Donnerstag, 23. Dezember 2021

Die Magie der – falschen - Zahl – von SLOMR-Zahlen zum fragwürdigen Zahlenwerk in Marguerite Duras‘ autobiografischen Roman „Der Schmerz“ als Film (2017)

 

      Die Magie der – falschen - Zahl – von SLOMR-Zahlen zum fragwürdigen Zahlenwerk in Marguerite Duras‘ autobiografischen Roman „Der Schmerz“ als Film (2017)

Wer wissenschaftlich denkt, und wer sich der Wahrheit verpflichtet fühlt, setzt und nennt die genaue Zahl, die objektive Zahl, jenes Zahlenwerk, das er, insofern möglich, selbst überprüft hat, ganz egal, wie die genannte Zahl ausfällt, ob hoch, ob niedrig, ob winzig oder astromisch unüberschaubar. Die Wirkung der Zahl ist ihm egal, Hauptsache sie stimmt und schwankt nicht, wenn die Perspektive des Einschätzenden sich verändert.

Anders der auf Wirkung ausgerichtete Effekthascher: er will eine Zahl, die beeindruckt, ganz egal ob wahr oder konstruiert, Hauptsache, sie stützt die Interpretation, die er anderen mit seinem Thema vorlegt.

Als ich seinerzeit, 1979, unter den schwierigen Bedingungen einer kommunistischen Diktatur, die, wie heute noch in China oder in Nordkorea, praktisch keine Form einer politischen Opposition zuließ, SLMOR-Temeschburg gründete und die Namen der Anhänger der freien Gewerkschaftsbewegung auf eine Liste setzte, auf das eigentliche Gründungsdokument, dann waren dies 16 Namen, Klarnamen mit eindeutigen Identitäten[1] von Personen, die fast alle – später durch die Aktion in Freiheit gelangt – heute noch leben und als zeitzeugen aussagen können, wenn man sie anhören will. Interessiert, die nach Bukarest ins Innenministerium des Diktators Ceausescu zu meldende Opponenten-Zahl möglichst niedrig zu halten, begnügte sich die Securitate in Temeschburg mit dieser überschaubaren Zahl und verschwieg bei der Meldung dann auch konsequent den Rattenschwanz weiterer Sympathisanten der Protestaktion, speziell die Familienmitglieder und Freunde der namentlich genannten „Aderenten“, die, wie in der „Symphonie der Freiheit“ genau beschrieben, fast alle ausreisen wollten, bis auf wenige Ausnahmen wie SLOMR-Präsident Dr. Fenelon Sacerdoteanu, der, eine historische Persönlichkeit, als aufrechter, anständiger Rumäne und Patriot bleiben wollte. Er blieb auch und starb dort aufrecht, wenn auch verkannt, während die anderen den Weg in den Westen fanden und bald vergaßen, auf welchem Weg sie – ohne private Kopfgeldzahlungen an die Securitate und den Staatschef geleistet zu haben, wie die meisten der anderen deutschen Landsleute mit Ausreisewunsch – letztendlich in die Freiheit gelangt waren.

Obwohl die – später von meinen kommunistischen Widersachern deutscher Zunge[2] kleingeredete – Aktion unter meiner Federführung 1981/82 zu einer UNO-Beschwerde gegen das Ceausescu-Regime führte[3], haben die Rumänen es bis zum heutigen Tag (21. Dezember 2021) noch nicht geschafft, die – von mir ausgiebig und differenziert beschriebene – „Geschichte der ersten freien Gewerkschaft in Osteuropa SLOMR“[4] historisch aufzuarbeiten

Im Rahmen der spärlichen Berichterstattung über SLOMR wurde – von mir und dann auch von anderen, doch undifferenziert – eine Zahl genannt, die die angeblichen Anhänger des – weitgehend obskuren Virgil Chender – mit 1200 beziffert – und somit mit Personen ausstattet, die kein Mensch kennt! So wurde – vermutlich im Dienst einer guten Sache und mit besten Absichten – ein „Phantom“ konstruiert und ein Faktum geschaffen, dass nur durch die Wiederholung lebt, aber nicht wissenschaftlich überprüft werden kann, was auch für die von Cana genannten Arbeiter gilt.

Mythen aber schaffen noch keine Geschichte.

Zehn Jahre später, als in meiner Geburtsstadt Temeschburg die Revolution gegen Ceausescus Diktatur ausbrach und scharf geschossen wurde, waren in Deutschland über ARD und ZDF an den ersten Tagen der Unruhen und der Erhebung Opferzahlen in astromischen Höhen zu vernehmen. 50 000 Menschen sollten zu Tode gekommen sein! Die Zahl der Opfer schrumpfte später nicht nur um eine Null. An anderer Stelle in der Geschichte wird gerne einmal auch eine Null hinzugefügt, weil die kleine, niedrige Zahl zu wenig Eindruck schindet.

Und in bestimmten Fällen wird sogar eine Opferzahl erfunden – wie gerade jetzt, wo ich in einem Spielfilm französischer Provenienz aus dem Jahr 2017, gestützt auf den autobiografischen Roman „Der Schmerz[5]von Marguerite Duras mit einer – mir sofort unrealistisch erschienen - Zahl von 150 000 Opfertoten konfrontiert werde, Kriegsgefangene, die angeblich kurz vor dem Zusammenbruch des Dritten Reiches im Konzentrationslager Buchenwald erschossen wurden.

Woher kommt diese Zahl?

Steht diese - laut im Film transportierte - Aussage so in dem Werk der Autorin?

Da mir – corona- und krankheitsbedingt – der Zugang zu wissenschaftlichen Bibliotheken schon seit zwei Jahren unmöglich ist, kann ich das nicht überprüfen.

Hat Marguerite Duras die Zahl einfach erfunden? Etwa so, wie eine Herta Müller „erfindet“, um dann plumpe Märchen und Lügen als Fakten und Wahrheiten auszugeben?

Und, wenn ja, weshalb baut man diese – nirgendwo verifizierte - Zahl der gigantischen Art in einen modernen Spielfilm ein, der doch der historischen Aufklärung näher sein will als der antideutschen Propaganda – und das auch noch nach der deutsch-französischen Aussöhnung durch de Gaulle und Adenauer und in einem Sender, der sich der deutsch-französischen Freundschaft verschrieben hat?

Symbolische Zahlen gibt es – und es gibt auch tabuisierte Zahlen, Zahlenwerke, über die man nicht gerne spricht. Doch ein Historiker muss es tun, wenn er wahrhaftig bleiben will, auch auf die Gefahr hin, dass man ihm Schwierigkeiten macht, ihn ausgrenzt, ihm Unredliches unterstellt. Mit diesen Stigmatisierungen habe ich meine Erfahrungen. Trotzdem müssen alle Zahlenwerke überprüft werden! Wie viele Menschen starben im Bombenhagel der Alliierten in Dresden? 25 000? Und in der Feuersbrunst in Hamburg? Noch einmal 25 000? Wie viele deutsche Soldaten der Wehrmacht starben jämmerlich in den Rheinwiesen lange nach der Kapitulation?

Als ich vor vielen Jahren den Kampf gegen den Mythos aufnahm, lange noch bevor ich zu einem Thema – und unter dem Diktum (zugleich auch ein Buchtitel) „Vom Logos zum Mythos – gleich mehrere „Kampfbücher“ vorlegte, Bücher mit Beweisen, stand für mich fest, war gewiss: Mythen, Gerüchte, nicht überprüfte, konstruierte Zahlenwerke verfälschen die Historiografie, die Wahrheit an sich, auf die jedermann ein Recht hat. Nur Aufklärung schafft Gewissheit, Eintracht und Seelenfrieden, während die historischen Lügen, auch wenn sie nur „belletristisch“ daherkommen, schaffen nur Hass und Hetze, vergiften das Miteinander der Menschen und der Völker.



[1] Nicht geklärt hingegen sind die etwa 15 Namen, die Dr. Ionel Cana auf die erste Liste von SLOMR gesetzt hat.

[2] In Berufung auf den Trittbrettfahrer und Voyeur aus der Ferne G. Kneip, der über mein Gründungswerk berichtete, ohne dabei gewesen zu sein, bezeichnet Herta Müllers Mann fürs Grobe und zweiter Ehemann Richard Wagner, damals noch jahrelang in der KP des Diktators, den konkreten politischen Oppositionsakt SLOMR-Gründung als „krawallige Aktion“, wohl auch in Erinnerung daran, dass die vom ihm koordinierte „Aktionsgruppe Banat“ es nie zu einer antikommunistischen Aktion gebracht hat.

 

[3] Die Dokumentation der ILO ist im Internet auffindbar.

 

[4] Von mir moniert im Jahr 2010, unmittelbar nach meiner Rückkehr aus Bukarest, wo ich bei der dortigen Gauck-Behörde zur Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit CNSAS meine „Securitate-Opfer-Akte“ eingesehen hatte. Mir war mitgeteilt worden, dass dem Archiv Material zu SLOMR vorliegt, welches noch nicht ausgewertet wurde.

 

 

 

 Vgl. auch:


Wurden im Konzentrationslager Buchenwald kurz vor der Befreiung 150 000 Gefangene erschossen? Belletristisch „verfälschte Geschichte“ in Marguerite Duras verfilmten Roman „Der Schmerz“ und in den Selbst-Stilisierungen Herta Müllers in der ZEIT, 2009

Mit der Aussage zu der angeblichen Massenerschießung von Internierten und Häftlingen im Konzentrationslagers Buchenwald bei Weimar, wurde ich vor einigen Tagen konfrontiert, als ich mir zum Ausklang des zweiten, beklemmenden und existenzbedrohenden Pandemiejahres 2021 den französischen Spielfilm „Der Schmerz“[1] ansah, der sich an dem – gleichnamigen – autobiografischen Roman der französischen Bestseller-Autorin Marguerite Duras orientiert.

Die drastische Botschaft in der 113. Filmminute rüttelte mich auf und versetzte mich in Unruhe, weil ich, der Historiker, der das berüchtigte, unmittelbar vor der deutschen Kultur- und Geistesstätte Weimar gelegene Konzentrationslager bereits vor einem Jahrzehnt besucht und mich mehrfach mit der Materie auseinandergesetzt hatte.

Stimmt die Aussage?

Stimmt gar die schrecklich hohe Zahl der Opfer?

Wurden nahe am Wirkungsort Goethes und Schillers tatsächlich 150 000 Menschen exekutiert, liquidiert?

Oder war das nur antideutsche Kriegspropaganda im Rahmen der psychologischen Kriegsführung, eine reine Deviationsbehauptung, eine irreführende, gezielt konstruierte Falschmeldung, die von der alliierten Propaganda kurz vor dem Kriegsende um 1944/45 in Umlauf gebracht wurde, um die Kriegsmoral der Wehrmacht und des deutschen Volkes zu schwächen, um weite Kreise im verzweifelten Ausharren zusätzlich zu verunsichern und von Deutschen besetzte Regionen zu Widerstand und Aufruhr zu veranlassen?

Marguerite Duras, die selbst dem antideutschen Widerstand in Frankreich angehörte und deren Lebenspartner nach der Internierung als Kriegsgefangener nach Deutschland verschickt wurde, namentlich nach Buchenwald, in das dortige KZ, stellt diese Zahl so in den Raum – und der Spielfilm aus dem Jahr 2017 lässt die drastische Aussage nicht überprüft und unkommentiert so stehen, verbreitet sie weiter, obwohl längst wissenschaftlich erwiesen und allgemein bekannt sein müsste, dass in im KZ Buchenwald bei Weimar keine[2] 150 000 Kriegsgefangenen erschossen wurden.

Dort, wo - der in der DDR hochverehrte, ja, zelebrierte Kommunist - Ernst Thälmann ermordet wurde, gab es auch keinen systematischen Genozid an Juden; den gab es in Auschwitz und an anderen weniger bekannten und unbekannten Stellen. Weshalb also diese nicht stimmige Zahl aus der Zeit um 1945 kurz vor dem Zusammenbruch des Hitlerreiches nun in einem Spielfilm aus dem Jahr 2017? Waren hier Geschichtsfälscher am Werk, Provokateure, antideutsche Hetzer, die auch heute noch, lange nach der Aussöhnung und in Zeiten einer deutsch-französischen Freundschaft im Kulturellen, im Politischen und im Zwischenmenschlichen auf Feindschaft und Spaltung setzen?

Wie viele Zuschauer, die sich den Film ansehen, werden die Aussage über die Massenerschießung von Kriegsgefangenen in Buchenwald überprüfen?

Man wird der Autorin Marguerite Duras glauben, die das autobiografische Werk verfasst hat – und man wird auch darauf vertrauen, dass die Verfilmung des Romans „Der Schmerz“ Autorin historisch korrekt erfolgte, ohne dass andere – Regisseure oder Drehbauchautoren - Behauptungen und Zahlen in das Drehbuch hinein zu interpretieren, die nicht aus der Feder der Verfasserin Duras stammen.

Also bleibt am Ende der Filmrezeption eine Aussage im Umlauf, die einfach nicht stimmt[3], die nicht den historischen Tatsachen entspricht.

Und diese Falschinformation erreicht viele Menschen, letztendlich, wie von mir tags darauf festgestellt, auch über den Sender „arte“, der sich als deutsch-französischer Kultursender doch konzeptionell dem Positiven und Konstruktiven verschreiben hat, nicht der Destruktion.

Muss also übertrieben werden, im Roman, im Film? Muss der Teufel noch schwärzer gemalt werden, als er ist? Muss – und das akzentuiere ich aufgrund der Tragweite erneut - eine Aussage, die aus sich auf den Frühling 1945 und somit auf die Tage kurz vor dem Zusammenbruch des Dritten Reiches bezieht, aber falsch ist, im Jahr 2017 noch einmal in einen Spielfilm eingebaut werden, obwohl man weiß, dass die Abläufe und Fakten anderer Natur sind?

Auf diese Weise, so unverantwortlich ohne Rücksicht auf die Folgen einer unstimmigen Aussage oder einer drastischen, aus der Luft gegriffenen, frei erfundenen Zahl mit enormem Anklagepotential wird Geschichte verfälscht – aus reiner Unwissenheit heraus oder mit Absicht!?

Mich hat diese Roman-Verfilmung, die auch gut ohne diese eine Zahl auskommt, von der Machart her betrachtet nicht ganz überzeugt, doch sie enthält beachtenswerte und auch gut filmisch gut umgesetzte Elemente, die von Marguerite Duras vorgeben wurden: den differenziert eingefangenen Kollaborateur, das Phänomen der Euthanasie, etwas wage und nur Rande auch die Judenverfolgung und -vernichtung in den Lagern und schließlich das zentrale Thema der belletristischen Kreation autobiografischen Zuschnitts überhaupt – der Schmerz, den die Zurückgebliebene erleidet und an dem auch die Lebenspartnerschaft zerbrechen wird.

Da ich von frühesten Tagen an und fast mein gesamtes - wissenschaftliches – Leben hindurch unter diesen Phänomenen historischer Verfälschungen zu leiden hatte, habe ich – beginnend mit der Zurückweisung der ideologisch motivierten, stilisierten „kommunistischen Historiografie“ - auch immer wieder dagegen angekämpft, seinerzeit, in der kommunistischen Diktatur als Menschenrechtler und Dissident, aber auch heute, in Deutschland, im freien Europa, wo – wider besseres Wissen und ungehemmt - Lügen verbreitet werden und wo – wie im Film - gezielt gestreute „Gerüchte“ die Wahrheitsfindung erschweren und eine korrekte Interpretation der Geschichte unmöglich machen.

Eine deutsche „Belletristin“, deren „Literatur“ weder „schön“ noch „geistig“ daherkommt, der man aber trotzdem sogar den „Nobelpreis für Literatur“ (2009) auf obskure Weise und zum Staunen der Welt zugeschanzt hat, ist Herta Müller, die durch und durch verlogene „Erfinderin“ aus dem Banat, deren ethisch-moralische Haltung und Skrupellosigkeit ich seit mehr als einem Jahrzehnt öffentlich und in Büchern bekämpfe.

Auch Müller, nur bedingt mit der Französin aus Indochina[4] vergleichbar, schreibt autobiographisch ausgerichtet wie Marguerite Duras; doch ist diese Deutsche, die zwar irgendwie deutsch schreibt, sich aber schämt, eine Deutsche sein, ergo das Deutsche in vielen Formen bekämpft, viel erfindungsreicher als die – nicht unbedingt wissenschaftlich ausgerichtete - Marguerite Duras.

Die ganz und gar wissenschaftsferne Müller, der ich anfangs glaubte und deren Verfolgung durch Ceausescus Geheimdienst Securitate ich für glaubhaft hielt, bevor ich später als Forscher das Gegenteil in Erfahrung brachte, „erfindet“ am laufenden Band; sie lügt einfach und ohne Skrupel, setzt Mythen in die Welt, doch hauptsächlich, um sich selbst darzustellen, um sich als Opfer der Diktatur zu inszenieren, während die von ihr instrumentalisierte und auf Schritt und Tritt verfälschte Geschichte fast ausschließlich genutzt wird, um zu eigenen Zwecken zu gelangen, unkritisch gegenüber den in Rumänien regierenden Kommunisten, doch umso boshafter in der in der Regel zynisch-verächtlichen Auseinandersetzung mit den eigenen Landsleuten deutsche Zunge im Banat. Dass dabei Wahrheit und Ethos auf der Strecke bleiben, ergibt sich von selbst. So entsteht reinfiktional neben dem bezweckten Selbstbild einer Jeanne d’Arc aus dem Banat, die, gleich Siegfried, den Lindwurm erschlägt, den roten Drachen in Bukarest, ein – wie von mir oft herausgestellt – „Zerrbild“ der Diktatur, des Lebens und des Opponierens in einer Diktatur, die es so nie gab, die es nirgendwo gab oder gibt. Die echten Opfer der Diktatur überall auf der Welt und zu jeder Zeit werden über dieses absurde Konstrukt verhöhnt, alle tatsächlich Verfolgten aus den Gefängnissen und Lagern mit echten Leiden und Schmerz werden dabei in grotesken Szenen mit Eierfolter und ähnlichen skurrilen Erfindungen buchstäblich verhöhnt[5].

Was heute oft vergessen, ignoriert wird: je berühmter, bekannter, hochgeschaukelter die Protagonisten solcher Zerrbilder sind, desto gefährlicher sind die synthetisch erzeugten Mythen für die Gesellschaft; denn die freche Lüge wird geglaubt.

Herta Müller schießt bei der verfälschten Darstellung der rumänischen Gesellschaft während der Ceausescu-Zeit den Vogel ab – und die Rumänen haben es bisher noch nicht geschafft, im eigenen Interesse eine realistische Darstellung des Lebens und Leidens in jener tristen Zeit der verfälschten, entstellenden Sicht der Dinge entgegenzuhalten.

Also glaubt man – gerade im Westen - der aufs Podest gehobenen Lügnerin weiterhin, oft unkritisch und nur deshalb, weil ihr ein „Nobelpreis“ zugeschanzt wurde, ignoriert dabei aber nicht nur die Gegenstimmen von Zeitzeugen, sondern die konkret vorliegenden Fakten.

Die Prinzipien „Ehrlichkeit“, „Aufrichtigkeit“, „innere Wahrhaftigkeit“, „innere Redlichkeit“, sind dieser – zutiefst ahistorisch agierenden, antideutschen Schriftstellerin, die – in meinen Augen – intellektuelle Null ist, von Anfang an ebenso fremd und wird ihr auch ewig so fremd bleiben wird wie das Prinzip „Verantwortung“, das sie nicht wahrhaben will, wenn sie – sich selbst inszenierend – Mythen als Wahrheiten ausgibt, speziell bei der Verzerrung und Entstellung des Lebens in der Diktatur, inszeniert.

Nun, heroisiert auch Marguerite Duras sich selbst, die historischen Umstände verfälschend? Vergleicht man die „belletristischen Produktionen“ der Französin aus der Kolonie, die sich – ähnlich wie später Müller - fast bis zum Prix Goncourt hochgeschrieben hat, mit den „literarischen Kreationen“ der Kolonisten-Tochter aus dem – heute rumänischen – Banat, so kann man da deutliche Parallelen erkennen, wobei in beiden Fällen egoistische Antriebe die objektive Faktendarstellung überlagern. Doch schreibt Duras angelehnt an die Geschichte, während Müller – ohne Rücksicht auf historische Ereignisse und Fakten – nur die eigene Geschichte schreibt, Geschichten fabriziert, die in ihrer Absurdität nichts mit der Realität zu tun haben. Aus der anfangs der Welt noch vorgegaukelten „Authentizität“ – etwa bei der Darstellung des Securitate-Hauptmanns und Untersuchungsrichters Petre Pele in „Herztier“, den sie nur vom Hörensagen her kennt – werden später nur noch makabre Fiktionen wie Eierfolter und andere Malträtierungen, durch den Geheimdienst der Diktatur, denen die Autorin angeblich ausgesetzt gewesen sein will, die aber mit der tatsächlichen Wirklichkeit nichts zu tun haben, was ich, der in einem Zeitraum von über drei Jahren von Pele verhörte Verfolgte vielfach nachgewiesen habe.

Während Duras, die die historischen Abläufe 1945 über die Presse – mit allen dort verbreiteten Informationen und Desinformationen – rezipiert, sich darum bemüht, historisch zu schreiben und zugleich authentisch, wahrhaftig, aber doch nur ein subjektiv geprägtes, unvollständige Bild der Zeit schildern und abliefern kann, schreibt Müller an der Geschichte vorbei, einmal, weil diese Schreibende das strenge, logisch diskursive Denken nicht beherrscht, dann aber auch, weil sie die tatsächlichen Ereignisse der Vergangenheit und der Gegenwart schlicht ignoriert, um, sich selbst erhebend, Welten erfindet, die es nie gab und nicht gibt, immer darum bemüht, in eine Rolle zu schlüpfen, die ihr nicht zukommt, nämlich in die Rolle einer echt verfolgten Regimekritikerin und Dissidentin!

Dieses Image einer heroischen Opponentin, die im Wirklichkeit eine privilegierte Nutznießerin der Ceausescu-Diktatur war, wurde Müller später in Deutschland angedichtet, von linken Autoren in linken Medien zunächst, im Spiegel aus Hamburg, dann von Konservativen rund um die KAS und publizistisch fortgeführt in antikommunistisch ausgerichteten Medien wie „Cicero“, „Die Welt“, und „Die Zeit“, die intellektuell und liberal sein will, und doch irrationalen Humbug druckt und weltweit verbreitet wie den Lügenartikel Herta Müllers aus dem Jahr 2009 „Die Securitate ist noch im Dienst“, der gut geeignet ist, jedem vernünftigen Leser nach einer halben Stunde der Lektüre vor Augen zu führen und bewusst zu machen, wer diese mit Nobelpreis, Bundesverdienstkreuz und „Pour le Mérite“ ausgezeichnete Autorin wirklich ist – eine verlogene Hasspredigerin und Kalte Kriegerin in obskurer Mission, eine Marionette im Dienst der aktuell in Deutschland regierenden, eine ethisch-moralisch suspekte Gestalt jenseits der Integrität, auch literarisch ästhetisch wie stilistisch fragwürdig, kurz eine Machwerk wie die Machwerke aus der Feder dieser „Literatin“, die eine Schande für die deutsche und europäische Literatur und Geisteskultur ist.

Ein Schriftsteller darf alles sagen!

Ja, in der Tat. Die künstlerische Freiheit gibt ihm das Recht dazu!

Doch darf er sich auch als Werkzeug der Propaganda missbrauchen lassen? Und vor allem, darf er als aufgeklärter Mensch europäischer Prägung und freier Geist, dem die Schrecken der Weltkriege und die repressiven Auswirkungen der jüngsten Diktaturen unter rotem und braunem Vorzeichen bekannt sind, das Wesen des Bösen entstellen, indem das Gesicht dieser Gewaltherrschaften verzerrt und verfälscht wird?

Wozu der Wahrheit verpflichtet sein und mit der historisch korrekten Darstellung von Fakten anecken, wenn man mit frechen Lügen besser fährt, Ehre und Gold anhäufen kann? Das sagen sich einige Zyniker auch in der Literatur, die ohne Bedenken und Skrupel Verdummung betreiben, wenn dieser sonderbare Weg zum Erfolg über Volksverdummung auch noch gutes Geld einbringt.

In den Jahren meiner frühen Kindheit im Banat, als mit Nicolae Ceausescus Machtantritt die Volksrepublik Rumänien ihr Äußeres wandelte, um als „sozialistische“ Republik zu einer liberaleren Staatform mit humanem Antlitz zu gelangen, musste ich, der rumänische Staatsbürger „deutscher Nationalität“, mir noch zahlreiche Propaganda-Kriegsfilme billiger Machart und fast ausschließlich sowjetischer Provenienz ansehen, ehrrührende, kränkende Filme, in welchen der deutsche Soldat der Wehrmacht als Trottel und Idiot dargestellt wurde. Der Geist des Stalinismus hatte das so vorgegeben – und so wurde das auch umgesetzt, bis hinein in das Frühwerk Herta Müllers, in ein von Kommunisten gefördertes Werk, in welchem die - gegen die Deutschen im Land eingesetzte - Gleichsetzung des Deutschen mit Hitler undifferenziert durchschimmert.

Das linke Umfeld Herta Müllers, Schreibende deutscher Zunge aus jener so genannten „Aktionsgruppe Banat“ ohne Aktion, brave Mitglieder der KP des angehenden Diktators Ceausescu, sie alle haben die Stigmatisierung und Ausgrenzung der deutschen Minderheit im Land mitgetragen, was letztendlich den Exodus der Deutschen aus Rumänien eingeleitet hat.

Ein Leben in Würde muss auf einer korrekten Darstellung der Geschichte aufgebaut sein.

Verfälschte Geschichte hingen führt zu Hass und Hetze, zu Unheil und Krieg!

Nicht begriffen haben das die rumänischen Kommunisten, die ihre eigene Geschichte als Widerstandsgeschichte inszenierten und auf erfundene Heroenmythen aufbauten, vom Daker Decebalus, über Georghe Doja, der ein Ungar war, den Aufständischen Horia, Closca und Crisan, Pandur Tudor Vladimirescu bis hin zu den Arbeiterhelden Vasile Roaita, Ilie Pintilie und – dem „geliebtesten Sohn des Vaterlandes“ – Nicolae Ceausescu.

Dafür abgestraft wurden sie in später Stunde von der Wirklichkeit, nicht anders als in anderen Ostblockstaaten und in der schnell zerfallenden Sowjetunion unter Michael Gorbatschow.



[2] Von der Aussage verunsichert, habe ich auf der Website des Lagers nachgesehen, unter:

 

https://www.buchenwald.de/72/

 

Dort findet sich folgender Text: Konzentrationslager Buchenwald 1937–1945. Im Juli 1937 lässt die SS auf dem Ettersberg bei Weimar den Wald roden und errichtet ein neues KZ. Mit dem Lager sollen politische Gegner bekämpft, Juden, Sinti und Roma verfolgt sowie "Gemeinschaftsfremde", unter ihnen Homosexuelle, Wohnungslose, Zeugen Jehovas und Vorbestrafte, dauerhaft aus dem deutschen "Volkskörper" ausgeschlossen werden. Schon bald wird Buchenwald zum Synonym für das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Nach Kriegsbeginn werden Menschen aus ganz Europa nach Buchenwald verschleppt. Im KZ auf dem Ettersberg und seinen 139 Außenlagern sind insgesamt fast 280.000 Menschen inhaftiert. Die SS zwingt sie zur Arbeit für die deutsche Rüstungsindustrie. Am Ende des Krieges ist Buchenwald das größte KZ im Deutschen Reich. Über 56.000 Menschen sterben an Folter, medizinischen Experimenten und Auszehrung. In einer eigens errichteten Tötungsanlage werden über 8000 sowjetische Kriegsgefangene erschossen. Widerstandskämpfer bilden im Lager eine Untergrundorganisation, um das Wüten der SS nach besten Kräften einzudämmen. Gleichwohl wird das "Kleine Lager" zur Hölle von Buchenwald. Noch kurz vor der Befreiung sterben Tausende der entkräfteten Häftlinge. Als die Amerikaner im April 1945 Buchenwald und seine Außenlager erreicht haben, schreibt Dwight D. Eisenhower, der Oberbefehlshaber der Alliierten Streitkräfte: "Nichts hat mich je so erschüttert wie dieser Anblick."

[3] Ergo publiziere ich – aus aktuellem Anlass, weil der Streifen noch läuft und wirkt – auch diesen Essay bereits jetzt, online, auf dem Blog, behalte mir aber vor, die Thematik bis hin zur Drucklegung des Buches noch weiter zu erforschen und zu vertiefen.

[4] Nicht zuletzt bekannt geworden durch das sehr erfolgreich verfilmte Werk „L‘ amant“, der Liebhaber.

[5] Meine zwischen 2014 und 2016 publizierten Bücher zur Thematik transportieren richtungweisend meinen Protest und Anklage bereits in der Überschrift, die dem absurden Werk Herta Müllers teils als Zitat entnommen ist.

 

      „Geschichtsklitterung“ – mit und ohne Absicht - in der Belletristik und im Film. Zahlen, Fakten, Daten, die nicht stimmen, aber trotzdem unverantwortlich und zur Unzeit verbreitet werden - Wasser auf die Mühlen der Revisionisten und Holocaust-Leugner!?

„Geschichtsklitterung“[1] findet de facto immer wieder statt, wenn auch – oft nur aus der Unwissenheit heraus - ohne Täuschungsabsicht, ohne Intention, historische Abläufe zu einem bestimmten Zweck verfälschen zu wollen – und das in der wissenschaftlich weniger genauen, oft unprätentiösen „Belletristik“, wo, an historische Ereignisse angelehnt, bestimmte Behauptungen und Mythen in die Welt gesetzt werden, die fast nichts mit der Wirklichkeit, den tatsächlichen Ereignissen und der „exakten Historiografie“ zu tun haben.

Herta Müllers „Werk“ ist voll davon – und ich habe in mehreren Studien mit Argumenten und Bewiesen dagegengehalten.[2] Aber es gibt immer wieder auch andere belege dafür, auf die man unfreiwillig stößt und mit deren Falschaussagen man konfrontiert wird, wenn man nur zur Entspannung einmal einen Spielfilm sehen will, der – vom Thema her – etwas verspricht, der nicht nur fiktive Welten vorgaukelt, sondern Phänomene problematisiert, die den Rezipierenden – neben dem Filmgenuss – auch im Erkenntnisbereich weiterbringen. Gelegentlich aber wird der Kinofreund enttäuscht, nämlich dann, wenn Drehbuchautor und Regisseur das darzustellende Sujet verzerren, gelegentlich aufbauend auf einer „literarischen“ Vorlage, die Fakten ignoriert und Phänomene, Dinge, Daten, Zahlen, die es nicht gibt, einfach „erfindet“. Danach kursieren Mythen, die böses Blut schaffen, die Hass und Hetze schüren, die durch und durch destruktiv wirken, alte Dämonen wachrufen. Hier und dort, und die das gefährden, zurückwerfen, was andere mit Einsicht und Empathie bereist erreicht hatten.[3]

Wer heute – ohne große Ahnung von Geschichte, von Propaganda und gezielter Deviation als Instrument der Machpolitik in Friedens- und Kriegszeiten – sich den kaum erst gedrehten Streifen „Der Schmerz[4] ansieht, wird geschockt sein, wenn er die dort genannte drastische Erschießungszahl vernimmt.

Aber er wird, gutgläubig und im Vertrauen auf die Medien, heute, lange nach 1944, die Aussage über den angeblichen Massenmord als bare Münze nehmen, als gültige, überprüfte Sachinformation, die man doch so nicht verbreiten würde, wenn sie nicht der Wahrheit entspräche.

Was bedenklich stimmt: kaum ein Wissenschaftler wird sich ad hoc finden, der bereit wäre, in diesem Punkt zu widersprechen oder gar das Thema „wissenschaftlich“ aufzugreifen aus der Befürchtung heraus, von ideologisch korrekten Gutmenschen in die rechte Ecke gerückt, ja, als vorschnell Revisionist der Geschichte eingestuft und somit öffentlich wie wissenschaftlich erledigt zu werden.

Zahlenwerke, die heute viel Verwirrung stiften, überprüfen – das klingt nach Aufrechnen von Verbrechen gegen die Menschlichkeit!

Ich sage: ein Opfer ist ein Opfer zu viel!

Und doch poche ich – als Philosoph. Mensch und Geist – auf die volle Wahrheit! Einfach so, gedeckt nur durch die künstlerische Freiheit und in Berufung aus diese, mit Opferzahlen um sich werfen: das geht nicht! Das darf keiner!

Auch ich, der langjährige Zeitkritiker, zufällig auch „Historiker“, war verblüfft, als ich von den 150 000 Erschossenen in Buchenwald hörte.

Da ich aber – nicht ganz zufällig – das unmittelbar vor den Toren Weimars gelegene Konzentrationslager besichtigt, darüber nachgedacht und geschrieben hatte, ohne je auf diese schreckliche Aussage gestoßen zu sein, fragte ich mich:

„Stimmt das, kann das sein, habe ich da etwas übersehen?“

Fragen dieser Art hatte ich mir seinerzeit auch gestellt, in kritischer Nachfrage, als ich bei der Ausarbeitung meines Dissidenten-Testimoniums „Symphonie der Freiheit, 2008, in dem Lügenwerk Herta Müllers auf die gesammelten und gebündelten Erfindungen der mit absurder Fantasie ausgestatteten Autorin aus einem kleinen Dorf im Banat stieß, dargeboten in „literarischer“ Form, über deren Qualität man genau so unterschiedlicher Meinung sein kann, wie das bei der nicht ganz unumstrittenen Marguerite Duras der Fall ist.

Was hat Herta Müller, die Ewig Verfolgte, im Securitate-Staat des Diktators Ceausescu, wo sie angeblich gequält, ja, gefoltert wurde, nicht alles erlebt?

Ein Artikel in dem Zeit-Magazin aus dem Jahr 2009, als sie noch keine Nobelpreisträgerin war, aber in Stockholm auf obskure Weise nominiert, reicht aus, um in diese abstruse Welt der Münchhausiaden einzutauchen!

Und in mehreren Büchern aus meiner Feder findet man die Erläuterungen dazu, nachdem die märchenhaften Aussagen mit den Fakten und dem tatsächlichen Geschehen konfrontiert worden waren.

Dürfen Dichter lügen?

Danach fragt schon die Antike nach Homer und Platon bis hin zu Nietzsche! Dürfen moderne Schriftsteller nach Dada willkürlich Mythen in die Welt setzen, die dann von anderen, von unkritischen Lesern und Blauäugigen aller Art als Fakten angesehen und als solche weiterverbreitet werden?

Wohin führt diese Kultur der Lüge?

Zahlen, die nicht stimmen – das ist Wasser auf die Mühlen der Revisionisten und der Holocaust-Leugner, denn dieser Personenkreis, der Verschwörungstheorien aller Art nährt und kultiviert, wird nach der Verbreitung solcher Zahlen sagen: nichts stimmt, alles ist Propaganda, alles ist gelogen!

Und diese Leute werden weiter und mir ihren wirren Zersetzungstheorien weiter großen Schaden anrichten, Menschen verunsichern, über hetze Feindschaft säen, die Gesellschaft und die Völker spalten – und mit einer Aura der Verunsicherung und der Angst Unfrieden stiften, ja, den heißen, echten Krieg vorbereiten.



[2] Hauptsächlich in „Herta Müller im Labyrinth der Lügen“, 2018. Mein Herta Müller gemachten Vorwürfe einer „Geschichtsklitterung“, erreichte über den umfassend angelegten Pressebericht in den „Fränkischen Nachrichten“ aus der Feder von Inge Braune „Carl Gibson gegen Herta Müller“ bereits im Jahr 2013 die breite Öffentlichkeit. Herta Müller, die durch und durch ahistorisch schreibt, lehnt sich nur indirekt an die Geschichte an, „erfindet“ Fakten, um sich dann über die selbst geschaffene Wirklichkeit, also über eine „verzerrte Welt“, selbst zu inszenieren – und zwar, erneut an der Realität vorbei als Opfer.

Da Literaturwissenschaftler nur selten mit den tatsächlichen Verhältnissen in einer kommunistischen Diktatur vertraut sind und die Geschichte Osteuropas nahezu unbekannt ist, gingen diese - nicht durchschauten oder korrekt bewerteten - belletristischen Täuschungsmanöver der Herta Müller bisher unter.

 

[3] Etwa die deutsch-französische Aussöhnung und die deutsch-französische Freundschaft.

 

 

 Vgl. auch:

 

Auszug aus dem Werk: Carl Gibson, Symphonie der Freiheit. Widerstand gegen die Ceausescu-Diktatur. 2008.



Hommage 

 

dem deutschen Widerstand 

 

 

gegen die Hitler-Diktatur -


 

In Memoriam 20. Juli 1944

 

Neuzeitliches Requiem – 

 

Sprech-Drama mit Trauermusik,



http://de.wikipedia.org/wiki/Gedenkst%C3%A4tte_Pl%C3%B6tzensee


Krematorium im ehemaligen KZ Buchenwald bei Weimar -
zuerst wurden im "Land der Dichter und Denker" Bücher" verbrannt ...
und dann ...
verbrannten "Richter und Henker"
Menschen.

Memento!

Foto: Carl Gibson



                                                                       Es lebe die Freiheit! Hans Scholl

Der sittliche Wert eines Menschen beginnt erst dort, wo er bereit ist für seine Überzeugung sein Leben hin zu geben.
Henning von Tresckow am 21. Juli 1944.


