Entwurf:
Wie viele es doch gab! Man muss
ich nur die Liste der exekutierten Verschwörer des 20. Juli-Attentats ansehen,
um auf die 170 Personen zu kommen, die entschlossen mitwirkten. Eine enorme
Zahl – und das in einer repressiven Diktatur, wo man um das eigene Leben
fürchten muss und um den Fortbestand der Sippschaft.
General von Manstein oder General
von Kluge ließen den Oberstleutnant von Stauffenberg abblitzen! Sie hatten
einen Eid auf den Führer geleistet und wollten nicht – von diesem abfallend –
zu Hochverrätern werden. Anders andere prominente Namen, Feldmarschall vom
Witzleben, Feldmarschall Rommel, die Generäle Beck, von Stülpnagel, von
Treskow, zahlreiche Obristen, allen voran Stauffenberg, bereit zu handeln, die
eigene Existenz und das wohl der Familien in die Waagschale zu werfen, zu
opfern für höheren Zweck – auch über Verschwörung und Attentat: im – religiös
wie moralisch gerechtfertigten - Tyrannenmord
Viele deutsche Offiziere, in der
Regel Aristokraten, vor allem aber Aristokraten des Geistes und edler
humanistischer Gesinnung, mussten nicht erst überzeigt werden. Sie sahen die
Entwicklungen wie von Stauffenberg, der offene Türen einrannte. Sie schlugen
ein und wirkten mit – aus Einsicht, aus Überzeugung, Einzelne fest
entschlossen, den Diktator zu töten, und das, ohne später zu wanken oder gar
Verrat zu begehen und – nach Folterqualen im Gestapo-Verhör andere Mitwirkende ans
Messer zu liefern.
Das spricht für die hohe Moral in
der Truppe – und man wundert sich, wenn einige aus diesem erlauchten Kreis der
Freien, selbst in Bundesehrkreisen als Verräter angesehen wurden. Nach den
vielbelegten Verbrechen des Führers - vor allem gegen das eigene Volk – hatten
sie sich von dem auf den Führer geleisteten Eid diesem losgesagt, um Nation zu
dienen, dem deutschen Volk, nicht einem finsteren Diktator im Wahn aus dem
zerstörerischen Weg in den Untergang. Das eigene Leben wurde dem höheren Wert,
dem Wohl und den Fortbestand der Nation, geopfert, dem edlen Endzweck – und
somit wurde eine Maxime umgesetzt, die der edle Moralist Henning von Tresckow
für sich und für ähnlich denkende auf den Punkt gebracht hat.
Publiziert aus aktuellem Anlass als
Entwurf:
Wann erfuhren ein Stauffenberg,
ein Treskow von den Kriegsverbrechen, von der Endlösung? Sehr, sehr spät,
konstatiert es Wolfgang Venohr in seinem Werk über den bekanntesten
aller Widerstandskämpfer, nicht anders als tausend andere Kämpfer an den
Fronten in Ost und West, die nichts gewusst haben wollen wie das Gros der
Deutschen überhaupt. Als einer, der aktiv mitgekämpft hat, namentlich in der
Waffen-SS, und
der nur selbst weiß, ob er sich in Schuld verstrickt hat oder nicht, reinigt
dieser Soldat sich selbst, indem er relativiert, negiert, beschwichtigt. So,
wie er sich selbst sehen möchte, untadelig, tapfer, patriotisch, so sieht er
auch sein Thema und stellt es entsprechend idealisiert dar. Berühmte Generäle
werden es ebenso halten in den Memoiren.
Die „Endlösung“ in den
Vernichtungslagern, vor allem in Auschwitz, vollzog sich – als Geheimaktion
konzipiert – in der Tat fern von den Augen der Bevölkerung, still und leise,
während auch die bis zu einem gewissen Grad informierten Alliierten wegsahen.
Trotzdem: die Deportationen der
jüdischen Bevölkerung aus vielen deutschen Städten erfolgten bereits 1941/42.
Jedermann konnte dem Abtransport – oft am Morgen oder am helllichten Tag –
zusehen und sich darüber Gedanken machen, wohin man die Mitbürger verbrachte
und was aus den ins ferne Ausland Deportierten wurde.
Können Täter wahrhaftig über
das Schicksal ihrer Opfer schreiben?
Publiziert aus aktuellem Anlass als
Entwurf:
In seinem Buch über Stauffenberg,
in welchem er mit linken wie rechten Mythen rund um den Widerstandskämpfer und
Hitler-Attentäter angeblich aufräumen will, stellt Wolfgang Venohr,
seinerzeit eine Art Bestseller-Autor und Stern-Chefredakteur, lapidar fest:
Hitler habe den Antisemitismus
aus den Armenvierteln Wien nach Deutschland eingeschleppt.
Basta! Wie so manches in dem
Buch, in welchem der Autor - nicht immer ganz redlich und wahrhaftig - Problematisches
aus nationalkonservativer Sicht kleinredet und rechtfertigt, macht er es ich
mit der Erklärung, die eigentlich keine ist, nur eine postulierte Meinung, sehr
einfach.
Vergessen oder absichtlich
ignoriert werden dabei die antijüdischen Pogrome, die es auf deutschem Boden
gab, noch bevor ein deutsches Reich existierte und die bis ins 19. Jahrhundert
hinein anhielten, die Reichskristallnacht von 1938 geistig vorbereitend.
