Sonntag, 2. Juli 2023

Zur Koran-Verbrennung in Schweden[1] – wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen!

 

Girolamo Savonarola, Worms, Detail.

Savonarola,
Teil eines Reformatoren-Denkmals in Worms am Rhein

      Zur Koran-Verbrennung in Schweden[1] – wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen!

 

 Aktualisierte Fassung:

 

  Zur Koran-Verbrennung in Schweden[1] – wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen! 

(Nachtrag: Nun sollen auch Tora und Bibel verbrannt werden!)

Die Intoleranten dort, die, nicht besser als die Ajatollahs im Iran, die Mullahs und Taliban oder der besonders kulturfeindliche IS, könnten die Bibel gleich mit verbrennen, das Alte Testament wie das Neue, denn das sind die geistig-sittlichen Vorbilder des Koran, gespickt mit Hassbotschaften der Intoleranz, Instrumente der Massenverblödung, ebenso wie weitere religiöse Schriften aus anderen Kulturen dieser Menschheit – denn „Religion“ ist nicht nur „Opium für das  Volk“, sondern das Gift schlechthin, das den tumben Menschen ewig im Dunkel hält und so den wahren, den human gewordenen, den „menschlichen Menschen“, der, weise geworden, auch wirklich tolerant ist, verhindert.

 

Die Weisheit ist nicht neu - wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen!

 

Nachtrag, am 15. Juli 2023:

 

Die Grenzen der Meinungsfreiheit – wo sind sie? Wer legt sie fest? Wo beginnt die „religiöse Intoleranz“?

 

Inzwischen, nach wenigen Wochen, sind auch andere Religionskritiker der Neuzeit zu der Einsicht gelangt, dass, wer den Koran verbrennt, auch die Bibel verbrennen muss, also – wie von mir in polemischer Formulierung angeregt - die den Juden und Christen „heiligen“ Schriften!

 

Das soll nun tatsächlich - in Berufung auf die Meinungsfreiheit, die im historisch unbelasteten Schweden noch heiliger ist als in Deutschaland, wo es Tabus gibt - staatfinden[2]– entgegen scharfer Proteste jüdischer Kreise nicht nur aus Israel, die von einer antisemitischen Aktion und Manifestation sprechen.

 

Eine Gratwanderung!

Wie frei ist der Schwede, der Deutsche, der Amerikaner?

Konsequenz oder Zurückhaltung?

Jedes Land wird seine Debatte führen müssen, eine Debatte auch über absolut gesetzte geistige Freiheit und offener Meinungsbekundung, die den Regierenden viel Ärger bereiten wird, die aber für die Katharsis einer Nation, die sich erhalten will oder noch selbst finden muss, unerlässlich ist – in Schweden, noch mehr in den USA, dahinter aber auch – bei aller historischen Last – auch in Deutschland. Sonst wird der Deutsche, der sich selbst zurücknimmt, zensiert, mehr und mehr unfrei – das aber ist die Wurzel aller Übel; denn Unfreiheit - nach ideologischer Bevormundung und Umerziehung - mündet irgendwann immer in eine Diktatur.

 



[1] Aktionen dieser Art, die es nun wieder in Schweden geben soll, sogar mit staatlicher Sanktion, sind Wasser auf die Mühlen der Islamisten weltweit in der ideologischen Auseinandersetzung mit dem freien Westen. Mit echter Freiheit haben Manifestationen der Intoleranz nichts zu tun, ganz im Gegenteil, sie begrenzen die Freiheit der anderen.

 

Darüber hinaus führen Hassaktionen dieser Art in der ganz profanen Alltagspolitik zur weiteren Belastung der Beziehungen zu Erdogans Türkei und damit zur Verzögerung eines baldigen NATO-Beitritt Schwedens, der von Erdogans Plazet anhängig ist. (Inzwischen hat Erdogan auf dem NATO-Gipfel in Vilnius nach diversen Konzessionen und dem politischen Druck aus den USA eingelenkt – und Schweden kann der NATO beitreten.

 

Blasphemie ist, nach Präsident Macron, ein Akt der Meinungs- und Gewissensfreiheit!? 

 

Im Land der Aufklärer, der Menschenrechte und der Revolution muss Spott erlaubt sein. Und doch es gibt Grenzen des Spotts, schon im Alten Testament, wo die Spötter den Gottlosen und Ruchlosen gleichgesetzt wurden! Schlechte Karten für Voltaire, Heine und Nietzsche? Damals, vor Jahren, als blindwütige Terroristen in Paris zwölf Karikaturisten der Satire-Zeitschrift „richteten“, fanatisiert im religiösen Verblendungswahn exekutierten, feige wie brutal Wehrlose ermordeten, bezog ich Position – kritisch, gegen die Massenmeinung, aber auch und vor allem gegen angeblich solidarische, an sich jedoch heuchlerische Haltung der Politik europa-, ja, weltweit, mit dem Argument der Toleranz und des gegenseitigen Respekts zwischen den Kulturen und Glaubensrichtungen, die zusammenleben wollen oder dies sozial bedingt müssen. Das ist im postkolonialen Frankreich der Fall, in Großbritannien, in den Niederlanden, in Belgien, Spanien und Italien, wo viele Muslime seit Jahrzehnten mit der Staatsnation zusammenleben. Wer also die Muslime auf politisch-kultureller Ebene zum Freiwild macht, wird mit dem Hass und den Früchten des Hasses, Mord und Krieg, leben müssen. Es leben nun einmal Millionen Muslime in Frankreich, in Deutschland. Also gilt es auch deren Kultur, spezielle deren Religion gilt es zu respektieren; nicht nur halbherzig in Lippenbekenntnissen, sondern voll und ganz – mit allen rechtlichen und ethischen Auswirkungen! Statt, im Einklang mit den Hauptströmungen und Stimmungen im Volk Partei zu ergreifen, statt ein fragwürdiges Prinzip zu verteidigen, muss der Staat, allen voran der in Frankreich noch übermächtige Präsident, Frieden stiftend für Ausgleich sorgen, statt die Feuerbrunst des Hasses erneut anzufachen. Blasphemie, ganz egal in welche Richtung eine Gottheit verunglimpft wird, trifft immer den einfachen Gläubigen, der über keine Instrumente einer angemessenen Gegenwehr verfügt. Also springt der schlichte Terrorist, einer, der nichts zu verlieren hat, aber das Paradies mit den 72 versprochenen Jungfrauen gewinnen kann – im Einklang mit seinem verhöhnten Glaubensbruder und den eigenen religiösen Überzeugungen ein; und er handelt – wie er wirklich glaubt: gerecht! Seine Auffassung des Koran, die keine Verunglimpfung Allahs duldet, noch eine Karikierung des Propheten Mohammed, ist ihm dabei ein Leitbild. Gleichzeitig ist dem schlichten Islam-Gläubigen aus dem Volk die freigeistige Spötterei eines durch die Aufklärung gegangen Franzosen, der möglichweise auch noch ein metaphysisch Geläuterter, ein Atheist ist, fremd, fremd wie die Toleranz, die alle hinnimmt, auch wenn es bereits dekadent ist. Strenggläubige – bei orthodoxen Juden ist das nicht anders – und frivole Freigeister treffen aufeinander in einem Zusammenprall grundverschiedener Kulturen. Es kracht – doch es kracht, weil der aufgeklärte Europäer mehr über interkulturelle Zusammenhänge wissen müsste als ein schlichter Streiter des Islam, den man gezielt radikalisiert und zum Morden losgeschickt hat. Die Früchte der Konfrontation zwischen Glaubensrichtungen oder Kulturen sind bekannt: Terror, Bürgerkrieg und Krieg. Vom Populismus getragen, geblendet, wird also manchmal auch der erste Mann im Staat zum Brandstifter, ja, zum Akteur, der dort zündelt, wo eigentlich mit Macht gelöscht werden sollte. Frankreich hatte seine Bartholomäusnacht, damals, als jene im rechten Glaubens auf ihre Kontrahenten aus dem protestantischen Lager losgingen, alle bestialisch niedermetzelten und totschlugen, mitten in Paris. Ähnliches kann sich jederzeit wiederholen, nicht mehr im Signum des Kreuzes, aber unter neuem Vorzeichen – gegen die Gläubigen unter dem Halbmond, gerade dann, wenn der Staat in missverstandener Toleranz die Bedingungen dazu schafft! Also wehret den Anfängen, auch hier! Macron sollte nicht über Blasphemie philosophieren, sondern sich um die tatsächlichen Probleme kümmern, die Frankreich auf dem Gebiet der Integration und eines humanen Miteinander hat.  

Menschenrechte und ein Leben in Würde für alle Bürger des Staates 

 

Über einen Friedhof schreitend, habe ich unlängst über das Zusammenleben grundverschiedener Kulturen nachgedacht, beginnend mit den Ursachen, die zu den ersten schweren Pogromen gegen Juden führte, 1298, dann zur Pest-Zeit im Jahr 1339, bis zum Holocaust und Auschwitz, als auch die Franzosen der „Kollaboration“ ihre jüdischen Mitbürger an die Henker auslieferten. Sind wir heute, in Zeiten der Radikalisierung und religiöser Konfrontation, gegen solche Entwicklungen gewappnet? Eine abseitsgelegene Grabstätte eines Moslems auf einem Friedhof hier in der christlich-katholischen Region hat mich berührt. Wenn es politische Wille ist, dass Muslime in Deutschland, in Frankreich nicht nur als „Gastarbeiter“ wirken, sondern hier, im christlichen Abendland, auf Dauer leben, dann muss man die Würde dieser andersgläubigen Menschen voll und ganz respektieren und fördern, indem man – wie im Falle der Juden – nun auch die Religionsfreiheit der Muslime ernst nimmt; und das, indem man Moscheen baut, den Muizin unbehelligt vom Minarett rufen lässt und indem eigene muslimische Friedhöfe angelegt werden, so wie es die Juden hier seit Jahrhunderten praktizieren. Die Würde des Menschen geht über das Leben hinaus. Jeder soll frei sein, zu seinem Gott zu beten und jeder soll – ein Einklang mit der These Friedrichs des Großen – nach eigener Facon glücklich werden, auch indem er seinen religiösen Riten treu bleibt. Das Verhöhnen des Andersseins – und das verkennen die oberflächlichen Spötter aus Paris eklatant – kommt einer Herabwürdigung der Menschenwürde gleich, für die aufrechte Franzosen während der Französischen Revolution von 1789 doch – Leib und Leben opfernd – gestritten haben. Menschenrechte und ein Leben in Würde für alle Bürger des Staates – daran sollte sich Präsident Macron erinnern; ferner an das Prinzip, das Gewalt, auch geistig-ideeller Natur, Gegengewalt erzeugt wie im Fall der Terroristen, deren Mordtaten – jenseits von gesundem Humor – unnötigerweise provoziert wurden.

Carl Gibson in Paris, 1979. 

 

Mehr zu Carl Gibson, Autor, Philosoph, (Vita, Bibliographie) hier: 

https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Gibson_(Autor)

 https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/person/gnd/111591457

https://www.worldcat.org/identities/lccn-nr90-12249/

 

 

 

   Religion unterrichten[1] ist - in meinen Augen - eine ruchlose Angelegenheit

Religion verbiegt die - noch intakte, jungfräuliche, gesellschaftlich unverdorbene - Seele des Kindes für alle Zeiten.

Als Wahrheiten ausgegebene Geschichten, Mythen und Märchen führen zu einem inneren Zwiespalt, der im späteren Leben nicht immer aufgelöst werden kann. Einige bleiben in dem Irrglauben, den einige für die einzige Wahrheit ausgeben, gefangen, ohne die Kraft zur Befreiung aufzubringen, werden ängstlich, menschenscheu und weltfremd, kurz unglücklich, weil der ferne Gott im hohen Himmel den Suchenden im irdischen Jammertal nicht viel geben kann, aber alles erwartet, bedingungslose Unterwürfigkeit in Kirche und Staat im blinden Glauben.

Aus Freud, den der Vater religionsfern erziehen ließ, wurde, was ich erst jetzt erfuhr, dann auch kein frommer Jude, sondern ein scharfer Kritiker der Religionen.



[1] Den Religionsunterricht durch den Pfarrer, so, wie ich es im atheistischen Staat erlebte, kann man – als geistig souveränes Individuum im Werden, das schon zu differenzieren weiß - noch hinnehmen, denn der Mann der Kirche verritt die Dogmen, Thesen und ethischen Positionen seiner Kirche als Ausführender, als „geistlicher“ Lehrer; der Lehrer in der Schule hingegen, ist, ganz egal im welchem Staat, ausschließlich der Wissenschaft verpflichtet, dem überprüfbaren Wissen, nicht den Mythen und Hirngespinsten der Religionen. Ein Vermischen der beiden Bereiche, was in religiös ausgerichteten Staaten – selbst der modernen Art wie Deutschland -der Fall ist, betrachte ich als unzulässig und zugleich gefährlich. Denn was sind die vielen „Verschwörungstheorien“, mit denen der moderne Mensch in der aufgeklärten Gesellschaft konfrontiert wird, anderes als fortgesetzte religiöse Märchen?

  

 

 

Girolamo Savonarola, Worms, Detail.

Savonarola,
Teil eines Reformatoren-Denkmals in Worms am Rhein

 

Der Gang nach Canossa – er offenbart das Wesen des Christentums, damals schon und heute wieder, in Polen!?

Die weltliche Macht unterwirft sich der – fast zwei Jahrtausende hindurch alleinherrschenden– Kirche.

In dem modernen EU-Staat Polen, hervorgegangen aus zwei Weltkriegen und einer kommunistischen Diktatur, ein Land, in dem aufgrund eines rückwärtsgewandten Konservativismus katholischer Prägung auch in der Justiz die Uhren anders ticken, ist es auch heute noch so, gerade jetzt, in aufgeklärten Tagen, in welchen man dem polnischen Papst und eingefleischten Antikommunisten Karol Wojtyla das Gleiche vorwirft, wie dem deutschen Papst Ratzinger, nämlich das systematische Vertuschen der ungezählten Fälle von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche der jüngsten Tage.

Es geschah, um den – seit vielen Jahrhunderten schon arg ramponierten – Ruf der einzig wahren Kirche zu retten, einer Kirche, die schon korrupt war und moralisch verwerflich agierte, noch bevor die Erneuerer Savonarola und Luther auftraten.

Der freundliche Kardinal Karl und der emeritierte Papst Benedikt XVI. gingen in die Ewigkeit, ohne sich für das verwerfliche Handeln der sündhaften Kleriker rechtfertigt zu haben. Der Bischof von Osnabrück, einer, der den Missbrauch toleriert und mitgetragen hatte wie andere Bischöfe auch, trat gerade zurück, weil er nicht mehr bleiben konnte. Kardinal Marx, Bischof Bätzing und andere fromme Leute aber wollen sich der Aufarbeitung des großen moralischen Versagens weltweit stellen, nicht länger Wasser predigen, aber Wein trinken, nur um die – schon zum Tode kranke – Kirche zu retten, weiter machend wie bisher!

In Polen jedoch soll der verstorbene Papst, der für einige Strenggläubige längst ein Heiliger ist, seine ewige Ruhe haben und nicht weiter belästigt werden mit – jetzt publik gewordenen - Vorwürfen aus dem Erdenleben, die nur Verleumdungen sind und der gesamten wahren Kirche schaden wollen!

Versagen hin, Versagen her – man dürfe die Autorität nicht zerstören, wenn nicht danach ein vollständiger Werte-Zerfall einsetzen soll, meint man im Volk der Polen, während die längst übertolerant oder gar schon dekadenten Deutschen mit der Nivellierung ihrer geistig-ethischen Basis durchaus keine Schwierigkeiten haben.

Cui bono? Der PIS-Partei wird es nützen, wenn kein etablierter Politiker Polens sich gegen den Papst stellen und die späte Rufschädigung nicht mitmachen wird – und somit auch nicht gegen die katholische Kirche!

Ja, im modernen Staat Polen, der gerade massiv gegen den russischen Aggressor Putin aufrüstet und dessen Politiker, historisch bedingt, allem misstrauen, was aus Deutschland kommt, aus dem innig geliebten Nachbarland, dass die 1,3 Billionen Reparationsforderungen für Weltkriegsschäden nicht aufbringen will, werden die Uhren auch in naher Zukunft weiter anders ticken, ganz nach dem Vorbild der katholischen Kirche, die immer schon verdrängte, was nicht gefiel, um so den eigenen Weg durch die Geschichte zu beschreiten – bis zum heutigen Tag.

 

     Auch du, Karl!

Sein Gott schickte ihm späte Leiden, vielleicht, damit auch er, der arme Sünder, über seine Verfehlungen noch in diesem Leben nachdenkt?

Auch er, der joviale Kleriker, hat fast alle getäuscht, indem er das große Gaukelspiel mitmachte, als Bischof und erster Katholik der Deutschen nach dem Papst.

Ja, Karl Lehmann täuschte aktiv und mit einem Lächeln im Gesicht, unschuldig und als Menschenfreund, obwohl er alles wusste[1], eben, weil er ein guter Christ seiner Kirche war, einer bigotten Kirche, die den Glauben über die Wahrheit setzte. Der Papst war ihm in Sachen Selbstunterwerfung ein Vorbild!

Und Christus?

Was zählt schon Gott im hohen Himmel, wenn eine Institution im irdischen Sündenpfuhl bestehen muss!?



[1] Allein in Bistum Mainz, wo Lehmann das absolute Sagen hatte, gab, wie am 3. März 2023 öffentlich bekanntgegeben wurde, 401 Fälle von sexuellem Missbrauch.

Während die katholische Kirche primitive Subjekte in ihren Reihen tolerierte, sorgte Lehmann dafür, dass der Dreck unter den Teppich gekehrt und dort auch verblieb. Die fürs Leben Geschädigten blieben mit ihren Schweren Los allein.

Bischof Bätzing, der aktuelle Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, mimt jetzt den Integren und gelobt Besserung, getrieben von der sogar ausgesprochenen Angst, der Kirche werden noch mehr Schafe davonlaufen und aus dem – von Anfang an verbrecherischen - Club austreten.

Es grenzt sowieso an ein Wunder, dass diese hochgradig dekadente, reformfeindliche und uneinsichtige religiöse Gemeinschaft überhaupt noch Mitglieder hat.

 

 

 

 

      Die verhinderten Reformer - Königin und Papst als Bewahrer der Tradition

Es mag sein, dass Ratzinger als Theologe und Kardinal die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Reform der katholischen Kirche erkannt hat; als Papst aber konnte er sie nicht durchsetzen; die Tradition des Papsttums war dagegen.

Also erging es dem deutschen Papst nicht besser als der Queen in Großbritannien.

Beide Individuen unterwarfen sich der Institution bis hin zur Selbstverleugnung. Der eine stellte den Ehrgeiz des Erneuerns zurück, um Bestehendes zu bewahren; die andere opferte das eigene Glück und das der gesamten Familie für das Königtum und den Thron.

Beide, Königin und Papst, handelten gegen ihre Zeit! In bester Absicht und im Einklang mit dem Gewissen?

 

 Vgl. auch:

 

     Das Schweigen der Lämmer und das Blöken der Schafe

In der Demokratie kommt es nicht darauf an, den Systemkritiker zum Schweigen zu bringen; er soll ruhig weiter aufschreien, denn großen Schäden wird er nicht anrichten, da überhört wird, was er aussagt, da nicht verstanden wird, wie er es sagt, vor allem aber, weil seine Botschaften tausendfach von Lügen aller Art überlagert werden, von Mythen, die das Volk verwirren und vom tieferen Nachdenken über bestimmte Zeitphänomen und Entwicklungen abhalten.

Was einzig wichtig ist und zählt aus der Sicht der Mächtigen, die regieren und bestimmen: das Verführen der Massen, der Vielen, der „Vielzuvielen“, wie Nietzsche es ausdrücken würde, weil in der Demokratie bestimmt, wen die Schafe wählen – wie im Christentum, wo man bereits die Lämmer verführt und vielfach schändet, um die eingeschüchterten Schafe ruhig zu halten – auf der Weide und im Stall.

Hunde aller Art leisten dabei nützliche Dienste.

 

 

 

 

 

Ecce Homo - Memento.
Christus am Kreuz im Arkau-Wald, Bad Mergentheim.

     Die Kinderschänderkirche

Der Zölibat brachte sie hervor. Wer am Zölibat festhält wie der deutsche Papst, der will auch keine Reform der katholischen Kirche.

Das Problem ist alt. Und jeder auch noch so „große Theologe[1]“, was immer das sein soll, kann den uralten Konflikt zwischen Natur und Unnatur nicht ignorieren.

Die Stimme der Natur – das ist der überaus mächtige „Sexualtrieb“, der viel, fast alles bewegt auf der Welt, der den Einzelnen glücklich und oft auch unglücklich: er ist da und bestimmt auch die Existenz der – ach, so keuschen – Priester, der Freunde „des Bräutigams[2]“ – man höre und staune!

Wie der einzelne Katholische Priester damit fertig wird in seinem Kämmerlein oder in der düsteren Bruderzelle im Kloster, wird ein Geheimnis bleiben.

Die Opfer der Kinder- und Nonnenschändereien durch katholische Priester kennen die Antwort bereits, auch der Papst und die Welt – und doch geschieht immer noch nicht genug, um den Missbrauch, den auch die heuchlerischen Protestanten kennen, für alle Zeiten zu unterbinden.

 



[1] Eine Floskel des Frank-Walter Steinmeier, seines Zeichens Bundedespräsident, bei der Würdigung des verschiedenen „emeritierten“ deutschen Papstes im Januar 2023.

 

[2] Papst Franziskus über seinen Vorgänger in der öffentlichen Abschiedsmesse auf dem Petersplatz in Rom vor Zehntausenden aus aller Welt und vor Milliarden Nichtchristen vor den Bildschirmen.

  


 Entwurf:

 

      Zweierlei Nimbus: Pelé oder der Papst – Zur Idol-Verehrung der Massen an der Bahre zwischen volkstümlicher Botschaft und „moralischer Autorität“

An die Bahre zu pilgern, um einem Idol die letzte Ehre zu erweisen, das ist mir heute fremd, stößt mich ab, ganz egal, wer dort liegt und wessen Leichnam der staunenden Welt dort vorgezeigt wird! Gladiator oder Papst – tot ist tot!

Und wer weiß, wie man mit dem aufgedunsenen Leib des Borgia im Vatikan umsprang, nachdem man ihm die goldenen Ringe vom Finger gezogen und ihn auch sonst noch gründlich beraubt hatte, der wird die Lust verlieren, die Heiligen der Jetztzeit nach dem Ableben aus nächster Nähre zu würdigen, der Leiche die Reverenz erweisend, während die Seele des Verstorbenen längst bei ist … oder in der Hölle!

Der offene Sarg – mit den geliebten Toten!?

Ich kenne ihn aus den Tagen meiner Kindheit und aus jener Gegend, wo es Brauch war, die Verstorbenen zwei, drei Tage in ihrem Wohn- oder Sterbezimmer aufzubewahren, ohne jede Konservierung und so lange, bis fast die gesamte Gemeinschaft Abschied genommen hatte, in Andacht, im Gebet, unter Tränen, in tiefer Trauer und empathischer Anteilnahme. Der Duft des mit Rosmarinzweigen über den Leichnam verspritzten Weihwassers überlagerte den leichten Modergeruch im Raum, der aufkam, wenn es draußen heiß war und kein Wind wehte. So schied mein Großvater, so gingen Generationen von uns – fast wie jetzt der Weltfußballer und der deutsche Papst.

Pele hing damals, 1977, im Nebenzimmer an Wand, als Poster und in Lebensgröße, aus dem fernen Deutschland ins Banat geschickt, gleich neben Beckenbauer und den Brüdern Krämer, während ich, der ehemalige Ministrant, seit Jahren im verein gespielt hatte. Sport, Fußball – das war eine eigene Welt noch vor der anderen Welt.

Später verkehrten sich die Dinge – und der Fußball wurde ebenso unwichtig wie Kirche. Für mich!

Und heute, ein halbes Jahrhundert später? Ich sehe die Menschen strömen und frage mich, was treibt sie an, die Massen? Was treibt sie an, um hochzuschauen zum Vorbild? Und stelle fest: der kleine schwarze Mann hat nicht nur sein Volk bewegt, die Brasilianer, sondern alle Schwarzen Amerikas, nur mit seinen natürlichen Gaben, mit seinem Talent und seinem unverfälschten Wesen. Pele, ein Vorbild für die Armen auf der Welt, für Menschen, die hinauf wollten, hinaus aus dem Elend der Favelas, und somit – unfreiwillig - in moralischer Mission unterwegs, doch ohne ein Moralist zu sein, während der Papst als Stellvertreter Christi auf Erden die „moralische Instanz“ an sich verkörperte, aber eklatant versagte – auch er, gleich der Queen in England, weil die Institution - hier die apostolische Kirche, dort das weltliche Königtum – über das Schicksal der Person gestellt war.

Pele, in manchen Dingen ein Immoralist wie Don Juan, ein ganz profaner Materialist, triumphierte lachend, während der sich selbst aufopfernde Märtyrer und Christ sich hingab, um die Idee zu retten.

Was ist Natur, was Unnatur? Was entspricht dem Menschen mehr der Idealismus einer Königin Elisabeth I., die das Glück ihrer Familie den Prinzipien und der Staatsraison unterordnet opfert, daneben der Papst, als guter Deutscher von Haus aus ein Idealist und unterwürfiger Diener der Kirche, oder der Naturmensch Pele mit seiner Lebensfreude und dem Lachen?

Die noch naturnahen Brasilianer, die auch gute Christen sind, können und werden beide Haltungen verstehen, gutheißen, während der abendländische Mensch, der nicht zum Heuchler werden will, sich wird entscheiden müssen: zwischen aufgeklärtem Sein mit Verstand wie Vernunft und der Religion, die Glauben einfordert – und unkritische Verehrung!

  

 

 


 

 

Entwurf:

 

Cardinale Ratzinger, Papst auf Zeit, 

Chef der "Inquisition", 

Schriftgelehrter und Pharisäer, 

treuer Diener des Systems, das sich Christentum nennt – 

der etwas andere Nachruf aus der Feder des ethischen Philosophen Carl Gibson

Regensburg, das Castra Regina des Marc Aurel, eine meiner Lieblingsstädte in Deutschland, war sein Wirkungsort damals, Anfang der Achtziger Jahre, als ich, zwischen Wien und der anderen Donau-Stadt hin und her pendelnd, als Forschender viel Zeit an der alten Universität verbrachte, doch ohne je eine theologische Vorlesung besucht zu haben. Antiklerikal ausgerichtet, galt mein Interesse der Philosophie – und Professor Ratzinger war keine Persönlichkeit, die große Massen Studierender angezogen hätte, schon gar keine Ketzer oder potenzielle Reformatoren des - in eigenen Strukturen erstarrten - Christentums an dessen Spitze ein stockkonservativer Papst aus Polen stand.

Das Christentum – eine Machstruktur mit großem Magen[1], das – über das Gottesgnadentum - die weltliche Macht sanktionierte, stützte, um sich selbst zu erhalten.

Das ist so – zum Missfallen aller aufrechten Philosophen – bis zum heutigen Tag.

Das Christentum, für viele Gläubige Lebenssinn und Trost, ist für mich nur eine verlogene, ja, eine ruchlose Weltanschauung, eine Institution der Macht und der Machtentfaltung, die nicht nur ganze Länder aufgefressen, sondern vor allem Menschen vernichtet hat, große Individuen und ganze Völker, darunter viele Naturvölker, die es heute gibt, weil Missionare wüteten und eine Religion der Liebe verbreiten, die Tod und Auslöschung bedeutete[2].

Das Christentum ist weitaus verlogener noch als das Judentum, das – neben dem Aufruf zur Ausrottung im Namen eines Gottes – auch noch einiges mit Philosophie, mit Weisheit und gelegentlich, über das Mythische hinaus, mit historischer Wahrheit zu tun hat, dort, bei David und Salomo, ja, selbst Poesie im Hohen Lied, das sich auch in der Bibel nicht, im alten Teil, wo Schriftgelehrte die Feder führten und Pharisäer, Leute wie Saulus, der Christenhasser, der zum Erfinder des Christentums werden sollte, dem der „große Theologe“ Joseph Ratzinger aus Markl in Oberbayern ein frommer, bescheidener Diener sein sollte, ein Leben lang, auch als Papst.

Irren ist menschlich. Und auch Päpste irren selbst in dogmatischen Fragen. Ergo irrte auch Joseph Ratzinger, der den roten Hut nahm, ohne zum Kommunisten zu werden. Was kaum einer weiß und nirgendwo betont wird: dieser Papst mit deutschen Wurzeln, der Nation des Antisemiten Luther entstammend, dieser Bibelexeget, den man – aus gutem Grund - einen „Schriftgelehrte und Pharisäer“ nicht nennen soll, war auch der Chef der Inquisition, mehr geistiger Kontinuator als formal.

Und der einsteige Soldat des Führers für Volk und Vaterland war auch ein guter Soldat des Christengottes, des Vaters dahinter und des Heiligen Geistes im lebenslangen Versuch, Verstand und Mythos miteinander zu versöhnen, um die Zeiten zu überstehen wie bisher auch, wobei gelegentlich, was verzeihlich ist, im Eifer des Gefechts des modernen Kreuzritters Antisemitisches und Antiislamisches durchblitzen! Schließlich kann ein guter Katholik, der die eine wahre Religion voll und ganz verinnerlicht hat, nicht gleichzeitig auch noch frommer Jude oder fanatischer Moslem sein!

Was heute, wo gestandene Männer und durch und durch abgebrühte Politiker der ganz zynische Art wie Chorknaben dastehen, und einer kontrovers diskutierten, polarisierenden Persönlichkeit der ganz konservativen, rückwärtsgewandten Ausrichtung huldigen, verlogene Grabreden redend wie am Sarg der Queen und an anderen Gräbern profaner Zeitgenossen auch, unter den Teppich gekehrt, öffentlich verdrängt, tabuisiert wird, das sind essenzielle, substanzielle Grundfragen, die auch ein – sogar einsichtiger - Joseph Ratzinger nicht lösen konnte.

Kann der Verstand des modernen, aufgeklärten Kultur- und Zivilisationsmenschen mit dem Mythos des Christentums leben, zusammenleben, was auch für die Religion der Juden und den Islam gilt?

Oder widersprechen sich Glaube und wissenschaftliches Wissen so fundamental, dass der Einzelne sich entscheiden muss? Bilden Religionen in allen möglichen Formen nicht Vorstufen und Einstiegstreppen in Verschwörungstheorien, indem sie in Tausend Geschichten, die der Gutgläubige auch glauben soll, den Erkennenden auf Irrwege leiten, in den Neben, ins Dunkel führen, nicht ans Licht?

Bundespräsident, Kanzler, Hinz und Kunz würdigen, was nicht zu würdigen ist, einfach, weil es dazu gehört in einer heuchlerischen Gesellschaft, die sich christlich definiert, wobei das Christentum – mit seiner weltweit propagierten Liebe auch mit dem Schwert des Konquistadoren und den Männern in dunkler Kutte auf fernem Kontinent – noch viel heuchlerischer Daherkommt als das – nicht missionierende – Judentum, der wild gewordene, deshalb aber gut durschaubare Islam oder Religionen der Inder und Japaner, die, nicht viel anders als alte Griechen und Römer, aus Religion und Vernunft ein pragmatisches Existenzmodell formten, dass in die Zeit passt und mit dem Menschen besser zurechtkommen als mit einem sture, starren Katholizismus, der sich längst selbst überlebt hat.

Was Katholiken – und mit diesen auch der rückwärtsgewandte Joseph Ratzinger, der mehr erkannt als andere und Konsequenzen zog im Rückzug[3] aus den höchsten Amt der Christenheit – nicht erkennen wollen, das ist die eigene Dekadenz, die von Anfang an da ist, weil das Christentum an sich – und das gilt auch für die reformierten Formen nach Savonarola und Luther – eine Form der Unnatur darstellt, etwas, was dem lebenswerten Leben, der humanen Lebensführung in vielen Punkten krass entgegengesetzt ist, kulminierend im Zölibat, das seit zwei Jahrtausenden moralische Entgleisungen der niederträchtigsten und abstoßendsten Art nach sich zieht: Kinderschändung und Nonnenschänderei, wobei einzelne Bräute Christi dem überriechenden[4] Bruder in der Kutte zugeführt werden.

Von dem Konflikt Natur- Unnatur, den schon der liebenswürdigste alle Kritiker des Christentums, Giovanni Boccaccio in seinem vielgelesenen „Dekameron[5]“ hundertfach beschreibt und der sich über den Don-Juan-Mythos bis in die jüngste Zeit zieht, wusste auch der Bischof, der Kardinal und auch der Papst Joseph Ratzinger, ohne sich dem Grundübel „Zölibat“ zu stellen, ohne den Missbrauch für alle Zeiten abstellen – über eine Reform der katholischen Kirche, die nur sich für die wahre hält!

Lasset die Kinder zu mir kommen[6] … und die Nonnen!!! Was ist nach Borgia besser geworden im Vatikan?

Einsehend, dass er als Einzelner ein seit zweitausend Jahren funktionierendes System der Macht nicht wird verändern können, zog Joseph Ratzinger die Konsequenzen und trat als Papst Benedikt XVI. zurück!

Eine große Geste![7]

Ein anderer Papst, ein Südamerikaner, der einen Massenmörder[8] nicht beim Namen nennen kann, ein Hoffnungsträger der Christenheit, von dem auch die restliche Welt mehr erwartete als von dem scheidenden Wojtyla-Loyalen Joseph Ratzinger, machte weiter – wie bisher, ohne dass sich Wesentliches geändert hätte.

Der Jüngste Tag, der Tag der Abrechnung, an dem nicht nur christliche Würdenträger vor ihren Schöpfer treten werden, die Protzbischöfe[9] ohne Holzkreuz, Kardinäle ohne roten Hut, die Borgias und Ratzingers ohne Mitra und Stab als bloße, arme Sünder, umgeben von irdischen Akteuren der Macht, von Kaisern und Königen, vom Lumpengesindel aus den pseudochristlichen Parteien, wird vielleicht nicht mehr fern sein, wenn der Diktator mit der Kerze, Putin, weiter walten darf, ohne von der großen „moralischen“ Instanz Kirche in die Schranken gewiesen zu werden.

Die Kirche heute, in der Zeit schweigender Philosophen[10]: eine versagende Kirche, eine Kirche der Versager?



[1] So: der große Heide Nummer Eins, Goethe, in „Faust“.

[2] Meine umfangreichen Schriften dazu hielt ich bisher zurück, es sind Essays, Abhandlungen unter dem Arbeitstitel:

 

Carl Gibson

Natur ist meine Gottheit - Der starke Gott, der schwache Gott und der Kommende

Von Jahwe über Jesus zu Dionysos!?

Jud, Christ, Moslem … und die freien Natur-Verehrer, die Pantheisten der Neuzeit?

Jud, Christ, Moslem … gegen die freien Natur-Verehrer und Pantheisten der Neuzeit, Geschichtlich und in gottferner Zeit

Die Bibel wiedergelesen - Nachdenken und Nachdenkliches über die Ideen und Wertvorstellungen religiöser Juden, über lebensfrohes Heidentum, lebendige Weltreligionen, Islam, Mystik und das real existierende Christentum unserer Tage (aus philosophisch-historischer Sicht)

Eine abendländische „Disputation“ im Monolog nach Voltaire, Heine und Nietzsche.

Über die von Menschen gemachten Gottheiten des Alten und des Neuen Testaments, über Gottesvorstellungen und Attribute Gottes aus der Sicht eines freigeistigen, religiös toleranten Ethikerst der Gegenwart in Betrachtungen, und Reflexionen, Sentenzen und Maximen

Gedanken über religiöse Leitbilder und ethische Instanzen in gottferner Zeit

Religionsgeschichtliche Betrachtungen eines Freidenkers ex cathedra – nach Nietzsche

 

Bibel-Paraphrasen

 

[3]

Einige Zeit nach dem mutigen Schritt, der von Weisicht zeugt, notierte ich folgendes:

Die größte Tat des Josef Ratzinger

Der Rücktritt als Papst!

Dahinter steht die Einsicht, dass alte Leute senil werden und Senile fehlbar sind, auch als Papst. Nun kann er Einkehr halten und als emeritierter Professor wie Papst, fehlbar sein im Wissen und im Glauben.

 

[4] Erasmus von Rotterdam verweist auf dieses Detail, Lob der Torheit.

Vgl. dazu das Fazit aus Heinrich Heines „Disputation“!!!

 

Die Auseinandersetzung mit diesem Werk war für mich der Anlass, die gesamte Bibel vollständig und aufmerksam zu lesen sowie und kritisch zu rezipieren, was heutzutage im heuchlerischen Deutschland oft entfällt – nicht zuletzt aus Feigheit und intellektueller Unredlichkeit, auch aus Gründen der „politischen Korrektheit“, die „Selbstzensur“ bedeutet, vor allem für diejenigen, die noch etwas zu verlieren haben.

Zum Missbrauch der Nonnen vergleiche die aktuelle Dokumentation auf „arte“.

 

[5] Auch dazu liegt seit Jahren ein noch unveröffentlichtes Manuskript aus meiner Feder vor.

 

[6] Damit wir sie richtig schänden können, nicht nur züchtigen … Die fakten sind inzwischen bekannt. Doch die Kirche schämt sich immer noch nicht – ein Vorbild für die Politiker unserer Zeit?

 

[7] Darüber schrieb ich seinerzeit, sah aber von einer Publikation des Beitrags ab, wohl wissend, dass er in einer heuchlerischen Gesellschaft, die sich selbst betrügt und in der überall gelogen und betrogen wird, vom kleinsten Bereich des Alltags bis hinein in die hohe Politik, nicht verstanden wird.

 

[8] Vgl. dazu meine Beiträge auf dem Blog.

 

[9] Vgl. dazu meine Ausführungen zu Savonarola, in Koryphäen der Einsamkeit, 2015, vergriffen.

Sowie:

 

„Disputation“ - Kann man als Deutscher heute noch frei über jüdische Themen schreiben?

Nach dem Holocaust? Ohne anzuecken? Ohne sich selbst zu zensieren, wenn Gefahr besteht, missverstanden zu werden? Kann man noch humorvoll schrieben – wie Heine in der „Disputation“?

Wer gut spotten will, muss innerlich frei sein, nicht durch Skrupel begrenzt wie der Deutsche, der, einmal historisch eingeschüchtert, nicht mehr ganz frei sein kann. Freiwillig ausgebremst verkommt die erstrebte Wahrheit letztendlich zur halben Wahrheit, die oft schon eine Lüge ist.

 

Die arroganteste aller Religionen ist das Christentum

Seit es da ist, gesellschaftlich Fuß gefasst hat, strebt es zur Macht, sich über das Judentum erhebend, aus dem es herstammt, und über den Islam.

Leider wurde ich in diese Glaubensrichtung hineingetauft, ungefragt. Erst im Todesalter des Nazareners trat ich endlich aus der Amtskirche aus, nachdem ich mich schon lange Jahre, meinem Gewissen gehorchend, von der – mir oft absurd und realitätsfremd erscheinenden - Doktrin gelöst hatte. Voltaire, Heine und Nietzsche wirkten im Lösungsprozess als Katalysator.

Das Christentum ist nicht nur ein Affront gegen das Judentum; es beleidigt auch jede Religion der Naturvölker.

Drastisch?

Wer den Judenhass aus der Welt schaffen will, der muss das Christentum ausrotten, mit Stumpf und Stiel, denn das Christentum ist durch und durch judenfeindlich – und das von Anfang an.

 

Meine Definition des Christentums

Der fette Kardinal, der zum Fasten aufruft – damit ist die Wesenheit dieser Weltreligion erfasst, des Pudels Kern. Es ist doch alles Heuchelei, Tamino!

Das Christentum – die arrogante Weltanschauung

Die Menschheit war schon mehr als viertausend Jahre alt, da machte eine Sekte sich breit, entsprungen aus Judentum wie später auch der Islam: Das Christentum!

Einmal da, wollten sie die Alleinigen sein, die einzig, gegen die Mutter rebellierend, und alle bekämpfend, die sich diesem Alleinanspruch widersetzen sollten – bis zum heutigen Tag.

Übermensch Wölki

Ich denke, dass dieser Kardinal einen Spiegel im Haus hat. Vielleicht sollte er guten Gebrauch davon machen und einmal hineinschauen.

 

[10] Einige Rufer in der Wüste müssen schweigen, weil die Gesellschaft bereits eigene Wahrheiten hat.

  


„Wer die christliche Kirche verspottet, wird mit dem deutschen Bundesverdienst-Kreuz geehrt“ - 

Über die Heuchelei in Deutschland

 

Wer die christliche Kirche verspottet, wird mit dem deutschen Bundesverdienst-Kreuz geehrt[1]!

Ist das so? Dann muss ich mich, um auch ein „Kreuz“ zu erhalten, schleunigst an die Arbeit machen, gegen das Kreuz ankämpfen, auf das Christentum einschlagen, gegen diese Religion, die ich, ungeachtet der Wahrhaftigen, die guten Willens sind, für eine verruchte Weltanschauung halte, für ein Instrument der Machtergreifung und Machterhaltung - und das seit fast 2000 Jahren!

Zahlreiche Beiträge dazu sind schon geschrieben, liegen seit Jahren in Schublade, ein ganzes Buch - von der Veröffentlichung der Texte habe ich bisher angesehen, weil es besonders bei Büchern auf den Zeitpunkt ankommt, auch auf die volle Kraft des Autors, der, über das geistige Schaffen hinaus, seine Positionen vertreten muss.

 



[1] Das schrieb ich vor und publizierte es neben Auszügen aus dem „Labyrinth“ quasi als „Erinnerung“ für Leser, die gewisse Maskeraden der regierenden im Bund mit der Literatur- und Medienmafia noch nicht durchschaut haben.

 

 

 

 

Das war im Jahr 1982 in dem von Kommunisten gedruckten Schmutzbändchen "Niederungen".

Es sollten noch fünf Jahre vergehen, bis Herta Müller, mit dem kommunistischen Agitator Richard Wagner in zweiter Ehe verbunden, die Welt des roten Diktators Ceausescu verlassen sollte, um in dem bis dahin verachteten Deutschland Aufnahme zu finden.

Die Leute, die Deutschland regieren, ehrten beide antideutschen Renegaten des Kommunismus mit dem Bundesverdienstkreuz - 

und die katholische Kirche schwieg wie so oft!

 

 

 "Moderne "Hostienschändung" - Die Verhöhnung christlicher Sakramente bei Herta Müller – und der besondere Dank der CDU wie CSU,  Blasphemisches bei Herta Müller. Auszug aus:   Auszug aus: Carl Gibson  Heimat, Werte und Kultur der Banater Schwaben in den Zerrbildern Herta Müllers - Das „deutsche Dorf im Banat“, „Reich der Grausamkeit“ und „Hölle auf Erden“!?

 

 



Christus am Kreuz

Wer die christliche Kirche verspottet, 

wird mit dem deutschen Bundesverdienst-Kreuz geehrt:

 

Aus dem Kapitel: 

Christentum, christliche Werte und Symbole;

Moderne "Hostienschändung"  - Die Verhöhnung christlicher Sakramente bei Herta Müller – und der besondere Dank der CDU wie CSU

Die Katholiken Alois Glück aus der CSU und Bernhard Vogel aus der CDU werden sicher begeistert sein und frohlocken, wenn sie in meditativer Versenkung lesend verinnerlichen, wie Herta Müller mit den Symbolen und Sakramenten der Heiligen Kirche umgeht,

namentlich mit dem Leib Christi in der Hostie, die bei ihr zu einem profanen Nahrungs- und Überlebensmittel reduziert wird.


Da Herta Müller mit der Verhöhnung bereits unter dem Kommunisten begann– vielleicht inspiriert von ihrem atheistisch-materialistisch, marxistisch-leninistisch-stalinistischem Umfeld und ihrem roten Ehemann – bleibt sie auch im Westen dabei,

ohne Rücksicht auf die religiösen Gefühle der Banater Schwaben und Donauschwaben wie Bischof Zollitsch aus Freiburg, die nahezu allesamt Katholiken sind.




An Allerheiligen feiern die Seelen Kerwei, 

höhnte Herta Müller damals in Ceaușescus Reich zur Freude aller roten Atheisten.

Frau Margit, in deren Stadt-Wohnung das „erzählende Ich“ aus „Herztier“ ein Zimmer angemietet hat, backt nicht nur die zur „Hostie“ bestimmten Oblaten aus, sie ernährt sich auch von den übrig bleibenden Krümeln des Gebäcks, dass bei - der nicht besonders bibelfesten - Herta Müller durchgängig als „Hostie“ bezeichnet und als solche – also als Leib Christi – verhöhnt wird.

Dass erst durch eine rituelle Handlung des Priesters, durch das Weihen der Oblaten-Teig zur „Hostie“ wird und somit zum Leib Christi, kümmert die in Detailfragen durch die Bank schwache Autorin nicht. 


Der Prozess der Transsubstanziation fällt unter den Tisch – Eine Hostie ist für die Materialistin Herta Müller eine Hostie, ganz egal, ob sie von Frau Margit vor der Weihe oder von der geisteskranken Großmutter – in bereits geweihten Zustand – aus dem Kelch des Kirchenaltars geklaut und aufgegessen wird.

Für Herta Müller zählt nur der Spott,

das Verspotten der „Hostie“,

des katholischen Ritus und der christlichen Symbolik!

Dafür aber gaben ihr die Christen aus der CDU den Preis der Konrad Adenauer-Stiftung, ganz im Gedenken an den Alten Mann und Katholiken aus Köln. 



Und die CSU überreichte der gleichen Verhöhnerin des Christentums den Bayerischen Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst, vielleicht deshalb, weil Maximilian auch ein verkappter Protestant und Ketzer war?


Was der emeritierte deutsche Papst und frühere Chef der „Inquisition“ dazu meint, ist mir nicht bekannt.


Er plädiert vielmehr für das Eintreten in die Harmonie der
 
 „Symphonie der Freiheit“,  
 
der auch der ehemalige Ministrant Carl Gibson - schon vor dem päpstlichen Ausspruch - als Werk-Autor in einem Tausend-Seiten Opus das Wort redete.
 
Christentum, Kirche und religiöse Gefühle – 
manchmal schlägt die plumpe Provokation zurück – 
 
und die späte Stunde der Wahrheit!
 


   



Gott Vater, Lohr am Main 
 


 

   Blasphemisches bei Herta Müller

Die beiden großen christlichen Parteien in Deutschland, die CDU und die CSU, haben die lange Zeit höchst deutschlandskeptische Herta Müller spätestens ab 2004 (KAS-Literaturpreis) für sich vereinnahmt und dann diese kontrovers diskutierte, stark polarisierende Autorin aus dem Banat auch noch mit diversen Ehrungen bedacht, ja überhäuft, wohl, um die eigene Ikonen-Wahl nach außen zu rechtfertigen ohne dabei zu bedenken, wen sie ehreneine Person mit falschem Nimbus, die von Anfang an gegen die eigene deutsche Minderheit hetzt, die aber auch das Christentum, die Gestalt Christi und die Sakramente der katholischen Kirche verhöhnt, ja bis zur Blasphemie steigert.


Belegstellen gezielt praktizierter Blasphemie der geschmacklosen Art finden sich zuhauf in Herta Müllers Hetz-Werk– beginnend mit dem noch in der kommunistischen Diktatur und mit dem Segen der Kommunisten verfassten antideutschen wie antiklerikalen Schmäh-Bändchen „Niederungen“. Den Ideologen und christlichen Strategen sind diese Details noch nicht aufgefallen, vielleicht aus deshalb nicht, weil keiner aus deren Reihen große Lust verspürte, im geistigen Sumpf zu waten. Doch es besteht Hoffnung! Spätestens beim Vorschlag zur Seligsprechung der Heroine im unheiligen Gefolge der Jeanne d‘ Arc wird man genauer hinsehen! Jesuiten und Benediktiner können schließlich lesen!





 Auszug aus:



Carl Gibson

Heimat, Werte und Kultur
der Banater Schwaben
in den Zerrbildern Herta Müllers -
Das „deutsche Dorf im Banat“, „Reich der Grausamkeit“ und „Hölle auf Erden“!?

Bild – Zerrbild – Feindbild.

Zur „literarischen“ Diffamierung der - existenziell exponierten - deutschen Minderheit Rumäniens während der kommunistischen Diktatur im Früh- und Debüt-Werk „Niederungen“, medial unterstützt im „SPIEGEL“ und in der „ZEIT“.

Hass- und Hetz-Literatur als Katalysator des Exodus und Mittel der Politik?

Rumänien, „Diktator“ Ceaușescu, sein Geheimdienst „Securitate“ und die Deutschen im Banat als „Karikatur“.

„J‘ accuse“ und Apologie!
Kritische Beiträge, Interpretationen und Essays zum „Leben“ und „Werk“ der forcierten Nobelpreisträgerin für Literatur (2009).

Mit 34 Karikaturen von Michael Blümel.

Herausgegeben vom Institut zur Aufklärung und Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit in Europa.


ISBN 978-3-00-053834-6

1.   Auflage, August 2016. Copyright© Carl Gibson, Igersheim. Alle Rechte vorbehalten.
Umschlaggestaltung, Titelbild, Layout Gesamtkonzeption Carl Gibson - unter Verwendung einer Graphik von Michael Blümel. Illustrationen im Innenteil, Bild Buchrückseite und Titelgraphik  Michael Blümel. Copyright © Michael Blümel.

Aus der Reihe:
Schriften zur Literatur, Philosophie, Geistesgeschichte und Kritisches zum Zeitgeschehen. Dritter JahrgangBand. 2, 2016.

Herausgegeben vom Institut zur Aufklärung und Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit in Europa.






https://www.buchhandel.de/buch/Heimat-Werte-und-Kultur-der-Banater-Schwaben-in-den-Zerrbildern-Herta-Muellers-Das-deutsche-Dorf-im-Banat-Reich-der-Grausamkeit-und-Hoelle-auf-Erden--9783000538346

Das weiterführende Parallelwerk unter:


https://www.buchhandel.de/buch/Herta-Mueller-im-Labyrinth-der-Luegen-Wir-ersaeufen-dich-im-Fluss-Mythen-Maerchen-Muenchhausiaden-im-authentischen-Lebensbericht-der-deutschen-Nobelpreistraegerin-fuer-Literatur--9783000538353


Herta Müller in der Kritik - Studien zum Leben, Werk und Wirkung der deutschen Nobelpreisträgerin für Literatur (2009) aus der Feder von Carl Gibson, Bücher, die an manchen deutschen Hochschulen boykottiert werden.





In Übersee aber studiert man sie eifrig - in den USA, in Kanada ... und sogar im fernen, doch geistig regen Japan!






 

Deutschland ehrt den Dreck - muss das hingenommen werden oder ist der Widerstand der Aufrechten angesagt?

Herta Müller hat sehr viel Dreck produziert. Dazu auch noch Hass und Zwietracht. Trotzdem wurde diese Person, der man Charakter, Unbeugsamkeit, aufrechten Gang, ja, selbst Widerstand gegen Totalitarismus angedichtet hat, öffentlich geehrt und mit deutschen Verdienstorden ausgezeichnet – und das ungeachtet der Tatsache, dass die vielfach Geehrte lügt, täuscht und plagiiert.

Selbst wenn irgendwo Meriten literarischer oder künstlerischer Art, die ich nicht erkennen kann, da sein sollten, reicht das nicht aus, um die Amoralität der Autorin und deren eklatante Verfälschung von Realität und Geschichte zu überdecken.

Weshalb stellt sich ein deutscher Politiker dann trotzdem hin, namentlich der Präsident des Deutschen Bundestages Norbert Lammert, weshalb exponiert er sich und schwingt eine Lobrede auf eine Person mit erfundenem Lebenslauf, die – von Anfang an antideutsch ausgerichtet und als privilegierte Mitläuferin einer kommunistischen Diktatur – nach wie vor polarisiert und deren Negativeigenschaften alles überragen, was an Werten von einem zu ehrenden Vorbild erwartet werden kann?

Was die Deutschen – Politiker, Claqueure und fügsame, loyale Staatsbürger – noch nicht begriffen haben: nicht der Name zählt, nicht die äußere Hülle, sondern die Substanz, der der Gestus gilt, das Prinzip!

Wie kann der Deutsche, nachdem er sich historisch schon mehrfach verrannt hat, den Unwert zum Wert erklären und erneut ein falsches Prinzip würdigen?

Als Idealist und deutscher Patriot – der auch in schweren Zeiten für diese Republik eintrat, während Herta Müller diesen Staat bekämpfte – lasse ich mir mein Deutschland von opportunistischen Politikern dieser Art, die kommen und gehen, nicht kaputtmachen!

 

Carl Gibson, 

Natur- und Lebensphilosoph, 

 ethisch ausgerichteter Zeitkritiker, 

politischer Essayist,

Naturfotograf, 

 im September 2022 

(zwei Jahre nach der Krebs-Erkrankung bzw. Operation)



Mehr zu Carl Gibson, Autor,  (Vita, Bibliographie) hier:

https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Gibson_(Autor)



https://www.worldcat.org/identities/lccn-nr90-12249/

 Bücher von Carl Gibson, zum Teil noch lieferbar.



Copyright: Carl Gibson 2022.



Vgl. auch:

 

http://carl-gibson.blogspot.com/2016/11/die-konrad-adenauer-stiftung.html

 

 

 

    Papst Franziskus in Kanada – ein Canossa-Gang später Einsicht und als Buße für das, was die Missionare des Christentums den Naturvölkern des gesamten amerikanischen Kontinents im Namen Chrisi angetan haben

In die Ukraine hat er es noch nicht geschafft, noch nach Moskau, wo man ihn nur bedingt sehen will, dieser Nachfolger Petri und Oberste Hirt der Christenheit, dem der deutsche Papst den Stuhl räumte und der als Hoffnungsträger antrat, um -Böses austilgend - Teile der Menschheit miteinander zu versöhnen, Christen mit Atheisten, mit den Angehörigen anderer Weltreligionen, mit Naturreligionen und Naturvölkern, insofern Letztere noch da sind und nicht ausgerottet wurden im Missionierungs- und Vernichtungswahn der Christenheit im destruktiv-kolonialistischen Vormarsch weltweit bis hin ins Ferne Asien nach China und Japan.

Fast überall ist das -inzwischen moralisch höchst fragwürdige - Christentum gescheitert.

Was will der Papst bei den Ureinwohnern Nordamerikas, die man – im Namen Christi über die christlichen „Konquistadoren“ und Eroberer im Süden des Kontinents und auch im Wilden Westen des Nordens fast vollständig ausgerottet hat?

Vergebung bitten für einen systematisch betriebenen Genozid an 15 Millionen Indianern?

Wer spricht darüber?

Wer spricht heute über die vielen Tausend Verbrechen, die Namen des Gottessohnes Jesus von Nazareth in den Jahren 1800 bis 1990 allein auf kanadischen Boden an den „First Nations“ begangen wurden, ja, heute, wo auch in Deutschland immer mehr Schandtaten bekannt werden, die Kinderschänder aus den Reihen der katholischen Kirche zu verantworten haben und die heute dicke Bände füllen?

Der Gott der Christenheit, insofern man an ihn glaubt, hat das bestimmt so nicht gewollt!

Lasset die Kinder zu mir kommen!

Und die kindlichen Völker? Völker, die alle ihre Gottheiten hatten und haben, Naturgottheiten, die schon da waren und wirkten noch bevor es die uralte Religion der Juden und den daraus emanierenden Monotheismus mit der Dreieinigkeit, das Christentum, gab!?

Fluch auf das Christentum, schrieb Nietzsche in „Ecce homo“.

Verfluchen werden auch noch viele andere Opfer dieses realexistierende Christentum der Machtmenschen, der Päpste und Könige, die Menschen ans Kreuz nagelten, als Ketzer und Hexen verfolgten, auf Scheiterhaufen verbrannten, die ganze Nationen ausrotteten und einfache Naturvölker, die nur mit der Natur existieren wollten, harmonisch im Einklang mit sich selbst und dem Universum.

Werden die „First Nations “, die Ureinwohner Nordamerikas, der christlichen Kirche die vielen Verbrechen verzeihen, die, fern von jeder Humanität, begangen wurden, nur, um Menschen zu quälen, zu schinden, umzubringen und um ganze Stämme auszurotten, vom Erdboden zu vertilgen, um diesen für sich selbst zu nutzen, als Eigentum, als geraubtes Eigentum?

Werden die „First Nations “ auch den weltlichen Herren, den Regierungen der ehemaligen britischen Kolonie und Teil des Commonwealth, den Politikern Kanadas mit Trudeaus Sohn an der Spitze, verzeihen?

Die Geste aus dem Vatikan kommt spät, flankiert von dem Hinweis mit der Knute, deutsche Moralisten dürften die Kirche Christi nicht erneut aus eigenen Antrieben heraus reformieren wollen, gleich Luther Anno dazumal, auch dann nicht, wenn die absonderlichen Taten der katholischen Kinderschänder zu Himmel schreien!

Heuchlerisch – wie seit fast 2000 Jahren:

Der Papst gibt vor, wie es zu sein hat im Christentum, wem verziehen wird und wie es weiter geht … in den Untergang!

Mögen sie dahinfahren, würde ein Nietzsche sagen!

Sie haben es nicht besser verdient!

  

 

Popen-Kommunist  Putin und die Renaissance des Kommunismus hinter der Maske

Wer den Ostblock-Kommunismus noch bewusst miterlebt hat, etwa als Dissident oder Oppositioneller, der weiß es aus eigener Erfahrung: alle Kulte in den Ostblockstaaten waren geheimdienstlich unterwandert, in der DDR ebenso wie in Rumänien, wo ich unter den Gläubigen Jahre lang nach antikommunistischen Mitstreitern suchte, um kaum welche zu finden.

Mann Gottes auf Erden, Joachim Gauck könnte da ein Wörtchen mitreden, auch über die Art, wie man eine Arbeiter- und Bauern-Diktatur überlebt; und Pfarrerstochter Angela Merkel, deren Familie Kontakte in das Honecker-Umfeld nachgesagt werden, ebenso. Auch würde es mich nicht wundern, wenn selbst der polnische Papst, Karol Wojtyla[1], bei aller antikommunistischen Ausrichtung während seiner Zeit als Bischof und Kardinal auch in irgendeiner Form mit dem polnischen Geheimdienst während Giereks und Jaruzelskis Zeiten zusammengearbeitet hat, nur um als Repräsentant der Kirche und mit der Kirche im Sozialismus zu überleben.

Die Angst bestimmt in der Diktatur, die Furcht vor Repressalien. Die Einzelbürger wussten das wohl, aber auch die Akteure in den Kirchen, die – bis auf wenige Ausnahmen – mit der Staatsmacht kooperierten, mit der Partei und den Geheimdiensten, weil es nicht anders ging.

Wenn sich nun herausstellt, dass auch Putins oberster Pope, Patriarch Kyrill, einst für den russischen Geheimdienst tätig war[2], dann ist das keine Novität, über die man sich groß wundern sollte, sondern entspricht der über Jahrzehnte praktizierten kommunistischen Unterwanderungstradition, aus der die jetzige Kumpanei Kyrills mit dem verbrecherischen Kriegsführer Putin erwächst.

Stalinismus und Kirche – wie passt das zusammen?

Das geht ganz hervorragend, indem der aus dem KGB herstammende Neo-Stalinist Putin eine Kerze anzündet und Patriarch Kyrill das Weihrauchfass schwingt[3] und sich ein orthodoxes Halleluja in den Bart murmelt, für den verlogenen Diktator und für das verblödete[4] Volk der Russen, das den Zirkus mitmacht, während die orthodoxen Popen der Ukraine – im Krieg viel näher an dem geschundenen Volk im Leiden – diesem orthodoxen Christentum[5] schon lange den Rücken gekehrt haben.



[2] Die NZZ schrieb darüber.

[3] Vgl. dazu meinen Beitrag, den ich vor Wochen publizierte, als Thema der Volksverdummung: Der Macho aus dem Kreml und der orthodoxe Patriarch aller Russen aus der ersten Reihe in Putins Muppet-Show, genannt Duma, wobei ein ganzes „verführtes“ Volk mitmacht!

[4] Vgl. dazu meinen Betrag „Die verblödeten Nation“.

 

[5] Es ist eine Schande, dass Ungarns Regierungschef Viktor Orban die Sanktionen der EU gegen den Patriarchen Kyrill verhindern kann – und das auch noch im Namen der „Religionsfreiheit“; und es ist ein Skandal, dass die EU sich bei dieser fortgesetzten Maskerade auch noch erpressen läßt, wohlgemerkt von einem EU-Mitglied, das Prinzipien und Werte selbst diktiert, nach Gusto.

 

 


Massenmörder Putin zündet eine Kerze an und feiert mit dem Patriarchen Kyrill Ostern – in der Ukraine aber geht das Morden weiter

Die Volkverdummung nach innen geht weiter – und Patriarch Kyrill macht mit, während der Papst in Rom schweigt und die Protestanten kuschen.

Die Kirche Christi hat sich weit von der Botschaft Christi entfernt – und Mörder können ihr Ding tun, das Volk nach innen verdummend, nach außen aber brandschatzend und mordend wie schon lange nicht mehr.

Putin, der den Kommunismus im Kerzenschein wieder aufleben lässt, die Tyrannis in der Antike, ja, selbst die rote Diktatur an Grausamkeit weit übertreffend, ist inzwischen ein schlimmerer Verbrecher als Stalin, der in der Stille der Nacht morden ließ, exekutieren, deportieren ließ am laufenden Band, während Putin das am helllichten Tag und vor den Augen der durchführen lässt. Der Diktator ordnet an, befielt – und nicht minder verbrecherische Russen führen die Befehle aus, einfache Soldaten, die, wie es scheint in der Armee zu Mördern erzogen wurden und primitive Generäle, die nicht besser sind als der Führer im Kreml, dessen Morden deutsche Generäle – wie Merkel-Berater Vad[1] – mit Defaitismus begegnen wollen.

Putins 5. Kolonne ist inzwischen überall

Und ihr Wirken reicht bis hinein in die Beratergremien des deutschen Kanzlers.



[1] Der besser als Operettengeneral in Transnistrien agieren sollte, als in der „blank“ dastehenden Bundeswehr. Merkels weitsichtige Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist auf Berater dieser Artzurückzuführen. Der ukrainische Botschafter in Deutschland nannte diesen General a. D. ohne Sinn für die Sache der Ukraine im Krieg einen erbärmlichen „Loser“.

 

 

Ecce Homo - Memento.
Christus am Kreuz im Arkau-Wald, Bad Mergentheim.

     Der feige Papst und Pharisäer - der Oberhirte der Christenheit, der sich scheut, den Teufel beim Namen zu nennen, wenn er über Putins Angriffskrieg in der Ukraine spricht, der sollte besser schweigen!

Der alte Mann in Rom ziert sich – und das schon seit Wochen, ohne den Aggressor aus Russland zu verurteilen!

Auch findet dieser Franziskus – als ein der Moral verpflichteter Christ - nicht die rechten Worte, um die Leiden der unschuldigen Opfer in der Ukraine zu beschreiben und um Putin, der frech Christus zitiert, zurückzupfeifen.

Was wohl Jesus wohl zu dieser Haltung sagen würde? 

Der Jesus der Bergpredigt?

Also frage ich mich – als Kritiker des Christentums und als ethischer Philosoph: 

Ist dieser Stellvertreter Gottes auf Erden integrer als der Patriarch aus Putins Duma, der die Waffen segnet, die in der Ukraine unschuldige Menschen töten?

 

 Vgl. auch:

 

   Der Teufel hat einen neuen Namen: Putin!

Und das Böse hat ein Gesicht!

Mit diesem brutalen Angriffskrieg mit vielen Tausend Toten Zivilisten hat der neuzeitliche Teufel Putin die Menschheit in die Zeit vor Hitler zurückgeworfen.

Mit diesem verbrecherischen Krieg gegen das Völkerrecht, in Russland „Spezialoperation“ genannt, und gegen alles, was der zivilisierten Menschheit heilig ist, hat Putin, der Stalins Taten verblassen lässt, das – duldsame - Volk der Russen zu einem Volk der Aussätzigen gemacht, zu einem Paria-Volk; und es wird lange dauern, bis man die Russen wieder in den Kreis der friedfertigen, kultivierten Völker der Welt aufnehmen wird.

Putin hat – wie von weitsichtigen Köpfen befürchtet – die Russen ihrer Zukunft beraubt.

 

 

 

Im Schatten Luthers - Savonarola – Der Vorläufer  der Reformation aus Italien

 


Leseprobe aus:

Carl Gibson, 

Koryphäen der Einsamkeit und Melancholie in Philosophie und Dichtung aus Antike, Renaissance und Moderne, von Ovid und Seneca zu Schopenhauer, Lenau und Nietzsche.

 

 Das Werk ist vergriffen.

 

 Copyright: Carl Gibson 2020.

 


Girolamo Savonarola, Worms, Detail.

Savonarola,
Teil eines Reformatoren-Denkmals in Worms am Rhein




 8. Girolamo Savonarola – Der melancholische Reformator vor der Reformation.




Am 23. Mai 1598 wurde Girolamo Savonarola im Zentrum von Florenz gehängt und dann auf dem Scheiterhaufen verbrannt, nachdem er mehrere Tage auf brutalste Weise gefoltert worden war, ohne zu gestehen oder zu widerrufen. Aus der Sicht seiner Henker, des dekadenten, machtblinden wie inkompetenten Borgia Papstes Alexander VI. und seiner Handlanger, war der große Reformator der Christenheit ein Herätiker und Schismatiker, nicht anders als, um nur einige illustre Namen zu nennen, der vom Papst gebannte, große deutsche Mystiker Meister Eckhart Jahrhunderte vor ihm oder Giordano Bruno, ebenfalls auf einem italienischen Scheiterhaufen im Feuer endend, bald nach ihm.

Heute ist gewiss, was schon damals zu vermuten war: Die Exekution Savonarolas war ein eiskalter Justizmord im Geiste der Inquisition. Das Todesurteil stand bereits fest, lange bevor die Anschuldigungen und Ketzerei-Vorwürfe überhaupt geprüft worden waren. Es war eine gezielte Hinrichtung, die aus klerikalen wie machtpolitischen Gründen herbeigeführt und forciert wurde.

Doch wer war Hieronymus Savonarola, dieser einsame Asket und melancholische Charakter, wirklich? Die Meinungen über die - mehr von charismatischer Sendung als von blindem Fanatismus erfüllte - Persönlichkeit, die Königen trotzte, geniale Geister der Zeit in ihren Bann zog, unter ihnen geniale Naturen wie Michelangelo, Sandro Botticelli oder Giovanni Pico della Mirandola, über den visionären Reformator vor Luther, der dem Papsttum den moralischen Krieg erklärt hatte, sind nach wie vor kontrovers und klaffen, je nach weltanschaulichen Standpunkt und Lager, weit auseinander.

Für einzelne Betrachter ist Savonarola schon aus ideologischen Gründen ein wild gewordener, lebensfeindlicher Dominikaner, ein obskurer Prediger des Untergangs, ein falscher Prophet und Scharlatan, der den humanistischen, kunstgetränkten Geist der Renaissance zugunsten eines primitiven Urchristentums abwürgen und im lichten Florenz eine Theokratie, einen obskuren Gottesstaat, errichten wollte. Für andere Interpreten hingegen repräsentiert er den großen Nachfahren von Jan Hus. Seinen Befürwortern und geistigen Gefolgsleuten gilt er durch die Jahrhunderte hindurch als geistiger Erneuerer und Wegbereiter des Protestantismus, als Präreformator der christlichen Kirche schlechthin, als zielstrebiger, glaubwürdiger Vorläufer Luthers und Calvins, kurz, als der überzeugte, innerlich wahrhaftige Christ. Das alles betrifft die religiös ausgerichtete Wertung. Ferner sieht man in Savonarola aber auch den Sozialreformer, den politischen Visionär und frühen „Einiger Italiens“. Von Martin Luther selbst stammt ein Ausspruch, er verehre Savonarola wie einen Heiligen.

Das schon zu Lebzeiten des polarisierenden Präreformators mit Diskreditierungsabsicht in die Welt gesetzte und rücksichtslos verbreitete pejorative Savonarola-Bild hat hauptsächlich weltanschauliche Ursachen. Es variiert und polarisiert auch heute noch je nach eingenommener Perspektive. Andererseits beruht die Negativ-Einschätzung dieser historischen Persönlichkeit von Rang auf Unkenntnis des spärlich bekannten und nur in geringem Umfang ins Deutsche übertragenen Werkes. Komplexe historische Zusammenhänge sowie eine übersteigerte Ästhetisierung der Renaissance-Epoche verfälschen eine objektive Einschätzung dieser besonderen Gestalt der Theologie ebenso. Ein markantes Beispiel für Savonarolas Abwertung liefert - der bekanntlich zum gesamten Christentum auf Distanz gehende - Goethe an jener Stelle, an welcher er auf das Gespräch zwischen Savonarola und dem sterbenden Lorenzo de’ Medici, dem Prächtigen, zu sprechen kommt. Der große deutsche Heide und leidenschaftliche Bewunderer der Renaissancekunst ergreift dabei eindeutig Partei und schlägt sich auf die Seite des freigeistigen Kunstförderers Lorenzo de’ Medici, ohne tiefer nach zeitspezifischen, sozialen und politischen Implikationen zu fragen und ohne zu bedenken, dass der gleiche bewunderte Freigeist und Kunstmäzen, zugleich auch ein machtpolitisch orientierter Despot war, ein Fürst, der die von Savonarola promulgierten und instaurierten republikanischen Verhältnisse in Florenz aus familiären und machtpolitischen Erwägungen ablehnen musste. In seiner idealisierenden Würdigung der Renaissance-Epoche in Geist und Kunst, betont ein antiklerikal gestimmter Goethe etwas entrüstet: „Diesem großen, schönen, heiteren Leben setzt sich ein fratzenhaftes, phantastisches Ungeheuer, der Mönch Savonarola, undankbar, störrisch, fürchterlich entgegen und trübt pfäffisch ein die dem mediceischen Haus erbliche Heiterkeit der Todesstunde.“

Goethe orientiert sich in dieser eindeutig überspitzt polemischen Charakterisierung an der Überlieferung des Pico della Mirandola, deren Glaubwürdigkeit – bei allem Respekt vor Picos charakterlicher Integrität – doch nicht selten angezweifelt wird. Pico, ein viel bewunderter Philosoph der Zeit und prominentes Mitglied der platonischen Akademie in Florenz, jüngerer Freund Lorenzos und später überzeugter Anhänger Savonarolas, berichtet: Savonarola, auf Wunsch des Fürsten an dessen Sterbebett gerufen, soll für die Erteilung der Absolution folgende Bedingungen gestellt haben: „Erstens müsst Ihr bereuen und wahre Zuversicht in Gottes Gnade empfinden.“ Lorenzo stimmte zu. „Zweitens müsst Ihr Euren auf üblem Weg errungenen Reichtum aufgeben.“ Darüber dachte der Fürst zunächst nach, stimmte dann aber zu. Schließlich soll Savonarolas letzte Forderung in dem Satz kulminiert haben: „Drittens müsst Ihr dieser Stadt die Freiheit wiedergeben.“ Der Prächtige soll sich daraufhin enttäuscht abgewandt haben und ohne Absolution gestorben sein.

