"Ärztestreik": Für eine Handvoll Euro mehr – Oder: Als die „Helden des Alltags“ von heute aus den deutschen Universitätskliniken noch keine Helden waren!
Sie mussten auf die Barrikaden gehen, die Angestellten
deutscher Universitätskliniken, am 4. Februar in Hannover, um ihren Forderungen
öffentlich und lautstark Nachdruck zu verleihen:
Klinikärzte, Krankenschwestern, Pfleger wollten etwas mehr
Geld für ihre altruistische, hoch exponierte Schwerstarbeit an vorderster Front
im Dienst der Kranken.
Die Politik aber wollte nichts davon hören, obwohl eine aufziehende
Pandemie bereits hoch wahrscheinlich war und gerade auf Krankenhausärzte,
Krankenschwestern und Pfleger besondere Herausforderungen zukamen. Das war
absehbar!
Was bedeutet diese Situation für Krebskranke, die unmittelbar
nach der Bestrahlungs- und Chemo-Therapie operiert werden müssen, weil der
Krebs jederzeit chaotisch reagieren und metastasieren kann?
Meine OP in der Chirurgischen Klinik Heidelberg sollte am 20.
Januar stattfinden.
Ich reiste an und musste wieder heim:
„Keine
Kapazitäten“.
Also ausharren und abwarten, während das Corona-Virus sich in
Europa weiterverbreitete, in Italien, in Spanien, Deutschland im Visier.
Zitternd und bangend wartete ich ab, in der Hoffnung, die OP
werde bald stattfinden, noch bevor das Virus deutsche Kliniken erreicht und
bestimmte Operationen zurückgestellt werden müssen.
Wen schert die psychische Notlage eines Patienten in Wartestellung?
Er muss allein damit fertig werden
Nächster OP-Termin war der 31. Januar.
Erneut reiste ich an, nachdem ich mich fast zwei Wochen
hindurch selbst motiviert hatte.
Schon lag ich fast auf dem OP-Tisch – dann die unselige Botschaft:
„Keine
Kapazitäten“!
Wieder durfte ich abreisen, hundert Kilometer übers Land, ohne
zu wissen, dass die „Helden des Alltags“ von heute. die noch keine
Helden waren, in Hannover streikten, also frisch Operierte in den
Folgetragen (nach dem 31. Januar!) nicht nachbetreut werden konnten.
Des Rätsels Lösung, weshalb das so war, entnahm ich der
Fernseh-Berichterstattung:
Ein
Ärztestreik!
Einige nach meiner schweren Krebsoperation fand ich während
eines Ausgangs im Korridor der Klinik dann auch noch den Streikaufruf des
Marburger Bundes, der den Streik wohl organisiert hatte.
Einige Forderungen des Krankenhauspersonals an die Politik
sind hier auf dem Papier aufgelistet:
Inzwischen hat – über die unmittelbar betroffenen
Schwerstkranken hinaus - die deutsche Gesellschaft begriffen, wer die
wirklichen
„Helden des
Alltags“
sind und was sie tagtäglich und in der Nacht tatsächlich leisten.
Auch die Politik ist einsichtiger geworden und bewilligte den
Schwerstarbeitenden an exponierter Front im Kampf gegen viele Viren nunmehr bessere
Arbeitszeitregelungen und
„eine
Handvoll Euro mehr“![1]
[1] Etwa 5- 6 Prozent mehr
an Vergütung, nehme ich an.
Zum gleichen Thema notierte ich einige Wochen später:
Keine ausreichenden Kapazitäten für die Versorgung des Patienten nach der OP! Wo war das notwendige Personal verblieben? Des Rätsels Lösung: im Streik!
Am Weltkrebstag, am 4. Februar 2020, streikten Angestellte
aus 18 bundesdeutschen Kliniken in Hannover für bessere Arbeitsbedingungen und
angemessen geregelte Arbeitszeiten ohne Überstunden; unter den Streikenden auch
Repräsentanten des Klinikums Heidelberg mit großem Transparent.
Der die Operationen planende Arzt wusste von der anstehenden
Aktion, von dem Streik der Schwestern, die mich und andere frisch operierte
Pateinten hätten betreuen sollen – doch er sagte mir nichts.
Ergo erfuhr ich von dem Protest erst in den
Nachrichtensendungen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens.
Trauriges Fazit: Die - von der Politik zu
verantwortenden -Missstände im deutschen Gesundheitswesen werden auf dem Rücken
schwerkranker Patienten ausgetragen.
Ein um drei Wochen hinausgezögerter Krebs kann in
dieser Zeit aktiv werden und Metastasen in lebenswichtigen Organen bilden, in
Lunge und Leber – und alle bisher ertragenen Leiden, die Mühen und die hohen
Behandlungskosten durch die Bestrahlung waren umsonst.
Kranke Menschen sterben, weil Ärzte und
Krankenschwestern, unterstützt von der Gewerkschaft, im Protest auf die Straße
und vielleicht bald auch auf die Barrikaden gehen!?
Muss der Schwerkranke nun auch auf die Barrikaden
gehen, um sein Recht auf adäquate medizinische Versorgung durchzusetzen?
Meine Meinung:
Menschen, die sich für die Gesundheit und
Alterspflege der Mitmenschen beruflich einsetzen, sollten nicht nur angemessen,
sondern gut entlohnt werden, damit Motivation und Einsatz auf Dauer stimmen!
Das sage ich als Krebspatient und als Betreuer meiner fast
95-jährigen Mutter, die im Heim lebt und rund um die Uhr – bei hohen
Kostenaufwand - versorgt werden muss.
In diesem reichen Staat wird viel Geld für unnütze
Projekte ausgegeben und für die Umsetzung einer falschen Politik in manchen
Bereichen; also sollten für die Erhaltung der höchsten Güter, für das Leben und
für die Gesundheit der Staatsbürger Deutschlands, ausreichende Mittel zur
Verfügung gestellt werden.
Statt in destruktive Vernichtungswaffen zu investieren und
Kliniken zu schließen, sollte der Staat neue Krankenhäuser bauen lassen und die
Leistungen das Krankenhauspersonals adäquat vergüten!
Auszug aus dem Manuskript:
Carl Gibson, Medizin im Zeichen des Kreuzes
Copyright:Carl Gibson
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen