Die Küken des Teichhuhns sind auf der Welt angekommen – „heile Welt“ oder Auftakt zu einem tristen Debakel?
Teichhühner
Selten: Zwei Teichhühner, das Elternpaar
dahinter der Partner
am letzten Tag im Mai,
Auf dem Rückweg - eine Stunde später - stelle ich dann fest:
Das Teichhuhn mit drei frisch geschlüpften Küken unter den Fittichen
Teichhuhn mit drei der frisch geschlüpften Küken
1. Die Küken des Teichhuhns sind auf der Welt angekommen – „heile Welt“ oder Auftakt zu einem tristen Debakel?
Es ist vollbracht! Geschafft! Ja, der Nachwuchs ist da!
Meine Befürchtung, die Brut werde scheitern, ist nicht eingetreten.
Heute, nach drei Wochen Brutzeit, war es endlich soweit.
Bei meinem routinierten Nachsehen, das ich täglich am Morgen und an Abend absolviere, an machen Tagen auch öfter, sah ich die Neuankömmlinge bei zweiten Anlauf - drei Küken, geborgen im Nest, unter den Flügeln der Mutter heiter und neugierig in die Welt blickend. Die Geschwister waren wohl auch schon da, nur versteckt unter dem Federnkleid der Mutter!?
Der Vater schweifte um das Nest herum; ein seltenes Bild, zwei Teichhühner, ein Paar! Als er mich sah, floh er aus dem Bild; er rannte er fluchtartig weg, denn er wollte die Familie nicht verraten, den potenziellen Feind aber ablenken.
Die schlimmen Tage sind nun überstanden. Das wackere Teichhuhn hat in dem äußerst exponierten Nest unter dem Steg die wilden Hunde überlebt, die Kletterer an der Viadukt-Wand, pöbelnde Jugendliche mit werfenden Bierflaschen oder Steinen und sicher noch manches an störenden Dingen, was ich nicht mitbekommen habe.
Jetzt ist nur noch zu hoffen, dass die Eltern mit ihrem Nachwuchs im beschaulichen Brehmbach bleiben und nicht im Übermut in die Tauber hinausschwimmen, wo der Hecht lauert, der angeblich diese Küken dieser Art mit Vorliebe verschluckt.
Die Tauber abwärts, im „renaturierten“ Bereich, leben noch andere Teichhühner in der Geborgenheit der Inseln. Nachwuchs sah ich dort noch nicht. Dafür aber eine junge Bisamratte, der das heimatliche Loch am Flussufer zu eng geworden ist, die nun herausschwimmt und in der Sonne spielt, selbstvergessen vor den Augen des Naturbeobachters mit der Kamera, solange dieser – das Spielen mitgenießend - bewegungslos verharrt und nur den Apparat rattern lässt.
Darf man den Tag vor dem Abend loben?
Eine sonderbare Vorahnung stieg in mir auf und hielt meine Skepsis wach! Leider sollte die geheime Befürchtung doch noch Gewissheit werden!
Bücher von Carl Gibson, zum Teil noch lieferbar.
Carl Gibson, Natur- und Lebensphilosoph, ethisch ausgerichteter Zeitkritiker,im Jahr 2020
Mehr zu Carl Gibson, Autor, (Vita, Bibliographie) hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Gibson_(Autor)
https://de.zxc.wiki/wiki/Carl_Gibson_(Autor)
https://www.worldcat.org/identities/lccn-nr90-12249/
Copyright: Carl Gibson 2021.
Vgl. auch:
Das "dumme" Teichhuhn und das Gelege am deplatzierten Ort?
Sind Hühner dumm? Oder sind nur jene Teichhühner dumm beziehungsweise dekadent, „entartet“, die – in, aus menschlicher Sicht unvernünftiger Weise – ihre Nester dort bauen, wo die Brut besonders gefährdet ist?
Handeln diese Wasservögel noch nach den ungeschriebenen Gesetzen der Natur oder verstehen wir Menschen als naive Naturbeobachter nicht ganz, was dem Plan der Natur entspricht und was diesen sogar entgegengesetzt ist?