Der Spätromantiker und kritische Katholik Nikolaus Lenau folgt in seinem – in der Habsburger-Monarchie als zeit-, religions- und systemkritisch empfundenen – „Savonarola“-Epos ähnlichen, vielleicht auch identischen Quellen. Sein Savonarola fordert von Lorenzo, der aus der Sicht des historischen Savonarola, trotz aller Milde und Philanthropie, doch auch den Typus des Despoten, ja Tyrannen, verkörpert:

„Lorenzo! gib die Freiheit wieder,
Der Republik ihr altes Recht,
Das uns gekämpft, geschmeichelt nieder
Dein übermüthiges Geschlecht!“

Auch im Epos Lenaus wird der an sich unmoralische, ja machiavellistische Versuch des Savonarola, das Einführen demokratischer Strukturen und politischer Freiheiten von der Erteilung christlicher Sakramente[1] abhängig zu machen, scheitern. Lorenzo wird ohne Segen sterben.

Angelo Poliziano, der Humanist, Poet und Erzieher von Lorenzos Kindern hingegen, hat eine andere Sterbesituation übermittelt. Nach Polizianos Testimonium soll Lorenzo ein Festhalten am Glauben, Besserung und mutige Todesbereitschaft zugesagt haben. Daraufhin soll er im gemeinsamen Gebet mit Savonarola und mit dessen Segen von dieser Welt geschieden sein.

Was ist Mythos, was entspricht der historischen Wahrheit? Fakt ist: Der Prächtige hat den lauteren Bußprediger nicht nur Jahre lang in seinem Machtbereich geduldet, er hat ihn sogar geschätzt. Nach einer überlieferten Aussage von Lorenzo de’ Medici, will er selbst in Savonarola den einzig wahren Mönch erkannt haben, dem er im Leben begegnet sei.

Wird zudem bedacht, dass weitere Geistesgrößen der Renaissance, namentlich Michelangelo, Botticelli, Pico und andere herausgehobene Persönlichkeiten aus Kunst, Philosophie und Dichtung der gleichen Faszination - des auch existenziell überzeugenden - Altruisten erlagen, dann erscheint Lorenzos Beurteilung durchaus plausibel. Daraus spricht ferner eine hohe Wertschätzung des einfachen Geistlichen, der, nachdem er schon einige Jahre in einem florentinischen Kloster verbracht hatte, auf Pico della Mirandolas Intervention hin sich endgültig für ein Bleiben in Florenz entschied.
Savonarolas Wirken als charismatischer Prior von San Marco, ja sein Wirken in Florenz überhaupt, wäre ohne ein gewisses Wohlwollen Lorenzos auch nie möglich gewesen. Lorenzo zog es vor, ihn wohlwollend zu dulden, obwohl es auch viele Gründe gegeben hätte, den aufrührerischen Mönch Savonarola aus den Mauern der Stadt zu vertreiben.





[1] Auch heute noch, lange nach Epikur und Savonarola, ist das Versagen oder Spenden der Sakramente ein probates Mittel der Kirche, die verängstigten Schäflein der Christenheit zusammenzuhalten.



8.1. Gott geweihtes Leben in stiller Einkehr und früher Protest aus der Klosterzelle. 


Savonarola, 1452 in der bedeutenden norditalienischen Stadt Ferrara geboren, war der zweite dieses Namens, der die Italiener aufhören ließ. Bereits sein Großvater, Michael Savonarola, war ein in humanistischen Kreisen Europas bekannter Arzt und gern zitierter Schriftsteller. Als guter Kenner der Antike vermittelte dieser dem Enkel, auf dessen besondere Begabungen er früh aufmerksam geworden war, die lateinische Grammatik. Als konsequenter Christ weckte er in ihm auch einen Sinn für innere Werte, für religiöse Innerlichkeit, Moralität und Wahrhaftigkeit.

Reformatorische Bestrebungen im politischen wie religiösen Bereich waren prägende Kennzeichen der Zeit. Bereits Michael Savonarola soll die Kleriker jener Tage ermahnt haben, von der allgegenwärtigen Heuchelei Abstand zu nehmen. Stattdessen sollten die Wasserprediger und Weintrinker den Gläubigen jene Wertvorstellungen vorleben, die sie von der hohen Kanzel herab der breiten Masse vorpredigten. Damit war ein geistlich-geistiges Erneuerungsprogramm wesentlich vorgezeichnet, jene Botschaft, die Enkel Girolamo Savonarola zum Lebensinhalt erheben sollte: Die Reformation der katholischen Kirche in Rückbesinnung auf die eigentlichen Werte des Christentums.

Nachdem Girolamo Savonarola die Ausbildung der sieben freien Künste abgeschlossen hatte, verließ er das wohlbehütete elterliche Umfeld in Ferrara und suchte, ohne seine Eltern von seinen Plänen unterrichtet zu haben, den Weg in die mönchische Einsamkeit, das Leben in der Abgeschiedenheit. Mit der Aufnahme in einem Dominikanerkloster in Bologna, verbunden mit der Hoffnung, auf diese Weise seinen eigenen Weg unabhängig gehen zu können, entschied sich der Novize, fern von gesellschaftspolitischen Ambitionen, zunächst nur für das Gott geweihte Leben in stiller Einkehr.




8. 2. Zeitkritik und Fragen der Moral in „Weltflucht“ und „De ruina mundi“- Vom Verderben der Welt.


Wie aus späteren Briefen an die Eltern hervorgeht, strebte der junge Savonarola bewusst ein weltabgewandtes, einsames Leben in der Klosterzelle an, um über Meditation und Gebet zur seelischen und geistigen Besinnung zu finden. Als Erklärungsversuch seiner Antriebe ließ er dem Vater ein Manuskript zukommen. Es trägt die bezeichnende Überschrift Weltflucht“ und dürfte - bis zu einem gewissen Grad - von Petrarcas gleich lautendem Werk inspiriert sein. Doch anders als Petrarca, der, wie weiter oben erörtert, seinen Weg zur Wahrheit primär in der philosophischen und künstlerisch-poetischen Auseinandersetzung sucht, konzentriert sich der junge Savonarola, dem Dichten und Philosophieren noch nicht ganz abgeneigt, vor allem auf die Weisheiten und Lösungsansätze der Bibel, speziell auf das Neue Testament sowie auf die - für sein Bewusstsein, Selbstverständnis, Haltung und Auftreten wichtigen, ja maßgebenden - Bücher alttestamentarischer Propheten.
Weltflucht, das war für Savonarola, dem - wie seinen Vorbildern Dante und Petrarca - ein Hang zur Melancholie nachgesagt wird, ein entschlossenes Eintauchen, ja Abtauchen in die Abgeschiedenheit und Einsamkeit, ein asketisches Leben in der kargen Zelle eines Mönchs bis hin zum gottgewollten Märtyrertod.
Vertiefte Bibelstudien prägen diese monastische Lebensphase, ferner Exegese und Meditation über Bibelsentenzen. Nahezu alle seine Erkenntnisse bezog Savonarola aus seinen - bis hinein in die mystische Versenkung - gesteigerten Auseinandersetzungen mit der Heiligen Schrift. Aus Botschaften reiften Gewissheiten heran, die dann an der bestehenden Realität in der Gesellschaft überprüft werden sollten.
Was war vom wahren Geist des Christentums, wie er aus der Bibel sprach, in der Zeit des Borgia-Clans, der Mediceer und anderer Tyrannen noch übrig? Wer nach den Gründen sucht, die, neben der religiösen Radikalisierung, jene alsbald einsetzende Politisierung des Dominikanermönchs begründen, wird deren Wurzeln bereits in einem Frühwerk vorfinden, richtungweisend ausformuliert in einem Lehrgedicht. Das Werk mit der alles bezeichnenden Überschrift „De ruina mundi“Vom Verderben der Welt atmet ganz die befreiende Luft Petrarcas, der als unverkennbarer Spiritus rector im jungen Girolamo weiterwirkt. In diesem Pamphlet zeichnet der spätere Glaubensbruder Meister Eckharts das Bild einer verkehrten Welt, einer Welt, deren Werte auf dem Kopf stehen und in welcher nicht mehr der gütige Gott der Christenheit regiert, sondern der Leibhaftige. Das Gute ist unten, das Böse oben. Alle Sitten sind verkommen – und mit ihr die für die Erhaltung der Werte zuständige katholische Kirche. Die ganze Welt der Christenheit – ein Sodom und Gomorra? Oder ist nur ihr Nabel krank – Rom und der Vatikan?

„Wenn ich die Welt hier seh so bös verkehret,
und ausgegeben ganz, und ausgeleeret,
gar alle Tugend, jede schöne Sitte. (...)
das Szepter ist gefall’n in Räuberhände;
Sankt Peter naht sich seinem Ende;
Dort wird verprasset Raubgut, ungezählt:
Mich wundert nur, wie noch der Himmel hält.

Siehst du denn nicht den spöttischen Verschwender,
(...)
Merk auf den Kuppler wohl, den Knabenschänder
in Purpur – weh! Ein eitler Blender;
der Haufen folgt ihm und die Blinden schwärmen!
Mußt du nicht auch in bittrem Ekel härmen,
dass dieses schwelgerische Schwein sich freut,
man deine hohen Lobgesäng’ ihm beut,
entwendet von Jasagern, die da mitgenießen –
dieweil die Deinen sind von Land zu Land verwiesen.

Glückselig heutzutag, der lebt von Raub
Und besser satt wird von der andern Blut (...)
So einer wird die Ehr der Welt verderben,
der Bücher, Schriften nimmt, voll Büberei, in Acht,
Aus jeder Schlechtigkeit ein trefflich Handwerk macht.

Die Erde neigt sich so bedrückt dem Laster zu,
dass nie allein sie abtun mag die Bürde:
zugrund’ geht Rom, Haupt ihr und Würde (...)
und jedermann bemüht sich, die Wüste auszubreiten:
Vorüber sind die frommen, sind die keuschen Zeiten. (...)
Mein Lied, o lasse niemals dich betören
dass an dem Purpur du dich hieltest feste;
Flieh hohe Hallen und Paläste
und sorge, dass dein Wort nur wen’ge hören:
denn aller Welt wirst du den Frieden stören.“[1]

„Die Wüste wächst – Weh dem, der Wüsten birgt“, wird Nietzsche, der große Kirchenkritiker der neuesten Zeit, viel später ausrufen. Angewidert vom Zerfall der Werte der Christenheit wird er dann auch - aus der Einsamkeit seiner Wüste heraus - der Verwüstung Einhalt gebieten und zur Umkehr und Neuwertung ausrufen: Umwertung aller Werte.
Fast ein halbes Jahrtausend vor Nietzsche liefert Savonarola das historische Vorspiel dazu – als Agierender die gesamte Vita dem hehren Ziel unterwerfend, doch zunächst noch mit einem Pamphlet moralischer Entrüstung, das auf dem Hintergrund einer inneren Wahrhaftigkeit entstand.

Neben den zahlreichen lyrischen Anlehnungen an Petrarca, die darauf verweisen, wie intensiv sich der junge Savonarola mit dem paradigmatischen Vorbild seines lange exilierten Landsmannes auseinandergesetzt haben muss, fällt auch die geistige Nähe des einsamen Dominikanermönchs zu dem zwar frommen, aber auch antiklerikal ausgerichteten Dichter auf. Ähnlich wie Petrarca, der die Missstände in der Papstresidenz Avignon geißelte, so kritisiert Savonarola von Bologna und später von Florenz aus das dekadente Papsttum in Rom. Rom, die Ewige Stadt und das Zentrum der Christenheit, wird für ihn zum Symbol des allgemeinen Niedergangs, des gesellschaftlichen wie des moralischen, während die Christenheit von Florenz aus, wo das eigentliche Herz Italiens schlägt, reformiert werden soll.

Bezeichnend ist, dass in diesem Gedicht, welches vermutlich um 1472 entstanden sein dürfte, klerikale Zustände in Rom gebrandmarkt werden, die noch nicht in die Amtszeit des berüchtigten Borgia-Papstes fallen. In einem Anfall von hypertropher Polemik gegen das moralisierende Christentum und gegen die Reformation sollte Nietzsche später in seinem „Antichrist“ die Zeit des Borgia als das Leben auf dem Papstthron verherrlichen und in seiner eigenwilligen Umkehr, die Werte erneut auf den Kopf stellen.
In Wirklichkeit war die Zeit der Borgias, des Vaters wie des Sohnes Cesare, ein absoluter Höhepunkt moralischer Dekadenz, nicht aber ihr Anfang und auch nicht ihr Ende. Auch die Zeit davor, die Michael Savonarola und sein Enkel Girolamo bewusst erleben, war nicht sittlicher. Mord, Raub, Betrug, Rache, Machtmissbrauch aller Art gehörten zum Alltag. Nicht anders als in der römischen Antike zur Zeit Caligulas und Neros, wo jeder jeden umbrachte, der ihm bei der Ausübung der Macht gefährlich werden konnte, die eigenen Blutsverwandten, die Mütter, Väter und Kinder nicht ausgenommen, war jedermann dem Tod geweiht. Wer die Macht innehatte, ob geistlich oder weltlich, versuchte, diese um jeden Preis und auf Kosten anderer durchzusetzen, seit Machiavelli sogar unter pseudolegitimer Außerkraftsetzung moralischer Kategorien mit staatsphilosophischem Segen. So wurden ganze Fürstentümer geboren und vernichtet.

Der nicht unwichtige Aspekt, dass die Renaissancezeit nicht nur eine geistige Wiedergeburt des antiken Geistes darstellt, sondern als gesellschaftspolitisch brutale Zeit gelten muss, wird auch heute noch und gerade von jenen vergessen, die in der Renaissance nur eine Kunstepoche sehen. In ihrer Neigung zur Idealisierung werden die Aspekte des trivialen, politischen Alltags nahezu ignoriert. Noch schlimmer ist, dass in einer Welt des Niedergangs auch die höchste moralische Instanz der Christenheit, das Papsttum, in sich verkommen ist. Deshalb reagiert der junge, von der Reinheit der christlichen Lehre und des wahren Christenmenschen durchdrungene Savonarola mit massiver Enttäuschung auf seine Zeit, in welcher, die Amtskirche als Hüterin der Moral eklatant versagt hat.
Der Papst, Stellvertreter Gottes auf Erden, einsames unantastbares und unfehlbares Apogäum der Christenheit, ist zur Inkarnation der Sünde verkommen: Man kennt ihn als „Knabenschänder“, umgeben von Opportunisten, von Lobhudlern, Speichelleckern und „Jasagern, die da mitgenießen – dieweil die Deinen sind von Land zu Land verwiesen“. Während die Wahrhaftigen verbannt werden und ins Exil gehen müssen - wie bald auch ein Pico bis nach Frankreich flüchten muss - macht sich die Lüge überall breit und nistet sich dauerhaft auf dem Thron der Christenheit ein, wohlgemerkt, noch vor Rodrigo Borgia alias Alexander VI. .

Eine Welt, die dem Laster zuneigt, die auf Purpur setzt, „aus jeder Schlechtigkeit ein trefflich Handwerk macht“, die keine sittliche Struktur aufweist, ist wert, dass man sich von ihr abkehrt, ihr entsagt: „Flieh hohe Hallen und Paläste“, jene Stätten der Verkommenheit, sittlicher Verrohung und offensichtlicher Dekadenz, wo die - nur wenigen vorbehaltene - Stimme der Wahrheit nie gehört werden wird.
Rückzug ist angesagt. Die Einsamkeit der Zellenwände bietet ein solches Asyl und ermöglicht die Rettung der eigenen Seele in einer, alles Geistige und Geistliche bedrohenden Umwelt.
Seneca und Petrarca klagten seinerzeit mit Vehemenz an. Sie benannten die Übel und stellten deren Verursacher an den Pranger – Girolamo Savonarola folgt ihrem Exempel – aus innerster Überzeugung heraus, aus Verantwortung und aus gesellschaftlicher Notwendigkeit. Dabei sehnt er sich aufrichtig nach der längst verlorenen, natürlichen Ursprünglichkeit des Urchristentums, des Christentums der Märtyrer, nach dem einfachen christlichen Leben, nach Menschlichkeit und zwischenmenschlicher Solidarität, nicht nach Reichtum, Purpur, Prunk und Pomp, die er als eitel und nichtig ansieht – Vanitas auch hier.





[1] Savonarola, Predigten und Schriften. Ausgewählt, biographisch geordnet und erläutert von Mario Ferrara. Salzburg 1957. S. 24ff.




8.3. Kritik des Christentums sowie des dekadenten Papsttums im poetischen Frühwerk - „De ruina Ecclesiae“ oder „Sang vom Verderben der Kirche“, (1475).


Dem gesellschaftskritischen Gedicht von dem Ruin der Welt, in welchem das Versagen der moralischen Ordnungsmacht Amtskirche bereits angeprangert wurde, folgt ein weiteres Poem des seelisch noch unverfälschten Jungmönchs Savonarola über den tatsächlichen Ruin der Kirche, „De ruina Ecclesiae“ oder „Sang vom Verderben der Kirche“. In dieser frühen Dichtung mit Pamphlet-Charakter aus dem Jahr 1475, rückt der Reformationsgedanke in den Mittelpunkt der Zeitkritik des Dreiundzwanzigjährigen, bestimmt von der aufrichtigen Sehnsucht nach baldiger geistig-spiritueller Erneuerung der Kirche von den Ursprüngen ausgehend hin zu einer geläuterten, wahrhaftigen Ebene:

„Du keusche Magd, wohl darf ich es nicht wagen,
Doch stimm ich ein in deine bittern Klage.
Wie bist du doch so fern den selgen Zeiten,
Da sich die Märtyrer dem Tode weihten!
Der Heil’gen Kirche schwand in Himmelsferne
Und harret unser in dem Reich der Sterne.“

Der aufstrebende jugendliche Savonarola, der sich jetzt schon in der Tradition frühchristlicher Märtyrer sieht, jener im Kolosseum den Löwen Geopferten, lässt die Kirche selbst, allegorisch als hehre Mutter apostrophiert, die Wurzel des Unheils bezeichnen. Es ist dies die – seit Lorenzo Valla als plumpe Fälschung erwiesene – „Konstantinische Schenkung“, mit welcher in der Abwendung vom Geistigen und der Zuwendung zum Materiellen der Niedergang des römischen Katholizismus begann:

„Da nahm die hehre Mutter meine Hände
Und führte weinend mich in öd Gelände
Und sprach zu mir: „Als einst zu Rom einzogen
Des Reichtums und der Weltlust wilde Wogen,
Da fing Verderben an und alles Leiden,
Und Kummer nahte mir von allen Seiten.“

Im „öd Gelände“, also in der Einsamkeit, werden dem nach Wahrheit Suchenden – von höherer Warte aus – die Augen geöffnet. Nach Savonarola sind Besitztum und „Weltlust“ die Wurzel aller Übel, Sünden und Verkommenheit, jenes Irdisch-Profane und Materielle, welches alles Heilige und Geistige untergräbt wie vernichtet.  „Kummer“ (aegritudo), Ciceros Begriff für Melancholie oder „Weltschmerz“ erwachsen aus dem Verderben, aus dem Niedergang der christlichen Kirche.

