Sonntag, 2. Mai 2021

Der Fink (Buchfink), weitere Singvögel der Tauber-Region und Lenaus "Lied vom armen Finken"

 

 

Der Fink (Buchfink), weitere Singvögel der Tauber-Region

und 

Lenaus "Lied vom armen Finken"




Das Lied vom armen Finken

Der Finkler ist ein Schlauer;

Wann dürr die Blätter sinken,

Dann sperrt er in den Bauer

Den eingefangnen Finken.

 

Er macht den Finken kirre,

Daß er zu finden lerne

Das Wasser im Geschirre

Und seines Futters Kerne.

 

Und weiß das arme Finklein

In seinen Sprossenwänden

Bescheid in jedem Winklein,

So geht es an ein Blenden.

 

Der Vögelpotentate

Brennt nun dem armen Tropfe

Mit glutgehitztem Drahte

Die Äuglein aus dem Kopfe.

 

Und fragst du nach dem Witze

Von solchem schnöden Werke?

Ei, daß im Kerkersitze

Der Fink den Lenz nicht merke.

 

Der Vogler kann nicht brauchen

Des Finken Schlag im Märzen.

Daß Lust und Lied ihm tauchen

Aus lenzgewecktem Herzen.

 

Da sitzt er nun gefangen

Im traurigen Verstecke,

Gar fleißig überhangen,

Daß ihn kein Lüftlein wecke.

 

Und sollte seine Seele,

Die doch den Frühling spüret,

Sich wagen auf die Kehle,

Wenn sich der Sänger rühret:

 

Vertreibt ihm bald sein Dränger

Die frohen Lenzgedanken,

Er spritzt dem kecken Sänger

Kalt Wasser in die Flanken.

 

Und läßt sich nicht bezwingen

Der Fink mit kalten Bädern,

Will selbst der Nasse singen,

So rupft man ein paar Federn.

 

Er soll sein lautes Schlagen

Und seinen Frühlingsglauben

Bis in den Herbst vertagen,

Wo sich die Hain' entlauben.

 

Dann wird er singen dürfen

Und seine Flügel dehnen,

Die Waldeslüfte schlürfen

Und sich im Frühling wähnen.

 

Dann auf dem Vogelherde

Beginnt der Narr zu preisen

Die freudenwelke Erde

In frohen Frühlingsweisen.

 

Dann hören sein Frohlocken

Und seine Frühlingslüge,

Verwirrt und süß erschrocken,

Der Vögel Wanderzüge.

 

Und voller Lenzverlangen,

Dem Finkler zum Ergetzen,

Fallen sie ein und fangen

Sich auch in seinen Netzen. –

 

Nun ist es Lenz, nun sitzet

Der Fink in seiner Steige,

Der Vogler rupft und spritzet,

Daß er den Lenz verschweige.

 

Ich aber vorempfinde,

Was droht aus Ost und Norden,

Das Heer der kalten Winde,

Die unsre Wälder morden.

 

In den zerstörten Hagen

Hör ich am Vogelherde

Auch schon den Finken schlagen:

›Wie schön ist Gottes Erde!‹

 

Doch wirds dann wieder heller

Nach trüben Winternissen,

Wenn einst dem Vogelsteller

Sein altes Garn zerrissen.[1]

 



[1] Nikolaus Lenau: Sämtliche Werke und Briefe. Band 1, Leipzig und Frankfurt a.M. 1970, S. 315-317.


Lenau, Naturlyriker von Weltruf, hat nicht nur melancholische, elegische Gedichte geschrieben, sondern auch viel Dionysisches und in heiteren, manischen Augenblicken auch manches lustig-humoreske Poem.

Was kaum bekannt ist: Lenau hatte einen Sinn für Humor, konnte Späße machen und auch herzhaft lachen.

Das Finken-Gedicht ist ein Beweis dafür. 

Zudem engagierte sich Lenau, ein Dichter mit ausgeprägtem ökologischen Bewusstsein, gegen den tumben Geist seiner Zeit, nicht nur für die Rechte der Minderheiten, der Juden, der Zigeuner und der Indianer Nordamerikas und Menschenrechte allgemein,  sondern er trat auch - mit Heine - für Tiere ein, speziell für Vögel.  

 

 


Singender Buchfink in den Zweigen am Tauberufer
 

Aufgeplusterte Zeisige an einem eiskalten Wintertag


Fink


Die Landschaft an der Tauber



Reiher im Flug


Zeisig


Wildtaube


Die Finken in den Zweigen


Kohlmeise



Weidenkätzchen - Boten des Frühlings


Die Stadt der Olympioniten, 

mitten in der Natur


 


 Bücher von Carl Gibson, zum Teil noch lieferbar.

Carl Gibson, Natur- und Lebensphilosoph, ethisch ausgerichteter Zeitkritiker, 

im Jahr 2020


Mehr zu Carl Gibson, Autor,  (Vita, Bibliographie) hier:

https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Gibson_(Autor)

https://de.zxc.wiki/wiki/Carl_Gibson_(Autor)

(Das Wikipedia-Porträt Carl Gibsons in englischer Sprache)


https://www.worldcat.org/identities/lccn-nr90-12249/



Copyright: Carl Gibson 2021.


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