Freitag, 25. Januar 2019

Die "Wurmlinger Kapelle" - vielbesungenes Kleinod bei Tübingen aus der Sicht von Nikolaus Lenau und Ludwig Uhland




Die "Wurmlinger Kapelle" - 
vielbesungenes Kleinod bei Tübingen

 
aus der Sicht 

von 
Nikolaus Lenau 
und 

Ludwig Uhland








Nikolaus Lenau:

Die Wurmlinger Kapelle


Luftig, wie ein leichter Kahn,
Auf des Hügels grüner Welle
Schwebt sie lächelnd himmelan,
Dort die friedliche Kapelle.


Rötlich kommt der Morgenschein
Und es kehrt der Abendschimmer
Treulich bei dem Bilde ein,
Doch die Menschen kommen nimmer.


Einst bei Sonnenuntergang
Schritt ich durch die öden Räume
Priesterwort und Festgesang
Säuselten um mich wie Träume.


Leise werd' ich hier umweht
Von geheimen frohen Schauern,
Gleich, als hätt' ein fromm Gebet
Sich verspätet in den Mauern.


Und Maria's schönes Bild
Schien vom Altar sich zu senken,
Schien in Trauer, heilig mild
Alter Tage zu gedenken.


Scheidend grüsset hell und klar
Noch die Sonn' in die Kapelle,
Und der Gräber stille Schar
Liegt so traulich vor der Schwelle.


Freundlich schmiegt des Herbstes Ruh
Sich an die verlass'nen Grüfte;
Dort dem fernen Süden zu
Wandern Vögel durch die Lüfte.


Und der Baum im Abendwind
Lässt sein Laub zu Boden wallen,
Wie ein schlafergriff'nes Kind
Lässt sein buntes Spielzeug fallen.


Alles schlummert, Alles schweigt,
Mancher Hügel ist versunken,
Und die Kreuze steh'n geneigt
Auf den Gräbern - schlafestrunken.


Hier ist all mein Erdenleid
Wie ein trüber Duft zerflossen;
Süsse Todesmüdigkeit
Hält die Seele hier umschlossen.





Lenaus Gedicht entstand im Jahr 1832 während Lenaus Aufenthalt in der Stuttgarter Region. Zusammen mit Gustav Schwab, seinem Entdecker und Förderer, besuchten die Dichter Ludwig Uhland in Tübingen, ferner Justinus Kerner in Weinsberg. Eine Wanderung nach Wurmlingen dürfte Lenau tief beeindruckt haben.



In der gleichen zuversichtlichen Stimmungslage noch vor der Amerika-Reise entstand Lenaus „Schilflieder“-Zyklus, große Naturlyrik in poetischer Auseinadersetzung mit Karl Maier aus Waiblingen ( von Heinrich Heine im „Schwabenspiegel“ verspottet), der auch die Wurmlinger Kapelle besungen hat.



Uhlands Fassung datiert Anno 1802.


Während meiner Studienzeit in Tübingen (1983) weilte ich gelegentlich auch an diesem schönen Ort -
ein "Locus amoenes" stiller Einkehr und Kontemplation.

Bekannte und weniger bekannte Dichter haben ihn besungen,
auch finden sich gute Dokumentionen im Internet.

Für die Fotos sei an dieser Stelle recht herzlich gedankt.


Werke von Carl Gibson: 
Soeben erschienen:

Carl Gibson: 

Plagiat als Methode - Herta Müllers „konkreative“ Carl Gibson-Rezeption


Wo beginnt das literarische Plagiat? Zur Instrumentalisierung des Dissidenten-Testimoniums „Symphonie der Freiheit“ – 

Selbst-Apologie mit kritischen Argumenten, Daten und Fakten zur Kommunismus-Aufarbeitung 

sowie mit  kommentierten Securitate-Dokumenten zum politischen Widerstand in Rumänien während der Ceaușescu-Diktatur.


Rezeption - Inspiration - Plagiat!?






Herausgegeben vom Institut zur Aufklärung und Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit in Europa, Bad Mergentheim. Seit dem 18. Juli auf dem Buchmarkt.
399 Seiten.


Publikationen des
Instituts zur Aufklärung und Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit in Europa,

Copyright © Carl Gibson 2019

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