Wie immer wieder von mir
hervorgehoben: die antijüdischen Ausschreitungen waren von Anfang an nicht
nationalistisch motiviert, sondern christlich. Der abendländische Christ
ging – überall in Europa, wo Juden existierten – gegen die Christusmörder vor,
gegen Kindesmörder, die aus fanatisch-religiöser Sicht Heiden waren und somit
nicht besser als andere Heiden oder als die ebenfalls wie Vogelfreie verfolgten
„Zigeuner“.
Der europäische Antisemitismus
ist also kein junges, neuzeitliches Phänomen, ausgelöst von der
kapitalismuskritischen Reaktion auf das Gebaren der steinreichen und somit
politisch einflussreichen Rothschilds getragen von den Ressentiments der
Kleinbürger hier und dort, sondern ein sehr altes, das bis in die Zeiten des
Alten Testaments zurückreicht, in die Tage vor Christus, in welchen ein Gott,
der Gott der Juden, gegen Gegengötter ankämpft.
https://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Venohr
Der Streifen - mit dem
Scientology-Apologeten Tom Cruise
in der Hauptrolle - hat die Szene gut eingefangen: Goebbels überreicht Remer
den Hörer – und Remer erkennt die Stimme seines Führers am Ende der Leitung in
der Wolfsschanze, wo Hitler das Stauffenberg-Attentat – mit
viel Glück und satanischem Beistand – überlebt hat.
Remer, zackig und entschlossen,
ein deutscher Offizier eben, der intuitiv weiß, worauf es ankommt. Eine Schlüsselsituation,
die den Verlauf der deutschen Geschichte nachhaltig verändern kann, zum Guten
hin oder auch zum fortgesetzten Walten des Bösen.
Der Handelnde von damals, der das
tat, was die Anweisungen vorsahen, der Held oder der Anti-Held, stand nun vor
mir, als alternder, doch noch nicht gebrochener Mann, sein jüngstes Werk in
der Hand, die Beschreibung der Tat von damals und der Zeit – aus seiner Sicht.
Was hat Hollywood aus dem
großen Stoff gemacht?
Mehrfach sah ich mir den Streifen
an, im Kino, gleich nach dem Erscheinen in Deutschland, später dann, im
Fernsehen, immer wieder über die Schlüsselsituation nachdenkend, über den – unpolitischen
- Offizier, der nur und ausschließlich seine Pflicht tut und über das
Individuum, das, obwohl auch Offizier und Patriot, ab einem bestimmten Punkt
zum Widerstandskämpfer wird.
Claus von Stauffenberg hat, was
oft vergessen wird, das eigene Leben der Sache der Nation, untergeordnet; ja,
er hat selbst das Vaterland, das „Heilige Deutschland“, das Los der
Gattin und der vier Kinder dem Fortleben der deutschen Nation in Würde, Ehre
und Freiheit untergeordnet und seinen Opfergang angetreten!
Was trieb ihn letztendlich an: Idealismus,
der Glaube an den neuen Menschen im neuen Reich, Fanatismus, persönlicher Ehrgeiz,
was ihm, dem „Heißsporn“ von Feiglingen, die untätig blieben später unterstellt
wurde? Oder die Einsicht in die Notwendigkeit?
Was Claus von Stauffenberg, der in
Generalstab an der Quelle saß und bei dem alle Nachrichten von der Front mit
den nackten Fakten zusammenliefen, wusste, was er, der vom Gewissen bestimmte
Willensmensch ahnte und fühlte, wurde von einem Remer und anderen, die sich
noch an den auf den Führer geleisteten Eid gebunden fühlten, verdrängt, in
missverstandener Loyalität und einem fehlinterpretierten, fanatischen und kritisch-sturen
Patriotismus.
War Remer, so handelnd, wie er damals
handeln musste, deshalb ein Schuft, ein Verräter an der höheren Sache
Deutschlands? Seinerzeit agierte der überzeugte Nationalsozialist als Offizier
der Wehrmacht; in der Bundesrepublik, blieb Remer bei seinen Überzeugungen und
machte politisch-missionarisch weiter – als Alt-Nazi und Holocaust-Leugner,
während die Aufrechten aus dem militärischen Widerstand gegen Hitler – bis auf
wenige Ausnahmen
– tot waren.
Immer, wenn Diktatoren ungerechte,
verbrecherische Krieg führen, stellt sich die Frage des „Tyrannenmords“,
auch heute. Ein Spielfilm, der, an Realitäten angelehnt, auch Fiktion ist, kann
anregen, das Gewissen wachrufen, inspirieren. Handeln jedoch müssen Einzelne,
Individuen für ihr Volk, wenn diese moralisch weiterbestehen und ein e Zukunft
haben soll. Darüber sollten vielleicht auch die Russen einmal nachdenken.
Vgl. auch:
Sie starben,
damit Deutschland leben kann
und eine Zukunft hat -
Zum 20. Juli 1944,
Erinnerung:
Allein in der Gedenkstätte Plötzensee,
Hommage,
Dem deutschen Widerstand gegen die
Hitler-Diktatur -
In Stuttgart
In Stuttgart
http://de.wikipedia.org/wiki/Gedenkst%C3%A4tte_Pl%C3%B6tzensee
Foto: Carl Gibson
Krematorium im ehemaligen KZ Buchenwald bei Weimar -
zuerst wurden im "Land der Dichter und Denker" Bücher" verbrannt ...
und dann ...
verbrannten "Richter und Henker"
Menschen.
Memento!
(Auszug aus dem Werk: Carl Gibson, Symphonie der Freiheit. Widerstand gegen die Ceausescu-Diktatur. 2008.)
Allein in der Gedenkstätte Plötzensee
Es lebe die Freiheit!
