Sonntag, 21. Februar 2021

Falken-Tag - Auf der Suche nach dem Besonderen

Falken-Tag - Auf der Suche nach dem Besonderen

 

 

https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6telfalke

 

Rötelfalke, Weibchen, im Flug

 

 

 

I.


 

 

Nach mehreren Tausend Fotoaufnahmen in wenigen Tagen, Bilder, die gesichtet, beschriftet und zum Teil auf den Blog hochgeladen werden müssen, was Zeitaufwand und Arbeit bedeutet, hatte ich mir vorgenommen, an diesem Tag nur noch das Besondere zu fotografieren, dabei mehr über Naturphänomene nachdenkend, als alles einfangen zu wollen, was man erfassen kann.

Der Zufall wollte es anders; kaum war ich einige hundert Schritte in die eiskalte, verschneite Natur hineingewandert - und schon sah ich eine Bewegung ... genauer hinsehend, gewahrte ich jenseits der Bundestraße einen kleinen Falken, einen Rötelfalken, wie ich später feststellte, genauer ein Weibchen, auf der Suche nach Fressbarem, nach einer Beute.

Später wurde mir bewusst: der Kadaver der jungen Eule, den ich vor Tagen entdeckt hatte, lag unweit in diesem Revier; also gab es doch Greifvögel in dieser Gegend!

Der Zufall wollte es dann auch, dass ich einige Dutzend Aufnahmen von dem seltenen Beutegreifer machen konnte, sofort, später an einem anderen Ort, hunderte Meter entfernt und schließlich ein drittes Mal, als der "Flatterfalke" an einem Punkt in der Luft flatterte, die Gegend unter ihm im Blick, immer auf der Suche nach frischem Fleisch.

Der Greifvogel flog auf und setzte sich auf einen Strommast. Also hatte ich die Gelegenheit, mich heranzupirschen, dem Greifer näher zu kommen und immer bessere Aufnahmen zu machen, teilweise geblendet vom hellen Licht des Schnees.

Den Blick zum Himmel erheben - mit Gott im Herzen: das fordert Kant nicht nur von Philosophen. Auf den Bach fixiert und auf das Leben rund um den Bach, hatte ich die Höhen aus den Augen verloren wie manch anderer Zeitgenosse, der sich ein Leben lang in den Niederungen aufhält, ohne Sinn für das Schöne und das Erhabene, für die Natur an sich.

Es gibt Menschen, denen sagt die Natur nichts.

Auch der Geist sagt gewissen Leuten nichts, noch haben sie ein Gefühl oder eine Wertschätzung für das Schöne in vielen Erscheinungsformen, für die Kunst der Künstler oder für die Kunstwerke, die unmittelbar von der Natur hervorgebracht werden - wie die Eiskunstwerke im Bach oder an den Dächern, die man nur in wenigen Tagen des Jahres bestaunen kann und die wegbleiben, wenn es keinen Winter in Deutschland gibt.

Vor einem halben Jahr etwa hatte ich Boccaccios Dekameron komplett wiedergelesen und darüber geschrieben, die Falkennovelle, das Herzstück dieses großen Werkes der Weltliteratur aber ausgespart, weil mir noch genauere, die Materie vertiefende Studien dazu fehlten. Friedrich der Zweite, der Staufer, hatte die Falkenjagd bereit beschrieben in einem Essay, der als die erste wissenschaftliche Abhandlung dieser Art gilt – und heute stehe ich vor dem Falken, stupor mundi, mit ganz geringen Wissen über diesen Herren der Lüfte, der den Mythos prägt und manches Symbol der Geschichte.

Ja, in der Tat: täglich lerne ich dazu; und täglich muss ich feststellen, was ich schon lange weiß: der Weg zum Doktor Allwissend ist weit – und heute, wo das Weltwissen stündlich wächst, nicht mehr zu Ende zu gehen. erreichen.

Also beschränke ich mich vorerst auf die Erfahrungen, die ich in unmittelbarer Anschauung machen kann, im Erleben der Natur, so, wie sie ist.

 


























II.

 

 











III.









V.

Was zu beweisen war - am Tag danach

Weshalb hatte ich den Falken bisher übersehen auf meinem Weg den Bach entlang? Er saß wohl schon öfter auf dem Mast, doch ich bemerkte es nicht. Der Wald dahinter verbaute mir die Sicht, auch das Gegenlicht am Morgen und der blendende Schnee.

Es ist wie im richtigen Leben: man hat die Dinge vor der Nase und sieht sie trotzdem nicht. Das merke ich täglich - ein Symptom des Alterns, ein Folge der schweren Kreberkrankung?

Wer eine Chemo- und Bestrahlungstherapie hinter sich hat und zwei Operationen, der ist auch als Genesender oft unkonzentriert. Es gibt Rückschläge, auch in der Fotografie.

Vor Tagen hatte einige gute Aufnahmen gemacht, den Buntspecht erwischt, und dann der Hinweis auf dem Display: No card!

Sehr ärgerlich - die guten Bilder, dahin - wie anderes auch, was vergänglich ist.

Heute nun hielt ich Ausschau: und tatsächlich, auf dem Rückweg saß das Falkenweibchen - hoch oben auf dem Ast, über meiner Wegstrecke, kaum dreißig Meter von dem Fressplatz entfernt, wo ich auf den halb aufgefressenen Eulenkadaver gestoßen war.

Verschwendung?

Die Natur verschwendet nichts - andere Wesen beseitigten die Reste und überlebten damit.

 

Auf dem Holzweg

 

Ja, ich war auf dem Holzweg und wurde belehrt. Auch wenn viele Faktoren logisch zusammentreffen, kommt nicht immer die richtige Lösung dabei heraus. Ein Naturfreund aus der Stadt, den ich zufällig wieder traf, nachdem wir uns schon vor Tagen über Naturfotos ausgetauscht hatten, klärte mich auf. Die Eule, eine Schleiereule vermutlich, ja, sicher, war von einem Uhu geschlagen worden, nicht von dem kleinen Falken!

Ich hatte mich also geirrt, zu schnell Schlussfolgerungen gezogen, obwohl nicht alles bis ins letzte Detail schlüssig gewesen war.

Wieder einiges dazugelernt!

Das ganze Leben ist ein Lernprozess - und die Natur wird uns zum Lehrmeister.

 

 

 

Der Falke












Nachdem er mir eine Weile geduldig, ja, stoisch, beim Ablichten zugesehen hatte, wurde es ihm doch zuviel - und er flog davon, nicht weit, auf die andere Seite der Bundesstraße, erneut auf einen Strommast, fast an die Stelle, wo ich ihn zuerst entdeckt hatte.

So beißt sich die Schlange in den Schwanz - das Endliche wird zur Ewigkeit im Kreislauf der Natur.



Philosoph Carl Gibson, 2020


Mehr zu Carl Gibson, Autor, Philosoph, (Vita, Bibliographie) hier: 

https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Gibson_(Autor)

 https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/person/gnd/111591457

https://www.worldcat.org/identities/lccn-nr90-12249/ 

 

Copyright: Carl Gibson 2021.

 

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