Es ist Zeit, dass jetzt etwas getan wird. Derjenige allerdings, der etwas zu tun wagt, muss sich bewusst sein, dass er wohl als Verräter in die deutsche Geschichte eingehen wird. Unterlässt er jedoch die Tat, dann wäre er ein Verräter vor seinem eigenen Gewissen.
Claus Schenk Graf von Stauffenberg

http://de.wikipedia.org/wiki/Attentat_vom_20._Juli_1944



Es gibt Orte, wohin man nicht gerne geht, weil einem das eigene schlechte Gewissen im Wege steht; Orte des Grauens, vor denen man zurückschreckt, wenn man sich den Terror vergegenwärtigt, der von ihnen ausging.
Vergessen wird dabei, dass es auch Orte sind, wo die Würde des Menschen, der Anstand und die sittliche Haltung am greifbarsten werden, trotz des Schreckens. Ein solcher Ort ist die Gedenkstätte Plötzensee; ein ehemaliges Gestapo-Gefängnis, in welchem in ganz kurzer Zeit nahezu dreitausend Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus und die Hitlerdiktatur in menschenverachtender Weise hingerichtet wurden, darunter illustre Charaktere, die heute das Gewissen der Nation verkörpern und das bessere Deutschland repräsentieren.
Dorthin wollte ich allein gehen. Es wurde ein individueller, ein aufwühlender Gang, denn das eigene Gehirn hatte vieles noch nicht bewältigt. Als ich nach Deutschland kam, kam ich aus einer langen Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte. Sie hatte meinen Werdegang deutlich mitgeprägt. Und ich kam aus einer Widerstandsbewegung gegen ein totalitäres System. Nur bewältigt war noch gar nichts. Dafür waren die historischen Abläufe zu vielschichtig und zu komplex. Mir fehlte die geistige Durchdringung der Gesamtmaterie und noch mancher historische Baustein, um die Abläufe im deutschen Widerstand gegen Hitler bis hin zum Attentat am 20. Juli ganz zu verstehen. Einiges hatte ich mir bereits erarbeitet.
Mit unbestimmtem Grauen betrat ich die Anlage - als ein Eingeweihter in Sachen Menschenvernichtung. Sie hatte etwas von einer Schlachtbank, die an den Großen Terror während der Endtage der Französischen Revolution erinnerte. Die Guillotine, deren Anschaffung Hitler persönlich angeregt hatte, um das systematische Abschlachten von Menschen in industrieller Weise zu ermöglichen, war nicht mehr zu sehen. Sie war entfernt worden, um die Empfindungen der Nachwelt zu schonen. Nur die Haken waren noch da an einem Stahlträger – wie in einer Metzgerei – an denen die edelsten Köpfe der Nation aufgehängt worden waren, beim Kerzenschein und selbst in der Nacht, während draußen Bomben fielen.
Nun stand ich stand da, nach Jahrzehnten, und schaute in einen Raum, in dem es nichts zu sehen gab bis auf wenige Symbole des Schreckens, die zum Nachdenken anregen sollten, erfüllt von Bitterkeit und Grausen. Biographien einiger der Opfer rollten vor mir ab, individuelle Leidensgeschichten, Einzeltragödien mit Namen, deren Wohlklang ich schon im fernen Temeschburg vernommen hatte, ohne Details zu kennen; Namen aus dem Umfeld des Kreisauer Kreises und aus dem militärischen Widerstand gegen Hitler. Während ich starr da stand und stumm ins Leere blickte, drängten sich mir spärliche Bilder auf, verschwommene, vom Gehirn künstlich zusammengefügte Szenen aus dem Leben jener Charaktere, die hier hingemordet worden waren, nachdem sie ein perverses Polittribunal unter Rechtsbeugung im Schnellverfahren zum Tode verurteilt hatte.
Berthold Graf von Stauffenberg war in diesem Hinrichtungsschuppen würdelos erhängt worden; und mit ihm Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg und Korvettenkapitän Alfred Kranzfelder, nachdem der so genannte Volksgerichtshof ihnen einen schnellen Prozess gemacht und sie abgeurteilt hatte.
Ein kurzer Prozess? Leider wusste ich, was das war – den ich hatte selbst einen erleben müssen, mit glücklicherem Ausgang! Kein echter Vergleich – aber eine Ahnung davon.
Claus Schenk von Stauffenberg war bereits am 20. Juli – nach dem Scheitern des Attentats auf den Diktator Hitler – von einem Erschießungskommando in Berlin erschossen wurden. Mit ihm starben auf die gleiche Weise seine Mitverschwörer Albrecht Mertz von Quirnheim, Friedrich Olbricht und Hans-Bernd Haeften. Viele weitere Widerstandskämpfer folgten. Bevor Claus von Stauffenberg erschossen worden war, hatte er noch ausrufen können: Es lebe das geheiligte Deutschland!
Jetzt stand ich an der Stelle, wo Ströme Blut geflossen waren – so lange, bis die Guillotine versagte.
Dann wurde gehängt, makaber im Schein der Fackel.
Im Licht der Bombenfeuer und im Kampfgetöse des Zusammenbruchs waren die aufrichtigsten und wahrhaftigsten eines Volkes einfach aufgeknüpft worden wie Strolche und Tagediebe im rechtsfreien Raum!
Viele Unbeteiligte ahnten nichts davon. Viele Informierte blickten weg. Manche sahen zu. Und manche agierten, blind, fanatisiert oder aus reiner Bosheit heraus. Dass sich immer Menschen fanden, die bereit waren, andere Menschen umzubringen, einfach hinzumorden … Der Mensch – die Krone der Schöpfung? Und das im Volk der Dichter und Denker?
Wie dünn war das kulturelle Substrat wirklich? Wann wurde der Mensch zur Bestie? Auch darüber hatte ich bis zum Exzess, bis zur Grenze der Verzweiflung räsoniert, ohne eine Antwort zu finden.
In meiner Rückschau sah ich Helmuth James Graf von Moltke, den aufgeklärten Urgroßneffen des preußischen Feldherrn, der auf seinem Gut in Schlesien den Kreisauer Kreis begründet und am Leben gehalten hatte. Sein Tun war auf ein demokratisches Deutschland nach Hitler gerichtet. Und er handelte, vom Gewissen getrieben. An einem dieser Haken vor mir musste er unwürdig sterben.
Dann  sah ich Adam von Trott zu Solz, den Spross einer alten Diplomatenfamilie, der bereits 1939 im Widerstand agierte und als Diplomat in London und New York um Kontakte zu den dortigen Regierungen bemüht war, aber überhört wurde. Weder in England, das, wie man heute weiß, damals vor der Münchner Konferenz den Krieg noch hätte verhindern können, wenn es Hitler mit einer Kriegsandrohung Einhalt geboten hätte, noch in Amerika war er ernst genommen worden. Vielleicht, weil er sehr früh opponierte. Aber verhöhnt wurde er und zynisch abgewiesen, als die Logik des Krieges ihrer Autodynamik verfiel. Also flog er auf und musste hängen, weil das Unrechtssystem der Braunen Diktatur es so befahl.
Und ich sah Peter Graf Yorck von Wartenburg und Hans von Dohnanyi, zwei andere konservative Intellektuelle, Widerstandskämpfer frühester Stunde, die sterben mussten, damit ein kranker Diktator weiter leben und im Endkampf nochmals Millionen Menschen in den Tod schicken konnte.
Weiter sah ich vor meinem geistige Auge Carl Friedrich Goerdeler, den aufrechten konservativen Politiker und Widerständler, gedemütigt vor dem Volksgericht stehen, einem schreienden Richter Freisler ausgeliefert, der mit der gleichen Dämonie schrie wie Hitler geiferte.
Goerdeler sollte nach Hitlers Sturz der künftige Reichskanzler sein. Da, wo ich jetzt stand, wurde er enthauptet, nachdem seine schon angefertigten Minister-Listen den Schlächtern weitere Opfer ans Messer geliefert hatten. Wie gut, dass unsere Liste nicht gefunden worden war. Listen, das sind oft Todeslisten ….
Die Reihe der aufrechten Charaktere, die nur an dieser Stelle von Verbrechern hingemordet wurden, fern von Recht und Gesetz, fern von Gnade, wollte kein Ende nehmen. Es gab doch aufrechte Deutsche, die, ihrem Gewissen folgend, in schwerer Zeit das Richtige taten. Manche von Anfang an; andere wie die Hitlerattentäter Henning von Tresckow und Claus von Stauffenberg später, nachdem die Menschheitsverbrechen, die aus der Logik des Krieges resultieren, die verbrecherischen Führerbefehle aus dem Bunker und der befohlene Mord an Frauen und Kindern nicht mehr zu rechtfertigen waren. Aber sie handelten aus höherer Einsicht und von wahrer Verantwortung für Volk und Vaterland getrieben!
Die Tat Stauffenbergs hatte mich immer schon beschäftigt; schon damals, als unser kleiner Widerstandskreis sich formierte, in den Tagen der Untersuchungshaft und in den langen Nächten des Gefängnisaufenthalts.
Jetzt war ich hier am Ufer der Spree in Plötzensee, am Ort des Geschehens. Hier war, Stunden nach dem Attentat, die Operation Walküre angelaufen, der Auftakt zu einem Staatsstreich, der ein demokratisches und freies Deutschland begründen sollte. Eine Reihe ungünstiger Zufälle und befehlsblinde Offiziere - wie der von Hitler zum Generalmajor beförderte Ernst Otto Remer, dem ich bald darauf unter anderen Umständen begegnete - führten zum Scheitern des letzten großen Aufbegehrens für Freiheit und Gerechtigkeit. Während Revisionisten wie Remer, der die Widerstandskämpfer um Graf von Stauffenberg öffentlich als Vaterlandsverräter bezeichnet hatte, Hetze und Hass verbreitend weiterlebten und bis ins hohe Alter hin der weltanschaulichen Haltung ihrer persönlichen Glanzzeit treu blieben, mussten die eigentlichen Widerstandskämpfer und mit ihnen ungezählte andere aufrichtige Deutsche, die an dem politischen Umsturz mitgewirkt hatten, ihr Leben lassen, während ihre Familien in Sippenhaft genommen und lange diskriminiert wurden. War das gerecht? Nach Remers Putschvereitelung forderten die kommenden Monate des fortgesetzten Krieges an allen Fronten mehr deutsche Opfer als die Kriegsjahre seit dem Ausbruch.
Etwas von dieser schier unbegreiflichen Tragik rollte in meinem Gedächtnis ab, nach Szenen, die ich aus Büchern kannte, aus Dokumentationen und vom Bildschirm. Viel Mut war bewiesen worden in einem Aufstand des Gewissens gegen massives Unrecht: Ich sah Trott zu Solz’ entschlossene Selbstbehauptung gegenüber dem Scheusal Freisler, und sah, wie Erwin von Witzleben von derselben Bestie in Robe niedergeschrieen wurde.
Das Bildnis Dietrich Bonhoeffers einsam in der Zelle sitzend, drängte sich mir auf, ein Christ vor Gott, in Gebete, in Verse vertieft, Zeilen eines geistigen Vermächtnisses aufsetzend, den Blick voller Zuversicht zum Himmel erhoben.
Miserere domine!
Und dann hörte ich erneut, klar wie die Posaunen von Jericho, die leitmotivische Mahnung des Claus von Stauffenberg:
Es lebe das geheiligte Deutschland!
An diesem Ort verblutete das andere Deutschland; seine Edelsten und Besten ließen hier ihr Leben im bewussten Opfergang für das gesamte deutsche Volk, um ihm, dem geopferten Phönix, nach dem Zusammenbruch eine Reinwaschung zu ermöglichen von den Menschheitsverbrechen, in die es der dämonische Diktator Hitler gestürzt hatte und ein österliches Wiederauferstehen.
Doch war Stauffenbergs Tat repräsentativ für den deutschen Widerstand gegen Hitler kein letztes müdes Aufbäumen kurz vor dem Untergang, als das Gewissen gegen das maßlose Unrecht und Leid aufbegehrte, sondern eine bewusste Gegnerschaft, ein luzider Widerstand gegen ein totalitäres System, der von frühester Stunde an da war und konsequent durch gehalten wurde – bis in den Tod.



Foto: Carl Gibson

Die Dichter und Denker blicken oft weg, wenn Urecht geschieht - damals ...
 und heute?


Es entspricht nicht der historischen Wahrheit, wie vor allem im Osten Europas immer wieder behauptet worden war, das gesamte deutsche Volk hätte geschlossen hinter Hitler gestanden, es hätte seine Aggressionspolitik mitgetragen, sein Hegemoniestreben, seinen Imperialismus; und es hätte seine Verbrechen gedeckt.
Richtig ist, dass es aus dem deutschen Volk heraus einen höchst beachtlichen Widerstand gegen Hitler gab – und dies von Anfang an aus Prinzip, lange noch bevor die schlimmen Wahrheiten bekannt wurden.
Wie vom Teufel persönlich beschützt, überlebte der Führer vierzig Anschläge! Eine makabre Groteske des Zufalls, eine Undenkbarkeit! Und Ceauşescu, dem wir kleine Dissidenten nichts entgegen zu setzen hatten, was mit der Operation Walküre vergleichbar gewesen wäre? Keinen!
Doch vom systematischen Kampf gegen Hitler wusste selbst ich, der historisch interessierte Europäer, der westliche Medien auswertete, wenn sie erreichbar waren, im fernen Banat fast nichts.
Erst späte westliche Quellen und die intensive Beschäftigung mit der Materie über Jahre erschlossen mir die volle Dimension des deutschen Widerstands gegen den Nationalsozialismus, der von allen Teilen der Bevölkerung getragen wurde, vom einfachen Mann aus den Volk wie Georg Elser im Münchner Bierkeller bis in die Spitzen der Wehrmacht zu Persönlichkeiten wie General Ludwig Beck, dem Gehirn des versuchten Staatsstreichs vom 20. Juli.
General Beck durchschaute die kriminellen Machenschaften Hitlers schon sehr früh und setzte seit 1938, also noch vor dem Einmarsch in die Tschechoslowakei, alles daran, den Widerstand gegen Hitler zu fördern, um den Diktator von der Macht zu entfernen. Die Generalität unterstützte ihn – nur England zögerte, als um Mitwirkung angesucht wurde. Wenn wir euch gegenüber so aufrichtig gewesen wären wir ihr im Gespräch mit uns, dann hätten Hitlers imperialistische Expansion, der Zweite Weltkrieg und mit ihm 55 Millionen Opfer vermieden werden können, bekennen die Briten heute offenherzig. Sie haben ihre moralischen Hausaufgaben inzwischen fast erledigt und einiges zur Vergangenheitsbewältigung beigetragen.
Auf andere kommt dieser Komplex noch zu – auch auf die Rumänen!
An dieser matten Stelle in der ehemaligen Reichshauptstadt Berlin starben für ihr Vaterland – aus einer ethischen Überzeugung und tiefer protestantischer Gesinnung heraus – innerhalb von Monaten fast dreitausend Menschen. Unter den Opfern waren auch herausragende Repräsentanten der militärischen Elite: Erwin von Witzleben und Karl Heinrich von Stülpnagel. Sie opferten ihr Leben für höhere Werte, für Gerechtigkeit, politische Freiheit und Vaterlandsliebe.
Erwin von Witzleben war als Generalfeldmarschall der ranghöchste Soldat, der von den Nationalsozialisten ermordet wurde, nachdem sie auch ihn, den General der noch vor Jahren als erster jene verhängnisvolle Vereidigung der Wehrmacht auf den Führer durchgeführt hatte, öffentlich degradiert, vor den Volksgerichtshof gezerrt und in einem schäbigen Schauprozess, ohne Hosenriemen der Lächerlichkeit preisgegeben, entwürdigt, beleidigt und gedemütigt hatten.


Foto: Carl Gibson

Das KZ-Gelände von Buchenwald - Locus terribilis, 
Ort des Grauens,
Ort des Schreckens,
ort des Verbrechens,
die Diktaturen mahnen. 

Erwin von Witzleben, dessen Stammbaum bis ins 12. Jahrhundert zurückverfolgt werden kann, ging bereits 1934 auf Distanz zu Hitler. Die Ermordung Ernst Röhms auf Befehl Hitlers, wobei Teile der Wehrmacht mit involviert und somit instrumentalisiert wurden, sowie die ebenfalls von Hitler angeordneten und öffentlich im Reichstag verteidigten Ermordungen der Generale von Schleicher und von Bredow bei krasser Hinwegsetzung über die geltenden Gesetze hatten ausgereicht, um diese Haltung, die er mit General Beck, General von Stülpnagel, mit Henning von Tresckow und anderen oppositionellen Militärs teilte, herbei zu führen.
Erwin von Witzlebens Plan, den Usurpator Hitler bereits 1938, also zu einem Zeitpunkt von der Macht zu entfernen, als Europa noch nicht an allen Ecken brannte, scheiterte an einem dummen Zufall der Geschichte – an der Beschwichtigungspolitik der Engländer, am Appeasement Chaimberlains und dem verhängnisvollen Münchner Abkommen, das die Tschechoslowakei dem Diktator auslieferte und ihn mit diesem - so genannten diplomatischen - Erfolg nach innen hin stärkte; der Opposition hingegen jeden Wind aus den Segeln nahm. General Halder und von Witzleben konnten bei entsprechender politischer Kulisse ihren Plan, Hitler verhaften zu lassen nicht durchsetzen. Die späteren Blitzkriegerfolge in Polen und Frankreich erzielten den gleichen Effekt und zementierten noch den Mythos der Unfehlbarkeit.
Auch der gemeinsame Plan General von Stülpnagels, damals Oberkommandierender der Wehrmacht in Frankreich, und von Generalfeldmarschall Erwin Rommel, der die Abwehrmaßnahmen einer drohenden Invasion am Kanal koordinierte, Hitler zu einer Besichtigung der Wehranlagen nach Westfrankreich zu locken, um ihn dort durch loyale Truppen der Wehrmacht verhaften zu lassen, scheiterte an einem dummen Zufall. Hitler, der bis dahin immer wieder Gründe finden konnte, nicht nach Frankreich zu reisen, blieb endgültig fern, nachdem eine nach England gelenkte V 1 versehentlich im Abwehrgebiet einschlug.


Foto: Carl Gibson

Hier ermordeten NS-Schergen der Kommunist Ernst Thälmann.

Nach dem gescheiterten Staatsstreich von 20. Juli nahmen sich General von Beck, Generalfeldmarschall Rommel, Henning von Tresckow und andere Mitverschwörer selbst das Leben, nicht zuletzt, um keine anderen Mitwisser in drohenden Verhören zu belasten. 
Heinrich Karl von Stülpnagel richtete seine Pistole an die Schläfe und schoss sich durch den Kopf. Er überlebte schwer verwundet – und wurde wahrscheinlich noch von der Gestapo gefoltert bevor er in dieser Halle an diesem Haken wie ein Strauchdieb erhängt wurde.
Wie er starb hier, wo meine Füße ruhten, der andere aufrechte Soldat, der nach einem Umsturz die Führung der Wehrmacht übernommen hätte: Erwin von Witzleben.

Wie viel menschliche Größe war hier verrauscht, hier vor mir?
Wie konnte ich alle würdigen und die Erinnerung an ihre altruistischen Taten wach halten? Und das große Aufbegehren jedes einzelnen Opponenten, jedes offenen Regimekritikers ins rechte Licht rücken? Die Taten von Tausenden, die gegen das Unrecht aufstanden und ihr Leben hingaben, um es zu beseitigen?
Wo war jetzt die heitere Gelassenheit eines Dietrich Bonhoeffer, der mit Gottvertrauen zuversichtlich in den Tod ging, in der Hoffnung auf das wahre Leben? Tragische Betroffenheit überkam mich – und ein spätes Schaudern vor der Dämonie des Bösen, auf die ich keine Antwort fand.

