Freitag, 1. April 2011

Bildung, Wissen, „ehrliche Arbeit“ und Plagiat – Von "Systemrelevanz" und der systemimmanenten Heuchelei dahinter -"Bildung ist Freiheit" und "Wissen ist Macht"!?

Bildung, Wissen,„ehrliche Arbeit“  und Plagiat – Von "Systemrelevanz" und der systemimmanenten Heuchelei dahinter


"Bildung ist Freiheit"
und

"Wissen ist Macht"!?


Die erste Aussage wird Ludwig Börne zugeschrieben, einem Dichter und Publizisten des deutschen Vormärz, dessen Ahnen ( Baruch) aus meinen gegenwärtigen Wirkungsort Bad Mergentheim stammen.

Die zweite Sentenz geht auf Francis Bacon zurück, der wie Börne ein früher Aufklärer war, einer der vom Wert des Wissens wusste ebenso wie von dem Phänomen der Macht,
deren Entfaltung wir täglich und hautnah  in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft erleben.

Deutschland ist ein ressourcenarmes Land, das seinen Wohlstand den hellen Köpfen der Nation verdankt, der Wissenschaft und der Wissensumsetzung im Bereich der Technologie.

Wie viel ist in den letzten Wochen und Monaten über Bildung, Wissen und Technologie öffentlich diskutiert und debattiert worden?
Dabei wurde immer wieder deutlich, dass jeder dieser Begriffe einen Wert an sich darstellt, ungeachtet der Ebene, wo Ausbildung und Wissensvermittlung umgesetzt werden.

Es ist schön, wenn man „Bildung“ hat,
klassische, humanistische Bildung.
Man kann dann trefflich mitdiskutieren, streiten, glänzen, Vorträge halten, in Shows auftreten und noch mehr.
(Man kann aber auch ohne Bildung und Wissen Bücher schreiben und sogar berühmt werden!)

Besser aber ist es, wenn der Einzelne eine grundsolide Ausbildung hat, die es ihm ermöglicht, sich im leben zu behaupten.

„Handwerk hat einen goldenen Boden“,

pflegte man früher zu sagen, wenn es darum ging, den jungen Leuten einen Beruf ans Herz zu legen, der ihn redlich nährt.

„Ehrliche Arbeit“ war angesagt –

und im „Schweiße seines Angesichts“ sollte der Mensch sein Los bestreiten.

Doch heute, in einer Zeit, wo vieles traditionelle Handwerksberufe bereits ausgestorben sind und immer noch rarer werden, ja weiter verschwinden,
setzt die Welt verstärkt

auf die akademische Ausbildung,
auf Wissenschaft,
auf Hochtechnologie.

Dessen ungeachtet wird auch an den deutschen Universitäten „am Mark vorbei“ ausgebildet,
etwa in den Geisteswissenschaften, wo in bestimmten Bereichen viele gut ausgebildete und begabte Nachwuchswissenschafter kein berufliches Auskommen finden,
weil es keine entsprechenden Stellen gibt.

Wer nicht im Lehramt unterkommt, der hat oft das Nachsehen.

Das Ergebnis dieser Freiheit von Studium, Forschung und Lehre ist eine Schar frustrierter Akademiker, für die Arbeitsmarkt und Arbeitsvermittlung keine Lösungen finden.

Trotzdem: Ausbildung, Abschlüsse, Grade, Titel etc. sind Werte an sich.

Wir hatten gerade erst die hohe Wellen schlagende „Plagiat-Affäre“, wo der bis ins Ministeramt aufgestiegene Politiker
Karl - Theodor zu Guttenberg
 unter Missachtung der akademischen Gepflogenheiten und bürgerlich rechtlicher Setzungen –
 sich etwas aneignete,
was ihm nicht zustand,
etwas,
was er selbst in „ehrlicher Arbeit“ nicht  erarbeitet hatte,
sondern abgekupfert war von anderen.

Geistiger Diebstahl ist kein Kavaliersdelikt –

auch dann nicht, wenn ein Baron sich die Früchte und das geistige Eigentum anderer aneignet.

Wie hell war früher der Aufruhr, als Japaner und später Chinesen unsere Patente abkupferten und die von uns entwickelten Produkte zur Marktreife und auf den Markt brachten – und dazu noch als „ihre“ Erfindung.


In der akademischen Welt hat man sich massiv gegen die erlebte Unehrlichkeit gewehrt; man ist auf die Barrikaden gegangen, um der Welt darzulegen,
dass ein Wert ein Wert ist
beziehungsweise,
dass „geistiges Eigentum“ seinem Urheber zusteht, der davon lebte.