Hans Scholl
Der sittliche Wert eines Menschen beginnt erst dort, wo er bereit ist für seine Überzeugung sein Leben hin zu geben.
Henning von Tresckow am 21. Juli 1944.
Es
ist Zeit, dass jetzt etwas getan wird. Derjenige allerdings, der etwas
zu tun wagt, muss sich bewusst sein, dass er wohl als Verräter in die
deutsche Geschichte eingehen wird. Unterlässt er jedoch die Tat, dann
wäre er ein Verräter vor seinem eigenen Gewissen.
Claus Schenk Graf von Stauffenberg
Es
gibt Orte, wohin man nicht gerne geht, weil einem das eigene schlechte
Gewissen im Wege steht; Orte des Grauens, vor denen man zurückschreckt,
wenn man sich den Terror vergegenwärtigt, der von ihnen ausging.
Vergessen
wird dabei, dass es auch Orte sind, wo die Würde des Menschen, der
Anstand und die sittliche Haltung am greifbarsten werden, trotz des
Schreckens. Ein solcher Ort ist die Gedenkstätte Plötzensee; ein
ehemaliges Gestapo-Gefängnis, in welchem in ganz kurzer Zeit nahezu
dreitausend Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus und die
Hitlerdiktatur in menschenverachtender Weise hingerichtet wurden,
darunter illustre Charaktere, die heute das Gewissen der Nation
verkörpern und das bessere Deutschland repräsentieren.
Dorthin
wollte ich allein gehen. Es wurde ein individueller, ein aufwühlender
Gang, denn das eigene Gehirn hatte vieles noch nicht bewältigt. Als ich
nach Deutschland kam, kam ich aus einer langen Auseinandersetzung mit
der deutschen Geschichte. Sie hatte meinen Werdegang deutlich
mitgeprägt. Und ich kam aus einer Widerstandsbewegung gegen ein
totalitäres System. Nur bewältigt war noch gar nichts. Dafür waren die
historischen Abläufe zu vielschichtig und zu komplex. Mir fehlte die
geistige Durchdringung der Gesamtmaterie und noch mancher historische
Baustein, um die Abläufe im deutschen Widerstand gegen Hitler bis hin
zum Attentat am 20. Juli ganz zu verstehen. Einiges hatte ich mir
bereits erarbeitet.
Mit
unbestimmtem Grauen betrat ich die Anlage - als ein Eingeweihter in
Sachen Menschenvernichtung. Sie hatte etwas von einer Schlachtbank, die
an den Großen Terror während der Endtage der Französischen Revolution
erinnerte. Die Guillotine, deren Anschaffung Hitler persönlich angeregt
hatte, um das systematische Abschlachten von Menschen in industrieller
Weise zu ermöglichen, war nicht mehr zu sehen. Sie war entfernt worden,
um die Empfindungen der Nachwelt zu schonen. Nur die Haken waren noch da
an einem Stahlträger – wie in einer Metzgerei – an denen die edelsten
Köpfe der Nation aufgehängt worden waren, beim Kerzenschein und selbst
in der Nacht, während draußen Bomben fielen.
Nun
stand ich stand da, nach Jahrzehnten, und schaute in einen Raum, in dem
es nichts zu sehen gab bis auf wenige Symbole des Schreckens, die zum
Nachdenken anregen sollten, erfüllt von Bitterkeit und Grausen.
Biographien einiger der Opfer rollten vor mir ab, individuelle
Leidensgeschichten, Einzeltragödien mit Namen, deren Wohlklang ich schon
im fernen Temeschburg vernommen hatte, ohne Details zu kennen; Namen
aus dem Umfeld des Kreisauer Kreises und aus dem militärischen
Widerstand gegen Hitler. Während ich starr da stand und stumm ins Leere
blickte, drängten sich mir spärliche Bilder auf, verschwommene, vom
Gehirn künstlich zusammengefügte Szenen aus dem Leben jener Charaktere,
die hier hingemordet worden waren, nachdem sie ein perverses
Polittribunal unter Rechtsbeugung im Schnellverfahren zum Tode
verurteilt hatte.
Berthold Graf von Stauffenberg war in diesem Hinrichtungsschuppen würdelos erhängt worden; und mit ihm Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg und Korvettenkapitän Alfred Kranzfelder, nachdem der so genannte Volksgerichtshof ihnen einen schnellen Prozess gemacht und sie abgeurteilt hatte.
Ein
kurzer Prozess? Leider wusste ich, was das war – den ich hatte selbst
einen erleben müssen, mit glücklicherem Ausgang! Kein echter Vergleich –
aber eine Ahnung davon.
Claus Schenk von Stauffenberg war
bereits am 20. Juli – nach dem Scheitern des Attentats auf den Diktator
Hitler – von einem Erschießungskommando in Berlin erschossen wurden.
Mit ihm starben auf die gleiche Weise seine Mitverschwörer Albrecht Mertz von Quirnheim, Friedrich Olbricht und Hans-Bernd Haeften. Viele weitere Widerstandskämpfer folgten. Bevor Claus von Stauffenberg erschossen worden war, hatte er noch ausrufen können: Es lebe das geheiligte Deutschland!
Jetzt stand ich an der Stelle, wo Ströme Blut geflossen waren – so lange, bis die Guillotine versagte.
Dann wurde gehängt, makaber im Schein der Fackel.
Im
Licht der Bombenfeuer und im Kampfgetöse des Zusammenbruchs waren die
aufrichtigsten und wahrhaftigsten eines Volkes einfach aufgeknüpft
worden wie Strolche und Tagediebe im rechtsfreien Raum!