Wie viele einfältige Leute hatte ich über das Böse plaudern hören, philosophisch abstrakt und ironisch wie Mephisto in Faust. Das Böse der Geschichte war echt und immer noch real. Gleichzeitig spürte ich aber auch etwas von der Macht des Ethos, das über Jahre aufrechterhalten und von ganz unterschiedlichren Charakteren vorgelebt wurde.
An solchen Taten verblasste das eigene Tun.
Doch die Botschaft der Geschichte ist eindeutig – der Mensch muss in jeder Situation am Humanum festhalten und alles menschenmögliche tun, um es zu beschützen. Die Würde des Menschen, Freiheit und Gerechtigkeit sind Grundwerte, die über allem positiven Recht angesiedelt sein müssen – auf nationaler wie auf internationaler Ebene. Die Verfassung der Bundesrepublik ist eine nationale Antwort darauf – die Charta der Vereinten Nationen die Antwort der Völkergemeinschaft.
Wir hatten auch einiges erlebt in unserer Auseinandersetzung mit dem repressiven System einer Diktatur. Doch was waren unsere Erlebnisse gemessen an der Tragik, die an dieser Stelle kulminierte und im Vergleich mit dem Grauen in den Konzentrationslagern mit dem millionenfachen Tod, Leid und Schrecken, der sich im Anonymen und Namenlosen vollzog?
Das Böse hatte wieder einmal über das Gute und Gerechte triumphiert. Und das Feige über Mut und Tapferkeit! Die gesamte Weltordnung schien für alle Zeiten erschüttert. Wie schwer war es doch, in kritischer Zeit aufrecht zu gehen?
Vor dem schweren Gang an den Unort hatte ich mir eine Liste besorgt – schon wieder eine Liste - mit den Namen der Beteiligten des nationalen Aufstandes vom 20. Juli 1944, die für die Sache der Freiheit ihr Leben hingegeben hatten. Darunter waren viele illustre Persönlichkeiten bis hin zu legendären Gestalten wie Feldmarschall Erwin Rommel. Jede von ihnen wirkte als Vorbild. Und jede von ihnen verdient eine würdige Auseinandersetzung. Denn hinter jedem individuellen Einsatz für Freiheit und Demokratie bei Preisgabe des eigenen Lebens steht eine schwere Gewissensentscheidung, ein Golgotha-Erlebnis, zu dem in schwerer Zeit nur die wenigsten Menschen fähig waren.
Noch einmal sah ich zu den Haken hin und erkannte dort die Gnade meines Schicksals durch die späte Geburt. Wäre das Baumeln dort am Haken mein Los gewesen, wenn ich einige Jahrzehnte früher gelebt hätte? Wie hätte ich mich entschieden? Hätten mein Patriotismus und mein Ethos ausgereicht, um dort zu hängen?
Berechtigte Zweifel kamen auf … Wir hatten es einfacher! Wir wussten, wo wir zu stehen hatten und wo wir standen! Dafür musste ich dankbar sein. Die Zweifel an der eigenen Festigkeit wurden deutlicher, je mehr ich über die innere Entscheidungssituation der Widerständler nachdachte. An ihrer Entschlossenheit verblasste die meine. Als ich ging, ging ich in tiefer Betroffenheit, doch unerfüllt über den Verlauf der Geschichte.

Auszug aus dem Werk: Carl Gibson, Symphonie der Freiheit. Widerstand gegen die Ceausescu-Diktatur. 2008.


Foto: Monika Nickel

Auf den braunen Totalitarismus folgte der rote - Reste der "Berliner Mauer", 
entdeckt: 
1000 Kilometer südlich der deutschen Hauptstadt
irgendwo in Südbaden - sie erinnern und mahnen.

Die Opfer der beiden Diktaturen auf deutschem Boden im 20. Jahrhundert sollen nicht umsonst gewesen sein. 


Dort, wo die Würde des Menschen bedroht wird, ist Widerstand angesagt - überall, weltweit.



Mehr zum Thema Kommunismus hier:

Carl Gibsons neues Buch

zur kommunistischen Diktatur in Rumänien -

über individuellen Widerstand in einem totalitären System.





Allein in der Revolte -

im Februar 2013 erschienen.

Das Oeuvre ist nunmehr komplett.
Alle Rechte für das Gesamtwerk liegen bei Carl Gibson.

Eine Neuauflage des Gesamtwerks wird angestrebt.


Carl Gibson

Buchrückseite





Fotos von Carl Gibson: Monika Nickel

©Carl Gibson. Alle Rechte vorbehalten.
 
 
 

 



 

Verfälschte rumänische, deutsche und europäische Geschichte, SLOMR. Wichtige Dokumente zum Widerstand in der Ceausescu-Diktatur, 

Carl Gibsons Buch „Allein in der Revolte“ - und die Besprechung dazu:  Luzian Geiers „Mehr als „eine Jugend im Banat“,  eine Rezension, die keine ist bzw. Gegendarstellung des Autors Carl Gibson mit Richtigstellungen und wesentlichen Zusatzinformationen.




Carl Gibson, Autor, Philosoph

Rumänische Geschichte, Wichtige Dokumente zum Widerstand in der Ceausescu-Diktatur,


Über Carl Gibsons neuestes Buch „Allein in der Revolte“,


Luzian Geiers „Mehr als „eine Jugend im Banat“,
eine Rezension, die keine ist

Gegendarstellung des Autors Carl Gibson mit Richtigstellungen und wesentlichen Zusatzinformationen.


 Carl Gibson, Allein in der Revolte, 


Online-Fassung (nach meiner Intervention bereits redaktionell abgeändert, korrigiert) hier:

http://www.siebenbuerger.de/zeitung/artikel/kultur/13649-allein-in-der-revolte-carl-gibsons.html



Ist Luzian Geiers „Mehr als „eine Jugend im Banat“ über Carl Gibsons neuestes Buch „Allein in der Revolte“, besprochen in der „Siebenbürgischen Zeitung“ (Druckausgabe!) vom 15. August 2013 eine gut gemeinte Gefälligkeitsrezension?

Gefälligkeitsrezensionen sind bekanntlich kontraproduktiv – sie schaden dem Autor und dem Rezensenten, weil sie auf Anhieb als konstruiert durchschaut werden und in der Regel an des Pudels Kern vorbei gehen, auch wenn sie scheinbar kritisch daherkommen.
Eine Buchbesprechung dieser Art ist zweifellos Luzian Geiers jüngster Schnellschuss.
Obwohl der Journalist Luzian Geier, der sein Handwerk bei KP-Genosse Nikolaus Berwanger in Temeschburg im Banat bei der „Neuen Banater Zeitung“ erlernte, mein Werk bestenfalls quergelesen, also nur oberflächlich durchblättert hat, tut er in seiner „Besprechung“ so „als ob“ das Gegenteil der Fall sei.
Statt den essentiellen Fragen auf den Grund zu gehen, statt die Leistung einer mehrjährigen, intensive Forschungsarbeit herauszustellen, sie zu würdigen oder zu tadeln, verbeißt sich der Rezensent haarspalterisch-pedantisch am Akzidentiellen.
Dabei lenkt vom – gewollt oder ungewollt – vom Wesentlichen ab, von der eigentlichen Substanz des Buches, von seiner Botschaft und dem ihm immanenten Geist.
Namentlich wird das besondere Anliegen der Publikation in zwei Bänden, namentlich die Aufklärung kommunistischer Verbrechen und grober Menschenrechtsverletzungen während der Ceausescu-Diktatur in Rumänien, praktisch unterschlagen – mit Absicht oder nicht!?
Die wichtigsten Sach-Informationen zur Publikation, die zur Lektüre ermuntern sollen, bleiben ebenfalls auf der Strecke
So erfährt der werte Leser, der eine angemessene Auseinandersetzung mit aufklärenden Materie aus der Insider-Sicht eines oppositionellen Antikommunisten erwartetet, in dieser etwas merkwürdigen Buchpräsentation nicht explizit, dass mit dem fünf Jahre verspätet vorgelegten Band
„Allein in der Revolte“
eben der lange ausstehende, nur durch Intrigen verhinderte, zweite Teil der „Symphonie der Freiheit“ der Öffentlichkeit präsentiert wird –
und somit ein weiteres Werk zur Geschichte der konkreten politischen antikommunistischen Oppositionen in Rumänien während der Ceausescu-Diktatur, zum Widerstand bzw. zur Gründung der freien Gewerkschaft rumänischer Arbeiter SLOMR.

Die Veröffentlichung der Publikation, die im eigentlichen Sinne des Wortes nicht „neu“ ist, sondern dem Ausausarbeitungsstand der „Symphonie der Freiheit“ (2008) entspricht, musste – trotz eindeutiger vertraglicher Regelung nach jahrelangem Hin und Her zwischen Autor und Verlag – letztendlich juristisch durchgesetzt werden.

Wer dieser Autor Carl Gibson ist, erfahren die bundesdeutschen Leser (auch jene der Online-Ausgabe der SbZ) in Luzian Geiers Rezension ebenfalls nicht, vermutlich weil der aus der Nachbargemeinde Jahrmarkt im Banat herstammende Rezensent davon ausgeht, dass die aus Rumänien ausgesiedelten Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben ihre Pappenheimer wohl kennen … wie jenen bunten Hund.

Ob hier ein reiner „Schriftsteller“ aus der Langeweile heraus nur fiktionale, „schöngeistige Literatur“ produziert und postdadaistische Experimente in die Welt setzt oder ob ein durch mehrere einschlägige Buchveröffentlichungen ausgewiesener „Historiker“ ein weiteres Sachbuch veröffentlicht, ein „zeitkritischer Philosoph“ einen tausend Seiten-Essay über Freiheit und Widerstand, Material, aus dem eine Herta Müller wohl zehn bis zwanzig dünne Büchlein fabriziert hätte, oder ob letztendlich ein ganz normaler, (unbedeutender) Zeitzeuge spricht, der bestimmte Ereignisse während der Zeit des kalten Krieges und der Konfrontation zweier ideologisch antagonistischer Blöcke miterlebt hat, um diese dann a posteriori subjektiv darzustellen, erfahren die Leser ebenso wenig, obwohl der zweite, doppelte Untertitel das aussagt:

Aufzeichnungen eines Andersdenkenden –
Selbst erlebte Geschichte und Geschichten aus dem Securitate-Staat

Nach Geier artikuliert sich da nicht etwa ein „ehemaliger Bürgerrechtler“, der in die „antikommunistische Opposition schlitterte“, weil ein repressives, totalitäres System ihn in diese Rolle gedrängt hatte - und der dann mehrere Jahre seines Lebens die Kommunisten und die Unterdrückungsformen der verbrecherischen kommunistischen Partei bekämpfte, sondern ein ganz beliebiger Autor, der sich quasi selbstgefällig selbst zum „Andersdenkenden“ stempelt und der ein beliebiges Buch vorlegt, das er als gar als „Lebenswerk“ verstanden wissen will.
Diese undifferenzierte Ambivalenz, die mich in ein falsches, ja hybrishaftes Licht rückt, kann ich so nicht stehen lassen, vor allem deshalb nicht, weil daraus eine unberechtigt erscheinende Selbststilisierung herausgelesen werden kann und weil die Relevanz der Publikationen so en passant untergraben wird. Auf diese Weise kann man Bücher kleinreden

Es mag sein, dass Luzian Geier, wie im Internet auf der Plattform Kulturraum Banat selbstdarstellend zu erfahren ist, in landsmannschaftlichen Kreisen, wo die „Pipatsch“ als Quintessenz der Intellektualität gilt, ein vielgefragter Referent und vielbeschäftigter Schreiber agiert.
Wenn er aber ein zeit- und ideologiekritische Buch zur Besprechung annimmt, dann sollte er –auch ohne Honorar - sauber und gewissenhaft arbeiten -wie etwa der journalistische Kollege Hans-Peter Kuhnhäuser von der „Tauber-Zeitung“, der zwei Monate seiner Zeit in die Lektüre von „Allein in der Revolte“  investierte , sich als Bundesdeutscher wacker durch die diffizile Materie kämpfte, um dann nach sechs weiteren Stunden des persönlichen, vertiefenden Gesprächs mit dem Autor Carl Gibson seinen umfassenden Bericht anzugehen.


Die am 22. Juni 2013 veröffentlichte Buchbesprechung „Auf der Suche nach Freiheit“ ist ein gründlich recherchierten Bericht, in welchem alles Wesentliche nachgelesen werden, namentlich gerade das, was bei Geier –mehr oder weniger bewusst - unter den Tisch fällt, nämlich die „Revolte“ eines Jugendlichen im Banat gegen realkommunistische Missstände.

Während der Bad Mergentheimer Journalist mein Werk aus eigenem Antrieb heraus rezensieren wollte, eben weil er sich mit der „Idee der Revolte“ gegen das Etablierte identifizierte, hat man den Eindruck, anderen Journalisten aus der systemkonformen Ecke liege das Thema Widerstand im Kommunismus überhaupt nicht, nicht zuletzt deshalb, weil sie, bevor sie die chamäleonhaft die Fronten wechselten, opportunistisch mit dem Strom schwammen wie tote Fische und nicht „gegen den Strom“!

Dann aber sollten diese ehemaligen direkten und indirekten Handlanger des Kommunismus – „cu musca pe caciula“ - konsequent bleiben, zu ihrer früheren Mitläufer-Rolle als KP-Mitglieder und Kommunismus-Rechtfertiger stehen, ohne aus falsch verstandener, vom schlechten Gewissen getriebener Kompensation die Biographie der echten Opfer des Kommunismus „würdigen“ zu wollen, auch nicht, um etwas wieder gut zu machen, denn Halbheiten verfälschen mehr als ein radikaler Verriss.
Leider Gottes tummeln sich im journalistisch-literarisch-intellektuellen Bereich überwiegend Leute mit KP-Vergangenheit, die schon aus Selbstrechtfertigungsgründen immer wieder den Bock zum Gärtner machen. Die Geschichte der echten Opfer des Kommunismus wird heute allzu oft von Tätern und Mitläufern geschrieben, die, ohne Verständnis für das Engagement, die Perspektive und Moralität des Opfers nur selten in der Lage sind, tatsächliche Leistungen der anderen Seite objektiv zu würdigen. Den kleinkarierten, oft von Neid und Missgunst und Ressentiments angetriebenen Opportunisten und Karrieristen vorn gestern fehlen in der Regel das intellektuelle Format und die menschliche Größe, den Einsatz und sie Leistungen anderer und konkret Politischen oder im Geistigen anzuerkennen. Wer selbst nichts Großes hervorgebracht hat, missgönnt dies anderen.

Viele Lügen und Mythen aus der Welt der Securitate und des Kommunismus wurden erst möglich, weil recherchefaule Journalisten nicht sauber arbeiteten. Der überwiegend positiv-wohlwollende Duktus einzelner Ausführungen der Besprechung, mit der vielleicht andere gut leben könnten, wird nicht darüber hinwegtäuschen.
Gefällige, ja schmeichelnde Bemerkungen, Carl Gibsons neues Buch sei „lesenswert und sogar empfehlenswert“ sind zwar gut gemeint, machen die Sache aber nicht besser.
Ganz im Gegenteil - sie lenken von der eigentlichen Substanz und Botschaft des Werkes ab – und sie wirken auch deshalb unglaubwürdig, weil das dagegengehaltene „Kritische“ keine Kritik ist, sondern, wie noch zu zeigen sein wird, nur an den Haaren herbei gezogene Unterstellung.

Meine Intention, im Nachwort, das einer Selbstrezension des Gesamtwerkes gleichkommt, ausführlich dargelegt, bestand nicht nur darin, das allgemeine wie politische Leben in Rumänien nach 1944 einzufangen, es plastisch zu beschreiben und zu werten – das können andere Autoren auch … und vielleicht auch besser, als ich es schilderte.

Meine eigentliche Absicht war und ist, in dem Gesamtwerk „Symphonie der Freiheit“ und „Allein in der Revolte“  einige Jahrzehnte real existierender Kommunismus-Realität einzufangen.

Darüber hinaus galt es, einige Jahre intensiv erlebter und durchlittener antikommunistischer Opposition zu schildern, aus der Sicht eines der selten gewordenen echten Securitate-Opfer der nachstalinistischen Zeit, mit einprägenden existenziellen Ereignissen, mit Securitate-Verhör, mit Folter, mit Haft, mit Menschenrechtsverletzungen unterschiedlicher Art.

Mir kam es nicht auf Unterhaltung an, auf die Fabrikation effekthaschender Belletristik, sondern vielmehr auf die „objektive Aufklärung kommunistischer Verbrechen während der Diktatur in Rumänien, die immer noch nicht erfolgt ist, nicht zuletzt deshalb, weil die öffentliche Debatte darüber noch nicht angemessen stattfand, ja verhindert wurde – unter anderem durch das systematische Boykottieren und Totschweigen einzelner Werke wie „Symphonie der Freiheit“.

Die sogar mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Belletristin Herta Müller war sich nicht zu schade, gerade diese authentischen Passagen aus meiner „Symphonie der Freiheit“ und aus den vorab veröffentlichten Teilen aus „Allein in der Revolte“  zu lesen, auf ihre Art zu rezipieren, sie umzumünzen und sie – hochgradig plagiatsverdächtig – in eigenen Beiträgen quasi als selbst gemachte Erfahrungen mit der Securitate auszuschlachten.

Das hätte dem kritischen Rezensenten auffallen können, wenn er denn wirklich akribisch und mit literaturhistorisch-analytischem Sachverstand vorgegangen wäre. Das ist in Geiers „Besprechung“ leider nicht der Fall.

Nichts von dem eminent Wichtigen aus „Allein in der Revolte“ kommt in seiner Buchrezension vor, weder die Schilderung der Ereignisse des „Prager Frühlings“ im Jahr 1968 und die Auswirkungen, noch die Goma-Menschenrechtsbewegung, der ich angehörte oder mein lebensgefährlicher Fluchtversuch an der Donau.
Nahezu alle Schlüsselwörter fehlen, Begriffe und Ausdrücke wie Diktatur, Repression, Kommunismus-Kritik, Revolte, Opposition, Nicolae Ceausescu, SLOMR, deutsche Identität, Widerstand etc.

Wasch mir den Pelz, doch mach mich nicht nass?
Wer Angst vor der brisanten Materie hat, vor der Securitate- und Kommunistenvergangenheit, wer Angst vor Herta Müller hat und vor ihrem Seilschaften, wer Ross und Reiter nicht beim Namen nennen will, der sollte die Finger von politische heißen Buchbesprechungen lassen!

Statt den in meinem Buch dargelegten Oppositionskampf anzusprechen, die Bedingungen von Widerstand im Kommunismus zu erörtern,  das Ringen um Freiheit und deutsche Identität, relevante Themen, denen ich viele Kapitel widme, hält sich Geier, der seinerzeit, als wir opponierten, ein systemloyaler Journalist war – von Haus aus Lehrer - mit Marginalien auf, unter anderem mit dem undifferenzierten Hinweis, ich würde eine Pauschalschelte betreiben und unter anderem meine einstigen Lehrer tadeln.
Wo betreibe ich eine Pauschalschelte?
Meine Lehrer, und das waren bestimmt nicht die staatstragenden Säulen des Systems und der kommunistischen Ideologie, werden in dem Buch durchaus gewürdigt, gerade jene Lehrer und Vorbilder, die mir frühzeitig den Sinn für Freiheit schärften, für das „Lieber tot als in Sklaverei“ der alten Germanen. Angeprangert habe ich nur einen ominösen „Lehrer“ mit Parteibuch und einige weitere, die ihre Schutzbefohlenen prügelten, züchtigten und psychisch quälten, statt sie zu unterrichten.
Wenn der Rezensent mehr und genauer gelesen hätte, dann wäre ihm bestimmt noch einiges mehr aufgefallen.

Dass Luzian Geier das Buch, das er unbedingt besprechen wollte, auf keinen Fall besonders intensiv gelesen haben kann, spricht aus dem meinem Werk zugeordneten Titel
 „Gegen den Strom“,
ein Titel, der überhaupt nicht mehr existiert.

Der zweite Band der „Symphonie der Freiheit“ trägt in großen Lettern die Überschrift
„Allein in der Revolte“.
Es ist rätselhaft, wie dieser die Gesamtkonzeption vorgebende Haupttitel übersehen werden konnte!
Wie konnte das passieren? Peinlich, peinlich!

Statt bei mir das Haar in der Suppe zu suchen, andeutend man hätte gründlich gelesen und besitze Insider-Wissen, hätte Geier den Pfahl in eigenen Auge erkennen müssen.

(In der Online-Ausgabe der Rezension in der SbZ vom 16. August wurde der verräterische Fauxpas redaktionell korrigiert – aber erst nach meiner Intervention! )

Doch woher kam der der Drang, gerade mein kommunismuskritisches Werk besprechen zu wollen, nachdem der Rezensent doch schon vorgewarnt war?

Luzian Geier wollte bereits seinerzeit (2008) die „Symphonie der Freiheit“ für die „Siebenbürgische Zeitung“ besprechen.

