Samstag, 29. Oktober 2022

Die gute und die böse Hexe – zwei Hauff-Märchen, zwei grundverschiedene Hexenbilder


 

      Die gute und die böse Hexe – zwei Hauff-Märchen, zwei grundverschiedene Hexenbilder

Sie verpasst dem aufgeweckten Jakob eine überlange Nase und einen Kurzhals, die böse Hexe „Kräuterweis“, die nur einmal in fünfzig Jahren auf dem Markt erscheint, um Kräuter einzukaufen.

Tiere beutet sie aus, die für sie Tag und Nacht arbeiten müssen, wie der verzauberte Knabe Jakob über sieben Jahre. Rücksichtslos ist sie wie in anderen Märchen auch, bösartig, bereit, im Wald ausgesetzte Kinder zu verführen, im  Ofen braun zu braten und zu verspeisen, ganz so, wie man sich die Hexe im Volk vorgestellte, seinerzeit, in den Tagen der Pestilenz, des Dreißigjährigen Krieges und der Hexenverfolgungen überall in Deutschland und in anderen – nicht nur katholischen – Gegenden Europas.

Gab es tatsächlich Hexen und Gespenster, leibhaftige Teufel gar, die - in der Gestalt von Wissenschaftlern und Doktoren wie jener Faust aus Knittlingen oder Theophrastus Bombastus aus Hohenheim, Paracelsus - ihr Unwesen trieben, durch die Luft flogen, hexten und heilten? Und das in den schon aufgeklärten Zeiten noch nach der Renaissance in Italien und der Reformation auf deutschem Boden?

Es gibt keine Hexen und Gespenster, lässt der aufgeklärte Wilhelm Hauff an andere Stelle im Märchen sagen und zeichnet kunstvoll in der Sage[1] „vom Hirschgulden“, diametral entgegengesetzt zum Hexenbild aus „Zwerg Nase“ das Porträt der guten Hexe[2], die Kräuter einsetzt, nicht um zu schaden, nicht um Menschen zu verhexen, sondern um zu heilen.

Gute Feen, böse Feen, weiße Magier, schwarze Magier, Diener des Guten oder Handlanger des Bösen – sie bestimmen das Mittelalter und wirken bis in die heutige Zeit fort, ohne dass dem verführten Volk die Unterschiede klar würden.



[1] Der starke Bezug zur württembergischen Geschichte macht dieses „Kunstmärchen“ zur Sage.

 

[2] Geschätzt und geliebt von den einen, ist diese gute Heilerin und Freundin der Menschen in den Augen anderer Zeitgenossen immer noch eine stigmatisierte Frau.

 

 

     Die „Wetterpfanne“

Sie wird der „bösen Hexe“ zugeschrieben[1], angedichtet. Über das Feuer gehängt, erzeugt die Hexe damit Blitz und Donner, schlechtes Wetter.

Die Verschwörungstheoretiker von heute sehen die „Wettermacher“ anderswo am Werk – mit der gleichen Wirkung wie im Mittelalter: sie handeln, um den Menschen das Leben schwer zu machen, um Menschen zu plagen, ja, zu vernichten.

Die „Wettermacher“ der Pueblo-Indianer hingegen riefen in Tänzen und Gebeten den Regen herbei, damit ihr – der Trockenheit ausgeliefertes Volk – in den angestammten Gebieten von Arizona und New Mexico überhaupt überleben konnten. Regen-Wasser bedeutete reiche Ernte, Leben!

Ganz egal, ob der Regen kam oder ausblieb: der Indianer sah den „Medizinmann[2]des Stammes am Werk, was psychologisch positiv wirkte. Er schöpfte Hoffnung und blieb am Leben, ausharrend, auch wenn das lebenspendende Wasser vom Himmel für die Saaten auf dem Feld und die Früchte lange ausblieb.


[1] Auch im Hauff-Märchen.

 

[2] Ein Fremdbegriff wie so viele, wenn weiße Christen, Eroberer, über indigene Völker und Stämme reden. Auch das Sammelwort „Indianer“ ist ein Fremdbegriff – wie „Zigeuner“.

  

 

 

 


Carl Gibson, 

Natur- und Lebensphilosoph, ethisch ausgerichteter Zeitkritiker, politischer Essayist,

Naturfotograf, im März 2022



Mehr zu Carl Gibson, Autor,  (Vita, Bibliographie) hier:

https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Gibson_(Autor)

https://de.zxc.wiki/wiki/Carl_Gibson_(Autor)

(Das Wikipedia-Porträt Carl Gibsons in englischer Sprache)


https://www.worldcat.org/identities/lccn-nr90-12249/

 Bücher von Carl Gibson, zum Teil noch lieferbar.



Copyright: Carl Gibson 2022.

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