Viele
Unbeteiligte ahnten nichts davon. Viele Informierte blickten weg.
Manche sahen zu. Und manche agierten, blind, fanatisiert oder aus reiner
Bosheit heraus. Dass sich immer Menschen fanden, die bereit waren,
andere Menschen umzubringen, einfach hinzumorden … Der Mensch – die
Krone der Schöpfung? Und das im Volk der Dichter und Denker?
Wie
dünn war das kulturelle Substrat wirklich? Wann wurde der Mensch zur
Bestie? Auch darüber hatte ich bis zum Exzess, bis zur Grenze der
Verzweiflung räsoniert, ohne eine Antwort zu finden.
In meiner Rückschau sah ich Helmuth James Graf von Moltke, den aufgeklärten Urgroßneffen des preußischen Feldherrn, der auf seinem Gut in Schlesien den Kreisauer Kreis begründet
und am Leben gehalten hatte. Sein Tun war auf ein demokratisches
Deutschland nach Hitler gerichtet. Und er handelte, vom Gewissen getrieben. An einem dieser Haken vor mir musste er unwürdig sterben.
Dann sah ich Adam von Trott zu Solz, den
Spross einer alten Diplomatenfamilie, der bereits 1939 im Widerstand
agierte und als Diplomat in London und New York um Kontakte zu den
dortigen Regierungen bemüht war, aber überhört wurde. Weder in England,
das, wie man heute weiß, damals vor der Münchner Konferenz den Krieg
noch hätte verhindern können, wenn es Hitler mit einer Kriegsandrohung
Einhalt geboten hätte, noch in Amerika war er ernst genommen worden.
Vielleicht, weil er sehr früh opponierte. Aber verhöhnt wurde er und
zynisch abgewiesen, als die Logik des Krieges ihrer Autodynamik verfiel.
Also flog er auf und musste hängen, weil das Unrechtssystem der Braunen
Diktatur es so befahl.
Und ich sah Peter Graf Yorck von Wartenburg und Hans von Dohnanyi,
zwei andere konservative Intellektuelle, Widerstandskämpfer frühester
Stunde, die sterben mussten, damit ein kranker Diktator weiter leben und
im Endkampf nochmals Millionen Menschen in den Tod schicken konnte.
Weiter sah ich vor meinem geistige Auge Carl Friedrich Goerdeler, den aufrechten konservativen Politiker und Widerständler, gedemütigt vor dem Volksgericht stehen, einem schreienden Richter Freisler ausgeliefert, der mit der gleichen Dämonie schrie wie Hitler geiferte.
Goerdeler
sollte nach Hitlers Sturz der künftige Reichskanzler sein. Da, wo ich
jetzt stand, wurde er enthauptet, nachdem seine schon angefertigten
Minister-Listen den Schlächtern weitere Opfer ans Messer geliefert
hatten. Wie gut, dass unsere Liste nicht gefunden worden war. Listen,
das sind oft Todeslisten ….
Die
Reihe der aufrechten Charaktere, die nur an dieser Stelle von
Verbrechern hingemordet wurden, fern von Recht und Gesetz, fern von
Gnade, wollte kein Ende nehmen. Es gab doch aufrechte Deutsche, die,
ihrem Gewissen folgend, in schwerer Zeit das Richtige taten. Manche von
Anfang an; andere wie die Hitlerattentäter Henning von Tresckow und
Claus von Stauffenberg später, nachdem die Menschheitsverbrechen, die
aus der Logik des Krieges resultieren, die verbrecherischen
Führerbefehle aus dem Bunker und der befohlene Mord an Frauen und
Kindern nicht mehr zu rechtfertigen waren. Aber sie handelten aus
höherer Einsicht und von wahrer Verantwortung für Volk und Vaterland getrieben!
Die
Tat Stauffenbergs hatte mich immer schon beschäftigt; schon damals, als
unser kleiner Widerstandskreis sich formierte, in den Tagen der
Untersuchungshaft und in den langen Nächten des Gefängnisaufenthalts.
Jetzt war ich hier am Ufer der Spree in Plötzensee, am Ort des Geschehens. Hier war, Stunden nach dem Attentat, die Operation Walküre angelaufen,
der Auftakt zu einem Staatsstreich, der ein demokratisches und freies
Deutschland begründen sollte. Eine Reihe ungünstiger Zufälle und
befehlsblinde Offiziere - wie der von Hitler zum Generalmajor beförderte Ernst Otto Remer, dem ich bald darauf unter anderen Umständen begegnete - führten zum Scheitern des letzten großen Aufbegehrens für Freiheit und
Gerechtigkeit. Während Revisionisten wie Remer, der die
Widerstandskämpfer um Graf von Stauffenberg öffentlich als
Vaterlandsverräter bezeichnet hatte, Hetze und Hass verbreitend
weiterlebten und bis ins hohe Alter hin der weltanschaulichen Haltung
ihrer persönlichen Glanzzeit treu blieben, mussten die eigentlichen
Widerstandskämpfer und mit ihnen ungezählte andere aufrichtige Deutsche,
die an dem politischen Umsturz mitgewirkt hatten, ihr Leben lassen,
während ihre Familien in Sippenhaft genommen und lange diskriminiert
wurden. War das gerecht? Nach Remers Putschvereitelung forderten die
kommenden Monate des fortgesetzten Krieges an allen Fronten mehr
deutsche Opfer als die Kriegsjahre seit dem Ausbruch.
