Sonntag, 6. November 2022

Es ist ein schönes Ding, das Gold

 

 

 

 

Es ist ein schönes Ding, das Gold


 

ROCCO: 


Hat man nicht auch Gold beineben,
Kann man nicht ganz glücklich sein;
Traurig schleppt sich fort das Leben,
Mancher Kummer stellt sich ein.
Doch wenns in der Tasche fein klingelt und rollt,
Da hält man das Schicksal gefangen,
Und Macht und Liebe verschafft dir das Gold
Und stillet das kühnste Verlangen.
Das Glück dient wie ein Knecht für Sold,
Es ist ein schönes Ding, das Gold.

Wenn sich nichts mit nichts verbindet,
Ist und bleibt die Summe klein;
Wer bei Tisch nur Liebe findet,
Wird nach Tische hungrig sein.
Drum lächle der Zufall euch gnädig und hold
Und segne und lenk euer Streben;
Das Liebchen im Arme, im Beutel das Gold,
So mögt ihr viel Jahre durchleben.
Das Glück dient wie ein Knecht für Sold,
Es ist ein mächtig Ding, das Gold
.

 


Geld beruhigt. Beethoven wusste das wohl. Aus der Armut kommend, hat er die existenzielle Erfahrung, wie es ist, arm und von anderen abhängig zu sein, die gesamte Lebenszeit hindurch beherzigt und alles dafür getan, Rücklagen aufzubauen, um, wenn es sein muss, von Gönnern unabhängig zu sein, frei schaffen zu können, etwa so, wie es ihm ein Mozart vorgemacht hat.

Also hatte Beethoven eigentlich immer Geld, viel Geld sogar, im Alter ein kleines Vermögen – und doch lebte er stets wie ein armer Mann, sparsam, unnütze Kosten vermeidend, während Mozart, ein Spitzenverdiener unter den Künstlern seiner Zeit, ein Verschwender war, chronisch knapp bei Kasse und oft sogar pleite und hoch verschuldet. Mozart brachte die Goldstücke im Umlauf. Allein seine rote Weste war ihm Unsummen wert, während ihm der „Don Giovanni“ nur ein Butterbrot einbrachte, ein Taschengeld, das schneller verrauschte, als es erarbeitet worden war.

Mozart wagte als einer der ersten Tonsetzer überhaupt den Sprung in die freie Künstlerexistenz und somit ins kalte Wasser, ins Risiko und ins potenzielle Scheitern, darin ein Vorbild nicht nur für - den wesentlich bedächtiger, konservativer agierenden Beethoven, sondern auch für Schubert, Schuman und Brahms, die alle miteinander das künstlerische Schaffen über das Leben stellten, ihr Leben hingaben, sich selbst aufopferten, um große Kunst möglich zu machen.

Es ist ein mächtig Ding, das Gold.

 

Auszug aus:

Carl Gibson,

Im „dionysisch Taumeln“ – Lenaus Beethoven-Rezeption

  (Noch nicht erschienen!)


 
Vgl.  auch:

Beethovens Büste - eine poetische Hommage an das absolut gesetzte Vorbild von Nikolaus Lenau

 

Beethovens Büste



Traurig kehrt' ich eines Abends
In mein einsam düstres Zimmer,
Überraschend drin entgegen
Blinkte mir ein Freudenschimmer.

Mit dem sichern Blick der Liebe
Hatt' ein Freund den Spalt getroffen,
Wo des Unmuths düstre Zelle
Blieb dem Strahl der Freude offen.

Ha! ich fand des Mannes Büste,
Den ich höchst als Meister ehre,
Nebst dem schroffen Urgebirge
Und dem grenzenlosen Meere.

Ein Gewitter in den Alpen,
Stürme auf dem Oceane,
Und das große Herz Beethovens,
Laut im heiligen Orkane,

Sind die Wecker mir des Muthes,
Der das Schicksal wagt zu fordern,
Der den letzten Baum des Edens
Lächelnd sieht zu Asche lodern.

Kämpfen lern' ich ohne Hassen,
Glühend lieben und entsagen,
Und des Todes Wonneschauer,
Wenn Beethovens Lieder klagen:

Wenn sie jubeln, Leben schmetternd,
Daß die tiefsten Gräber klüften,
Und ein dionysisch Taumeln
Rauschet über allen Grüften.

Wenn sie zürnen, hör' ich rasseln
Menschenwillens beil'ge Speere,
Und besiegt zum Abgrund, heulend,
Flüchten die Dämonenheere.

Sanftes Wogen, holdes Rieseln;
Sind des Weltmeers kühle Wellen
Süß beseelt zu Liebesstimmen?
Wie sie steigen, sinken, schwellen!

