Dienstag, 2. August 2022

Mein Wort zur aktuellen "Zigeuner"-Debatte

 (Diesen Essay, hier auf dem Blog erstellt am 29. Januar 2022, doch zurückgehalten, veröffentliche ich heute als "Entwurf" aus aktuellem Anlass.)

 

 

 

     Mein Wort zur aktuellen "Zigeuner"-Debatte

Was Goethe schon wusste und im geistigen Werk vielfach beherzigte, gilt auch heute noch: nicht auf den Begriff kommt es an, sondern auf die geistige Haltung dahinter.

Wer redet hier, wer streitet hier herum, wirr mit Begriffen um sich herwerfend, die nicht mehr sind als inhaltsleere Worthülsen, die an dem eigentlichen Phänomen, an der Substanz vorbei gehen und sich in bloßer Rhetorik erschöpfen?

Wer über Zigeuner, Juden, andere religiöse, weltanschauliche oder völkisch-ethnische Minderheiten redet, sollte die Menschen aus diesen Minoritäten kennen, im konkreten Leben in diversen Situationen erlebt haben, mit diesen Individuen und Völkern gelebt haben, noch bevor er die Geschichte und Kultur dieser Menschen angeht, studiert, beschreibt oder bloß paraphrasiert.

Ich habe mit Zigeunerkindern seinerzeit im Sand gespielt, am Teich geangelt; ich habe, damals, noch kleiner Junge, umringt von schwarzbraunen Kindergesichtern, am Zigeunertisch das Mittagmahl eingenommen; auch habe ich mich mit Zigeunern herumgebalgt und saß später mit den - im „sozialistischen“ Staat totalitärer Kommunisten - Verfolgten in der Gefängniszelle, als Angehöriger einer anderen Minderheit im Land, als oppositioneller Dissident auch verfolgt – und dies, lange bevor ich über Zigeuner öffentlich redete und schrieb.

Lenau, der große Naturlyriker der Spätromantik, hat diesem Volk, genauer den vielen Stämmen der Zigeuner, die zum Teil ausdrücklich „Zigeuner“ genannt werden wollen, mit dem Gedicht „Die drei Zigeuner“ ein Denkmal gesetzt! Lenau hat diese – bei aller Rhetorik und Pseudo-Empathie – immer noch und überall in Europa verfolgte Minderheit in einer Weise gewürdigt, wie man das sonst nie antrifft, indem er die Zigeuner nicht nur idealistisch erhöht, sondern sehr reell, naturalistisch im eigentlichen Sein porträtiert, so, wie die Zigeuner nun einmal sind.

Ja, Lenau hat als Apologet der Entrechteten – genau so engagiert, wie er für die armen, ausgegrenzten Juden eintritt – die vom ihm gezeichneten drei Zigeuner auf seine Art mild elegisch ohne direkte Provokation über die kulturell so erhabenen westeuropäischen Christenmenschen gestellt, über die große Schar der Heuchler, die eines predigen und ein anderes leben, während der Zigeuner im Einklang mit der Natur seine Existenz bestreitet, rauchend, schlafend, träumend, musizierend, de facto über dem Leben stehend – in fatalistischer Ergebenheit und Weltverachtung, im Amor fati.

Darüber und über mehr zum Thema „Zigeuner“ schrieb ich in einem noch nicht publizierten Werk[1], nachdem ich schon früher ausführlich die Thematik schriftlich behandelt hatte, namentlich in dem Zigeuner-Exkurs zur „Freiheit der Zigeuner“ in „Allein in der Revolte“, 2013, fünf Jahre verspätet publiziert, nachdem mir der illoyale Verleger des ersten Bandes meiner Memoiren „Symphonie der Freiheit“, 2008, aus nicht ganz durchschaubaren Gründen in den Rücken gefallen war.

„Du wirst bald nicht mehr den Ausdruck Zigeuner in diesem Land gebrauchen dürfen“, sagte mir ein Freund vor einiger Zeit halbironisch, die an “politischer Korrektheit“ ausgerichteten Pseudo-Debatte im Sinn, die gerade die Medien und die sozialen Medien bestimmt.

Was ich zur Thematik schrieb und online publizierte, wird, wie aus den Zugriffen zu erkennen ist, nachgefragt, gelesen. Doch die Materie selbst erschöpft sich in den Begriff-Spaltereien der Ahnungslosen, die oft reden wie der Blinde vorn der Sonne, während die vielen Stämme der Zigeuner, die nicht nur Sinti sind und Roma, immer noch im Elend leben, stigmatisiert und ausgegrenzt wie eh und je.



[1] Eine schwere Erkrankung und fehlende Mittel verzögern das Erscheinen des bereits angekündigten Buches.