Laut Röll-Verlag bekam er damals zwei Exemplare. Wenn er seinerzeit auch darin gelesen hat, kannte er die Materie, die Sprache, den Stil, die Konzeption, die Intention.
Eine Besprechung aber, mit der ich als im öffentlichen Focus stehender Autor fest gerechnet hatte, wurde Monate lang hinausgezögert blieb damals schließlich gänzlich aus, aus welchen Gründen auch immer. Der antikommunistische Bürgerrechtler und Zeitzeuge hatte das Nachsehen! Rezensiert haben damals andere, auf die dann aber auch Druck ausgeübt wurde.

(Vielleicht hatte die von Richard Wagner und Herta Müller verkündete Vendetta-Enthüllungs-Kampagne, die in dem Lügen-Artikel im Wochenmagazin DIE ZEIT gipfelte, einige Leute so sehr zurückgescheucht und sie abgehalten, für den Aufklärer Carl Gibson Partei zu ergreifen.
Jedenfalls freuten sich die von mir in der „Symphonie der Freiheit“ heftig kritisierten Kommunisten aus der so genannten Aktionsgruppe Banat, dass einiges an Fakten nicht an die große Glocke kam und dass die vielen Lügen der Herta Müller nicht weiter beachtet wurden.

So, durch verhinderte Aufklärung, wurde schließlich ein Nobelpreis möglich!)

Bis zum heutigen Tag weiß ich nicht, weshalb Geier mein Werk rezensieren wollte und weshalb der den Auftrag nicht zurückgab, als er feststellte, dass er nicht liefern kann oder will.

Auf diese Weise wurde eine wichtige Besprechung blockiert und verhindert, die ein anderer Rezensent vielleicht sachkompetent erstellt und abgeliefert hätte.

Auf diese Weise wurde seinerzeit auch die kritische, von mir öffentlich geführte  Diskussion um Herta Müllers „moralische Integrität“ ausgehebelt, da die breitere Debatte vereitelt und verhindert wurde.

Auf diese Weise wurde die Nobelpreisehrung einer verlogenen Plagiatorin möglich, die nicht nur aus meinem Aufklärungswerk dreist abgeschrieben hat.


Weshalb bemühte sich Geier dann noch um den zweiten Band?

Wollte Luzian Geier nunmehr etwas wieder gut machen, wo der Kelch doch an einigen vorbei gegangen war und das Racheschwert einige Köpfe geschont hatte?

Als eine Art Kompensation?
Also war ich nicht sehr „amused“, als mir die SbZ-Redaktion den Namen des Rezensenten mitteilte, da mich das monatelangen Abwarten und endgültige Ausbleiben der mehrfach zugesagten Symphonie-Rezension (2008) irritiert und belastet hatte.

Angesetzt waren nun ab März 2013 ein bis zwei Monate Bearbeitungszeit. Als nach vier Monaten Wartezeit immer noch keine Ausarbeitung vorlag, befürchtete ich schon den bereits erlebten Präzedenzfall eines dilatorischen Hinauszögerns ins Nichts.

Nach dem Nachhaken kam dann dieser inadäquate Schnellschuss, der sich nur ganz wenigen Abschnitten widmet, der aber über Struktur, Form, Stil und Sprache meines Werkes nichts aussagt. Ein Buch besteht jedoch nicht nur aus Inhalt!
Und wer ein komplexes Werk angemessen besprechen will, der sollte vielleicht selbst einmal einen anspruchsvolle Buchpublikation vorgelegt haben.

Wie auch immer …
Von meiner Enttäuschung – nach einer Wartezeit von immerhin fünf Monaten – über den nun vorgefundenen kurzen Abriss, berichtete ich auch der „SbZ“-Redaktion.

Ja, in der Tat: Die knappen kritischen Zeilen von Geier erinnern – wie man an der deutschen Alma Mater zu spotten pflegt -  an den kreisenden Berg, der eine Maus gebären wird – und das nach einem halben Jahr!
Doch wir sind bescheiden geworden - Diese Besprechung sei immer noch besser als überhaupt keine Besprechung, meinen einige! Andere könnten mit einer Besprechung dieser Art leben – ich kann es nicht.
 (…)
Luzian Geier weiß wohl nicht, welches Buch er besprochen hat!

Ich habe es bisher noch nicht erlebt, dass ein Rezensent den Haupt-Buchtitel nicht beachtet, wenn er es bespricht.
"Gegen den Strom" ist längst Makulatur.
Darüber hinaus hat Geier in seiner höchst oberflächlichen Besprechung, die jede Opposition und alle Kommunismus-Kritik unterschlägt, einiges behauptet, was falsch ist und von mir widerlegt werden kann. Etwa die Sache mit Ortinau. Und z. B. die Einschätzung seines Chefs Berwanger - Ich gab meine damalige Sicht wieder (1977- 1979) und nicht die historische  Wertung an sich nach CNSAS-Akteneinsicht.
Heute bin auch ich schlauer und könnte viel umschreiben, da ich auch in meiner Sache mehr weiß.
Wesentliche Informationen fehlen in der Besprechung, etwa der Hinweis, dass das Buch Bd. 1 der Symphonie der Freiheit ist, dessen Edition rechtlich durchgesetzt werden musste.
Was die vielen von Geier als noch“ offenen Fragen“ angeht – gerne würde ich noch einige beantworten.

Von den von Geier monierten „Fehler“ trifft nur die Unachtsamkeit „k.u.k“ zu.

Alles andere ist an den Haaren herbei gezogen, ja sogar üble Unterstellung.
Zu meinem Landsmann Gerhard Ortinau aus Sackelhausen, dem ich drei Abschnitte widme, die mehr als 30 Jahre nach den Ereignissen aus dem Gedächtnis erstellt wurden.


Dass er, das Opfer, die Dinge gerade so sah, vergleichbar mit Herta Müllers Haltung in „Niederungen“ zur gleichen Thematik und nicht anders, fand ich später in einer knappen Erzählung bestätigt, die Horst Fassel und Josef Schmidt in dem „Banater Lesebuch“ „An Donau und Theiß“ im Jahr 1986 veröffentlichten. Unter der Überschrift „Kleine Geschichte“ beschreibt Gerhard Ortinau die Situation seiner Geburt in der Verbannung: „Den Erzählungen meiner Eltern ist zu entnehmen, dass ich am späten Abend in einer Art schilfgedeckten Erdhütte geboren wurde. Im Zimmer befand sich das Wichtigste. Draußen hatten die Leute tagsüber Tunnels in den mannshohen Schnee geschaufelt, mittlerweile hatte sie aber der Sturm schon wieder zusammengewirbelt. (…) Ich erblickte am 17. März des Jahres 1953 in dem Weiler Movila Gildaului das Licht des Bărăgans. Alles andere erfuhr ich aus Büchern und aus Zeitungen: die Fehler, die Zufälle. Ich habe vieles begriffen, nicht aber meine Eltern. Sie, die sie ihre Erinnerungen haben, fragen immer noch: warum? Erklärt ihr es ihnen, sie könnten ansonsten noch einen Irrtum mit ins Grab nehmen. (Es wäre der einzige nicht, aber es wäre einer mehr.)“ Soweit Gerhard in der Rückschau, in einer Betrachtung, die er wohl nach unserem Zusammentreffen im Jahr 1980 in Berlin verfasste? Denn damals besaß er wohl noch keine Schreibmaschine, ein – im Text oben mit erwähntes –„Luxusgerät“, das im kommunistischen Rumänien während der Ceauşescu -Diktatur zu den verbotenen Dingen gehörte – wie Waffen, eben weil es eine Waffe war. Im Gegensatz zu seinen Eltern, die nicht aufhören wollten zu fragen, warum, kannte Gerhard, der aufgeklärte Dichter, die richtige Antwort. Dieses „Darum“ und ein „Deshalb“ markierten den Unterschied zwischen uns. Eine Gesamtverantwortung für eine deutsche Gesamtschuld lehnte ich aus meiner damaligen Erfahrungswelt heraus ab. Eigenverantwortlich sah ich nur mein Tun und die Taten meiner Vorväter aus meiner Familie, die rein waren und nichts Verwerfliches an sich hatten. Was konnte ich mehr verantworten als das eigene Handeln? Mit den Verbrechen des braunen Diktators hatte ich genau so wenig zu tun wie die kommunistischen Utopisten meines Umfelds mit den Gräueln des roten aus dem Kreml. Statt meine Energien „gegen die eigene Identität“ einzusetzen, konzentrierte ich mich auf die Bekämpfung der kommunistischen Ideologie und Gesellschaft, die mir in ihrem Wesen heuchlerisch und vielfach verlogen erschien.

Statt auf die Brisanz der Aussage zu achten, dass hier ein echtes Opfer des Stalinismus die eigene Opfer-Rolle und somit die gesamte Deportation der Banater Schwaben in den Baragan rechtfertigt, ist Geier um das Entstehungsdatum der Kurzgeschichte besorgt, um mir unterstellen zu können, ich hätte das besagte Werk nie gelesen.

Dem Rezensenten entgeht, dass ich zusammenfassend keinen Aussagesatz konstruiere, sondern eine Frage – und er kommt auch nicht darauf, dass ich das Motiv „Schreibmaschine“ nur einsetzte, um die Thematik einer zu „registrierenden Schreibmaschine – als Waffe“  exponieren zu können.
(Zudem wird aus dem Zitat noch deutlich, dass ich als Autor, dem fehlende Quellenangaben unterstellt werden, zahlreiche Quellen in den Text einfließen lasse, um das Werk nicht mit Fußnoten zu belasten.)


Besonders schäbig empfinde ich die Unterstellung, ich hätte die Deportation der deutschen aus Rumänien in das Jahr 1946 verlegt, ein Datum, das als Tippfehler nur im Zusammenhang mit dem Schicksal meines damals deportierten Vaters vorkommt.
Auf die allgemeine Deportation bezogen schreibe ich aber explizit:



Die Deutschen in Rumänien hatten nach 1945 schlechte Karten. Generell galten sie als „Hitleristen“ und Faschisten. Als „Feinde des Vaterlandes“, also der neu entstehenden „Volksrepublik“, standen sie unter Generalverdacht. Wer seinerzeit als Volksfeind denunziert wurde - und jeder Deutsche war aufgrund seiner „ungesunden nationalen Herkunft“ ein potenzieller Volksfeind - war schnell im Gefängnis und manchmal rasch ein toter Mann. Gleichzeitig war dies die Zeit der von langer Hand noch vor Kriegsende in Moskau beschlossenen und vorbereiteten Deportationen. Von den mehr als vierhunderttausend Deutschen in Rumänien wurden ab Januar 1945, einem Befehl Stalins folgend, etwa siebzig- bis achtzigtausend Personen, Männer wie Frauen im arbeitsfähigen Alter, in die Zwangsarbeitslager der Sowjetunion deportiert, Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen. Unter ihnen war auch mein Vater; ein unbescholtener, kaum neunzehn Jahre zählender junger Mann, der nunmehr fünf Jahre seines Lebens in einem tristen Arbeitslager in der Dnepr-Region bei Kriwoj Rog in der heutigen Ukraine verbringen sollte - als Sühne für eine Schuld, die er nicht auf sich geladen hatte..


Trotzdem will der Rezensent kleinlich-pedantisch einen Kasus daraus machen.
Wird man auf diese Weise einem vielschichtigen Buch gerecht, dessen Haupttitel man nicht einmal zu Kenntnis nimmt?
Solche Rezensenten lobe ich mir!

Zu Luzian Geiers Chef aus der NBZ-Redaktion und der  Kommunistischen Partei Nikolaus Berwanger:

Da es mir in meinem Werk auf die Darstellung der „geistigen Situation der Zeit“ in Temeschburg im rumänischen Banat ankommt, widme ich dem System- und Kulturrepräsentanten Nikolaus Berwanger ebenso mehrere Kapitel wie dem Poeten aus der Aktionsgruppe Ortinau, Kapitel, die durchaus konziliant  und keinesfalls apodiktisch sind.
Ein aufmerksamer Leser oder Rezensent kann dort (Siehe unten!) die  Sätze vorfinden:

Einiges an guten und nützlichen Dingen hat Berwanger sicherlich auch bewirkt und umgesetzt, doch um welchen Preis?
Manche, die ihm näher standen und auch den Kulturbetrieb der Stadt näher kannten, unter ihnen seine Protegierten und Mitarbeiter bei der NBZ, die heute allesamt in der Bundesrepublik leben, könnten und sollten, schon aus historischen Überlegungen heraus, seine Taten ansprechen und seine eventuellen Meriten aus heutiger Sicht bewerten. Reden wir doch darüber, was er „angerichtet“ hat!

Ergo delegiere ich die Einschätzung an diejenigen Akteure, die den Repräsentanten der deutschen im Banat besser kannte als ich.


Da Geier sich scheut, viele im Werk kritisch angegangene Phänomene und Personen beim Namen zu nennen und oft diffus ausweichend bleibt, selbst im positiven, würdigenden Duktus, wo auf tiefere Einblicke verwiesen wird, wird der Materie die Brisanz genommen, die ihr innewohnt, ja sie wird indirekt verniedlicht, sogar abgewertet und trivialisiert.
Als Autor kann ich nur hoffen, dass nicht allzu viele potenzielle Leser von der Lektüre angehalten werden und jeder kritische Geist sich selbst ein Bild macht.

Jeder Rezensent kann nur das hermeneutisch vermitteln, was er erfasst –im Rahmen seiner Kompetenz und Möglichkeiten. Komplexere Sachverhalte bedürfen eines umfassenderen Instrumentariums.
Bevor rein subjektive Meinigen artikuliert werden wie „langatmig“, „weitläufig“ etc., sollte das erörtert werden, was objektiv an Materie vorgelegt wurde, z. B. die „Destruktion des Ideals Freiheit“ im Freien Westen, der den letzten Teil des Buches einnimmt, statt nach terminologischen Spitzfindigkeiten zu suchen oder Zitate aus dem Kontext zu reißen.
Zur „politisch korrekten“ bzw. Überkorrekten Terminologie, die mir von Geier vorgeworfen wird.
Dem ehemaligen NBZ-Journalisten ist wohl nicht aufgefallen, dass ich zwanzig Seiten meines Buches „Allein in der Revolte“.
 anderen Andersdenkenden widme, namentlich den „Zigeunern“, ihrer Freiheit und ihrer Musik.
Und was den Terminus meiner Geburtsstadt „Temeschburg“ angeht: ich setze diesen historisch begründeten Begriff systematisch ein und werde ihn auch künftig beibehalten, weil ich ihn der ungarischen Bezeichnung „Temesvar“ oder dem umgangssprachlichen „Temes(ch)war“ aus vielen Gründen vorziehe.

Doch solche Kleinkariertheiten sind nicht signifikant. In meinem Buch geht es um weitaus relevantere Dinge.
Es geht um die kritische Aufarbeitung des Kommunismus, um den auf eigener Haut erlebten Securitate-Terror, um Folter, um Flucht, um existenzielle Belange, um Geist und Kunst, um Werte und Moral.
Von alle diesen Dingen hat Luzian Geier nichts bemerkt – kein Wunder, dass letztendlich auch der Haupttitel des Buches „Allein in der Revolte“.
unter den Tisch fiel.
Aufgrund meiner Intervention, konnte der Buchtitel noch in die Online-Ausgabe hinüber gerettet werden.
Ich würde es begrüßen, wenn die Redaktion der „Siebenbürgischen Zeitung“ das ihr von mir zur Verfügung gestellte Material zu einer weiteren vertiefenden Konkretisierung nutzen würde.

Nachdem er sich durch meine 409 großformatigen Buchseiten in Kleinschrift durchgearbeitet hatte, legte der professionelle Journalist Luzian Geier, der heute die Seiten der aus der Bukowina vertrieben Deutschen betreut, seine ultimativen Erkenntnisse der Redaktion der „Siebenbürgischen Zeitung“ vor, aber ohne die sonst üblichen „bibliografischen Daten“ der Rezension voranzustellen.
Wenn diese Daten nicht noch rechtzeitig vom Autor nachgereicht worden wären, dann hätte Geier ein Buch besprochen (Gegen den Strom), das es de facto nicht gab, das jedenfalls nicht unter diesem Titel erschienen war.
Fakt ist: Ein Autor, der als Jugendlicher im Kommunismus rebellierte und sich gegen totalitäre Willkür eines repressiven Systems zur Wehr setzte, muss sich auch heute noch wehren, wenn ihm – auch unbeabsichtigt - Unrecht geschieht, etwa in einer richtigstellenden „Gegendarstellung“ wie dieser, zu der ich, Gott sei’s gedankt, als „selbstbewusster Autor“ durchaus noch in der Lage bin.
Seinerzeit, vor Jahren, als ich die Aufklärungsarbeit aufnahm und die 1000 Seiten erstellte, gab ich alles, um allein und aus eigener Kraft ohne Seilschaften und Protektion eine – mir notwendig erscheinende - Aufklärung über die vor mir erlebten Verbrechen des Kommunismus aufzuzeichnen.
Also werde ich es nicht zulassen, dass meine Arbeit entstellt und trivialisiert wird.
Wird uns die Aufklärung kommunistischer Verbrechen schwer gemacht?
In der Tat, es ist so!
Und die Zurückweisung und Ausbremsung der wenigen Opfer des Kommunismus, die ihr „Testimonium authenticum“ literarisch-wissenschaftlich darlegen, beginnt bereits mit einer „Rezension“!
Fazit des Ganzen:
Wer Angst vor Brandwunden hat, der sollte eine heißes Eisen nicht anfassen!
Wer ein halbes Leben angepasst war und mit roten Wölfen geheult hat, der sollte nicht über Revolte und Widerstand schreiben.
Und wer ein Buch nicht gründlich gelesen und angemessen durchreflektiert hat, der sollte es auch nicht „besprechen“.
Die „Oberleichthindrüberschuscher“ aus der Rezensenten-Kaste, gegen die bereits der im Banat geborene Dichter vom Weltformat Nikolaus Lenau wettert, sind noch nicht ausgestorben. Eine einfach redaktionelle Notiz ist solch irreführenden Besprechungen sicher vorzuziehen.
Der Wahrheitsfindung in einer Welt ohne Moral in der Zeit der Chamäleons  dient solch fragwürdiger Journalismus jedenfalls nicht.






Carl Gibson, Allein in der Revolte

Eine Jugend im Banat

Aufzeichnungen eines Andersdenkenden –Selbst erlebte Geschichte und Geschichten aus dem Securitate-Staat

J.H. Röll Verlag, Dettelbach, 409 S.

ISBN 978-3-89754-430-7


Preis: 39,90
Eine Edition des Autors als E-Book ist vorgesehen.

Deutsche Nationalbibliothek:


Das Buch kann über Amazon oder direkt beim Röll-Verlag in Dettelbach  bezogen werden:




(Die Titelabänderung von „gegen den Strom“ wird hier begründet,
ebenso in dem Ihnen vorliegenden Interview-Material.

Material eventuell für eine zusätzliche redaktionelle Notiz:



Carl Gibson, Allein in der Revolte

Eine Jugend im Banat

Aufzeichnungen eines Andersdenkenden –Selbst erlebte Geschichte und Geschichten aus dem Securitate-Staat

J.H. Röll Verlag, Dettelbach, 409 S.

ISBN 978-3-89754-430-7



„Allein in der Revolte“ –

Ein Buch über individuelles Freiheitsstreben während der kommunistischen Diktatur Ceausescus,
über Rumänien,
über deutsche Identität und Exodus,
über kritische Kommunismus-Aufarbeitung, Vergangenheitsbewältigung und Neubeginn in Europa

Der Leser wird in „Allein in der Revolte“ Erinnerungen vorfinden, Aufzeichnungen, die sich zum fragmentarischen „Lebensroman“ zusammenfügen, zum „autobiografischen Roman“, der literaturtheoretisch bewertet nur bedingt einer ist, weil das „Romanhafte“ fehlt, das Romantisch-Versponnene und Irreale.