Etwas
von dieser schier unbegreiflichen Tragik rollte in meinem Gedächtnis
ab, nach Szenen, die ich aus Büchern kannte, aus Dokumentationen und vom
Bildschirm. Viel Mut war bewiesen worden in einem Aufstand des
Gewissens gegen massives Unrecht: Ich sah Trott zu Solz’ entschlossene
Selbstbehauptung gegenüber dem Scheusal Freisler, und sah, wie Erwin von Witzleben von derselben Bestie in Robe niedergeschrien wurde.
Das
Bildnis Dietrich Bonhoeffers einsam in der Zelle sitzend, drängte sich
mir auf, ein Christ vor Gott, in Gebete, in Verse vertieft, Zeilen eines
geistigen Vermächtnisses aufsetzend, den Blick voller Zuversicht zum
Himmel erhoben.
Miserere domine!
Und dann hörte ich erneut, klar wie die Posaunen von Jericho, die leitmotivische Mahnung des Claus von Stauffenberg:
Es lebe das geheiligte Deutschland!
An diesem Ort verblutete das andere Deutschland;
seine Edelsten und Besten ließen hier ihr Leben im bewussten Opfergang
für das gesamte deutsche Volk, um ihm, dem geopferten Phönix, nach dem
Zusammenbruch eine Reinwaschung zu ermöglichen von den
Menschheitsverbrechen, in die es der dämonische Diktator Hitler gestürzt
hatte und ein österliches Wiederauferstehen.
Doch
war Stauffenbergs Tat repräsentativ für den deutschen Widerstand gegen
Hitler kein letztes müdes Aufbäumen kurz vor dem Untergang, als das
Gewissen gegen das maßlose Unrecht und Leid aufbegehrte, sondern eine
bewusste Gegnerschaft, ein luzider Widerstand gegen ein totalitäres
System, der von frühester Stunde an da war und konsequent durch gehalten
wurde – bis in den Tod.
Foto: Carl Gibson
Die Dichter und Denker blicken oft weg, wenn Urecht geschieht - damals ...
und heute?
Es entspricht nicht der historischen Wahrheit, wie vor allem im Osten Europas immer wieder behauptet worden war, das gesamte deutsche Volk hätte geschlossen hinter Hitler gestanden,
es hätte seine Aggressionspolitik mitgetragen, sein Hegemoniestreben,
seinen Imperialismus; und es hätte seine Verbrechen gedeckt.
Richtig
ist, dass es aus dem deutschen Volk heraus einen höchst beachtlichen
Widerstand gegen Hitler gab – und dies von Anfang an aus Prinzip, lange
noch bevor die schlimmen Wahrheiten bekannt wurden.
Wie
vom Teufel persönlich beschützt, überlebte der Führer vierzig
Anschläge! Eine makabre Groteske des Zufalls, eine Undenkbarkeit! Und
Ceauşescu, dem wir kleine Dissidenten nichts entgegen zu setzen hatten,
was mit der Operation Walküre vergleichbar gewesen wäre? Keinen!
Doch
vom systematischen Kampf gegen Hitler wusste selbst ich, der historisch
interessierte Europäer, der westliche Medien auswertete, wenn sie
erreichbar waren, im fernen Banat fast nichts.
Erst späte westliche Quellen und die intensive Beschäftigung mit der Materie über Jahre erschlossen mir die volle Dimension des deutschen Widerstands gegen den Nationalsozialismus, der von allen Teilen der Bevölkerung getragen wurde,
vom einfachen Mann aus den Volk wie Georg Elser im Münchner Bierkeller
bis in die Spitzen der Wehrmacht zu Persönlichkeiten wie General Ludwig Beck, dem Gehirn des versuchten Staatsstreichs vom 20. Juli.
General
Beck durchschaute die kriminellen Machenschaften Hitlers schon sehr
früh und setzte seit 1938, also noch vor dem Einmarsch in die
Tschechoslowakei, alles daran, den Widerstand gegen Hitler zu fördern,
um den Diktator von der Macht zu entfernen. Die Generalität unterstützte
ihn – nur England zögerte, als um Mitwirkung angesucht wurde. Wenn wir
euch gegenüber so aufrichtig gewesen wären wir ihr im Gespräch mit uns,
dann hätten Hitlers imperialistische Expansion, der Zweite Weltkrieg und
mit ihm 55 Millionen Opfer vermieden werden können, bekennen die Briten
heute offenherzig. Sie haben ihre moralischen Hausaufgaben inzwischen
fast erledigt und einiges zur Vergangenheitsbewältigung beigetragen.
Auf andere kommt dieser Komplex noch zu – auch auf die Rumänen!
An
dieser matten Stelle in der ehemaligen Reichshauptstadt Berlin starben
für ihr Vaterland – aus einer ethischen Überzeugung und tiefer
protestantischer Gesinnung heraus – innerhalb von Monaten fast
dreitausend Menschen. Unter den Opfern waren auch herausragende
Repräsentanten der militärischen Elite: Erwin von Witzleben und Karl Heinrich von Stülpnagel. Sie opferten ihr Leben für höhere Werte, für Gerechtigkeit, politische Freiheit und Vaterlandsliebe.
Erwin
von Witzleben war als Generalfeldmarschall der ranghöchste Soldat, der
von den Nationalsozialisten ermordet wurde, nachdem sie auch ihn, den
General der noch vor Jahren als erster jene verhängnisvolle Vereidigung
der Wehrmacht auf den Führer durchgeführt hatte, öffentlich degradiert,
vor den Volksgerichtshof gezerrt und in einem schäbigen Schauprozess,
ohne Hosenriemen der Lächerlichkeit preisgegeben, entwürdigt, beleidigt
und gedemütigt hatten.