Das Teichhuhn vor meiner Haustür ging nicht anders vor als der freche Dieb, der seine Beute an einem öffentlichen Ort versteckt, dort, wo keiner das Raubgut vermutet, gar die vom Verbrecher dort deponierte Leiche wie im Spielfilm – es baute sein Nest an einer Stelle, wo viel los ist, wo, gerade an Feiertagen und an Wochenenden, sich viel Volk tummelt, ganz unterschiedliche Leute, Ausflügler, saturierte Gestalten mit Hunden, Kletterer oder jugendliche Deutsche, die im vollen Elan ausgetrunkene Bierflaschen vom alten Viadukt herab in den Bach oder an den Kopf des Naturbeobachters schmeißen, der sich - dummerweise, die Bisamratte oder eben das Teichhuhn beobachtend - zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort befindet.
„Wie lange wird das gutgehen“, fragte ich mich, nachdem ich das Gelege eines Tages im frühen Wonnemonat Mai, wo Knospen springen und viele Vögel brüten, entdeckt und festgestellt hatte, dass schon geringste Geräusche das brütende Teichhuhn vom Nest vertreiben.
Die Eier, hier acht an der Zahl, dürfen nicht auskühlen, wenn irgendwann junge Küken schlüpfen sollen. Das war mir bewusst. Also beobachtete ich das Kommende mit etwas Sorge, wohl wissend, dass ich nichts zum Schutz des Geleges werde tun können.
Donnerstags, an Christi Himmelfahrt, kamen vier Burschen, Kletterer – ohne von der Existenz des brütenden Teichhuhns unter dem Steg Notiz zu nehmen, gingen die vier Sportler ihren Übungen an der Viadukt-Wand nach, teils laut, teils vom Bier beflügelt, rauchend, doch immer noch kultiviert und ohne später Müll zu hinterlassen.
Am Tag danach kamen zwei kletterfreudige Damen in Begleitung ihrer Partner. Sie sahen das Gelege; sprachen mich an – und hatten fast schon ein schlechtes Gewissen.
Samstags schließlich wiederholte sich der Ablauf – erneut vier Buschen, die ihre Stricke spannten, paar Meter die Wand hinaufkletterten und auch wieder gingen, ohne auf den Brutvorgang aufmerksam geworden zu sein oder diesem geschadet zu haben.
Ich war erstaunt, verblüfft, denn die werdende Mutter hatte alles recht gelassen hingenommen. Gelegentlich aufgescheucht durch laute Tritte am Wegrand oder auf der Brücke, hatte das Teichhuhn sich in das Ufergebüsch geflüchtet, war aber, angetrieben durch natürliche Instinkte, bald wieder zurückgekehrt auf das Nest, um dort weiter zu brüten.
Diskret, aus Distanz, machte ich ein paar Aufnahmen, wenn ich vorbei kam, auch, um die Vorgänge zu dokumentieren, immer noch von den Gedanken verfolgt, das werde nicht gut gehen. Der Partner des Teichhuhns, den ich weiter oben, im wilderen Bachbereich, an mehreren Tagen beobachtet hatte, kam gelegentlich vorbei und verschwand auch wieder. Wechselten sich die beiden Vögel beim Brüten ab? Wie ernährte sich das Teichhuhn, das wohl nicht versorgt wurde? Wann fraß es – und was?
Das öffentliche Gelege blieb nicht lange ganz geheim! Einige Passanten erspähten es von der Brücke aus, gingen aber weiter ohne zu stören. Nicht alles, was mich faszinierte, beindruckte meine Mitmenschen ebenso. Nicht alles, was mich interessierte oder, was mir wichtig erschien, wurde von anderen ähnlich bewertet.
Das Teichhuhn jedenfalls hielt durch – und es hält immer noch durch, brütet weiter, während ich vom Bachrand aus – in der Hoffnung auf ein gutes Ende - den Brutvorgang mitverfolge. Hoffentlich bleibt mir das Befürchtete erspart.
Das Teichhuhn, für mich vor Monaten noch ein unbekanntes Wesen aus dunklen Katakomben, nunmehr mit Gesicht, klarer Stimme, auch im Protest, und in bunter Federnpracht, hat inzwischen so manches überlebt: die wilden Hunde, die Kletterer in großer Zahl, die trampelnden Passanten, den Naturfreund mit Kamera, die natürlichen Gefahren bei Nacht – wird es den Naturauftrag erfüllen, der Welt neues Leben schenken?
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