Das Buch ist vielmehr eine „realistisch gehaltene Zeitstudie“, die zwar nicht die gesamte Existenz einfängt, aber repräsentative Teile daraus in einer bestimmten Zeit, wobei möglichst viel von der damaligen Erkenntnisweise herübergerettet werden soll - die „Perspektive eines jungen Menschen in der Revolte“ gegen einen selbstherrlichen Staat.
Dargestellt werden allerdings nur jene biografischen Abschnitte, die zur Erklärung von Regimekritik, Dissidenz und Widerstand notwendig sind. Dabei erschließt sich dem Leser das „Psychogramm einer Diktatur.

Die Kerngeschichte von „Allein in der Revolte – Eine Jugend im Banat“, der Weg eines Jugendlichen deutscher Herkunft in die Auseinandersetzung mit einem totalitären Staat und das „unfreiwillige Hineinschlittern in Dissidenz und Opposition“, wird, umrahmt von Elementen einer musikalischen Komposition - wie im 2008 voraus gegangenen Band des Gesamtwerkes „Symphonie der Freiheit“ - in mehreren Sätzen einer sprachlichen Symphonie eingefangen.
Der Symphonie-Begriff markiert die offene Struktur des Ganzen, während die Freiheit das tragende Thema ist, das Hauptphänomen, dem alle anderen Motive, auch der Widerstand, nachgelagert sind:
Freiheit - großes Thema mit Variationen bis hin zur Destruktion des Ideals in der freien Welt des Westens.
Die vielen Facetten und Nuancen der großen Thematik werden dabei literarisch zum Zusammenklang gebracht.
Die Geschichte selbst, in welcher der Name des Protagonisten unwichtig ist, steht repräsentativ für vergleichbare Schicksale, speziell im zweiten Band, die von anderen Menschen aus dem ehemaligen Ostblock und in anderen Diktaturen der Welt ähnlich erlebt wurden.
Neben der Gewerkschaftsgründung, die eine reale Einzelgeschichte ist, umkreisen die zahlreichen Miniaturen, Erzählungen und Essays, das Kernmotiv wie Planeten ihre Sonne, und bilden zwischen Prolog und Epilog angesiedelt, einen Rahmen des Gesamtgeschehens, das die jüngste rumänische Vergangenheit und die aktuelle Situation in Rumänen einzufangen sucht.
Der Rhapsodische Block verweist noch einmal auf die Priorität der freien Form des Dionysischen vor der Begrenztheit des apollinischen Systems. Auf diese Weise entsteht ein Ausschnitt aus einer intensiv erlebten Zeit und einer Welt, Vergangenheit spiegelnd und in die Zukunft ausstrahlend.
Ohne den Anspruch, eine ausführliche Autobiografie sein zu wollen, wurde diese Sammlung von Geschichten und Essays in erster Linie für den westlichen Leser geschrieben, für den Deutschen, den Österreicher, den Schweizer, den Franzosen, der sich für das noch ferne Volk der Rumänen interessiert - aber auch für das Schicksal der deutschstämmigen Landsleute vor seiner Haustür, die unter den Völkern des Ostens aufwachsen und die Kriegsfolgen austragen mussten.
Das Buch soll eine geistige „Heranführung“ sein an eine noch junge europäische Nation, an das Kulturvolk der Rumänen, die durch die Jahrhunderte der Geschichte ihrer Selbstwerdung oft selbst Opfer mächtigerer Konstellationen waren, aber auch ein Element der inneren Versöhnung unter Deutschen.
Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen werden hier etwas von ihrem Ringen um die schwer zu wahrende, eigene „Identität“ wieder finden und einiges, was ihnen vielleicht „aus der Seele spricht“, während die genuinen Rumänen selbst, denen hier nochmals aus der Ferne die versöhnende Hand gereicht wird, gerade in „Allein in der Revolte“ mit der Perspektive eines Deutschen konfrontiert werden, der sie aus einer Minderheit heraus, aber auch von der eigenen kulturellen Warte aus betrachtet.
Keiner aus den im Werk thematisierten Völker und Volksgruppen wird nur Harmonisches vorfinden, dem er uneingeschränkt zustimmen kann - doch das liegt im Wesen der Sache. Im Blickpunkt des Autors steht, fern von schöngefärbtem Harmoniestreben, die tatsächlich erlebte realsozialistische Gesellschaft in ihrem Querschnitt darzustellen - immer aus der Perspektive des Ankämpfenden, des politisch Andersdenkenden, der manches anders sah, der aber auch heute weit davon entfernt ist, eine ideologische Abrechnung betreiben zu wollen.

Geisteswissenschaftlich betrachtet wird versucht, zusätzlich die Sicht des Philosophen einzubringen. Da dieser der historischen Wahrheit und dem Ethos mehr verpflichtet ist als der absolut frei und somit wertungsfrei gestaltende Dichter, wird er - bis zu einem gewissen Grad auch aus südosteuropäischer Sicht - politisch-gesellschaftlich doch wesentlich anders werten, indem er aufgrund seiner Erfahrungen existenzielle wie ethische Prioritäten setzt, wobei die Klarheit eines Descartes zum Vorbild wird:
Nicht Verdunkelung ist angesagt, kein Obskurantismus im neuen hermetischen Gewand des Irrealen, Surrealen und Unmoralischen, sondern ein spätaufklärerisches Erhellen - als Existenzerhellung und als Welterhellung.

Diese Pressemitteilung wurde auf openPR veröffentlicht.

Carl Gibson
Ketterberg 8
D-97980 Bad Mergentheim
Tel. 07931 99 27 176

Carl Gibson, M.A., geboren 1959 in Temeschburg, Rumänien, aufgewachsen im Banat. Von 1976 bis 1979 engagierte sich Gibson als Bürgerrechtler und Dissident in in Rumänien. Nach seiner Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland (1979) setzte er sich weiter für demokratische Strukturen in Rumänien ein und trat als Sprecher der SLOMR im Westen auf. Ab 1982 studierte er Politik, Geschichte und Philosophie an den Universitäten Erlangen-Nürnberg, Tübingen, Wien, Freiburg und Würzburg. Nach seinem Abschluss (Philosophie, Germanistik, Geschichte) arbeitete er als Dozent und wissenschaftlicher Mitarbeiter.
Carl Gibson veröffentlicht seit 1982 und ist journalistisch tätig. Neben wissenschaftlichen Buchpublikationen schreibt Gibson Essays. Gibson lebt seit 1992 überwiegend in Bad Mergentheim, wo er 1993 ein Institut für Wirtschaftsethik begründete, das 2005 zur philosophischen Praxis ausgeweitet wurde. Gibson publiziert auch online und betätigt sich als Blogger.

Veröffentlichungen:
Nikolaus Lenau, Leben – Werk – Wirkung. Heidelberg 1989, Carl Winter Universitätsverlag, Beiträge zur neueren deutschen Literaturgeschichte, Folge 3, Bd. 100.
Symphonie der Freiheit. Widerstand gegen die Ceausescu-Diktatur. Chronik und Testimonium einer tragischen Menschenrechtsbewegung in literarischen Skizzen, Essays, Bekenntnissen und Reflexionen, J. H. Röll Verlag, Dettelbach, 2008. 418 S. Mit 16 Tuschezeichnungen von Michael Blümel.

Aufsätze:
"Nietzsches Lenau-Rezeption" In: Sprachkunst,1986,
"Auftakt mit einer Bestie – oder: Zuckerbrot und Peitsche", In: Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik.
"Ion Caraion: Der Konflikt zwischen dem Bleibenden und dem Vergehenden." In: Matrix. Zeitschrift für Literatur und Kunst. Herausgeber Traian Pop. Nr. 2
"Das kurze Aufleuchten von Widerstand. Die Gründung und Zerschlagung der ersten freien Gewerkschaft in Rumänien." In: Horch und Guck: Zeitschrift zur kritischen Aufarbeitung der SED-Diktatur.
News-ID: 704256 • Views: 448



(Die Gauck-Behörde hat den bereits  Titel angeschafft.)



Von Freidorf aus in die Unfreiheit – Verschleppung Deutscher in die Sowjetunion


Die Deutschen in Rumänien hatten nach 1945 schlechte Karten. Generell galten sie als „Hitleristen“ und Faschisten. Als „Feinde des Vaterlandes“, also der neu entstehenden „Volksrepublik“, standen sie unter Generalverdacht. Wer seinerzeit als Volksfeind denunziert wurde - und jeder Deutsche war aufgrund seiner „ungesunden nationalen Herkunft“ ein potenzieller Volksfeind - war schnell im Gefängnis und manchmal rasch ein toter Mann. Gleichzeitig war dies die Zeit der von langer Hand noch vor Kriegsende in Moskau beschlossenen und vorbereiteten Deportationen. Von den mehr als vierhunderttausend Deutschen in Rumänien wurden ab Januar 1945, einem Befehl Stalins folgend, etwa siebzig- bis achtzigtausend Personen, Männer wie Frauen im arbeitsfähigen Alter, in die Zwangsarbeitslager der Sowjetunion deportiert, Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen. Unter ihnen war auch mein Vater; ein unbescholtener, kaum neunzehn Jahre zählender junger Mann, der nunmehr fünf Jahre seines Lebens in einem tristen Arbeitslager in der Dnepr-Region bei Kriwoj Rog in der heutigen Ukraine verbringen sollte - als Sühne für eine Schuld, die er nicht auf sich geladen hatte.. Nach dem Debakel bei Stalingrad im Jahr 1943 kämpften neu rekrutierte Volksdeutsche, nahezu 55 000 an der Zahl, - wie es oft plakativ hieß und heißt - freiwillig in Verbänden der Waffen-SS für das Deutsche Reich gegen den Bolschewismus, gerade an jenen Fronten, wo es am härtesten zuging. Entsprechend hoch waren die Opfer. Von den sechshundert eingezogenen sogenannten „Freiwilligen“ aus Sackelhausen fielen bis zum Kriegsende einhundertfünfzig Mann für Volk und Vaterland - und, mehr gedrängt als freiwillig, für einen von Anfang an kranken Führer sowie für Hitlers aberwitzige Wahnvorstellungen von germanischem Übermenschentum und Lebensraum im Osten.
Vater Jakob Gibson, 1926 in Sackelhausen geboren und dort aufgewachsen, ein junger Mann mit visionärem Blick und stets freundlichem Antlitz, war nicht unter den Eingezogenen - vielleicht, weil er ziemlich klein und schwächlich war; weil er nicht ausreichend nationalistisch fanatisiert war; vielleicht aber auch nur deshalb, weil er „kein Held“ sein wollte, zumindest nicht in einer Sache, die ihm fremd war und die nicht die eigene war. Doch büßen sollte er trotzdem als Teil der deutschen Minderheit - nach den sonderbaren Gesetzmäßigkeiten der Kollektivschuld der Attischen Tragödie, die einen Urahn fehlen und dann tausend Nachkommen büßen lässt, über Generationen hinweg! Schließlich hatten alle deutschen Siedler irgendwann gebüßt, seitdem die Ansiedlung sie zwischen die Nationen der Ungarn, Serben und Rumänen versetzt hatte. So betrachtet waren die Deutschen im Banat nicht weniger eine stigmatisierte Minderheit in Rumänien als die verfemten und auch heute noch verfolgten Zigeuner aus Hinterindien. Sie saßen alle im gleichen Boot - und viele genuine Rumänen, die keine Kommunisten waren, mit ihnen.
Der Zufall wollte es, dass Vater, dessen Familie im Herbst 1944 auf Geheiß der Wehrmacht nicht „heim ins Reich“ geflüchtet war, vielleicht deshalb, weil sie bereits eine Heimat hatten, zusammen mit weiteren einhundertvierundzwanzig Personen aus Sackelhausen zunächst zehn Kilometer zu Fuß nach Freidorf marschieren durfte – bei Wind und Wetter in der Eiseskälte eines Januarmorgens, damit nicht alle mitbekamen, was da vor sich ging. Viele bürgerliche Juden waren aus deutschen Städten ebenso still und leise aus ihren Betten geholt, im Morgengrauen zu den Zügen gebracht und dann in zweitausend Kilometer entfernte Vernichtungslager ins Baltikum verschickt worden. Das war bekannt. Doch die hehren Kommunisten, die eigentlich bessere und gerechtere Menschen sein wollten, waren sich nicht zu schade, das ganze „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ noch mehrfach zu wiederholen, getreu nach Plänen, die Stalin bereits ein Jahr zuvor selbst ausgeheckt hatte. Die Vergeltung an den Deutschen, wo immer man ihrer habhaft werden konnte, ob im Banat oder an der Wolga, hatte System. Die den Nazis in effizienter Diversion vielfach vorgeworfene „Menschenvernichtung in Arbeitslagern“ praktizierten die Kommunisten nun selbst; und dies sogar im Bewusstsein, das „moralische Recht“ auf der eigenen Seite zu wissen. Stramme Antifaschisten der ersten Stunde – sogar aus den Reihen der deutschen Minderheit – sahen die Dinge – mit den Linken der Bundesrepublik und den Offiziellen der DDR - ähnlich. Recht so sagten sie. Und einige ihrer Nachgeborenen Bert Brechts wiederholten die gleichen Worte, als sie die Pforte der roten Alma Mater überschritten gute zwanzig Jahre später. Was an jenem Januarmorgen 1946 geschehen war, interessierte sie nicht weiter.
Vater, ein Jüngling in den besten Jahren wie viele Millionen in der Wehrmacht, die gerade erst in blindem Gehorsam gen Osten marschiert waren, stapfte ergeben durch den Schnee, dem nahen Temeschburg entgegen, er, einer aus der Hundertschaft der anderen Opfer aus Sackelhausen, die nur des Verbrechens bezichtigt wurden, deutsche Zivilisten zu sein, Menschen, die sich ihrer Unschuld bewusst, nicht „heim ins Reich“ geflohen waren. Sie waren zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort. Fügung des Schicksals? Göttlicher Wille? Welcher Sinn stand dahinter, Unschuldige zum Schafott zu führen? In Freidorf endete für ihn - wie für alle anderen aus der Gruppe der zum Leiden Auserkorenen – jede Form von Freiheit! Oder, anders formuliert: Die Unfreiheiten und Qual eines fünfjährigen Martyriums in Straflager-Verbannung für eine fiktive, unbekannte Schuld, begann in zynischerweise in Freidorf. Von „Freidorf“ aus sollte es noch am gleichen Tag auf „Große Fahrt“ gehen – an den Dnepr, sozialistisch korrekt und human in einem Viehwaggon, in dessen Ecke ein kleines Loch für die Erledigung der Notdurft eingeschnitten worden war. Der Transport von neunzig Menschen, eingepfercht in einem Waggon mit zugenagelten Türen, kam zehn Tage später am Zielort an, in der Ukraine bei Kriwoj Rog. Wenn einer dem Stress schier unerträglicher Bedingungen nicht gewachsen war, der durfte ableben – wie die Juden auf dem Weg nach Lettland oder wie das Vieh auf neuzeitlichen Tiertransporten. Auch „Dezimierung“ war integraler Bestandteil der Vergeltung an den Deutschen.





Zu G. Ortinau

Dass er, das Opfer, die Dinge gerade so sah, vergleichbar mit Herta Müllers Haltung in „Niederungen“ zur gleichen Thematik und nicht anders, fand ich später in einer knappen Erzählung bestätigt, die Horst Fassel und Josef Schmidt in dem „Banater Lesebuch“ „An Donau und Theiß“ im Jahr 1986 veröffentlichten. Unter der Überschrift „Kleine Geschichte“ beschreibt Gerhard Ortinau die Situation seiner Geburt in der Verbannung: „Den Erzählungen meiner Eltern ist zu entnehmen, dass ich am späten Abend in einer Art schilfgedeckten Erdhütte geboren wurde. Im Zimmer befand sich das Wichtigste. Draußen hatten die Leute tagsüber Tunnels in den mannshohen Schnee geschaufelt, mittlerweile hatte sie aber der Sturm schon wieder zusammengewirbelt. (…) Ich erblickte am 17. März des Jahres 1953 in dem Weiler Movila Gildaului das Licht des Bărăgans. Alles andere erfuhr ich aus Büchern und aus Zeitungen: die Fehler, die Zufälle. Ich habe vieles begriffen, nicht aber meine Eltern. Sie, die sie ihre Erinnerungen haben, fragen immer noch: warum? Erklärt ihr es ihnen, sie könnten ansonsten noch einen Irrtum mit ins Grab nehmen. (Es wäre der einzige nicht, aber es wäre einer mehr.)“ Soweit Gerhard in der Rückschau, in einer Betrachtung, die er wohl nach unserem Zusammentreffen im Jahr 1980 in Berlin verfasste? Denn damals besaß er wohl noch keine Schreibmaschine, ein – im Text oben mit erwähntes –„Luxusgerät“, das im kommunistischen Rumänien während der Ceauşescu -Diktatur zu den verbotenen Dingen gehörte – wie Waffen, eben weil es eine Waffe war. Im Gegensatz zu seinen Eltern, die nicht aufhören wollten zu fragen, warum, kannte Gerhard, der aufgeklärte Dichter, die richtige Antwort. Dieses „Darum“ und ein „Deshalb“ markierten den Unterschied zwischen uns. Eine Gesamtverantwortung für eine deutsche Gesamtschuld lehnte ich aus meiner damaligen Erfahrungswelt heraus ab. Eigenverantwortlich sah ich nur mein Tun und die Taten meiner Vorväter aus meiner Familie, die rein waren und nichts Verwerfliches an sich hatten. Was konnte ich mehr verantworten als das eigene Handeln? Mit den Verbrechen des braunen Diktators hatte ich genau so wenig zu tun wie die kommunistischen Utopisten meines Umfelds mit den Gräueln des roten aus dem Kreml. Statt meine Energien „gegen die eigene Identität“ einzusetzen, konzentrierte ich mich auf die Bekämpfung der kommunistischen Ideologie und Gesellschaft, die mir in ihrem Wesen heuchlerisch und vielfach verlogen erschien.