Foto: Carl Gibson
Das KZ-Gelände von Buchenwald - Locus terribilis,
Ort des Grauens,
Ort des Schreckens,
Ort des Verbrechens,
die Diktaturen mahnen.
Erwin
von Witzleben, dessen Stammbaum bis ins 12. Jahrhundert zurückverfolgt
werden kann, ging bereits 1934 auf Distanz zu Hitler. Die Ermordung
Ernst Röhms auf Befehl Hitlers, wobei Teile der Wehrmacht mit involviert
und somit instrumentalisiert wurden, sowie die ebenfalls von Hitler
angeordneten und öffentlich im Reichstag verteidigten Ermordungen der
Generale von Schleicher und von Bredow bei krasser
Hinwegsetzung über die geltenden Gesetze hatten ausgereicht, um diese
Haltung, die er mit General Beck, General von Stülpnagel, mit Henning von Tresckow und anderen oppositionellen Militärs teilte, herbei zu führen.
Erwin
von Witzlebens Plan, den Usurpator Hitler bereits 1938, also zu einem
Zeitpunkt von der Macht zu entfernen, als Europa noch nicht an allen
Ecken brannte, scheiterte an einem dummen Zufall der Geschichte – an der
Beschwichtigungspolitik der Engländer, am Appeasement Chaimberlains und
dem verhängnisvollen Münchner Abkommen, das die Tschechoslowakei dem
Diktator auslieferte und ihn mit diesem - so genannten diplomatischen -
Erfolg nach innen hin stärkte; der Opposition hingegen jeden Wind aus
den Segeln nahm. General Halder und von Witzleben konnten bei
entsprechender politischer Kulisse ihren Plan, Hitler verhaften zu
lassen nicht durchsetzen. Die späteren Blitzkriegerfolge in Polen und
Frankreich erzielten den gleichen Effekt und zementierten noch den
Mythos der Unfehlbarkeit.
Auch
der gemeinsame Plan General von Stülpnagels, damals Oberkommandierender
der Wehrmacht in Frankreich, und von Generalfeldmarschall Erwin Rommel,
der die Abwehrmaßnahmen einer drohenden Invasion am Kanal koordinierte,
Hitler zu einer Besichtigung der Wehranlagen nach Westfrankreich zu
locken, um ihn dort durch loyale Truppen der Wehrmacht verhaften zu
lassen, scheiterte an einem dummen Zufall. Hitler, der bis dahin immer
wieder Gründe finden konnte, nicht nach Frankreich zu reisen, blieb
endgültig fern, nachdem eine nach England gelenkte V 1 versehentlich im
Abwehrgebiet einschlug.
Foto: Carl Gibson
Hier ermordeten NS-Schergen der Kommunist Ernst Thälmann.
Nach
dem gescheiterten Staatsstreich von 20. Juli nahmen sich General von
Beck, Generalfeldmarschall Rommel, Henning von Tresckow und andere
Mitverschwörer selbst das Leben, nicht zuletzt, um keine anderen Mitwisser in drohenden Verhören zu belasten.
Heinrich
Karl von Stülpnagel richtete seine Pistole an die Schläfe und schoss
sich durch den Kopf. Er überlebte schwer verwundet – und wurde
wahrscheinlich noch von der Gestapo gefoltert bevor er in dieser Halle
an diesem Haken wie ein Strauchdieb erhängt wurde.
Wie
er starb hier, wo meine Füße ruhten, der andere aufrechte Soldat, der
nach einem Umsturz die Führung der Wehrmacht übernommen hätte: Erwin von
Witzleben.
Wie viel menschliche Größe war hier verrauscht, hier vor mir?
Wie
konnte ich alle würdigen und die Erinnerung an ihre altruistischen
Taten wach halten? Und das große Aufbegehren jedes einzelnen Opponenten,
jedes offenen Regimekritikers ins rechte Licht rücken? Die Taten von
Tausenden, die gegen das Unrecht aufstanden und ihr Leben hingaben, um
es zu beseitigen?
Wo war jetzt die heitere Gelassenheit eines Dietrich Bonhoeffer,
der mit Gottvertrauen zuversichtlich in den Tod ging, in der Hoffnung
auf das wahre Leben? Tragische Betroffenheit überkam mich – und ein
spätes Schaudern vor der Dämonie des Bösen, auf die ich keine Antwort
fand.
Wie
viele einfältige Leute hatte ich über das Böse plaudern hören,
philosophisch abstrakt und ironisch wie Mephisto in Faust. Das Böse der
Geschichte war echt und immer noch real. Gleichzeitig spürte ich aber
auch etwas von der Macht des Ethos, das über Jahre aufrechterhalten und
von ganz unterschiedlicheren Charakteren vorgelebt wurde.
An solchen Taten verblasste das eigene Tun.
Doch die Botschaft der Geschichte ist eindeutig – der Mensch muss in jeder Situation am Humanum festhalten und alles menschenmögliche tun, um es zu beschützen. Die Würde des Menschen, Freiheit und Gerechtigkeit sind
Grundwerte, die über allem positiven Recht angesiedelt sein müssen –
auf nationaler wie auf internationaler Ebene. Die Verfassung der
Bundesrepublik ist eine nationale Antwort darauf – die Charta der
Vereinten Nationen die Antwort der Völkergemeinschaft.
Wir
hatten auch einiges erlebt in unserer Auseinandersetzung mit dem
repressiven System einer Diktatur. Doch was waren unsere Erlebnisse
gemessen an der Tragik, die an dieser Stelle kulminierte und im
Vergleich mit dem Grauen in den Konzentrationslagern mit dem
millionenfachen Tod, Leid und Schrecken, der sich im Anonymen und
Namenlosen vollzog?