Deshalb gibt es ein

Urheberrecht (Copyright)

in Wissenschaft, in Technik,
 in der Kunst,
in der Literatur

ein Recht, das im Prinzip weltweit geschützt ist,
bis auf jene Länder und Staaten, wo Piraten aller Art immer noch tun und lassen können, was sie wollen, weil sie selbst den Staatschef stellen
oder der Strohmann an der Spitze das tut,
was die Strippenzieher und echten Akteure von ihm erwarten –
gegen Geld und geliehene Macht, natürlich.

An der Deutschen Universität ist einiges krumm und schief,

seitdem Politiker und Parteien bevorzugt „ihre Leute“ platzieren – wie auch in der Wirtschaft,
während die Aufrichtigen und Geradlinigen ohne Vitamin B das Nachsehen haben.


3000 Professoren muckten in der Guttenberg- Affäre auf –
und hinter ihnen 30 000 – 50 000 angehende Akademiker, Doktoranden, Studenten, die alle nicht hinnehmen wollten,
dass ihre akademische Arbeit,
ihr Ringen, ihr heißes Bemühen und Streben durch ein schwarzes Schaf entweiht und entwertet wird.

Flankiert wurde die illustre Schar von keinen Geringeren als Bundesforschungsministerin

Prof. Dr. Annette Schawan (CDU),

ordentlich promoviert und habilitiert,
die sich für das Tun und Handeln ihres Kabinettskollegen KT nicht nur „geheim“ schämte,

sowie von Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert (CDU),

der das unrühmliche Vorgehen als „Sargnagel“ in das Vertrauen demokratischer Politik bezeichnet hat.

Wenn der Wert gefährdet ist, 
dann kann man nicht weg schauen,
gar alles bagatellisieren und jenseits von Ethos und Moral zur Tagesordnung übergehen.

Der früher ebenso wie KT zu hoher Popularität gelangte Bundesminister Dr. Norbert Blüm hat gerade eine neues Buch auf den Markt gebracht – unter dem Titel

„ Ehrliche Arbeit“,

ein Buch,
in welchem sich der kleine Mann, der von der Pike auf – und auf dem Zweiten Bildungsweg als Opel-Arbeiter seinen Weg ging – bis ins Ministerium - 
von windig erschlichenen  Pseudo-Leistungen ( etwa der Finanzjongleure) distanziert.

Bundespräsident Wulff tat das am 31. März auch, 
indem er den Banken ins Gewissen redete und darauf hinwies,
dass  - man höre und staune –
der „Steuerzahler“ künftig wohl nicht mehr bereit sein werde, 
mehrere Hundert Milliarden für die Rettung maroder Banken auszugeben.

Welch eine Heuchelei!

Wurde denn der Steuerzahler überhaupt gefragt, als Milliarden in Schrottbanken investiert und weitere Milliardenbürgschaften in astronomischer Höhe sogar für nichtdeutsche Banken und Staaten von deutscher Seite gegeben wurden?

Nach Bundeskanzlerin Angela Merkel werden künftig die Gesetze der Freien Marktwirtschaft auch für Banken gelten!

Wie luzid!

Weshalb galten sie nicht schon bisher?

Fälle wie IKB, Hypo Real Estate und das hohe Milliarden-Debakel diverser Landesbanken aus Nord, West, Ost und Süddeutschland wären uns erspart geblieben,
wenn die Bundesaufsicht (BAFIN) funktioniert, Interessenkonflikte aufgedeckt
 und
der Staat keine Steuergelder zur Rettung von Versagern eingesetzt hätte.
(In den USA gab es Konsequenzen – dort ging es auch ohne Lehmann Brothers, Merrill Lynch etc. weiter.)

Und was steht hier an - man verschont die Versager in den Chefetagen, die munter weiter machen wie bisher und sich sogar Boni auszahlen; 

statt dessen steht der Missbrauch von Hartz IV- Leistungen im Mittelpunkt bzw. das Feilschen um 5 Euro für die Ärmsten der Armen in einem der Reichsten Länder der Welt.


„Systemrelevanz“ein Zauberwort, um alles Versagen in Politik und Wirtschaft zu entschuldigen, auszubügeln.

„Systemimmanenz“ 
aber ist das andere magische Wort,
 das das Wesen der Lüge, 
der Täuschung und der allgegenwärtigen Heuchelei in der westlichen Gesellschaft beschreibt –

 bis hinein in den Krieg, der gerade wieder in Nordafrika vom Zaun gebrochen wird.



