Ist Gott tot? Gottesleugner Hawking als tragische Figur und das „Ex nihilo nihil“ der tradierten Philosophie
„Wohl wissend, was der Ausnahme-Gelehrte
aus Cambridge verkünden wird, hat die göttliche Vorsehung den Leugner Gottes
und der Schöpfung in einen unzulänglichen Körper gesteckt, dem Genius aber eine
einzigartiges Gehirn überlassen, um hinter die Schöpfung zu blicken - aber
auch, um das eigene Leiden einer großen Seel im kranken Körper voll
auszukosten“, werden Frömmler
sagen, wenn sie das Schicksal, das
die Welt bewegt, mit ihrem „Geist“
durchdringen.
Aus dem Nichts kann keine Materie entstehen, kein
Raum und keine Zeit - lehrte die tradierte Philosophie so lange, bis die Astrophysik
den Gegenbeweis erbrachte - durch Hawking[1]!
Was sich den
Kategorien von Raum und Zeit entzieht, also unserem endlichen, beschränkten ,diesen
Kategorien unterworfenen Denken, wurde „spekulativ“ erschlossen: von Einstein zunächst - und nun von Hawking,
gestützt auf andere kluge Köpfe, die alle den Mut zum Hinüberschreiten aufbrachten und die erfahrenen Botschaften der
Welt verkündeten.
Hawking bejaht
den freien Geist und den freien Willen des Individuums, sagt aber provokativ
und für viele Menschen missverständlich:
„Die Philosophie ist tot“ - Dem darf widersprochen werden, eben
weil der Satz ebenso missverständlich ist, wie seinerzeit Nietzsches Wort „Gott
ist tot“.
Auch für Nitzsche
war Gott nie an sich tot, sondern nur
für Nietzsches Zeit, die eine Zeit der freien Geister nach der Aufklärung war.
Die Philosophie ist auch nicht tot - die Philosophie ist nach wie vor die „Weltwissenschaft“, eine Mutter aller Wissenschaften,
aus der alle Wissenschaften hervorgingen, der Kontrast schlechthin zur
Theologie, die absoluten Glauben einfordert, während die Philosophie immer
schon auf Erkenntnis setzte, auch in der Spekulation,
die in die Kosmologie und Astrophysik mündet.
Hawking bewegt
sich in Bereichen des Unvorstellbaren, in entlegenen Sphären der Quantenphysik, die aus dem Nichts entstehende
Teilchen kennt, wie die Astrophysik „Schwarze
Löcher“, alles verschlingende Monster der Kraft, die alles aufsaugen, was
sich der enormen Anziehungskraft entgegenstellt, Sterne, Galaxien, ja selbst
das Licht.
Nach Hawking war das Universum
vor dem „Urknall“, dem so genannten „Bing bang“, und dem - immer noch
anhaltenden - Auseinanderstreben eine unvorstellbar kleine, unbeschreiblich
dichte Materie zu einem Zeitpunkt ohne Zeit, vor der Zeit.
Ein Schöpfergott, der diese Erde und
andere Planeten oder Sonnen hätte erschaffen, war zu jenem Zeitpunkt vor der
Zeit nicht da.
Also existiert kein Gott.
Also existiert kein Schicksal, das in
unseren Lebenslauf eingreifen würde, das uns determiniert, unfrei macht.
Dank seines freien
Geistes bestimmt der Mensch selbst, wohin seine Reise geht!
Zu den Sternen -
oder hinein, ins Schwarze Loch!?
Wer sich etwas
mit Philosophiegeschichte beschäftigt hat, wird merken, wie sehr diese Gedanken
den Lehren des Epikur verpflichtet
sind, der die Schöpfung aus dem Zufall heraus lehrte, ohne die tatsächliche Existenz
der Gottheit zu leugnen. Trotzdem entzog Epikur das Individuum dem determinierenden
Zugriff höherer Mächte und versetzte es in die eigene Freiheit, in die Selbstgestaltung,
in ein Leben ohne Furcht und Angst.
Gott sei es
gedankt, dass heute kühnes Denken nicht
mehr abgestraft wird, widerrufen werden muss, wie bei Galilei, oder gar - mit
dem Genius - auf dem Scheiterhaufen endet.
Mens sana in corpore sano - die Antike kannte die psychosomatischen
Wechselwirkungen - und misstraute somit den Gedanken, die aus einem kranken
Körper kommen.
Hawking, behindert,
aber nicht unfrei, feiert hingegen den freien Geist, der übermenschliche
Erkenntnis ermöglicht - in Sphären jenseits der Schulweisheit!
Und doch muss er
leiden - und im Leiden nach dem Sinn der Existenz fragen - dankbar, das
Universum bewundernd!
Geben die Götter
ihren Lieblingen alles, um jene dann doch noch bitter abzustrafen, am Endlichen
versagend - Mozart und Hawking?
Schwere Gedanken
- und doch kann jeder Mensch, ethisch
geleitet im Glauben an das Gute, an seiner individuellen Gottesvorstellung
festhalten, ohne irdische Prinzipien gegen kosmische auszuspielen.
Wir leben im Endlichen, das kosmisch eingebettet ist, nach den
Möglichkeiten unserer Welt.
Die Kosmogonie an sich und im Detail
interessiert den Menschen der Jetztzeit nicht wirklich, da dieser - im Hier und
Jetzt - sein nacktes leben bestreiten muss.
Es gilt, eine profane Existenz zu meistern - unter
den gegebenen Bedingungen von heute: es geht um konkrete Existenzbewältigung -
mit oder ohne Religion.
Die Gewissheit,
die ein Hawking heute hat und verkündet, kompliziert die Bewältigungssituation
nur, wie einst bei Epikur, Darwin und
Nietzsche, trotz und aufgrund der wissenschaftlichen Beweise, die heute
geliefert werden können, weil heute aufgrund technologischer Mittel andere Erkenntnisse
möglich sind - im Mikrokosmos ebenso, wie im Makrokosmos.
Gott bleibt für viele Menschen eine
Notwendigkeit. Das weiß
auch Hawking.
Ohne Gott als die Summe des Guten wird das
Leben sinnlos und der
Nihilismus wird - in einer Welt außer Rand
und Band - zum Prinzip des Bösen, wie gerade jetzt!
Autor, author, auteur Carl Gibson:
Bücher, books, livres: 1989 - 2018, Neuerscheinungen.
Books by Carl Gibson -
Les livres de Carl Gibson, ecrivain, homme de lettres, philosophe - littérature, critique littéraire et politique.
Neu:
https://www.openpr.de/news/994945/Carl-Gibsons-Faustinus-erschienen-Nachdenken-ueber-rote-und-braune-Diktaturen-in-literarischer-Form.html
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