Das
Böse hatte wieder einmal über das Gute und Gerechte triumphiert. Und
das Feige über Mut und Tapferkeit! Die gesamte Weltordnung schien für
alle Zeiten erschüttert. Wie schwer war es doch, in kritischer Zeit
aufrecht zu gehen?
Vor
dem schweren Gang an den Unort hatte ich mir eine Liste besorgt – schon
wieder eine Liste - mit den Namen der Beteiligten des nationalen
Aufstandes vom 20. Juli 1944, die für die Sache der Freiheit ihr
Leben hingegeben hatten. Darunter waren viele illustre Persönlichkeiten
bis hin zu legendären Gestalten wie Feldmarschall Erwin Rommel. Jede von
ihnen wirkte als Vorbild. Und jede von ihnen verdient eine würdige
Auseinandersetzung. Denn hinter jedem individuellen Einsatz für Freiheit und
Demokratie bei Preisgabe des eigenen Lebens steht eine schwere
Gewissensentscheidung, ein Golgotha-Erlebnis, zu dem in schwerer Zeit
nur die wenigsten Menschen fähig waren.
Noch
einmal sah ich zu den Haken hin und erkannte dort die Gnade meines
Schicksals durch die späte Geburt. Wäre das Baumeln dort am Haken mein
Los gewesen, wenn ich einige Jahrzehnte früher gelebt hätte? Wie hätte
ich mich entschieden? Hätten mein Patriotismus und mein Ethos
ausgereicht, um dort zu hängen?
Berechtigte
Zweifel kamen auf … Wir hatten es einfacher! Wir wussten, wo wir zu
stehen hatten und wo wir standen! Dafür musste ich dankbar sein. Die
Zweifel an der eigenen Festigkeit wurden deutlicher, je mehr ich über
die innere Entscheidungssituation der Widerständler nachdachte. An ihrer
Entschlossenheit verblasste die meine. Als ich ging, ging ich in tiefer
Betroffenheit, doch unerfüllt über den Verlauf der Geschichte.
Auszug aus dem Werk: Carl Gibson, Symphonie der Freiheit. Widerstand gegen die Ceausescu-Diktatur. 2008.
Gedenken in Stuttgart:
Stuttgart
Foto: Monika Nickel
Auf den braunen Totalitarismus folgte der rote - Reste der "Berliner Mauer",
entdeckt:
1000 Kilometer südlich der deutschen Hauptstadt
irgendwo in Südbaden - sie erinnern und mahnen.
Die Opfer der beiden Diktaturen auf deutschem Boden im 20. Jahrhundert sollen nicht umsonst gewesen sein.
Dort, wo die Würde des Menschen bedroht wird, ist Widerstand angesagt - überall, weltweit.
Mehr zum Thema Kommunismus hier:
Carl Gibsons neues Buch
zur kommunistischen Diktatur in Rumänien -
über individuellen Widerstand in einem totalitären System.
Allein in der Revolte -
im Februar 2013 erschienen.
Das Oeuvre ist nunmehr komplett.
Alle Rechte für das Gesamtwerk liegen bei Carl Gibson.
Eine Neuauflage des Gesamtwerks wird angestrebt.
Carl Gibson
Fotos von Carl Gibson: Monika Nickel
©Carl Gibson. Alle Rechte vorbehalten.
Werke von Carl Gibson:
Zur Geschichte des Kommunismus,
zu Totalitarismus
und Menschenrechte
Publikationen des
Instituts zur Aufklärung und Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit in Europa,
Copyright: Carl Gibson
Bloggen – eine undankbare
Angelegenheit: viel Arbeit, praktisch null Resonanz, kein Einkommen!
Wer nicht unbedingt über Hunde
oder Katzen bloggt oder über andere Themen, die in Mode sind und die immer in
Mode sind wie etwa Fußball, wird kaum gelesen werden. Die „offizielle
Meinung“ reicht den meisten Bürgern, während andere, skeptischer, ja sogar
regierungskritischer ausgerichtet, in das Reich der Verschwörungstheorien
flüchten, wo sie auf alles, was nicht mehr stimmt in der bundesdeutschen und
westlichen Gesellschaft, Antworten finden.
Wozu braucht es da noch, quasi
als dritte Kraft, freie Blogger, die sowieso – und in undankbarer Position – in
Konkurrenz zu den vielen Medien stehen?
Wozu braucht es diese
Meinungsvielfalt, die nur verwirrt, die zum Nachdenken zwingt und die irgendwo
– über das Infragestellen offizieller Positionen – den Gang der Dinge im Staat
beeinträchtigt, vielleicht sogar gefährdet, aber nicht aufhält?
Die Blogger, das Salz der Erde? –
Oder doch nur die Versalzer der Suppe, die alles verderben, vor allem die
Spielchen der Nimmersatten, der korrupten Politiker, die sich über Amt und
Mandat im Staat bedienen, die Millionen amoralisch einheimsen, den Hals nicht
vollkriegen können, während auf der Straße Millionen verelenden und verarmen,
obdachlos werden, ohne dass der – von einem sonderbaren „Gerechtigkeitssinn
bestimmte – Staat diesen Entwicklungen abhelfen würde?
Ganz im Gegenteil – durch eine
„wenig vorausschauende“, grottenschlechte Politik wurde diese Fehlentwicklung,
von der vielleicht der freie Blogger einsam in seiner Eckespricht, erst
möglich.