Wohin es führt, wenn fremdes Wissen und Technologie nicht adäquat umgesetzt werden,
wenn Vertuschung und Täuschung regieren, statt Aufklärung und Wahrheit,
haben uns die weltbewegenden Ereignisse im Atomkraftwerk Fukushima in Japan realistisch demonstriert.

Am Ende wartet die Katastrophe, wenn nicht gar die Selbstvernichtung.

Was ist geschehen?

Die Japaner hatten die US-Pläne eines Atomkraftwerks übernommen und das Ganze
 ( fast maßstabsgetreu) an der japanischen Küste umgesetzt,
ohne sie spezifischen Eigenheiten Japans, massive Erdbebengefährdung und Tsunamis, zu beachten.

Eine grobe Fahrlässigkeit – zu der es bestimmt nicht gekommen wäre, wenn die Japaner selbst alles erdacht und ausgeführt hätten, unter Berücksichtigung der Bedingungen vor Ort.

Bildung, Ausbildung, Wissen, Wissensvorsprung, moderne Technologie und Anwendungen – das alles sind Werte an sich, die unsere gesamte Existenz bestimmen.

Was macht der „kritische Bürger“ aus alledem - er nimmt alles hin, stoisch und gelassen 
wie die Japaner das Jahrhundertbeben, den Tsunami und die Verstrahlung
ohne zu murren,
ohne auf die Barrikaden zu gehen wie die Franzosen, wenn nicht gerade gegen Atomkraft geht!

Nur dann und wann, wenn Wahlen anstehen, stimmt er ab – und verteilt seine Quittung in der Hoffnung, dass es unter neuen Köpfen besser wird.

„Die Hoffnung stirbt zuletzt“,
 sagt man.


Foto: Monika Nickel

"Bildung ist Freiheit" - Leitsatz am Schulgebäude in Mühlbach, (Sebes)
am Tor zu Siebenbürgen (Rumänien) vom Banat herkommend.


Gedanken zum Thema Bildung

Bildung ist wieder ein Thema in Deutschland.
Über Bildung wir wieder leidenschaftlich diskutiert.
Und über Bildung wird wieder verstärkt nachgedacht,
in den Schulen, in Weiterbildungseinrichtungen, 
in den Ministerien, in der Wirtschaft und in der Politik.
Und das nicht erst seitdem das Deutsche Bildungssystem am Pranger steht und von außen kritisiert wird, sondern aus einer eigenen Selbstbesinnung heraus.

Der Wert der Bildung rückt wieder zunehmend in das allgemeine Bewusstsein.
In unserer Zeit wächst das Wissen immer schneller, und es wird immer wichtiger. Niemand kann sich mehr darauf verlassen, dass das in Schule und Studium erlernte Wissen für Jahrzehnte im Beruf ausreicht. Anders gesagt: Die Halbwertzeit des Wissens nimmt ab. Außerdem müssen sich die Menschen heute das Wissen, das sie für Alltag und Beruf brauchen, weit gehend selbst erarbeiten. Aber auch über die speziellen beruflichen Kenntnisse hinaus muss sich jeder und jede laufend mit der aktuellen technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Entwicklung auseinander setzen, um Urteilsfähigkeit und Handlungskompetenz zu behalten. Noch nie war die Notwendigkeit hierzu für jeden Einzelnen so spürbar - noch nie aber auch gab es so breite Zugangsmöglichkeiten zum Weiterlernen, zum Erhalt oder dem Ausbau der persönlichen Kompetenz auf nahezu allen Wissensgebieten.
Erstausbildung und Weiterbildung gehören zusammen. Lernen findet nicht mehr ausschließlich in Bildungseinrichtungen statt, sondern mit Bildungseinrichtungen - ein Leben lang.


Deutschland hat als eine der großen Bildungsnationen der Welt viel zur universellen Bildung beigetragen. – und braucht sich deshalb auch heute nicht zu verstecken.

Lange Zeit wurde Deutschland von außen als Nation der Dichter und Denker wahrgenommen, wobei unser Südweststaat Baden-Württemberg eine besonders gute Figur machte:

Der Schiller und der Hegel,
der Uhland und der Hauff,
das ist bei uns die Regel,
das fällt uns gar nicht auf,

- dies war immer schon ein gern zitierter Reim, der von Selbstbewusstsein der Schwaben kündet.

Nach Hegel ist Bildung die Conditio sine qua non des Menschseins überhaupt:

Der Mensch ist, was er als Mensch sein soll, erst durch Bildung.

Soweit der Philosoph. 