Ein darunter leidender Mönch klagt an, findet aber in seinem Gedicht noch keinen echten Ausweg aus der verfahrenen Situation. Bald darauf wird er noch mutiger werden, Forderungen stellen. Lange vor Luther und anderen Reformatoren ist es Savonarola, der in Rückbesinnung auf die Werte der Kirche der Heiligen, die geistige Erneuerung anmahnt, indem er drei klare Thesen formuliert:

Die Kirche ist krank –
sie muss reformiert werden –
sie muss bald reformiert werden!

Das geeignete Forum zur Umsetzung dieses gewaltigen Programms nach Jan Hus und vor Martin Luther sollte Savonarola erst im weltoffenen Florenz finden, im Kloster San Marco, zu dessen Prior man ihn bald ernennen wird. Weshalb verschlug es den angehenden Erneuerer der Christenheit in das Herz der Toskana, in die Stadt des Prächtigen?
Nach Savonarolas fester Überzeugung war das aufgeklärte Renaissance-Florenz mit seinen vielseitig begabten und politisch freiheitlich orientierten Bürgern, der Ort, wo ein „neues Jerusalem“ entstehen konnte. Deshalb sollte gerade von Florenz aus der kranke Organismus der Gesamtkirche kuriert und – wie die Kunst der Antike – zu neuem Leben erweckt werden. „Rinascita“!

Diese „Wiedergeburt“ in allen Bereichen von Geist und Kunst sollte auch die Kirche erfassen und zukunftsfähig machen. Die alles umfassende „Reformation“ war jedoch nicht die Laune eines Einzelnen, auch nicht das Gebot einer lichten Stunde, nein, jene „Erneuerung“ zum Besseren hin, war ein Programm, ein Diktum der Zeit, das von objektiven Notwendigkeiten bestimmt wurde. Zur konkreten Umsetzung neureformatorischer Bestrebungen stand dem einfachen Geistlichen Savonarola faktisch aber nur ein Mittel zur Verfügung: das Wort, das das Bewusstsein verändernde, freie Wort in der Predigt von der Kanzel herab, das für ihn, den spät berufenen Propheten, das Wort Gottes war.




8.4. „Poenitentiam agite“! – Buße, Einkehr, Rückbesinnung, Katharsis.


Savonarola war ein virtuoser Prediger, immer in der Lage, seine Zuhörer zu faszinieren und für seine Sache zu gewinnen. Dabei kam es ihm jedoch nicht darauf an, als versierter Rhetor, Populist und gar Demagoge die Zustimmung breiter Bevölkerungsschichten, ja der Massen in der - damals etwa einhunderttausend Einwohner zählenden - Stadt Florenz zu finden oder Anhänger um sich zu scharen, um sich selbst politisch zu profilieren oder eine Partei anzuführen wie früher der eine oder andere Volkstribun in Rom. Überzeugt, Florenz müsse von einer kompetenten, juristisch unabhängigen Bürgerelite regiert werden, setzte der seit seinen Aristoteles-Studien mit politischer Theorie und Verfassungskunde wohl vertraute Savonarola mehr auf sein geistig-moralisches Wirken – er zielte und zählte auf eine eintretende Bewusstseinsveränderung, auf Erneuerung und Reform über Buße, innere Einkehr, seelische Reinigung und Läuterung. Dahinter stand auch die historische Erfahrung, dass in einer Gesellschaft, wo es immer mehr Schlechte als Gute geben werde, die Massen von Autokraten recht einfach manipuliert werden, auch über billige Ablenkung, über Brot und Spiele und öffentlich promulgierte Pseudo-Werte. Als ihm die Macht schließlich doch noch zufiel, setzte Girolamo Savonarola, der alles andere als politisch naiv war, nicht auf die Durchsetzung politischer Ziele mit den Mitteln der Despotie oder der Tyrannis, wie etwa ein Cesare Borgia im Kirchenstaat als virtuoses Genie des Bösen. Ganz im Gegenteil: Der Dominikaner in der Kutte appellierte vielmehr an die Einsicht der Bildungsbürger, der Aristokraten und selbst der Künstler, die er mit Verstand, Vernunftargumenten und auch emotional über seine charismatische Ausstrahlung für die sozial-religiösen, politischen und gesetzgeberischen Reformideen zu begeistern suchte.

Ungeachtet hoher politischer Sensibilität und Empathie kam beim späten Savonarola dann auch ein missionarischer Fanatismus auf, eine Bilderstürmerwut getragen von einem Hass auf alles Lebensfrohe und Schöne in der Kunst, der die geistig-künstlerischen Errungenschaften der Renaissance bedrohte und tatsächlich zurückwarf. In seinem Eifer, das neu zu errichtende Jerusalem gleich in wenigen Jahren vollenden zu wollen, verstieg sich Savonarola, der unermüdliche Streiter Gottes, gelegentlich in kühnste Visionen und apokalyptische Prophezeiungen. Die eigenen hohen moralischen Erwartungen aus den Augen verlierend und durchdrungen von einer höheren Mission, die es auch mit ethisch fragwürdigen Mitteln durchzusetzen galt, agierte der Mönch nicht viel anders als die Redner im alten Rom im Geiste von Zuckerbrot und Peitsche.

Einmal versprach der Prior von San Marco das kommende Paradies auf Erden; galt es aber die Gläubigen von den Heerstraßen der Sünde zurückzurufen, um sie auf den schmalen Pfad der Frömmigkeit und christlichen Tugend zu leiten, dann drohte er alttestamentarisch resolut mit Heimsuchungen, Katastrophen und Untergangsszenarien aller Art, ja mit himmlischer Vergeltung für den Fall, dass die uneinsichtige Bürgerschaft von Florenz seinem Appell zur religiösen Neuausrichtung nicht folgen würde. Von urchristlichem Sendungsbewusstsein durchdrungen und wohl auch schon geblendet, rief der Mönch - wie später Luther mit den gleichen Worten - zur Umkehr auf, ebenso zur reinigenden Buße nach dem Motto: „Poenitentiam agite“!

In seinem Übereifer für die gute Sache, für ein gottgefälliges, puristisches Leben, wie später von Luther oder Calvin gefordert und durchgesetzt wurde, unternahm es Savonarola gleich in einem Atemzug, alle geistigen Gegner seiner Ziele und der Sache des wahren Glaubens anzugreifen, die Philosophen der Antike, denen er selbst viel verdankte und deren Nachfahren im Humanismus ebenso wie obskure Sackgassen der Geistesgeschichte, etwa die populäre Astrologie[1]. Ja, selbst die erhellende Philosophie der Zeit in zutiefst humaner Ausprägung vertreten und verkündet von einem seiner glühendsten Anhänger, von Pico della Mirandola, blieb nicht unverschont.

Girolamo Savonarola wollte die sittliche Erneuerung der florentinischen Gesellschaft, die Zementierung der Moral und die Ausrottung der Dekadenz der Zeit - um jeden Preis. Sein Endziel war jedoch nicht, wie oft behauptet und von Gegnern ins Feld geführt eine „Theokratie“, ein archaisch-rückständiges Staatsgebilde mit einem Mönch als geistliches und weltliches Oberhaupt in einer Person, wie wir es heute noch in islamischen Kulturen vorfinden, sondern eine echte „Republik“, eine liberale, demokratische Staatsform, die sich am Regierungssystem der Republik Venedig orientierte, ohne jedoch an der Position des Dogen festzuhalten.

Nicht viel anders als manch ein radikaler Utopist vor, neben und nach ihm, von Augustinus, über Thomas Morus bis hin zu den Ahnvätern des Kommunismus im 18. und 19. Jahrhundert, die, zwar radikal im Ansatz, einem echten Humanismus das Wort zu reden versuchten, erstrebte auch Savonarola ein Stadt- oder Stadt-Staatsmodell, in welchem sich die Bürger einer sittlichen Erneuerung unterwerfen, fromm werden, zur Beichte gehen, sich seelisch reinigen und die alten Rivalitäten und Feindschaften vergessen.

Auf diesem ethischen Fundament sollte eine human orientierte, auf das Gemeinwohl bedachte Gesellschaft errichtet werden. Um den erstrebten edlen Endzweck möglichst bald zu erreichen, scheute der italienische Reformator, wie bereits betont, aber auch nicht davor zurück, die Grenzen von Ethik und Moral zu überschreiten, immer wieder auf die Endabrechnung am Jüngsten Tag verweisend, auf die allen drohende Rache Gottes. Dieses Androhen von himmlischen Bestrafungen und an die Wand gemalten Untergangsszenarien, ein an sich erpresserisches Instrument seelischer Nötigung, war Savonarolas einzige Waffe, um Florenz und seine Bürger, die er für die besten und klügsten in Italien hielt, zur Räson zu rufen und sie in die Schranken zu weisen. Doch dieses methodische Vorgehen war auch ein Fehler, ein fataler Fehlschritt, der den lauteren Bußprediger angreifbar machte und schließlich sein tragisches Schicksal bestimmen sollte: das Ende am Strick und in den Flammen des Scheiterhaufens.




[1] Bei diesem Thema befand er sich auf einer Ebene mit Leonardo da Vinci, der in seinen Tagebüchern die seinerzeit noch hoch im Kurs stehende „Nekromantie“ scharf geißelt und ablehnt.



8.5. Savonarolas Humanismus-Kritik und seine Zurückweisung der Astrologie – ist die Philosophie eine Magd der Theologie?

 

In der Predigt „Ein Herz und eine Seele im Herrn“ aus dem Jahr 1493 wettert ein etwas wild gewordener Savonarola„Geh fort nach Rom und durch die ganze Christenheit; in den Häusern der großen Prälaten und der großen Herren befaßt man sich mit nichts als mit Dichtung und Redekunst. Geh nur hin und sieh: du wirst sie finden, humanistische Bücher in der Hand – und tun so, als vermöchten sie mit Vergil und Horaz und Cicero die Seelen leiten.“[1]

Savonarola konstruiert, ja forciert einen krassen Gegensatz zwischen dem antiken Humanismus der Hellenen und Römer, der in der Gegenwart der Renaissance in Italien seine Wiedererweckung findet, einerseits und seinem kathartisch-asketischen, dem Seelenheil und Jenseits zugewandten Christentum andererseits, wobei der radikalisierte Dominikanermönch das – aus seiner Sicht nahe an der Sünde angesiedelte – Schöne dem an sich Wahren und Guten, dem Summum bonum des Thomas von Aquin, also Gott, entgegensetzt. Statt Ästhetik und Ethik miteinander zu versöhnen, wie es der alte und neue Humanismus begreift und lehrt, verdammt Savonarola das Sinnlich-Angenehme insgesamt, um nur noch ein utilitaristisches Ethos gelten zu lassen. Wahr und gut ist nur Gott – und der Prediger Savonarola ist sein Prophet!

Unmittelbar auf Savonarolas Schlag gegen den Humanismus seiner Zeit folgen Angriff und Abrechnung mit der pseudowissenschaftlichen Astrologie jener Tage. Von moderat konservativen Geistern wie Ficino immer noch toleriert, ja anerkannt, wird diese Disziplin, die in den Augen Savonarolas als eine Art sündhafter Mystizismus erscheint, von diesem ebenso wie von Pico, Lorenzo de’ Medicivor allem aber von Leonardo da Vinci vehement abgelehnt und bekämpft: „Willst du sehen, wie man die Kirche durch die Hand von Astrologen regiert? Es gibt keinen Prälaten und keinen großen Herrn, der nicht irgendwelchen vertrauten Umgang mit irgendeinem Astrologen hätte, der ihm auf den Punkt genau die Stunde vorhersagt, zu der er ausreiten oder irgendetwas anderes tun oder unternehmen soll. Und es würden die großen Herren keinen Schritt über den Willen der Astrologen hinaus tun.“[2]

Savonarola selbst war ein strenger Determinist, fest überzeugt, ein Werkzeug des göttlichen Willens zu sein, ein Instrument ohne Selbstzweck, das von Gott gebraucht wird, das von Gott je nach Bedarf eingesetzt wird und das dieser schließlich – ohne Rücksicht auf die Person und ihre Verdienste – einfach fallen lässt oder wegwirft, ohne dass der Mensch den höheren Sinn dieser Tat erkennen und begreifen kann. Eine Festlegung des Menschen und seines Schicksals über die Astrologie, an der selbst noch Johannes Kepler und – bis zu einem gewissen Grad selbst Pico[3] und neben diesem auch Ficino sowie Lorenzo de’ Medici festhalten sollten, erschien Savonarola zutiefst suspekt. Während ein mathematikgläubiger Empiriker wie Leonardo da Vinci als Ingenieur die Astrologie als Pseudowissenschaft[4] abkanzelte und radikal abwies, bot das bereits kontroversierte Erkenntnismittel Astrologie Savonarola, dem äußerst versierten Redner und gründlichen Kenner der Scholastik, besonders der Werke des Thomas von Aquin, eine gute Möglichkeit, die gesamte neuplatonisch-humanistische Philosophie der Zeit polemisch, ja demagogisch anzugreifen, indirekt die alte Frage neu thematisierend, ob die Theologie die Magd der Philosophie sein solle oder umgekehrt. „Auch unsere Prediger haben die Heilige Schrift beiseitegelegt und sich der Astrologie und der Philosophie ergeben und diese predigen sie auf den Kanzeln und machen sie zur Königin; und die Heilige Schrift behandeln sie wie eine Magd, denn sie predigen Philosophie, um gelehrt zu erscheinen, und nicht, weil sie ihnen dazu diente, die Heilige Schrift auszulegen.“[5]

Die übermäßige Beschäftigung mit heidnischem Schrifttum, speziell mit Platon und vor allem mit Aristoteles, dessen Wiederentdeckung von Ficino und Pico sehr erfolgreich betrieben wurde, ärgerte den Dominikaner, der in frühen Jahren gerade Aristoteles parallel zur Bibel gründlich studiert hatte, vor allem deshalb, weil die geistigen Debatten der Gelehrtenwelt die Bürger von Florenz vom bibeltreu-puristischen Christentum ablenkten.

Savonarola, der aus der relativen Einsamkeit seines Klosterdaseins heraus - bei Ablehnung des gesamten ästhetischen Bereichs und der Künste - massive Gesellschaftskritik betreibt, zieht sich als Theologe und Denker immer mehr zu den Wurzeln des Urchristentums zurück, dorthin, wo er Ursprünglichkeit, innere Wahrhaftigkeit, erste und letzte Wahrheit vermutet.




[1] Savonarola, Predigten und Schriften. S. 111.
[2] Ebenda.
[3] Er war ein Anhänger der Kabbala.
[4] Belege finden sich in den Tagebüchern zuhauf.
[5] Savonarola, Predigten und Schriften. S. 111.




8.6. Sozialreformer Savonarola - „De Simplicitate vitae christianae“ - Von der Schlichtheit im Christenleben.

 

Viele weitere Predigten und Abhandlungen, manche von ihnen aufgrund ihrer hohen Brisanz indexiert, oft in Latein, kaum gedruckt und weitgehend unbekannt, konkretisieren Savonarolas Vorstellungen von einem wahren christlichen Leben und einer wahrhaftigen christlichen Kirche. Eine dieser Schriften ist das bereits 1496 ausgearbeitete Werk „De Simplicitate vitae christianae“, in Deutsch: Von der Einfalt des christlichen Lebens oder, moderner übersetzt, Von der Einfachheit im Christenleben[1].

Die zentrale Aussage Savonarolas in dem Werk lautet: „jeder Christ“ soll „einfach leben“[2], denn das christliche Leben ist schlicht und einfach, ohne überflüssigen Prunk und Reichtum.

Die Kirche ist - ganz im Geist des Franz von Assisi - für die Armen da, nicht um Reichtümer aller Art anzuhäufen oder um irdische Paläste zu errichten. Was im Religiösen zähle, seien die zentralen human-christlichen Werte, vor allem die Innerlichkeit und die Nächstenliebe.

In seiner Schlacht für Jesu und gegen die willkürlich agierende Institution Kirche tadelt der zum Schweigen verdonnerte Mönch besonders die Prunksucht des Klerus, das Verschleudern[3] kirchlicher Mittel oder das Verwenden der Spenden zu falschen Zwecken: „Ihr habt viele überflüssigen Kelche und Paramente, viele Kreuze und Gefäße von Gold und Silber. Sagt mir: warum schmilzt man sie nicht ein und warum gibt man sie nicht den Armen? Sicher lieben die Sakramente das Gold nicht und haben keinen Bedarf dafür. Unsere Väter hatten Kelche aus Holz; aber damals hatten die Kelche aus Holz Priester aus Gold; und jetzt haben die Kelche aus Gold Priester aus Holz.[4]

Der Bußprediger Savonarola, der Prälaten geradezu revolutionär ins Gewissen redet und sie zugleich im Namen Christi sowie der eigentlichen christlichen Ethik mahnend zur Räson ruft, erkennt auch, dass selbst die „Bettelorden“ - über ihr Ziel hinausschießend - letztendlich der Habgier verfallen, am eigentlichen Ziel vorbei zu viele Almosen einsammelnd, um diese Spenden für eigene, profane Zwecke einzusetzen, statt die Gaben mildtätiger Spender und Gönner den wahren Bedürftigen, den Armen zu geben.

