"Die Würde des Menschen ist unantastbar" -
Zur Diskrepanz zwischen Recht und Gerechtigkeit
Es ist ein gutes Gefühl, in einem Staat zu leben, dessen Verfassung (Grundgesetz) im Artikel 1 verkündet:
„Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“
Mehrfach hatte ich mich in der einen oder anderen Petition an Bundeskanzler und Bundespräsident auf dieses „a priori“ berufen,
auf diese „regulative Idee“,
überzeugt, dass die Würde allen anderen Gesetzen und Regelungen im demokratischen Rechtsstaat vorausgehen muss,
basierend auf den Grundfesten der Moral und der abendländischen Ethik,
wurzelnd im freien Geist der Antike, des Humanismus, der Aufklärung und des Christentums.
Nach den Erfahrungen des Totalitarismus in Gesamt-Deutschland, des Nationalsozialismus im Dritten Reich Adolf Hitlers
und des Stalinismus in der sogenannten DDR
hatten die
„Väter des Grundgesetzes“
dieses richtungsweisende Apriori beschlossen,
fest überzeugt, dass künftig alle politische Gewalt im Staat sich danach richten muss - in allen politischen Handlungen.
Gestern erfolgte die Probe aufs Exempel:
Ein Häftling in Deutschland hatte diese Würde eingeklagt –
Und ein deutsches Gericht gab ihm recht.
Die Details konnte ich nicht erfahren.
Mir
wurde lediglich bekannt, dass der Häftling mit seinem Los in einer
kleinen Zelle mit einem weiteren Zellinsassen unzufrieden war,
dass er, der Verurteilte, seine Würde und Menschenrechte eingeschränkt und verletzt sah-
Ich vernahm das – aus „schweizer Sicht“ …
mit dem Nachkommentar des Richters,
die Bundesrepublik solle alle Häftlinge freilassen,
wenn sie denn ihre „Würde“ in Haft nicht gewährleisten könne.
Ein Luxus das alles?
Während der Ceausescu Diktatur saß ich in einer Gefängniszelle ein,
in der Haftanstalt Popa-Sapca in Temeschburg, im Banat,
ohne Bücher, ohne Stift, ohne Papier, praktisch ohne Rechte.
Es war die kleinste Zelle im gesamten Gefängnis mit mehr als 2000 Insassen in Haft.
Das war eine kommunistische Diktatur der üblen Sorte!
Was lernen wir aus dem Urteil im Rechtsstaat?
Jeder Häftling kann sein Recht suchen – und er wird das Recht finden!
Jeder Bürger kann und soll sein Recht vor Gericht suchen, auch wenn er es nicht immer finden wird.
Ich persönlich kann mein Recht im Augenblick nicht finden,
weil mir die Mittel zu einer Privatklage bzw. zum Honorieren eines Rechtsberaters fehlen.
Anfallende
Gerichtskosten kann ich nicht bestreiten, ungeachtet der Tatsache, dass
ich durch makropolitische Ereignisse ( globale Finanzkrise) in eine
existenziell prekäre Lage geraten bin.
Wo bleibt da gleiches Recht für alle?
Kann nur der sein Recht finden, der die Mittel aufbringt, den Weg vor Gericht zu beschreiten?
Zwischen Recht und Gerechtigkeit besteht nach wie vor eine krasse Diskrepanz.
Trotzdem ist es wichtig zu wissen, dass man in einem Staat lebt,
wo das Einklagen der
„Würde des Menschen“ und anderer Grund- und Menschenrechte prinzipiell möglich ist.
Als der Renaissance-Philosoph Pico della Mirandola vor fünfhundert Jahren in Florenz seinen Traktatus
„ De hominis dignitate“
verfasste, rückte er damit den Menschen in den Mittelpunkt des Kosmos.
Heute, nach Hitler und Stalin,
ist die „Würde“ des Menschen einklagbar,
in Deutschland, nicht aber überall in der Welt!
Ein moralischer Appell?
Die garantierte Würde - das ist eine große Errungenschaft des Rechtstaates, der Demokratie,
eine Freiheit und ein Menschenrecht,
ein Wert, auf den wir in diesem, unserem deutschen Land stolz sein können.
Carl Gibson
(Dieser Beitrag wurde am 10. März 2011 auf diesem Blog publiziert und - wie fast alle Beiträge - später in einer meiner Buch-Publikationen.)
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