Auf der glatten Muscheldiele
Halten Nixen ihren Reigen,
Keime künft'ger Nachtigallen
Träumen auf Korallenzweigen.

Horch! noch leiser! dem Naturgeist
Abgelauschte Lieder sind es,
Die er flüstert in das erste
Träumen eines schönen Kindes;

Die er spielt auf Mondstrahlsaiten,
Ob dem Abgrund ausgespannten,
Deren Rhythmen in der Erdnacht
Starren zu Krystallenkanten:

Und nach deren Zaubertakten
Rose läßt die Knospe springen,
Kranich aus des Herbstes Wehmuth
Lüftet seine Wanderschwingen.

Ach, Coriolan! vorüber
Ist das Ringen, wilde Pochen,
Plötzlich sind's die letzten Töne,
Dumpf verhallend und gebrochen.

Wie der Held im schönen Frevel
Überstürmte alle Schranken,
Dann — der tragisch Überwundne
Stehn geblieben in Gedanken.

Sinnend starrt er in den Boden,
Sein Verhängniß will Genüge:
Fallen muß er, stummes Leiden
Zuckt um seine edlen Züge.

Horch! im Zwiespalt dieser Töne,
Klingt der Zeiten Wetterscheide,
Jetzo rauschen sie Versöhnung
Nach der Menschheit Kampf und Leide.

In der Symphonien Rauschen,
Heiligen Gewittergüssen,
Seh' ich Zeus auf Wolken nahn und
Christi blut'ge Stirne küssen;

Hört das Herz die große Liebe
Alles in die Arme schließen,
Mit der alten Welt die neue
In die ewige zerfließen.


Ludwig van Beethoven kam bis nach Mergentheim.






Der geniale Tonsetzer war seinerzeit noch ein unbekannter Konzert-Musikus, während Mergentheim,
das wohl kleinste Fürstentum unter den 36 Staaten des damaligen "Deutschland" 
als Residenz des Deutschen Ordens glänzte.

Gerade in diesen Tagen gedenkt man hier in Bad Mergentheim seiner
und spielt die großen Kompositionen des Menschheitsgenies mit Andacht.



Auch ich war von Jugend auf ein glühender Verehrer des Komponisten,
lange bevor ich Mozart in seiner gesamten Tragweite und Tiefe entdeckt hatte.

Dazu:




bzw.





Mehr über

Nikolaus Lenau
unter



Interpretationen zur Dichtung Lenaus in meinem Werk:



Carl Gibson, Lenau. Leben - Werk - Wirkung.
Heidelberg 1989, 321 Seiten.

Dieses viel zitierte Standardwerk der Lenau-Forschung ist -
laut World Cat Identities und neben einer Studie des Freud Schülers Isidor Sadger über das Liebesleben Nikolaus Lenaus -
das weltweit am meisten verbreitete Werk über den Spätromantiker und Klassiker der Weltliteratur Nikolaus Lenau .
Der leider viel zu früh verstorbene Germanist und Nietzsche-Forscher Prof. Dr. Theo Meyer erkannte in diesem Werk
"einen Markstein der Lenau-Forschung.
Es ist überhaupt die prägnanteste Lenau-Monographie. es dürfte zum Besten gehören, was über Lenau überhaupt geschrieben worden ist."

Das Werk, das mir, dem Autor bisher noch kein Einkommen generiert hat, wurde in acht Teilauflagen gedruckt. Die Leinen-Ausgabe ist seit vielen Jahren vergriffen. Ein Restbestand der kartonierten Ausgabe liegt - ungeachtet anderer Meldungen im Internetbuchhandel - noch vor und kann beim Winter Verlag, Heidelberg bezogen werden.

Trotzdem ist eine grundlegend überarbeitete Neu-Edition dieser Monographie angesagt,
da die Werke und Briefe Lenaus inzwischen in einer historisch-kritischen Ausgabe vorliegen.



Fotos: Carl Gibson

©Carl Gibson

 

 

Carl Gibson, 

Natur- und Lebensphilosoph, ethisch ausgerichteter Zeitkritiker, politischer Essayist,

Naturfotograf, im März 2022



Mehr zu Carl Gibson, Autor,  (Vita, Bibliographie) hier:

https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Gibson_(Autor)

https://de.zxc.wiki/wiki/Carl_Gibson_(Autor)

(Das Wikipedia-Porträt Carl Gibsons in englischer Sprache)


https://www.worldcat.org/identities/lccn-nr90-12249/

 Bücher von Carl Gibson, zum Teil noch lieferbar.



Copyright: Carl Gibson 2022.

 

 

 

 

 

 

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