Sozialkritisch ausgerichtet und alles andere als politisch naiv oder blind fanatisiert, beobachtet der kritische Mönch das tatsächliche Leben auf der Straße der damaligen Großstadt und stellt dabei fest, dass Armut junge Mädchen veranlasst, „ihren Körper preiszugeben“[5], während anderseits selbst Klosterfrauen zum Luxus neigen.

Die Botschaft der Heiligen Schrift hingegen ist auch in dieser Frage eindeutig: „Man wird sicherlich an keiner Stelle finden, dass Christus uns befehle, Kelche und Paramente von Gold zu machen und großartige Kirchen – wohl aber, dass wir die Armen nähren.“[6]

Das sind eindeutig kritische, antiklerikale wie soziale Feststellungen eines Sehers, der kein Phantast war, sondern ein höchst luzider Diesseitsbezogener, ein Realist. Die Bibel ist ihm nicht nur eine verehrungswürdige Schrift, aus der Gott unmittelbar spricht, sondern auch ein willkommenes Mittel, um, fern jeder hermetischen Exegese, in direkter Berufung auf Gott, das nicht nur lichtdurchflutete Umfeld der vielgepriesenen Renaissance-Zeit konkret zu verbessern.

 




[1] Savonarola, Predigten und Schriften. In dem Kommentar von Mario Ferrara heißt es dazu: „In den letzten Monaten des Jahres 1495, während der Pause, die ihm durch das schmerzliche Schweigegebot des Papstes auferlegt war, schrieb Savonarola in seinem eindrucksvollen Latein das Buch „Von der Einfachheit im Christenleben“ , das dann am 28. August 1496 erschien und sofort von Girolamo Benivieni übersetzt wurde.“ S. 247.
[2] Ebenda, S. 250.
[3] An dieser Untugend hat sich auch im 21. Jahrhundert, namentlich in Deutschland, noch nicht viel geändert. Die Prunksucht reicht von Limburg an der Lahn bis ins Herz der Christenheit im Vatikan.
[4] Savonarola, Predigten und Schriften. S. 252.
[5] Ebenda, S. 253.
[6] Ebenda. Das ganze Buch des spät berufenen Propheten und Erneuerers Savonarola ist ein leidenschaftliches Plädoyer für die Unterstützung der Armen, die, laut Bibel, den „Tempel Christi“ darstellen. Alles Überflüssige sei von den Reichen und dem Klerus abzugeben und müsse den Armen zukommen; die Kirche müsse sie – gemäß dem Vermächtnis Christi – ernähren: „und ihr, so wie die Schriftgelehrten und Pharisäer, übergeht durch eure Verordnungen den Befehl Gottes.“ S. 253. In radikalen Ansätzen dieser Art wurzelt die Theologie der Befreiung Südamerikas.





8.7. Savonarola setzt politische Reformen durch – Über die demokratische Verfassung in Florenz zum Fernziel der Einheit Italiens.


Der oft diffamierte und angefeindete Savonarola war keineswegs ein naiver Visionär. Hinter der Sache Gottes, der alles untergeordnet wurde, standen stets sehr konkrete Vorstellungen von einer neuen, demokratisch orientierten Verfassungsreform in Florenz und in fernerer Zukunft, die Vision eines geeinten italienischen Nationalstaates von Sizilien bis in die Alpen. Während andere große Individuen der Zeit aus der Einsamkeit heraus und fern vom gesellschaftlichen Dialog Kunstwerke schufen, widmete sich Savonarola im Gespräch mit den Mitbürgern der gesellschaftlichen Umgestaltung. Dabei entwickelte der agile Mönch und Reformator den Ehrgeiz, eine demokratische Verfassung durchzusetzen, die dem Wohl der Stadt Florenz und dem Allgemeinwohl seiner Bürger diente, legte aber keinen Wert darauf, sich persönlich in das politische Alltagsgeschäft einzumischen. Savonarola war keinesfalls selbstsüchtig oder gar machtbesessen. Er wollte keine Macht für sich, obwohl er sie hätte haben können. Als moralische Instanz und aufrichtiger Streiter Gottes war er zu keinem Zeitpunkt bereit, diese Position zu gefährden. Dazu war er einfach zu klug. Zwei Jahre nach dem Tod Lorenzos des Prächtigen und der Vertreibung seines weniger vom Glück begünstigten Sohnes Piero aus Florenz wurden die politischen Ansätze des Dominikanerpredigers Realität. Dank seiner Autorität gelang es Savonarola, seine Sympathisanten für drei Jahre an die Regierung zu bringen. Er blieb als einflussreicher Kopf seiner Erneuerungsbewegung, als Graue Eminenz im Hintergrund. Florenz erhielt unter seinem Einfluss eine neue – und was heute vergessen wird – eine weitgehend „demokratische Verfassung“, die sich in ihren Grundzügen am Regierungssystem der Republik Venedig orientierte. Venedig war seinerzeit das einzige annähernd demokratische Staatssystem auf dem Gebiet des heutigen Italien. Der Süden hingegen, das Königreich Neapel, wurde von dem gefährlichen Despoten spanischer Abstammung Ferdinand beherrscht, während in der Mitte der Kirchenstaat der Borgias bis in die Romagna hinein wucherte und im Norden, im Herzogtum Mailand, der Usurpator Ludovico Il Moro die Zügel der Macht despotisch in der Hand hielt, bis Mailand von den Franzosen unter Karl VIII. erobert und annektiert wurde.

Savonarola setzte sich also auch als politischer Reformer durch, war aber nicht in der Lage, die Macht in diesen turbulenten Zeiten, die von zahlreichen politischen Intrigen und Grabenkämpfen geprägt war, auf längere Sicht zu festigen und zu erhalten. Das von ihm über alles erhobene Wort Gottes, der Glaube an das Gute, ein christlich-humanistisch geprägtes Werte-System, sie reichten nicht aus, um profane Waffen zu ersetzen.



8.8. Niccolo Machiavelli und Die Schwermut der Tyrannen.


Ein anderer Einsamer aus Florenz, Niccolo Machiavelli, der in der Einsamkeit des Landlebens vor den Toren der Stadt seinen „Principe“ verfasste, und schließlich aus dem Fenster eines Patrizierhauses der öffentlichen Verbrennung Savonarolas auf dem Scheiterhaufen zusah, notiert in seinem bekanntesten Werk die leicht zynischen, aber treffsicheren Worte: „Moses, Cyrus, Theseus und Romulus wären nicht imstande gewesen, ihre Einrichtungen lange gültig zu erhalten, wenn sie unbewaffnet gewesen wären, wie es in unserer Zeit Fra Girolamo Savonarola war. Er fand bei seinen gesetzlichen Neuerungen den Untergang, als die Menge aufhörte, an ihn zu glauben; er hatte kein Mittel, diejenigen, die an ihn glaubten, zu halten, und keines, um die Zweifler zum Glauben an ihn zu zwingen.“[1]

Savonarola wollte keinen autokratischen Gottesstaat, keine klerikale Diktatur fundamentalistischer Prägung, aufgebaut auf militärische Macht und gesichert über innenpolitischen Terror geheimer Dienste, also keinen Staat, wie ihn seinerzeit der Vatikan-Staat des Borgia-Clans verkörperte oder in unseren Tagen der Ajatollah-Staat Iran. Vielmehr erstrebte der überzeugte Christ eine geistig-spirituelle Revolution, eine allgemeine Veränderung des Bewusstseins und der Werte, nicht über abstrakte Philosophie, sondern über einen reinen, verinnerlichten Glauben. Obwohl Savonarola in seinen vehementen, heute vielleicht fanatisch anmutenden Plädoyers für die Sache Gottes gelegentlich weit über das Ziel hinaus schoss und, wie Machiavelli treffend feststellte, mangels anderer „Waffen“ zum zeitspezifischen Mittel der verbalen Drohung und Einschüchterung griff, um das Bewusstsein der Massen auf seine höheren Ziele hinzulenken, war er doch kein blinder Eiferer, sondern im Grundes seines Wesens ein zutiefst humaner Geist, ein Mensch, dem nichts Menschliches fremd war, schlechthin ein Humanist.

Von anderen - als Humanisten beschimpfte - Geistern seiner Zeit unterschied sich der bescheidene Prediger und „Asket“ hauptsächlich durch die radikale Zurückweisung des sinnlichen Lebens im pseudoepikureischen Sinn, gepaart mit der Missachtung, ja Verachtung der Welt des Schönen und Angenehmen im Bereich der bildenden Kunst und der Musik. Für den seine Zeit aufmerksam beobachtenden Landsmann Machiavelli, der manche Predigt im Kloster von San Marco verfolgte, stellte Savonarola den Typus des unbewaffneten Propheten dar, der scheiterte, ja scheitern musste, weil er die zynischen Gesetze der realen Machtpolitik, Machtausübung und Machterhaltung jenseits der Moral als unethisch und unchristlich ablehnte.

Machiavelli, der zeitweise ohne politische Aufgaben, vorwiegend mit staatsrechtlichen Studien beschäftigt, ein äußerst bescheidenes, einsames Leben führte, in der Hoffnung, die Medici, die ihn politisch lahm gelegt hatten, würden ihm doch noch eine Stellung zukommen lassen, hatte vielfache Gelegenheit, den Prior von San Marco in Florenz in Leib und Seele und im vollen Furor zu erleben, ihn engagiert predigen zu hören und speziell seinen klarsichtigen Ausführungen über die Tyrannis zu folgen, zu deren Repräsentanten Savonarola auch die Familie der Medici zählte. Es ist denkbar, ja wahrscheinlich, dass Machiavelli, zumindest in den erfolgreichen Jahren des Charismatikers, der Anhängerschaft Savonarolas angehörte, weniger aus religiöser Überzeugung, sondern vielmehr aus staatspolitischer Einsicht, denn die Wertschätzung des Savonarola blieb selbst nach dessen Hinrichtung erhalten. Wie aus einem Schreiben hervorgeht, verfolgte Machiavelli im Jahr 1497, also kurz vor dem Ableben des politischen, sozialen und religiösen Reformators mehrere Predigten Savonarolas als einfacher Zuhörer und berichtete anschließend darüber – im Auftrag oder freiwillig – nach Rom, wohl in die unmittelbare Umgebung des direkten Widersachers Papst Alexander VI., der Savonarola zuerst mit einem „Schweigegebot“ belegt hatte, um ihn schließlich auch zu exkommunizieren, nachdem Mordanschläge auf Savonarola mehrfach gescheitert waren. Machiavelli berichtet: „Er predigt wieder, weil die neue Signoria zu wählen war und er schon den Scheiterhaufen roch. Die Stadt nämlich, seinen Ungehorsam gegen den Papst erfahrend, und seiner Prophezeiungen, die nichts anderes als Unheil enthielten, bis zum Überdruss müde, fing an, sich gegen ihn zu wenden. Deshalb wollte er sein schlimmes Los hinausschieben.“[2]

An anderer Stelle schreibt er an den florentinischen Geschäftsträger in Rom Recciardo Becci„Als ... er sah, dass er seine Gegner in Florenz nicht mehr zu fürchten brauchte, hat er den Mantel gewechselt, und da er nicht mehr nötig hat, seine Partei durch Verwünschung ihrer Gegner und durch Erregung der Furcht vor einem Tyrannen einig zu halten, so tut er nunmehr keine Erwähnung mehr von einem Tyrannen oder der Lasterhaftigkeit der Gegner, sondern sucht alle gegen den Papst aufzuregen und gegen ihn und seine Abgeordneten aufzuwiegeln.“[3]

Die Wesenheit des Borgia Papstes konnten Zeitgenossen auf zwei Begriffe reduzieren: Simonie und Sodomie. Borgia war durch Stimmenkauf auf den Thron Petri gelangt und hatte sich dort als Verwalter eines großen Hurenstalls, als Knabenschänder, Wüstling und Giftmischer einen Namen gemacht, bevor er – mit allen Mitteln der Kirche – zur Vernichtung des einfachen Dominikanerpredigers Savonarola ansetzte.

Vater Borgia, von dem berichtet wird, dass er zu seiner - ebenso berüchtigten - Tochter Lucrezia ein inzestuöses Verhältnis unterhalten haben soll und Spross Cesare waren seinerzeit allgemein als ruchlose, rücksichtslose Machtmenschen und Verbrecher verschrien. Ihre Prinzipienlosigkeit war geradezu sprichwörtlich. Der Papst führe das nicht aus, was er sage, während Cesare, nie sage, was er zu tun gedenke, hieß es von beiden.
Wer sich konkret mit dem Borgia-Clan anlegte, hatte Repressalien und Vergeltung zu befürchten, ganz egal ob Individuum oder Gemeinschaft. Das galt auch für das Welt-Zentrum Florenz. Eben aus dieser existenziellen Notwendigkeit heraus bröckelte letztendlich die Solidarität der Florentiner mit „ihrem“ Savonarola, eben weil die unmittelbare Bedrohung durch Rom schwerer wog und existenziell mehr verunsicherte als die angedrohten Heimsuchungen Savonarolas, die irgendwann in ferner Zukunft all diejenigen treffen sollten, die sich vom rechten Weg des Herrn entfernten.

Machiavellis - nachträglich wohl zurechtgebogenen - Briefaussagen wirken vor allem deshalb etwas tendenziös, weil der politische Beobachter den genauen Text der überlieferten Predigten kannte. Auch wusste der scharfe Analytiker sehr genau über die tatsächlichen parteipolitischen Verhältnisse in Florenz Bescheid. Die „Arrabiati“, die sogenannten Rabiaten, Anhänger der Medici und konservative Aristokraten, die allesamt seit Savonarolas Neuordnung der politischen Verhältnisse in Florenz sehr viel verloren hatten, wollten den Status quo ante, die Restauration der früheren Besitzstände und somit den Sturz Savonarolas, was den Interessen des Rodrigo Borgia sehr entgegenkam.
Machiavelli verfolgte die tragische und verhängnisvolle Entwicklung als neutraler Beobachter mit einer gewissen Sympathie für den mutigen Reformator – allerdings ohne jede Möglichkeit einer Intervention. Vielleicht erkannte er in den Umbrüchen sogar eine persönliche Chance zum Aufstieg? Jedenfalls bleibt Machiavellis Bild von Savonarola, mit dem ihn trotzdem noch viele substantielle Gemeinsamkeiten verbinden, insgesamt wohlwollend positiv. Das haben auch neuere Forschungen zur Thematik, im Gegensatz zu eher oberflächlichen Ansätzen früherer Arbeiten, eindeutig bestätigt.

Inzwischen dürfte auch wissenschaftlich gesichert sein, dass Savonarolas Ausführungen zur Staatstheorie Machiavellis Schriften nachhaltig inspiriert und oft auch direkt beeinflusst haben. Dafür sprechen verwandte Textstellen im „Principe“ und in anderen Werken Machiavellis.




[1] Machiavelli: Der Fürst, „Il Pricipe“. Übersetzt und herausgegeben von Rudolf Zorn. Stuttgart 1978. S. 23. Es ist anzunehmen, dass weite Teile der wirkungsreichen Schrift des politischen Theoretikers nur marginal veränderte Savonarola-Paraphrasen darstellen, Auszüge aus Predigten, die Machiavelli als frommer, regelmäßiger, doch wenig loyaler Zuhörer auf der Kirchenbank nur noch aufschreiben und in Druck geben musste.
[2] Zitiert nach: Dirk Hoeges: Niccolò Machiavelli. Die Macht und der Schein. München 2000. S. 151.
[3] Ebenda, S. 155.





8.9. Einsamkeit, Kontemplation und rhetorischer Auftritt – Savonarola Volkstribun und Redner nach Cicero?


Da Bruder Girolamo Savonarola in seinem kurzen, aber sehr intensiven Leben auf vielen Ebenen agiert und vielfache Aktivitäten entfaltet hat, fällt es kaum auf, dass auch er im Grunde seines Wesens ein Einsamer war, ein einfacher Mönch, der oft in sich selbst versunken in der kargen Zelle betend seinen individuellen Weg zu Gott suchte. Irgendwo war er ein später Anachoret, der in mystischen Phasen seine Visionen hatte und der auch im rationalen Zwiegespräch mit Gott nach Lösungen suchte, über sich hinaus – konkret an den Bedürfnissen der Welt orientiert, in der er lebte.
Nur richteten sich seine Totengespräche nicht, wie einst bei Augustinus oder Petrarca, auf die Auseinandersetzung mit den geliebten Heiden der Antike, mit den Botschaftern des Humanismus, sondern auf die Botschaften der Propheten des Alten und des Neuen Testaments.

Savonarolas Umgang mit der Einsamkeit gleicht dem Erleben der Einsamkeit bei Cicero. Beide ziehen sich in ein stilles, abgeschiedenes Refugium zurück, in die karge Zelle, ins Studierzimmer, entwerfen sich dann aber umso extensiver in der öffentlichen Rede auf dem Forum, im Plädoyer des Anwalts oder auf der Kanzel, wobei die res publica Ciceros bei Savonarola noch um die Sache Gottes erweitert wird.



Der aufgeklärte Römer und politische Pragmatiker Cicero, dem der Polytheismus der Antike nicht mehr bedeutet als eine religiös verbrämte rituelle Angelegenheit, argumentiert ausschließlich diesseitsbezogen, während Savonarola über das „hic et nunc“ der Gesellschaft stets die „lex divina“ als „lex aeterna“ im Auge hat und die Zukunft auf diesem göttlichen Recht entwirft. Gottes Wort, das verinnerlichte Christentum, ist Naturrecht, göttliches Recht und somit einziges Gesetz. Alle positiven Setzungen eines Staates basieren auf diesem göttlichen Recht.

