zwangsarbeit“, lautete das Urteil in vielen Fällen; denn Arbeitskräfte wurden beim Aufrüsten dringend gebraucht, in den Waffenfabriken, am Kanal und beim Mauerbau. Die Todesstrafe wäre in vielen Fällen das mildere Urteil gewesen.
©Carl Gibson. Alle Rechte vorbehalten.
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Allein in der Revolte -
zur kommunistischen Diktatur in Rumänien -
über individuellen Widerstand in einem totalitären System.
im Februar 2013 erschienen.
Das Oeuvre ist nunmehr komplett.
Alle Rechte für das Gesamtwerk liegen bei Carl Gibson.
Eine Neuauflage des Gesamtwerks wird angestrebt.
Fotos von Carl Gibson: Monika Nickel
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