Ein Realpolitiker wie Nelson Mandela, der das Los der Welt mit den Augen des benachteiligten Afrikaners wahrnimmt, 
sieht die Wurzel aller Armut im Fehlen von Bildung. 

Und John F. Kennedy, einst der mächtigste Mann der Welt, wusste, dass nur eines teurer ist als Bildung – 

keine Bildung!

Bildung bleibt eine Herausforderung für die Gegenwart und die Zukunft Deutschlands und Europas.

Das Ausruhen auf alten Lorbeeren ist passé. 

Wer überleben will, auf nationaler wie auf europäischer Ebene, muss auf neue Bildungsinitiativen setzen und auf Innovationsfreudigkeit, denn von diesen hängt unsere Selbstbehauptung in der globalisierten Zukunft ab.

Wo beginnt Bildung?
Wo hört sie auf?
Gibt es einen Paradigmenwechsel aus der industriellen Gesellschaft in die Wissenschaftsgesellschaft?

Ein weites Feld – und ein abendfüllendes Thema, das hier nicht vertieft werden kann.

Es gibt Schulen, die ihre humanistische Ausbildung mit der Lektüre der Odyssee beginnen, also mit einem Werk, das lange Zeit Homer zugeschrieben wurde – und das ca. 700 vor Christus entstanden sein dürfte.

Auf ihm baut dann alles künftige Wissen auf, die Philosophie, das Denken, die Naturwissenschaften und die Technik –

und wo sind wir inzwischen angelangt?

Bei einem neuen Paradigma?
Wir stehen an der Pforte zur Wissenschaftsgesellschaft, in der das Weltwissen wächst und
rasant zunimmt.

100 000 neue Buchpublikationen kommen pro Jahr auf den Markt.

Die Spezialisierung und Computerisierung nimmt zu, zum Nachteil der Humanwissenschaften, die vernachlässigt und zurückgedrängt werden.
Die Industrie fordert mehr Innovation und sieht darin den Schlüssel zum Überleben in der Globalisierung.

Die Politik folgt ihr und fordert eine Bildungsoffensive für Europa

und neue Investitionen in die Bildung auf nationaler Ebene – allen voran Bundespräsident Horst Köhler, der die Bildungsoffensive zu seinem Thema gemacht hat.

Was ist aus den Anglizismen geworden, die vor einem Jahr vor gleichem Auditorium
exponiert wurden?

Ist E- learning die Wunderwaffe, die man erwartet hat?
Wohl kaum!

Und live long- learning

Alter Wein in neuen Schläuchen?
War es nicht immer schon so, dass jener, der zu den Bildungsbürgern gezählt werden wollte, nach Goethes Maxime über drei tausend Jahre Bescheid wissen musste, ohne aufzuhören, weiter zu lernen.

Ich würde nichts schöneres kennen, als in Ewigkeit weiterlernen zu dürfen,

sagt Christian Morgenstern prägnant – und trifft dabei des Pudels Kern.

Der kontinuierliche Lernprozess geht weiter für alle, die noch Kreatives und Zukunftsträchtiges schaffen wollen - in allen Bereichen.

Der neueste Terminus aus diesem Bereich heißt: Employability.
Ein unaussprechliches Etwas, das deutsch mit

Beschäftigungsfähigkeit 
übersetzt wird.

Die Weiterbildung des Einzelnen soll diese Beschäftigungsfähigkeit gewährleisten. 
Wer sein Abitur nachholt, wer seine Qualifikationen ausbaut, sichert diese Beschäftigungsfähigkeit.

Aus der Sicht der Wirtschaft, der Unternehmensleiter und der Ökonomen, wird er dadurch produktiver – mit ihm der Betrieb und die gesamte Volkswirtschaft.
Die Erhaltung des erreichten Wohlstands funktioniert nur über dieses Modell.

Der Einzelne bleibt aufgerufen, für sich das Beste zu tun – und damit für die Gesellschaft.

Auf den Punkt gebracht lautet das Rezept für die Zukunft eindeutig: 

mehr Bildung.

Goethe, der Ahnherr aller deutschen Bildungsbürger, rief, bevor er für immer schied, nach:

Mehr Licht!

Das war symbolisch gesprochen!
Vielleicht meinte er: 

mehr Bildung!


Ein Wort Mark Twains kommt mir noch in den Sinn: 

Bildung sei das, was übrig bleibe, wenn der letzte Dollar weg ist.


Dem habe ich - mit den Sophisten und Stoikern der Antike - nichts mehr hinzu zu fügen!


©Carl Gibson. Alle Rechte vorbehalten.






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