 

 

 Vgl. auch:

 

Carl Gibsons drei Buchpublikationen zum Judentum in Vorbereitung

Bedingt durch meine Krebserkrankung mit zwei Operationen in Corona-Zeiten sowie durch die Auswirkungen der Pandemie auf die Schaffensbedingungen eines Schreibenden, der als Einzelkämpfer agiert und der – im Gegensatz zu notorischen Lügnern im Auftrag – keinerlei Unterstützung oder Förderung erfährt, werden meine drei in den letzten Jahren ausgearbeiteten Werke zum Judentum an sich und speziell in Deutschland in absehbarer Zeit in Druck gehen.

Geplant sind die Titel (allesamt Arbeitstitel):

 

1.

Carl Gibson

Juden, „Zigeuner“, Indianer – Diskriminierte Minderheiten der Zeit im poetischen Werk Nikolaus Lenaus

Menschenrechte für alle – Lenau, Stimme der Opfer, Apologet der Entrechteten und Dichter der Freiheit in geistig-moralischerer Solidarität mit den Stigmatisierten und Verfolgten

 

„Littérature engagée“ avant la lettre:

„Ahasver“, „Der ewige Jude“, „Der arme Jude“,

„Die drei Zigeuner“, „Die drei Indianer“,

„Die nächtliche Fahrt“ –

Vom Mythos zur zeitkritisch- politischen Dichtung des Vormärz: Spät-Aufklärung, Werte-Debatte, Kulturkampf, Moral und Toleranz im poetischen Werk Nikolaus Lenaus.

2.

Carl Gibson

Natur ist meine Gottheit - Der starke Gott, der schwache Gott und der Kommende

 

Von Jahwe über Jesus zu Dionysos!?

 

Jud, Christ, Moslem … gegen die freien Natur-Verehrer und Pantheisten der Neuzeit, Geschichtlich und in gottferner Zeit

Die Bibel wiedergelesen - Nachdenken und Nachdenkliches über die Ideen und Wertvorstellungen religiöser Juden, über lebensfrohes Heidentum, lebendige Weltreligionen, Islam, Mystik und das real existierende Christentum unserer Tage (aus philosophisch-historischer Sicht)

Eine abendländische „Disputation“ im Monolog nach Voltaire, Heine und Nietzsche.

Über die von Menschen gemachten Gottheiten des Alten und des Neuen Testaments, über Gottesvorstellungen und Attribute Gottes aus der Sicht eines freigeistigen, religiös toleranten Ethikerst der Gegenwart in Betrachtungen, und Reflexionen, Sentenzen und Maximen

Gedanken über religiöse Leitbilder und ethische Instanzen in gottferner Zeit

Religionsgeschichtliche Betrachtungen eines Freidenkers ex cathedra – nach Nietzsche

 

3.

Carl Gibson

Spuren des Judentums im Taubertal, in Hohenlohe, in Franken und das Holocaust-Gedenken der Deutschen heute

Diese Bücher (mehrere Hundert Seiten) mögen auch eine Antwort darauf sein, weshalb sich der Philosoph und Schriftseller auch in die aktuelle Debatte einmischt. 

 

 

 

Buch-Projekt 1:

 




Carl Gibson


Juden, Zigeuner, Indianer und Menschenrechte für alle –
Lenau,
Stimme der Verfolgten, Apologet der Entrechteten und Dichter der Freiheit in poetischer Solidarität mit den stigmatisierten, diskriminierten Minderheiten der Zeit

„Littérature engagée“ avant la lettre:
„Ahasver“, „Der ewige Jude“, „Der arme Jude“,
„Die drei Zigeuner“, „Die drei Indianer“,
„Die nächtliche Fahrt“ –
Vom Mythos zur zeitkritisch- politischen Dichtung des Vormärz: Spät-Aufklärung, Werte-Debatte, Kulturkampf, Moral und Toleranz im poetischen Werk Nikolaus Lenaus.



ISBN 978-3-947337-16-3


1.  Auflage, 2022
Copyright © Carl Gibson, Tauberbischofsheim.
Alle Rechte vorbehalten.

 

 

 

 


Carl Gibson, 

Natur- und Lebensphilosoph, ethisch ausgerichteter Zeitkritiker, politischer Essayist,

Naturfotograf, im März 2022



Mehr zu Carl Gibson, Autor,  (Vita, Bibliographie) hier:

https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Gibson_(Autor)

https://de.zxc.wiki/wiki/Carl_Gibson_(Autor)

(Das Wikipedia-Porträt Carl Gibsons in englischer Sprache)


https://www.worldcat.org/identities/lccn-nr90-12249/

 Bücher von Carl Gibson, zum Teil noch lieferbar.



Copyright: Carl Gibson 2022.

 

 

 

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