Er legt zwar die Finger in manche
Wunde, zeitkritisch, aktuell – doch wird er nicht gehört werden in der bequem
gewordenen Gesellschaft, in welcher der Einzelne nur noch mit sich selbst
beschäftigt ist und mit Ablenkungen diverser Art, neben dem täglichen
„Brot“-Erwerb, vor allem mit Spielen und passivem Fernsehen, das ihn, selbst
den Elenden in der „Matratzengruft“, auf Information und Nachrichten wartend,
mit Matratzenwerbung berieselt!
Jedem Michel seine Matratze für
einen guten Schlaf – und dazu eine Zipfelmütze aus China!
Bloggen ist zeit- und
arbeitsaufwendig: was ich schreibe und publiziere „verpufft“ sofort, hält sich
nur selten über einen Tag hinaus.
Suchmaschinen werden den
Beitrag nicht aufgreifen, vielleicht, weil er nicht „kommerzieller Natur“ ist,
kein Geld einbringt, keine Umsätze schafft – also wird man ihn auch später
nicht mehr auffinden: die „Wahrheiten“ verklingen so wie die
„Richtigstellungen“.
Höhere Interessen? Prinzipien? Wozu?
Der Wohlstandsbürger der westlichen Welt, immer nur das eigene Vergnügen im
Sinn, will seine Ruhe haben und seinen Spaß. Also lässt sich der Bürger gerne ablenken,
bleibt brav und gehorsam, ohne nach Hintergründen zu fragen, ohne genau
hinzuschauen, was geschieht, ohne kritisch zu überprüfen, was andere für ihn
tun – zu seinem Wohl. Das Staatsfernsehen mit staatlichen Akteuren der
handverlesenen Art leistet dabei gute Dienste.
Blogger sind gefährlich!
Weil das so ist, haben die großen
Diktaturen der Welt ihre Völker vom Internet abgeschottet, ihre Staaten
dichtgemacht für das Internet überhaupt, die Muslime-Führer im Iran ebenso wie
das China des Xi Jinping, wo man die absolute Kontrolle über die Beherrschten
nicht aufweichen, gar aufheben will.
Putin hingegen hat das
Abwürgen des Internets noch nicht ganz geschafft: es ist so, wie ich es mir schon am Anfang
des Krieges ausmalte (und deshalb auch mehrere Monate lang täglich darüber
schrieb): die gebildeten Russen, die jetzt nach acht Monaten Krieg, Russland
den Rücken kehren, aus Putins Reich fliehen, doch ohne Widerstand geleistet und
opponiert zuhaben, wussten von Anfang an, was los ist an der Front und welche
Verbrechen von Putins Russen in der Ukraine begangen werden, wo inzwischen
– neben unschuldigen, kaum ausgebildeten jungen Rekruten – Schwerverbrecher
eingesetzt werden, um die „Qualität“ dieser Kriegsführung gegen das Völkerrecht
noch etwas zu steigern.
Aus den Blog-Statistiken, die
leider auch manipuliert werden, von wem auch immer, weiß ich es: nach China,
Iran, Saudi-Arabien und in andere autoritäre oder totalitäre Staaten in Afrika
und Asien dringe ich mit meinen Botschaften nicht durch: die deutsche Sprache, in der ich schreibe,
ist dabei ein Hemmfaktor, denn wer auf der Welt liest und spricht noch deutsch?
Aber auch die Repression, das
Abwürgen der freien Meinungszirkulation über das Internet durch die
Regierenden, die ihre
Völker desinformiert im Dunkeln halten wollen, um an der Macht zu bleiben und
um ihre schmutzigen Kriege zu führen.
Ein Privatvergnügen ist das –
undankbare – Bloggen nicht; aber es ist eine Pflicht gegenüber der gesamten
Menschheit, im Dienst der Menschen, die frei sein wollen.
Wie der Einzelne sich in der
Demokratie einbringt, um seinem Staat, seiner Nation zu dienen, auch wenn er
nichts davon hat und der Staat Ehrlose und Gesindel aller Art ehrt, wird
der freie Blogger von höheren Antrieben bewegt, jenseits materieller
Interessen, altruistisch, nur der Wahrheit verpflichtet, ganz im Gegensatz von
– oft auch staatlich geförderter – Propaganda über Hass und Hetze.
Der Rufer in der Wüste weiß, dass
seine Rufe verklingen, im Winde verwehen wie die Spuren im Sand – und trotzdem
macht er weiter, nicht von Göttern verflucht wie Sisyphus im Mythos, sondern
freiwillig, aus der Einsicht heraus, dass frei nur ist, wer, nur dem eigenen
Gewissen unterworfen und verpflichtet, frei agiert bis zum letzten Atemzug –
als Mensch.
Carl Gibson,
Natur- und Lebensphilosoph, ethisch ausgerichteter Zeitkritiker, politischer Essayist,
Naturfotograf, im März 2022
Mehr zu Carl Gibson, Autor, (Vita, Bibliographie) hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Gibson_(Autor)
https://de.zxc.wiki/wiki/Carl_Gibson_(Autor)
(Das Wikipedia-Porträt Carl Gibsons in englischer Sprache)
https://www.worldcat.org/identities/lccn-nr90-12249/
Bücher von Carl Gibson, zum Teil noch lieferbar.
Copyright: Carl Gibson 2022.
Carl Gibsons Warnung vor Putin vom 31. August 2014 ist inzwischen Realität:
http://carl-gibson-werke.blogspot.com/2014/08/putins-nicht-erklarter-krieg-im-osten.html
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