Gebt Gedankenfreiheit - oder: von der unfreien Presse im real existierenden Sozialismus


Die rumäniendeutschen Politiker der Ceauşescu-Zeit sind alle tot: Nikolaus Berwanger, Ernst Breitenstein, Eduard Eisenburger. Der interessanteste von ihnen, der widersprüchlichste, war sicher Berwanger. Durch ihn konnten wir am Anfang der achtziger Jahre manches innerhalb des Adam-Müller-Guttenbrunn-Kreises machen, Regimekritisches, andererseits hat er auch manchen Schaden angerichtet. Was seine wirkliche Rolle war, lässt sich auch heute nicht feststellen, sagt Richard Wagner in einem Gespräch mit Stefan Sienerth. Damit ist eine Richtung markiert, die auf eine „höchst ambivalente Figur“ der Temeschburger Neuzeit verweist. Nikolaus Berwanger, Chefredakteur des deutschsprachigen Regionalblattes „Neue Banater Zeitung“, die er selbst mit dem Segen und unter der Ägide der kommunistischen Partei in die Welt hatte setzen dürfen, war zweifellos der Mittelpunkt des Wortgeschehens. Doch, wem diente und nutzte jene Miniaturzeitung mit dem Sitz in Temeschburg, die eine Alternative, doch kein regionales Gegengewicht zum landesweit erscheinenden Neuen Weg, darstellte?
Den Freunden der Mundart vielleicht? Die sich an ihrer literarisch unterhaltsamen Beilage erfreuten; an der „Pipatsch“, in welcher der leitende Redakteur, der auch ein Mundartdichter war, am liebsten eigene Beiträge druckte? Einem Temeschburger Bildungsbürger bot die NBZ kaum mehr als ein Mitteilungsblatt. Der Dialekt war ihm unzugänglich. Aber auch auf dem Land, wo es sehr verschiedene Dialekte gab, war es nicht immer einfach, das nachzuvollziehen, was gerade gedruckt wurde. Dessen ungeachtet war die Zeitung in gewissen Kreisen recht populär und wurde überwiegend in den Hecke- und Heidedörfern gelesen. Mir entsprach sie nicht, da sie neben der stark provinziellen Ausrichtung auch noch eine Tendenz ins Seichte aufwies und oft unkritisch im Unerheblichen verflachte. Heute behagt mir das zur Beilage zusammengeschrumpfte Blättchen noch weniger, da ich über dieses Medium, also von Rumänien aus von Richard Wagner angegriffen und verleumdet wurde, ein Blättchen, das von dem Aktionsgruppenkollegen Wagners Werner Kremm redigiert wird.
An dem damaligen Blatt, das immerhin einigen wenigen, weitgehend „angepassten“ Journalisten aus der Region eine gewisse, wenn auch nicht adäquate Wirkungsstätte bot und auch Mal den Beitrag eines frei Schaffenden abdruckte, störte mich seinerzeit nicht nur die kurzsichtige Innenschau, die einer Volksverdummung Vorschub leistete, sondern der grundsätzliche Aspekt, dass die NBZ als Presseorgan zu keinem Zeitpunkt wirklich frei war und nie an ein „journalistisches Ethos“ appellierte. Jetzt, nach drei Jahrzehnten ein solches von Redakteuren wie Werner Kremm einfordern zu wollen, der sich, fern von internationalem Presserecht weigerte, meine legitime „Gegendarstellung“ auf Wagners Replik zu drucken, wäre vergebliche Liebesmüh.
Es ist heute nur schwer vorstellbar, dass kritische und konsequente Journalisten wie taz- Autor William Totok, Horst Samson, Luzian Geier, Eduard Schneider und andere, die jahrelang in der Redaktion der NBZ agierten, dort zuständig für Literatur und Kultur, unter den gegebenen Verhältnissen über Jahre geistig überleben konnten - solange bis etwa Totok, offiziell als Übersetzer tätig, aus „Inkompetenz“ und „mangelndem patriotischen Geist“ rausgeworfen wurde. Die „Neue Banater Zeitung“ war ungeachtet einer gewissen Nischenexistenz genau so wenig souverän und frei wie die größere Tageszeitung aus Bukarest, der „Neue Weg“, in dessen Redaktionstuben mein Landsmann aus Sackelhausen Heinrich Lauer sein Brot verdiente. Beide Zeitungen deutscher Zunge und die Blätter aus Siebenbürgen waren genau so unfrei wie alle Zeitungen und Zeitschriften im Land oder im gesamten Ostblock. Schließlich waren Zeitungen und Zeitschriften „Instrumente der Meinungsbildung“, die sich nicht in Freiheit vollziehen sollte. Inzwischen ist einiges vom Ungeist des Journalismus in den Redaktionen westlicher Publikumszeitungen angekommen, wo es auch längst nicht mehr um „Wahrheit“ geht, sondern nur noch um die Durchsetzung bestimmter Positionen, die gerade opportun und zweckdienlich sind.
Wenn es gesellschaftspolitische Entwicklungen von hoher politischer Brisanz gab - wie bei der freien Gewerkschaftsgründung SLOMR in Bukarest und bald darauf durch uns in Temeschburg oder beim Ausbruch von Studentenunruhen - durfte einfach nicht berichtet werden. Realsozialistische Zeitungen waren reine Mittel der Machtausübung und des Machterhalts. An den Schalthebeln der Macht in den Zentralen saßen loyale Stützen des Systems, Handverlesene, die an der Partei- und Journalismushochschule „Stefan Gheorghiu“ ausgebildet worden waren, leider Gottes auch Deutsche.
KP- Mann Nikolaus Berwanger war eine der tragenden Säulen des Systems. Kraft seiner Position als „Chefredakteur“ und Vertrauensmann hatte er ein serviler Diener des Systems zu sein. Alle Bürger im Land, die sich des gesunden Menschenverstandes bedienten, wussten, dass die Partei alle Führungsfunktionen ausschließlich mit loyalen Kräften bestückt hatte, vom kleinen Meister in der Fabrik aufwärts bis zum „Direktor“, der auch nur Direktor sein durfte, wenn es der Partei gefiel. Persönlichkeiten, die auf die politische Meinungsbildung Einfluss nehmen konnten, die besondere Presseaufgaben umzusetzen hatten, wichtige Multiplikatoren wie er und seine leitenden Mitarbeiter, mussten „ganz auf Linie“ sein. Das waren die oft ungeschriebenen „Spielregeln“, ostblockweit - und das war allen bekannt. Überall im kommunistischen System war dies so - also war das auch jedermann bewusst, der in einem der osteuropäischen Staaten lebte und „offenen Auges durch seine Welt schritt“. Die potjomkinschen Fassaden waren da – man brauchte nur dahinter zu gucken!

„Gegen den Strom“? „Repräsentant“ ohne Legitimation und Kulturfunktionär im Auftrag


Da jede Medaille zwei Seiten hat und die komplexe Existenz eines Menschen in schwieriger Zeit viele Facetten aufweist, kann, je nach veränderter Perspektive, auch das hervor gekehrt werden, was andere nicht sahen. Es gab viele Möglichkeiten und Gründe, zum Kollaborateur zu werden und sich in individuelle Schuld zu verstricken, vor allem dann, wenn man erpressbar war. Und Schriftsteller und Dichter, die ihre Werke veröffentlicht sehen wollten, waren - viele Beispiele verweisen darauf - tatsächlich erpressbar.
In den Augen seiner damaligen Gefolgsleute und Anhänger war Berwanger ein sozialistisches Vorbild; eine Person, die sich aus einfachen Anfängen heraus auf der vielversprechenden Welle des Antifaschismus mit Parolen in eine soziale Stellung hochgedient hatte, die ihm Ehre und Macht verlieh; die ihm - im Rahmen einer tolerierten Narrenfreiheit - auch die Möglichkeit bot, „einiges für das Deutschtum in der Region zu tun, speziell für die Beibehaltung der deutschen Sprache und der deutschsprachigen Literatur.“ Einiges an guten und nützlichen Dingen hat Berwanger sicherlich auch bewirkt und umgesetzt, doch um welchen Preis? Manche, die ihm näher standen und auch den Kulturbetrieb der Stadt näher kannten, unter ihnen seine Protegierten und Mitarbeiter bei der NBZ, die heute allesamt in der Bundesrepublik leben, könnten und sollten, schon aus historischen Überlegungen heraus, seine Taten ansprechen und seine eventuellen Meriten aus heutiger Sicht bewerten. Reden wir doch darüber, was er „angerichtet“ hat!
Ein kleines Symposion zu dem Thema „Berwanger“ beim IKGS in München, dessen Essenzen eigentlich veröffentlicht werden sollten, brachte laut Presse nicht viel Neues. Das Thema wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Je nach Interessenlage wurde auch ich in den letzten Jahren kräftig munitioniert – von beiden Seiten, wobei es an gegenseitigen Verfehlungen und Schuldzuweisungen nicht mangelte. Der vielsagende und in manchen Punkten erhellende Briefwechsel Berwangers mit früheren „Genossen“ und Freunden - etwa mit Dieter Schlesak - verstaubt noch unausgewertet in den Literaturarchiven. Anderes unterliegt dem Datenschutz – Nahrung für neue Mythen.
Mir erschien Berwanger seinerzeit im Jahr 1978 aus meiner systemkritischen und deshalb nicht gerade objektiven Sicht nur als ein Typus, den die Rumänen „lichea“ nennen, als ein saturierter Bonze und ein systemtreuer Opportunist, der auch als willfähriger Literaturfunktionär agierte. Als solchen hat ihn selbst Richard Wagner in „Ausreiseantrag“ skizziert. Wagner, damals serviler Untertan seines Herrn, müsste es genau wissen. Er, der Lyriker, diente ihm, dem Chef, dem Chefredakteur und Mundartdichter, als Chauffeur!
Nur Berwanger heute posthum gar als „Schwimmer gegen den Strom“ stilisieren zu wollen, was auch schon erfolgt ist, übersteigt jedoch jeden Realitätssinn, jeden guten Geschmack, ist hochgradig absurd, eine Verhöhnung all jener, die unter solchen Handlangern der Diktatur bis in die Gefängnisse hinein zu leiden hatten. Wenn Berwanger „gegen den Strom“ schwamm – wogegen schwamm ich dann selbst in meinem jahrelangen Ankämpfen gegen Totalitarismus und kommunistische Diktatur? Etwas Aberwitzigeres lässt sich dem Titel dieses Buches „Gegen den Strom“ kaum noch entgegenstellen!? Berwanger, der, mit einem sehr bescheidenen Talent ausgestattet, selbst dichtete, menschlich sogar jovial und bisweilen vielleicht sogar integer sein konnte, war jedoch nicht nur ein serviler Zuträger des Systems und ein Literaturverwalter. Er war darüber hinaus - und das wird oft vergessen – ein „waschechter kommunistischer Politiker deutscher Nationalität“ mit klar definierten Aufgaben. Er war ein klarer Funktionsträger und der beratende Ansprechpartner der Kommunistischen Partei schlechthin, wenn es um Minderheitenangelegenheiten der Deutschen im Banat ging und Fragen, die uns alle betrafen, auch jenseits der Literatur und Kultur. In dieser Eigenschaft, das wussten wenige und vergaßen nach dem Umsturz viele Zeitgenossen, griff er direkt in die Existenz seiner donauschwäbischen und Temeschburger Landsleute ein und bestimmte ihr Schicksal mit.
Für die von ihm wahrgenommenen Aufgaben, die deutsche Minderheit im Banat kulturell und indirekt auch politisch zu vertreten, hatten viele ehemalige Banater überhaupt kein Verständnis, da sie zu keinem Zeitpunkt demokratisch legitimiert war. Mit den Wölfen zu heulen war eine Haltung, die vielen einfachen Menschen zutiefst fremd war, da das Mitjaulen nur den Schrecken verstärkt, den das Rudel verbreitet. Für mich, den politisch wie historisch Festgelegten, waren „Charaktere“, die „ihre Identität“ preisgaben, um ehrgeizig Karriere zu machen und ihre Selbstverwirklichung zu betreiben nicht mehr als seelenlose Vehikel der Macht, Marionetten im Tanz, die um den Despoten Ceauşescu rotierten.
Berwanger, dessen angebliche „antifaschistische Haltung“ ich durch keine entsprechenden Taten belegt und bestätigt sah, war nur einer unter den sanktionierenden Stützen des Systems - und er lebte gut dabei. Die Partei dankte es ihm und den anderen in ähnlicher Position mit Privilegien aller Art.
Immer wenn ich seinerzeit als Jugendlicher über diese Ungerechtigkeiten nachdachte, kam Wut auf und heftige Erregung. Verrat aus den eigenen Reihen? Da rebellierte es in mir. Doch Berwanger war nicht nur Journalist, Berufsantifaschist, Mundartdichter und Politiker; er war ein Tausendsassa und - man mag es gar nicht aussprechen - er repräsentierte sogar die „Kultur“ in der Region. Er, das Proletarierkind aus dem Zuckerfabrikhof in Freidorf, bestimmte über die Kultur eines ganzen Raumes, schlechthin über unsere Köpfe hinweg, selbst den Gang des Geistes in den Köpfen bestimmte er mit. Als Kultur-„Macher“ war er mir vor allem deshalb unerträglich, weil er, ähnlich der Schlange im Paradies, als verkappter Kulturimperialist auftrat, der andere, vor allem junge Künstler, die sich noch nicht festgelegt hatten, verlockend korrumpierte, einen Köder einsetzend, den die Partei genehmigt hatte.
Im Umfeld, wo er mir begegnete, kam ihm die von den Oberen auferlegte Aufgabe zu, den losen Kreis kreativer Menschen, die dichteten und schrieben, an sich zu ziehen, ihn zu binden und ihn so zu instrumentalisieren, dass von seinen Mitgliedern keine geistige Gefahr mehr ausgehe. Mich wunderte es nur, wie gerne die „sonst so kritischen Geister“ dem „Rattenfänger“ folgten.
Zuviel Macht war in seiner Person gebündelt. Er stand dem „Adam Müller Guttenbrunn-Kreis“ vor und bestimmte über diesen die Literaturpolitik der Region. An ihm vorbei konnte kaum ein Schriftsteller debütieren. Er war früher Lektor, Liktor und Zensor zugleich. Er war der Mann mit der großen Schere, von dem Heine spricht, er war der Metternich Lenaus. Er war die Kontrollinstanz, die das „Plazet“ aussprach, der allem seine Weihe und damit die indirekte Sanktion der Partei gab.
Während meiner seltenen Begegnungen mit diesem selbst ernannten Mäzen kam es zu keinen Erkenntnissen mit nachhaltiger Wirkung. Kurz: Berwanger beeindruckte mich nicht, da er nur durch seine Position präsent war, nicht aber als Persönlichkeit von Format. Vielmehr scheute ich ihn, da mir nichts einfiel, was ich mit ihm hätte erörtern können, ohne zu heucheln und ohne mich selbst verbiegen zu müssen.
Weshalb ich ihm und dem Kreis meine damals verfassten Texte vorenthalten habe, fragt man mich heute? Was hätte ich damals im Dialog erörtern können oder sollen? Mein „antistalinistisches Zeitromanprojekt“ vielleicht, „Die Flucht in die Heimat“, in welchem es um stalinistische Geschichtsschreibung und primär um die Verbrechen der Roten ging, um den Genozid an Deutschen? Wie hätte Berwanger das unzeitgemäße und ketzerische Werk aufgenommen? Hätte er geschwiegen? Oder hätte er doch gleich diskret zum Telefon gegriffen und kurz Hauptmann Pele oder Major Köppe von der „Securitate“ informiert, im typisch vorauseilenden Gehorsam und als potenzielle Empfehlung? Solch ein Risiko konnte ich nicht eingehen. Mir fehlte einfach das Vertrauen. Nie konnte ich herausfinden, ob er wirklich integer war.
Als „Mann des Systems“ unterhielt Berwanger exzellente Kontakte zum Geheimdienst „Securitate“, namentlich zu ihrem damaligen Chef Mortoiu. Er soll auch - in einem Anflug von schriftstellerischer Solidarität - einzelne Dichter, deren Verse gerade auf dem Prüfstand der Sicherheit standen, aus der Untersuchungshaft herausgeholt haben. Mag sein. Doch sollte man deshalb auch den verbrecherischen NS-Bonzen Hermann Göring sympathisch finden, nur weil er von den Vielen auf der „Liste zur Vernichtung im KZ“ einige Wenige gerettet hat - und dies vielleicht nur aus dem perversen Antrieb, um seine Macht voll auszukosten?
Aus solchen Überlegungen heraus verhielt ich mich Berwanger gegenüber stets reserviert, mied seinen Umgang, seine Nähe und reduzierte meine Rolle in dem weiten, losen Kreis auf die untätige Präsenz eines Statisten, der alles aus der relativen Ferne einer Ecke beobachtete und auf diese Weise seine Konsequenzen zog. Lieber im Obskuren ausharren, als mitschuldig werden an einem geistigen Verrat, der die Gesellschaft bedrohte.
Berwangers Verhalten erschien besonders dann hochgradig suspekt, wenn er, ungeachtet der Mangelgesellschaft, in der wir lebten, einem generösen Pascha gleich, im Bierkeller großzügige Bestellungen für alle aussprach und ebenso selbstgefällig wie leger die dicke Zeche beglich, aus welchen Mitteln auch immer. Entsprach das nicht einer „direkten Vereinnahmung“ junger Menschen? Einer Vorform zur Ermöglichung einer Buchproduktion? Wer konsequent war, hatte wenig Verständnis für solche Formen materiellen Bezirzens, die irgendwann in eine weitere Kollaboration münden konnten. Wer „A“ sagte, musste später auch „B“ sagen; zunächst zur „Partei“ – und dann, das vergaßen die Dichter, auch zur „Securitate“.
Selbst die erste Stufe der Mitarbeit über Vereinnahmung und Privilegien hatte nach meiner damaligen Auffassung bereits etwas „Verräterisches“ an sich. Zahlreiche Menschen aus meinem Umfeld lehnten diese Art des unterwürfigen und speichelleckerischen Vasallentums ebenfalls ab, weil es weitgehend dafür verantwortlich war, dass die Heuchelei im Land weiterhin triumphieren und regieren konnte. Es waren die Gleichen, die es ablehnten, der „einzigen Partei“ beizutreten und die vielen daraus folgenden Konsequenzen negativer Art ertrugen.
Berwanger, der zeitweise im bescheidenen Maße literarisch aktiv war, publizierte und irgendwann, nachdem ihn seine Minderheit verlassen hatte, noch vor seinen Schützlingen in der Bundesrepublik ankam, empfand sich selbst als Mäzen und Protektor junger Dichter, selbstherrlich und freigiebig wie ein barocker Fürst im Absolutismus. Dank seiner guten Kontakte zur Partei hat er auch die Edition des einen oder andern Lyrikbändchens ermöglicht. Wer waren die Nutznießer? Eine „Handvoll Leute“ aus dem Partei-Umfeld, deren Büchlein in kleiner Auflage allesamt gedruckt wurden, die aber auch die Preise der Jungendorganisation dieser totalitären Partei einheimsten – ohne Scham, „Preise“, die später andere Preise ermöglichen sollten! Als lohnte sich die unethische System-Kollaboration doch?
Über den literaturhistorischen Wert solcher Lyrikeditionen, die kaum ein Publikum fanden, mag man diskutieren. Vielleicht glaubte Berwanger daran, so auf dem richtigen Weg zu sein und im Rahmen seiner Möglichkeiten das herauszuholen, was machbar war. Ihm und seinem Umfeld standen alle Verlagstüren im sozialistischen Rumänien offen; und er durfte sich als einer der wenigen „ein paar Zwischentöne“ erlauben wie früher der Hofnarr am Königshof, „leise Kritik“, die anderen Akteuren sicher eine Verfolgung wegen „antisozialistischer Propaganda“ und somit „einige Jahre Haft“ eingebracht hätten, ganz nach dem Motto: Quod licet Iovi … Immerhin fand ich in einigen seiner kleinen, unerheblichen Geschichtlein aus dem realsozialistischen Alltag mit satirischem Unterton mehr „Kritik“ vor, als in Herta Müllers „Niederungen“, wo nur die „deutsche Gemeinschaft“ des Banats unter Anklage stand. Weshalb ließ Berwanger dieses Spott-Bändchen gegen das eigene Volk zu? Weshalb förderte er es gar direkt oder indirekt? Vielleicht um mit den rumänischen „Genossen“ aus der Kommunistischen Partei einmal genüsslich über die „dummen Deutschen“ im Land zu lachen?



