Montag, 20. April 2020

"Ärztestreik": Für eine Handvoll Euro mehr – Oder: Als die „Helden des Alltags“ von heute aus den deutschen Universitätskliniken noch keine Helden waren!






"Ärztestreik": Für eine Handvoll Euro mehr – Oder: Als die „Helden des Alltags“ von heute aus den deutschen Universitätskliniken noch keine Helden waren!




Sie mussten auf die Barrikaden gehen, die Angestellten deutscher Universitätskliniken, am 4. Februar in Hannover, um ihren Forderungen öffentlich und lautstark Nachdruck zu verleihen:

Klinikärzte, Krankenschwestern, Pfleger wollten etwas mehr Geld für ihre altruistische, hoch exponierte Schwerstarbeit an vorderster Front im Dienst der Kranken.


Die Politik aber wollte nichts davon hören, obwohl eine aufziehende Pandemie bereits hoch wahrscheinlich war und gerade auf Krankenhausärzte, Krankenschwestern und Pfleger besondere Herausforderungen zukamen. Das war absehbar!


 
Bürgerinformation des Marburger Bundes zum Warnstreik der Krankenhausärzte vom 4. Februar 2020, vorgefunden von dem frisch operierten Patienten Carl Gibson in der Chirurgischen Klinik in Heidelberg, in der Mitte des Monats Februar.



Was bedeutet diese Situation für Krebskranke, die unmittelbar nach der Bestrahlungs- und Chemo-Therapie operiert werden müssen, weil der Krebs jederzeit chaotisch reagieren und metastasieren kann?

Meine OP in der Chirurgischen Klinik Heidelberg sollte am 20. Januar stattfinden.

Ich reiste an und musste wieder heim: 


„Keine Kapazitäten“.


Also ausharren und abwarten, während das Corona-Virus sich in Europa weiterverbreitete, in Italien, in Spanien, Deutschland im Visier.

Zitternd und bangend wartete ich ab, in der Hoffnung, die OP werde bald stattfinden, noch bevor das Virus deutsche Kliniken erreicht und bestimmte Operationen zurückgestellt werden müssen.

Wen schert die psychische Notlage eines Patienten in Wartestellung?

Er muss allein damit fertig werden

Nächster OP-Termin war der 31. Januar.

Erneut reiste ich an, nachdem ich mich fast zwei Wochen hindurch selbst motiviert hatte.

Schon lag ich fast auf dem OP-Tisch – dann die unselige Botschaft: 


„Keine Kapazitäten“!


Wieder durfte ich abreisen, hundert Kilometer übers Land, ohne zu wissen, dass die „Helden des Alltags“ von heute. die noch keine Helden waren, in Hannover streikten, also frisch Operierte in den Folgetragen (nach dem 31. Januar!) nicht nachbetreut werden konnten.

Des Rätsels Lösung, weshalb das so war, entnahm ich der Fernseh-Berichterstattung:


Ein Ärztestreik!


Einige nach meiner schweren Krebsoperation fand ich während eines Ausgangs im Korridor der Klinik dann auch noch den Streikaufruf des Marburger Bundes, der den Streik wohl organisiert hatte.

Einige Forderungen des Krankenhauspersonals an die Politik sind hier auf dem Papier aufgelistet:



Inzwischen hat – über die unmittelbar betroffenen Schwerstkranken hinaus - die deutsche Gesellschaft begriffen, wer die wirklichen

„Helden des Alltags“


sind und was sie tagtäglich und in der Nacht tatsächlich leisten.

Auch die Politik ist einsichtiger geworden und bewilligte den Schwerstarbeitenden an exponierter Front im Kampf gegen viele Viren nunmehr bessere Arbeitszeitregelungen und


„eine Handvoll Euro mehr“![1]








[1] Etwa 5- 6 Prozent mehr an Vergütung, nehme ich an.


 Zum gleichen Thema notierte ich einige Wochen später:







      Keine ausreichenden Kapazitäten für die Versorgung des Patienten nach der OP! Wo war das notwendige Personal verblieben? Des Rätsels Lösung: im Streik!



Am Weltkrebstag, am 4. Februar 2020, streikten Angestellte aus 18 bundesdeutschen Kliniken in Hannover für bessere Arbeitsbedingungen und angemessen geregelte Arbeitszeiten ohne Überstunden; unter den Streikenden auch Repräsentanten des Klinikums Heidelberg mit großem Transparent.




Der die Operationen planende Arzt wusste von der anstehenden Aktion, von dem Streik der Schwestern, die mich und andere frisch operierte Pateinten hätten betreuen sollen – doch er sagte mir nichts.

Ergo erfuhr ich von dem Protest erst in den Nachrichtensendungen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens.

Trauriges Fazit: Die - von der Politik zu verantwortenden -Missstände im deutschen Gesundheitswesen werden auf dem Rücken schwerkranker Patienten ausgetragen.
Ein um drei Wochen hinausgezögerter Krebs kann in dieser Zeit aktiv werden und Metastasen in lebenswichtigen Organen bilden, in Lunge und Leber – und alle bisher ertragenen Leiden, die Mühen und die hohen Behandlungskosten durch die Bestrahlung waren umsonst. 

Kranke Menschen sterben, weil Ärzte und Krankenschwestern, unterstützt von der Gewerkschaft, im Protest auf die Straße und vielleicht bald auch auf die Barrikaden gehen!?
Muss der Schwerkranke nun auch auf die Barrikaden gehen, um sein Recht auf adäquate medizinische Versorgung durchzusetzen?

Meine Meinung: 

Menschen, die sich für die Gesundheit und Alterspflege der Mitmenschen beruflich einsetzen, sollten nicht nur angemessen, sondern gut entlohnt werden, damit Motivation und Einsatz auf Dauer stimmen!
Das sage ich als Krebspatient und als Betreuer meiner fast 95-jährigen Mutter, die im Heim lebt und rund um die Uhr – bei hohen Kostenaufwand - versorgt werden muss.
In diesem reichen Staat wird viel Geld für unnütze Projekte ausgegeben und für die Umsetzung einer falschen Politik in manchen Bereichen; also sollten für die Erhaltung der höchsten Güter, für das Leben und für die Gesundheit der Staatsbürger Deutschlands, ausreichende Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Statt in destruktive Vernichtungswaffen zu investieren und Kliniken zu schließen, sollte der Staat neue Krankenhäuser bauen lassen und die Leistungen das Krankenhauspersonals adäquat vergüten!
 





 Auszug aus dem Manuskript:

Carl Gibson, Medizin im Zeichen des Kreuzes

 Copyright:Carl Gibson




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