8.10. Einsamkeit und Gesellschaft bei Savonarola.


Savonarola schätzte zwar das Leben in Abgeschiedenheit, weil es ein Leben der Reinheit, der Selbstbesinnung und der religiösen Innerlichkeit war, aber er huldigte ihm nicht in der Ausschließlichkeit wie das zeitweise sein lyrisches Vorbild Petrarca bei Avignon betrieb. Auch sah er im einsamen Leben auch kein Existenzmodell für seine Mitmenschen.
In einer seiner Predigten zur florentinischen Politik aus dem Jahr 1494 heißt es schon zum Auftakt ganz explizit: „Da der Mensch ein soziales Lebewesen ist, das einsam[1] nicht zu leben vermag, ist es notwendig gewesen, dass die Menschen sich untereinander vereinigten und zusammenfanden, in Städten oder Flecken oder Dörfern, und einen gegenseitigen Zusammenschluss für die gemeinsamen Bedürfnisse aller durchführten.“[2]

Damit greift der philosophisch durchaus gebildete Savonarola auf das aristotelische Paradigma zurück, auf die Definition des Menschen als ein „zoon politikon“, als ein gesellschaftliches Tier und stimmt somit dem heidnischen „Naturphilosophen“ – wie er Aristoteles nennt – in diesem Punkt zu. Seit frühesten Zeiten, seit der Zusammenrottung zur Gruppe, ist der Mensch auf die Gesellschaft angewiesen. Er kann ohne die Einbindung in eine soziale Struktur und ohne den Schutz der Gesellschaft - von wenigen Starken, die sich selbst behaupten, einmal abgesehen - weder existieren, noch gedeihen.




[1] Savonarola, Predigten und Schriften. S. 146. Die Aussage, „Da der Mensch ein soziales Lebewesen ist, das einsam nicht zu leben vermag, ist es notwendig gewesen, daß die Menschen sich untereinander vereinigten“, ist eine eindeutige Paraphrase der Aussagen aus dem „Staat“ des Aristoteles („Politik“), wo es, wie oben ausgeführt heißt: Wer aber nicht in Gemeinschaft leben kann oder in seiner Autarkie ihrer nicht bedarf, der ist kein Teil des Staates, sondern ein wildes Tier oder Gott.“ In: Aristoteles, Politik, Übersetzt und herausgegeben von Olof Gigon. München 1996. S. 50. Das ist die „direkte“ Aristoteles-Rezeption, namentlich eines deklarierten Gegners des philosophiedurchdrungenen „Humanismus“ der Zeit, wie er von den Repräsentanten der Akademie von Florenz (Pico, Ficino) gelehrt wurde. Der gute Aristoteles-Kenner Savonarola kennt natürlich auch die Aussage seines dominikanischen Glaubensbruders, Aristotelikers und großen Gewährmannes Sankt Thomas, nur Gott oder der Teufel könne in Einsamkeit leben – und hält deshalb auch an der Definition des Menschen als „Zoon politikon“ fest.
[2] Ebenda.

8.11. Christliche Ethik als geistige Basis der Staatsform – Contra Tyrannis.

 

Die beste Regierungsform ist nach Savonarolas ethischer Überzeugung die Regierung und Leitung des Staatsgebildes durch ein Haupt, mit dem zentralen Zusatz: wenn dieses Haupt gut ist. „Aber wenn ein solches Haupt böse ist, gibt es keine schlechtere Regierungs- und Herrschaftsform als diese, indem ja das Schlechteste der Gegensatz des Besten ist.“[1]

Dies aber ist die Tyrannis, eine jener entarteten Regierungsformen, die schon in der Antike, vor allem seit Platon, verabscheut und bekämpft wird.

Savonarola beschreibt den Tyrannen in seinen sehr klaren Ausführungen zur Staatstheorie[2], deren letzte Fassung aus dem Jahr 1498 stammt, also kurz vor seiner Ermordung abgeschlossen wurde. Sein Tyrannenbild orientiert sich - die Tyrannis-Kritik der Antike genau kennend - an den Gewaltherrschern seiner Zeit, an Ferdinand von Neapel, Ludovico Il Moro, dem Mäzen Leonardos in Mailand, an Cosimo de‘ Medici, an Cesare Borgia, besonders aber an Lorenzo de’ Medici, den Savonarola - als Sozialkritiker und politischer Reformator - mit völlig anderen Augen betrachtet als die Schöngeister, Literaten, Philosophen und Künstler um Lorenzo herum, und an den er viel schärfere ethische Maßstäbe anlegt, als an den offensichtlichen Verbrecher Cesare Borgia, der es, wie es Machiavelli bezeugt, schaffte, nahezu alle seine politischen Gegner umzubringen.

Für die Mitglieder der philosophischen Akademie von Florenz, für Ficino, Picooder Angelo Poliziano war der Erlauchte in erster Linie ein Freund und Förderer, ein Sohn der Sonne, ein Freigeist, liberal und tolerant, ein Mäzen Michelangelos und anderer Künstler, ein Apologet des Schönen überhaupt, der geschickte Diplomat und erfolgreiche Geschäftsmann, der alle seine Tugenden und Fertigkeiten einsetzte, um über den Erhalt des Hauses Medici die Stadt und die Region Florenz zu stärken.

Für Savonarola hingegen war Lorenzo nicht der Dichter, der melancholische Sonette schrieb, sondern lediglich der Erbe und Fortführer einer Dynastie selbstherrlicher Fürsten, die mit Cosimo durch Gewalt an die Macht gekommen war, die auf ihre Weise Terror ausgeübt, politische Gegner ermordet und Missliebige in die Einsamkeit der Verbannung geschickt hatte.

Ungeachtet seiner Nähe zur Welt der Künste und der Akademie und seines Dichtertums sah der Prediger in Lorenzo dem Erlauchten vor allem einen im politischen Alltag rücksichtslosen Despoten, einen selbstherrlichen Machtmenschen, der, zurückgezogen in die Einsamkeit seines „mundus aestheticus“[3], die eigenen Bürger mied, dafür aber Fremde bewirtete und für diese rauschende Dionysien veranstaltete.

Lorenzo war für ihn schlechthin der Tyrann, der sich das nahm, was er wollte und dabei zahlreiche Menschen ins Unglück stürzte. Er verkörperte gar den skrupellosen, jenseits der Moral agierenden „Principe“, der sich möglicherweise nur als Kunstmäzen betätigte, um sein schlechtes Gewissen zu beruhigen.



[1] Savonarola, Predigten und Schriften. S. 1.
[2] Savonarola, Predigten und Schriften. S. 171ff.
[3] Das verklärte Lorenzo de‘ Medici-Bild der Nachwelt erinnert in manchen Zügen an die Stilisierung des „Algabal“ in der Poesie Stefan Georges, der seinen idealisierten und ästhetisierten Protagonisten ebenfalls in eine realitätsferne Welt des „Schönen Scheins“ versetzt.



8.12. „Der Tyrann“ trägt „alle Sünden der Welt im Keim in sich“ - Melancholie als Krankheit: Savonarolas Typologie, Definition und Phänomen-Beschreibung des Renaissance-Macht-Menschen und das Primat des Ethos im Leben und im Staat.

 

In seiner Unterscheidung zwischen Gut und Böse fragte Savonarola nie danach, wer einer war, sondern immer nur, wie einer lebte: Der Lebenswandel, die Taten zählten – und dies bei Papst Alexander VI. ebenso wie bei Lorenzo de‘ Medici.
Savonarola schreibt in seinen staatstheoretischen Ausführungen, die als Kommentare und Verdeutlichung seiner oft entstellt wiedergegebenen Predigten angesehen werden können, zu diesem Thema:

„Tyrann ist der Name eines Menschen von üblem Lebenswandel, des schlechtesten unter allen andern Menschen, der mit Gewalt über alle herrschen will, und besonders, wenn er sich vom Bürger zum Alleinherrscher aufgeschwungen hat. Darum ist als erstes zu sagen, dass er hochmütig ist, indem er sich über seinesgleichen erheben will, vielmehr über die, die besser sind als er, und über die, denen er unterworfen zu sein verdiente: und daher ist er neidisch und betrübt sich über den Ruhm anderer Menschen, und besonders seiner Mitbürger; und er kann es nicht leiden, andre loben zu hören, wenngleich er es oftmals verhehlt und mit Qual im Herzen zuhört; und er ist froh, wenn der Nächste geschmäht wird, so sehr, dass er jedermann getadelt wissen möchte, damit er allein glorreich dastünde. Und wegen der schweren Wahngedanken, Depressionen und Ängste, die stets innerlich an ihm nagen, sucht er Genüsse wie Medizin für seine Niedergeschlagenheit: und darum findet sich selten – oder vielleicht niemals – ein Tyrann, der sich nicht wollüstig den fleischlichen Genüssen hingibt. Und weil er ohne eine Menge Geld nicht auf die Dauer imstande ist, sich die Vergnügungen zu verschaffen, die er wünscht, muß er folgerichtig in ungeordneter Weise nach Besitz begehren: daher wird jeder Tyrann zum habsüchtigen Räuber, denn er reißt nicht nur die Herrschaft an sich, die dem ganzen Volk gehört, sondern er nimmt auch das Gemeindevermögen weg, noch zu dem dazu, was er von den einzelnen Bürgern begeht und wegholt, mit dunklen Geschäften, auf verborgenen Wegen und manchmal ganz offensichtlich. Und aus diesem folgt, dass der Tyrann alle Sünden der Welt im Keim in sich trägt.“[1] 

Thomas von Aquin hatte die „Acedia“ oder „Tristitia“ als die Hauptsünde ausgemacht, als die Quelle und Mutter aller Laster, aus der alle anderen Sünden hervorgehen. Savonarola, der die Schriften dieses Meister-Scholasten besonders gut kennt, namentlich die „Summa theologiae“, lehnt sich - auch in diesem Punkt - an Thomas an und identifiziert den Tyrannen als den Träger dieses sündhaften Keims.




[1] Savonarola, Predigten und Schriften. S. 180f.




8.13. Genies des Bösen – Lorenzo de’ Medici und der Borgia-Clan.


Der hier von Savonarola beschriebene Tyrann, als dessen Prototypen in der römischen Geschichte vor allem Caligula und Nero gelten können, ist der Melancholiker überhaupt, dem letztendlich nur der Wahn bleibt. Dieser sündhafte, mit allen Lastern der Welt ausgestattete Tyrann, zieht sich in die Einsamkeit der Macht zurück und verfällt in ihr im Misstrauen und Weltekel der Vereinsamung, der krankhaften Melancholie, hinter welcher nur noch Verzweiflung und Wahn lauern.

Der Tyrann in der höchst luziden Umschreibung Savonarolas kommt dem antiken Machtmenschen in der Auffassung der Sophisten sehr nahe. Er steht für das rücksichtslose Individuum, das sich nimmt, was es will, welches aber – im Gegensatz zum ähnlich gelagerten, doch schöpferischen Renaissance-Künstler, aus der Negativität heraus agiert. Sein Hauptcharakterzug ist die Hybris, die Verstiegenheit oder, christlich gesprochen, die Sünde, aus der dann Laster und Krankheiten entspringen. Dieser Melancholiker-Typus hat nichts mehr mit dem illustren Menschen zu tun, mit dem Genie in der Auffassung von Aristoteles, mit dem verklärten Feingeist, der sich in Savonarolas Umfeld der Akademie von Florenz noch höchster Wertschätzung erfreut – nein: Er ist das Gegenteil davon, er verkörpert das Genie des Bösen.
Das Los aller Diktatoren und Usurpatoren bis hin zu den finstern Gewaltherrschern[1] totalitärer Systeme im 20. Jahrhundert ist letztendlich der Verfall in weltabgewandtes, die Realitäten verkennendes Irresein. Tyrannen, Usurpatoren und Diktatoren der Neuzeit werden - mit zunehmender Isolation - von Wahnvorstellungen regiert, die oft Verbrechen in kaum noch nachvollziehbaren Dimensionen auslösen. Neben einer Fülle negativer Eigenschaften vereint dieser Typus des Melancholikers eine Reihe charakteristischer Symptome in sich: Depressionen, schwere Wahngedanken, Ängste und die Niedergeschlagenheit, alles Merkmale, die das Phänomen der Melancholie aus psychopathologischer Sicht umschreiben.

Fast hat man das Gefühl, Savonarola konnte das geheime Schrifttum seines Landsmannes Petrarca nicht nur gekannt, sondern sogar intensiv studiert haben, denn das, was er als Mann Gottes anklagend zu Protokoll gibt, findet sich, wie oben dargestellt, in Petrarcas „Secretum“ wieder, in einem geheim gehaltenen, ja vor der Welt versteckten Werk.
Bemerkenswert: Auch Savonarola akzentuiert den Aspekt der Wollust als – an sich ungeeignetes Mittel der Melancholie-Bewältigung und Therapie. Wie schon Savonarolas philosophischer Konterpart Ficino am Fall des Epikureers Lukrez darlegte, versucht der Melancholiker sein Leiden zu überwinden, indem er sich übermäßig in die Fleischeslust stürzt. Das sieht der asketisch lebende Prediger und Purist Savonarola ähnlich, wenn er in seiner Beschreibung des Tyrannen als Melancholiker ein weiteres schattenhaftes Lorenzo-Bild wachruft, das Bild des Lasterhaften, das dieser im Bewusstsein seiner Zeitgenossen verkörperte: „libidinoso e tutto venereo“, nämlich das des „Wollüstigen“, ja des „Wüstlings“, der sich – als „usurpatore della roba“ - zur bloßen Triebbefriedigung - und ohne Rücksicht auf den betroffenen Menschen – mit Gewalt das nimmt, was er begehrt.

Teilweise schwebt dem Zeit- und Religionskritiker Savonarola aber auch das moralisch verheerende Beispiel des Borgia-Clans vor, namentlich des Cesare Borgia, der – neben seinen vielfachen Verbrechen – auch noch den Kardinalshut trug sowie das noch verwerflichere Image des Borgia Papstes, des angeblichen Päderasten Alexander VI. – „lussurioso in ambo“, der als geistlicher Fürst und Oberhirte in den Augen eines strengen Gläubigen noch viel tiefer gesunken war als der weltliche Herrscher und Fürst Lorenzo de’ MediciBeide Machtfiguren der Renaissance- und Reformationsepoche, der weltliche Fürst ebenso wie der geistliche Führer, haben eine hohe moralische Vorbildfunktion inne, der sie nicht gerecht werden. Bei Borgia, den Savonarola noch in seiner letzten Predigt indirekt als Sohn der Wollust bezeichnet, ist dies aber umso schlimmer, da er nicht nur eine politische Einheit, ein Fürstentum oder einen Staat repräsentiert, sondern das geistige Oberhaupt der gesamten Christenheit darstellt. Mit der hier eindeutig vorgenommenen Festlegung des Tyrannen auf eine krankhafte Melancholie verschiebt sich die Melancholie-Auffassung der Zeit stark ins Negative. Als Negativcharakteristikum stellt sie einen neuen Aspekt dar. Melancholie ist jetzt nicht mehr das Kennzeichen des genialen Individuums, kein Phänomen, das man auch noch lieben und verherrlichen kann, sondern das Stigma des Tyrannen, des Diktators, des Verbrechers: Der Gewaltherrscher erscheint nun als der große Einsame, der, je mehr in der Hierarchie der Machtvervollkommnung steigt, umso weltfremder und einsamer wird.

Mit der Verknüpfung von Negativmelancholie und Tyrannis ist ein Typus definiert, den die Literatur der kommenden Jahrhunderte noch stärker herausarbeiten wird. Beginnend mit den großen Einsamen Shakespeares führt die Gestaltung des Themas bis in die französische Literatur des 20. Jahrhunderts, die sich im geistigen Umfeld der Existenzphilosophie ausbilden wird.





[1] Verwiesen sei hier lediglich auf die größten Verbrecher der Menschheitsgeschichte, auf Hitler und Stalin, paranoide Gestalten, die im Verlauf ihres Lebens immer einsamer wurden und allen misstrauten, die um sie waren.




8.14. Thomasso Campanellas idealer Gegenentwurf zum Typus des Tyrannen in seiner christlich-kommunistischen Utopie „Città del sole“.

 

Das positive Gegenbild zum dekadenten Gewaltherrscher könnte Savonarola in einem Herrschertyp erkannt haben wie ihn Mark Aurel, der Philosoph auf dem Thron, verkörperte; in einem Kaiser oder Principe, der unter Beherrschung seiner eigenen Affekte eine ethisch fundierte Regierungsform umsetzt.

Thomasso Campanella[1], ein weiterer Dominikaner und Zeitgenosse Giordano Brunos – wie Savonarola und Bruno gesellschaftlich geächtet, verfolgt und für lange Jahre in den Kerker geworfen – nutzte sein Leben in der Einsamkeit um in seinem Sonnenstaat „Città del sole“ eine christlich-kommunistische Utopie zu entwerfen, eine Staatsform, die, wie schon bei Platon angestrebt, von erhabenen Priesterphilosophen geleitet wird. An der Spitze dieses Staatmodells sollte ein idealer Papst agieren, ein Oberhirte der Christenheit, welcher sich vom wohl berüchtigtsten Papst der Renaissance und aller Zeiten, von dem lasterhaften Borgia, in extremer Positivität abhob. Im Jesuitenstaat Paraguay wurde dieses Modell bis zu einem gewissen Grad umgesetzt.




[1] Campanella, Thommaso: Philosophische Gedichte, übersetzt und herausgegeben von Thomas Flasch, Frankfurt 1996.


8.15. Golgatha - Traurigkeit und Verlassenheit in der Todeszelle und auf dem Scheiterhaufen.


Frate Girolamo kannte aber auch noch eine andere Form der Melancholie, eine individuelle und existenzielle. Schließlich war er sowohl als charakterlicher wie als religiöser Melancholiker mit den negativen Auswirkungen der Phänomene gut vertraut. Die beiden Predigten seiner letzten Tage und Stunden „Miserere mei, Deus“ und „In te, Domine, speravi“ zeugen davon.

In den letzten Tagen vor seiner Ermordung durch seine päpstlichen Henker und deren Helfershelfer aus der florentinischen Bürgerschaft, muss der Prior die einsame Zelle im Kloster von San Marco gegen eine noch einsamere Gefängniszelle eintauschen. Diese letzte Station unfreiwilliger Isolation wird, wie ihm bald bewusst werden sollte, zugleich seine Todeszelle sein. Systematisch gefoltert, physisch wie psychisch gequält und gedemütigt, durchlebt Savonarola in jener engen, dunklen Haftzelle eine Reihe von existenziellen Grenzsituationen, in welchen sich immer wieder tiefe Heimsuchungen von Melancholie, Verlassenheit und naher Verzweiflung einstellen.