Januskopf - Ein Bild im Wandel


Nikolaus Berwanger, der eigentlich erst sehr spät als „Poet“ debütierte, eigentlich als „Mundartdichter“, erst 1976, zu dem Zeitpunkt, als ich mit seinem erstmals Kreis in Berührung kam, wurde von der späteren „regionalen Literaturkritik“ recht schonend behandelt, verständnisvoll, ja gnädig - selbst von Personen, die unter dem von ihm gestützten System als Literaten zu leiden hatten wie Herbert Bockel, dessen Dissertation am Anfang der siebziger Jahre nach Faschismustendenzen untersucht wurde. Bockel, dem die zahlreichen ambivalenten und fragwürdigen Verhaltensweisen Berwangers sehr wohl bewusst sind, findet in einem 1997 gehaltenen, veröffentlichten Vortrag auch manches Positive und Lobenswerte an dem Mundartdichter, bisweilen auch ein paar tiefgründige Zeilen.
Berwanger, der glaubte, seine Zeit gelebt zu haben - und nicht sein Leben, wurde ein Opfer seiner Zeit, weil er ihren „Ungeist“ mittrug und sich vom billigen „Zeitgeist“ tragen ließ. Als er seine „herausgehobene Stellung des einzigartig Privilegierten“ doch noch aufgab, was für eine gewisse menschliche Größe spricht, für späte Einsicht und Reue - und von einer Besuchsreise in die Bundesrepublik nicht mehr nach Temeschburg zurück reiste - katapultierte er sich selbst in die Bedeutungslosigkeit und in die Isolation. Die Anfeindungen in der Bundesrepublik aus konservativen Kreisen gingen über die Würdigung der spärlichen Meriten hinaus. Die Kompromisshaltung des Paktierers, der aus dieser Haltung heraus vielleicht auch etwas an Gutem bewirken konnte, wurde von vielen ausgereisten Landsleuten genauso wenig verstanden und geachtet wie einst von mir im zarten Alter von achtzehn Jahren. Doch Berwanger wurde nicht nur von seinen früher oft übergangenen Landsleuten geschnitten, gar bestraft und von seinen marxistischen Zöglingen, die sich allesamt von ihm abwandten, sondern auch von der bundesrepublikanischen Gesellschaft, die ihn der Anonymität und der Bedeutungslosigkeit preisgab. Das Resultat war existenzielle Verbitterung, die aus einer späten, in der Bundesrepublik entstanden Lyrik herausgelesen werden kann. Nach seiner Flucht 1984 saß er nicht nur „zwischen den Stühlen“; er geriet sogar zwischen die gnadenlosen Mühlenräder aus Stein, die ihn letztendlich zermalmten. Ob er noch eine späte Würdigung erfahren wird für das Positive, was er in einem ausgefüllten Leben „zwischen den Fronten“ als „ehrlicher Makler“ geleistet hat? In seiner Heimatstadt Temeschburg hat man immerhin eine Straße nach ihm benannt, nicht in „Freidorf“, sondern zentral, im Herzen der Stadt. Wenn das nicht mehr ist, als nur der Wink einer alten Seilschaft? Viele Fragen bleiben offen – Raum für die Forschung!?
Ob eine aktive „Kollaboration“ der deutschen Minderheit mit der RKP überhaupt sein musste, um das Überleben der Kultur zu sichern und im Interesse vieler Menschen, das ist eine Grundsatzfrage, die hier nicht zu Ende diskutiert werden kann. War sie notwendig? Wie weit konnte, durfte man gehen? Wurde sie von den richtigen Personen wahrgenommen? Und hat Berwanger das Maximale herausgeholt, bevor er sich 1984 von den „Kommunisten“ endgültig absetzte? Ob er auch „über seinen Schatten springen“ konnte, ob er es „durfte“, um sich dabei „Freiheiten herauszunehmen“ wie andere Protegés in anderen Diktaturen, Narrenfreiheiten, die gar „Regimekritisches“ ermöglichten?“ Ob Berwanger gar die „schwere Last des Amtes“ nur aus „Altruismus“ angenommen hatte, um, sich selbst aufopfernd, für die „Deutschen im Banat Gutes zu tun“? Vielleicht! Vielleicht auch nicht! Ob er das, was er tat, vor seinem Gewissen rechtfertigen konnte? Später scheint er wirklich einiges bereut zu haben? Ob er nur da war, eingesprungen war, um einen „Schlimmeren an gleicher Stelle zu verhindern“?
Das alles sind Denküberlegungen beruhend auf Fakten, die jedem von uns, ob Schriftsteller, Dissident oder normaler Staatsbürger, mehr oder weniger bewusst waren. Vieles aber, was beim Wägen der Meriten und Verfehlungen wichtig wäre, ist noch nebulös und unbeantwortet. All das wird auch noch eine Weile im Bereich der Spekulation verbleiben, nicht zuletzt deshalb, weil enge Wegbegleiter, die Licht ins Dunkel bringen könnten, nur das zu seiner Person aussagen, was ihnen aktuell in den Kram passt, Leute wie Richard Wagner, die nicht „historisch aufklären“, sondern rücksichtslos bis impertinent die „Version“ und „Interpretation“ der Ereignisse in die Welt setzen, die den „eigenen Interessen“ dient. Das habe ich in meiner Auseinandersetzung mit ihm auch in der Sache Herta Müllers innerhalb von zwei Jahren immer wieder erfahren müssen.
„Regimekritisches“ jedenfalls hat – nach meinem Erkenntnisstand – weder Berwanger ermöglicht, noch einer aus dem kommunistischen Umfeld, am wenigsten der von ihm geförderte KP-Genosse Richard Wagner, der „kein Dissident“ sein wollte und deshalb mit der „Metapher“ opponiert haben will, nach eigener Aussage unter einer Tarnkappe versteckt. Grotesk! „Regimekritisches“!? Ein schönes Thema für eine Abhandlung, für eine Apotheose oder eine Apologie. Schon seit längerer Zeit warte ich auf einen Bericht über die regimekritischen Aktivitäten der Linksintellektuellen aus Berwangers Umfeld vor 1985. Bisher ist er ausgeblieben - vielleicht kommt er noch!
Ironie des Schicksals: Gerade diejenigen unter den linken Literaten, die Berwanger als Mäzen, Mentor und Protektor wohl am meisten verdanken, ignorieren ihn heute fast vollkommen und tun so, als ob sie ihn und seinen Kreis nie gekannt hätten. Undank ist der Welt Lohn – Unser oberster Repräsentant im  Ceauşescu -Staat könnte ein Lied davon singen, auch eines von „kommunistischer Solidarität“, wenn er denn nicht bereits verstorben wäre. Bereit „auszupacken“ war er in jedem Fall, zumal er die Selbstinszenierungen, Stilisierungen und Retuschierungen gerade in der Vita von Herta Müller nach ihrer Ankunft 1987 in der BRD nicht mittragen wollte. In einem weitgehend nur Insidern bekannten Interview an entlegener Stelle in der Zeitschrift für Politik „Düsseldorfer Debatte“, namentlich in dem Gespräch mit Volker Kaukoreit, plaudert der einst mächtige Mann des Banats aus dem Nähkästchen und sagt dort mehr, als Herta Müller angenehm sein kann. Auszüge aus dem brisanten Dialog wurden von mir in der internationalen Presse mehrfach zitiert und kommentiert – trotzdem: Die Karawane zieht weiter … ohne dass bestimmte historische Details weite Kreise interessieren würden.
Nikolaus Berwanger, von mir und anderen Oppositionellen seinerzeit als reiner Funktionsträger der KP wahrgenommen, interessiert heute primär als „Zeitzeuge“. Da er eine Schlüsselposition innehatte, kann sein Schrifttum viel über das „Innenleben des Systems“ aussagen; darüber hinaus auch noch einiges zum literarischen Werdegang früherer Systemzöglinge, deren Lebenslauf gerade in Sachen Opportunismus und Kollaboration manche dunklen Stellen aufweist.
Weshalb er sich absetzte und wie es ihm gelang zu fliehen, ohne dass die „Securitate“ dem langjährigen Vertrauensmann der KP in hoher Stellung ein Mordkommando hinterherschickte, das ist eine andere Geschichte. Vielleicht gelang es ihm, sich zu arrangieren? Vielleicht baute man ihm eine „goldene Brücke“ und ließ ihn ziehen, wohl wissend, dass er zwischen den Fronten und in der Bedeutungslosigkeit landet? Wie auch immer! Fakt ist allerdings, dass Berwanger floh, als der Exodus der Deutschen im Banat über doppelte Freikaufzahlungen auf seinen Höhepunkt zustrebte. Ein interessanter Zeitpunkt, denn Herta Müller und ihr KP-Gatte Richard Wagner sagten damals noch „Nein“ zu einer Ausreise in die BRD. Sie wollten in Ceauşescus Staat bleiben!
Weshalb? Weil es ihnen dort schlecht ging? Weil sie verfolgt wurden? Weil sie gar gemartert wurden? Ganz im Gegenteil! Ceauşescu ließ sie reisen! Herta Müller kam seit 1984 bis zu ihrer Ausreise mehrfach in die Bundesrepublik, während ihr KP-Gatte 1985 zum Schriftstellerkongress nach Münster in Westfalen durfte – vier Jahre vor der Wende. Berwanger lief davon – seine Zöglinge Müller und Wagner blieben! Weshalb?




















Zur Geschichte des Kommunismus in Rumänien,

Securitate- Dokumente aus der "Opfer Akte" des Oppositionellen
Carl Gibson bei der CNSAS



Original-Dokumente können wesentlich zur Vergangenheitsaufarbeitung beitragen.

So mancher informelle Mitarbeiter des kommunistischen Geheimdienstes "Securitate" hat inzwischen unter der erdrückenden Last veröffentlichter Dokumente eingeräumt, für die "Securitate" tätig gewesen zu sein.

Unliebsames oder Aussagen, die nicht in das aktuelle Image passen oder dem eigenen Mythos zuwiderlaufen, einfach als "gefälscht" abzutun, wird bei genauerer Betrachtung nicht funktionieren.

Wichtig:

In meiner Akte aus dem Zeitraum 1977 - 1981 sind nach meiner Einschätzung keine Dokumente zu finden, die nachträglichvon der "Securitate" eingefügt worden wären.

Das nachträgliche Fälschen von Dokumenten ist zwar denkbar und möglich, doch nicht wahrscheinlich.

Das "Verfälschen" von "historischer Wahrheit" erfolgt primär durch das

"Weglassen"und "Entfernen" von Dokumenten in den Akten, also durch systematisches "Säubern" bzw. durch das Tilgen (Eliminieren) von ganzen Dossiers.

Es ist bekannt, dass "Dossiers" sogar vollständig verschwanden.

Gerade Akten von Personen aus Politik und Wirtschaft, heute in Amt und Würden und seit dem Umsturz bzw. dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems im Ostblock in einflussreichen Positionen, sind einfach unauffindbar.

Noch vor dem Einblick in die eigene Opfer-Akte habe ich wichtige Dokumente auf meiner Homepage veröffentlicht, u. a.
Urteil, Entlassungsschein aus dem Gefängnis etc. sowie Fotos vom Ort des Oppositionsgeschehens in Temeschburg im Banat, unter:

http://www.gibsonpr.de/

- Bilddokumentation.

An dieser Stelle präsentiere ich der interessierten Öffentlichkeit weitere Dokumente.

Der rumänische Text ( für viele Leser leider sprachlich nicht nachvollziehbar!) wird knapp erläutert.

(Zur Ansicht bitte das einzelne Dokument anklicken oder aufzoomen!)




In diesem zweiten Band, der nur einen Torso darstellt, fehlt die Dokumention meiner Aktivitäten im "rumänischen Exil",
namentlich die Vorgänge um die Beschwerde der ILO der UNO (Vereinte Nationen) über die CMT ( Confederation Mondial du Travail), wo ich 1981 als Auslandssprecher der unterdrückten SLOMR auftrat und als Hauptzeuge der ILO/CMT gegen die Regierung Ceausescus aussagte.

Die mehrsprachige Dokumentation ist auch heute noch im Internet abrufbar, unter:

http://webfusion.ilo.org/public/db/standards/normes/libsynd/LSGetParasByCase.cfm?PARA=2657&FILE=1066&hdroff=1&DISPLAY=CONCLUSION,BACKGROUND










In diesem Dokument wird beantragt, den im westlichen Exil seit 1979 staatsfeindlich aktiven Carl Gibson auf die Liste der "unerwüschten Personen" zu setzen.

Bezeichnend:

Der - sonst strikt vermiedene Begriff "SLOMR" für die freie Gewerkschaft rumänischer Arbeiter, die 
ich in Temeschburg nach der Niederschlagung in Bukarest neu ins Leben rief, wird explizit erwähnt.

(Schließlich schrieb die "Securitate" an sich selbst - und konnte so "Klartext" reden.)

Ferner heißt es, ich ( Carl Gibson) würde andere Ausreisewillige ermutigen und aufhetzen.
Typisch Securitate:

Der "Feind" kam immer aus dem Ausland - eine bequeme Art, das Versagen des sozialistischen Systems zu rechtfertigen

Ein Zusammenbruch des kommunistischen Systems in Osteuropa war 1981 noch nicht absehbar.




Dem Antrag wird entsprochen -

Der Nichtdiplomat Carl Gibson wird zunächst für "5 Jahre" de facto zur "persona non grata" im Rumänien Ceausescus - faktisch aber bis zur Rumänischen Revolution im Herbst 1989 und noch darüber hinaus, da die Kommunisten um den Altstalinisten Ion Iliescu als Präsident noch weitere 7 Jahre das politische Sagen hatten.

Mitglieder der SLOMR- Temeschburg, die nach ihrer Ausreise (ab 1979) versuchten,
ihre zurück gelassenen Verwandten im kommunistischen Rumänien zu besuchen,
wurden allesamt an der Grenze abgewiesen - bis 1989.


Da mir vielfach massiv seitens der Securitate gedroht worden war, unternahm ich nie den Versuch, nach Rumänien zu reisen.

Erst in diesem Jahr (2010) wurde die "Heimkehr ins Banat" möglich - nach mehr als 30 Jahren Abwesenheit.



Foto: Carl Gibson

Denkmal für die Opfer der antikommunistischen Revolution von 1989, die in Temeschburg ihren Anfang nahm.
Im Hintergrund die Oper.

Widerstand gegen die kommunistische Diktatur in Rumänien -

Aus Carl Gibsons Securitate- "Opfer- Akte" -

Dokumente zur frühen Regimekritik



In den Jahren 1976/1977 - ich war damals 17 Jahre alt - wurde es ernst.

Wie viele andere Jugendliche aus meinem Umfeld im deutschsprachigen Banat,
wollte ich in die Bundesrepublik ausreisen,
während die Linken, Marxisten, Antifaschisten aus der Literaturszene noch eine Weile "bleiben" wollten.

Gehen oder bleiben?
Das war damals die Frage!

Die Einen "arrangierten" sich mit den gesellschaftlichen Verhältnissen im Land, auch mit der Kommunistischen Partei (KP),
denn sie wollten Karriere machen!
Gut leben!

Die Anderen opferten alles, um frei zu sein,
um die Diktatur Ceausescus zu verlassen,
selbst um den Preis ihres Leben an der "Grünen Grenze".

Die Vielen aus der deutschen Gemeinschaft der Banater Schwaben standen dem Kommunismus skeptisch gegenüber -
und sie standen uneingeschränkt zur Bundesrepublik Deutschland.

Ich war einer aus der großen Schar, jung, rebellisch, kritisch, direkt.

Ein Brief an die "Deutsche Liga für Menschenrechte", in welchem ich 1976 betonte,
ich wolle das Land "so oder anders" verlassen,
rief erstmals die "Securitate" richtig auf den Plan,
namentlich Untersuchungsrichter Hauptmann Petre Pele und Major Rudolf Köpe
(beide ausführlich in meinem Werk "Symphonie der Freiheit. Widerstand gegen die Ceausescu-Diktatur",2008 porträtiert!)
Der zweite Band (Gegen den Strom) konnte aus Gründen, die ich nicht zu verantworten habe, leider noch nicht veröffentlicht werden.


Das Dossier "Gibson Karol" NR. I 257 993 Bd. 1 wurde unmittelbar nach meiner Ausreise im Jahr 1980 "mikroverfilmt".



Carl Gibson ist nunmehr im "Visier der Securitate".
Er wird von Hauptmann Petre Pele und Major Köpe verwarnt, nachdem seine Fluchtabsichten bekannt geworden waren.

Carl Gibson muss sich verpflichten, während des Unterrichts am Nikolaus Lenau-Gymnasium nicht weiter regimekritische Äußerungen vorzunehmen und Vergleiche mit der Bundesrepublik herzustellen.


Foto: Carl Gibson

Das "Nikolaus-Lenau-Lyzeum" in Temeschburg, Banat, im Herbst 2010

Ein Spitzel ("Rodica") hatte die kritischen Aktivitäten des aufmüpfigen Schülers der "Securitate" gemeldet.




Spitzelbericht der Quelle "Rodica" über Äußerungen des Lehrers am Lenau-Gymnasium
Rudolf Richter-
Richter hatte im Gespräch mit einem Kollegen die permanenten regimekritischen Äußerungen eines Schülers (Carl Gibson) und seine Vergleiche Rumänien mit der BRD erwähnt.

RKP - Mitglied Rudolf Richter wird bald darauf in einem Gespräch mit der Securitate ( Pele, Köpe) die Identität von Carl Gibson preisgeben müssen.

Sonst hätte er seine gute Position als Lehrer an einer der wenigen Elite-Schulen im Land eingebüßt.


Der kaum achtzehn Jahre alte "Regimekritiker" Carl Gibson ist jetzt als staatsfeindlicher Bürger (1977) aktenkundig.


Foto:Carl Gibson

Der Domplatz in Temeschburg, in unmittelbarer Nähe von Lenau-Schule, Gericht und Bastei

Andere linke Studenten und Schriftsteller aus Carl Gibsons Umfeld standen seinerzeit noch viele Jahre loyal zur Rumänischen Kommunistischen Partei (RKP) (als Mitglieder) und zum System,
das sich mehr und mehr zur Diktatur wandelte.




Foto: Carl Gibson

Die Synagoge - Temeschburg, immer schon ein Ort der Toleranz.






Major Rudolf Köpe legt fest, dass der potenzielle Staatsfeind Carl Gibson ab sofort "observiert" wird.

Gleichzeitig ist Untersuchungsrichter Hauptmann Petre Pele bereit, ein "Strafverfahren" gegen Carl Gibson vorzubereiten.

Ab diesem Zeitpunkt sammelt die Securitate Spitzelberichte, in welchen dem Regimegegner Carl Gibson Straftaten bescheinigt werden (Fluchtplanung für andere, Devisenvergehen etc.).

Offenbar wurde Druck auf Personen aus dem weiten Bekanntenkreis Carl Gibsons ausgeübt, um solch belastende Erklärungen ( die sich in der Akte finden) zu beschaffen.


Foto: Carl Gibson

Die alte Bastei aus der k. u. k. -Zeit - Treffpunkt Andersdenkender, Ort der "Konspiration" und der Aushorchung durch Spitzel der Securitate.


Zur
Opposition von Carl Gibson -
Sympathisant der Menschenrechtsbewegung von Paul Goma

Original-Erklärung Carl Gibsons
als Anhänger der
Menschenrechtsbewegung
von Paul Goma
im Frühling 1977




Im März 1977 bebte in Bukarest die Erde.
Die Naturkatastrophe richtete schwere Schäden an.


Foto: Carl Gibson

Sitz der Regierung Rumäniens in Bukarest, Oktober 2010

Gleichzeitig gab es in der rumänischen Hauptstadt ein kleines "politisches Beben",
das die regierende Kaste um Nicolae Ceausescu zutiefst verunsicherte.

Im Gefolge der "Charta '77"-Bewegung von Vaclav Havel und Pavel Kohout
in der Tschechosklowakei hatte der
rumänische Schriftsteller Paul Goma
zur Solidarität mit der Bürgerbewegung im Bruderstaat aufgerufen und nationale Reformen angemahnt.

Daraus entwickelte sich die so genannte "Paul Goma Menschenrechtsbewegung".

Einer der Sympathisanten und potenzieller Unterzeichner der von Goma ausgearbeiten und veröffentlichten "Petition", die sich an Ceausescu und die KP richtete,
war der Jugendliche Carl Gibson aus dem Banat.


Foto: Carl Gibson

Die langjährige Machtzentrale von Diktator Nicolae Ceausescu:

Das ehemalige Zentralkomitee der Rumänischen Kommunistischen Partei,
heute Sitz von diversen Ministerien.


Carl Gibson wurde vor Gomas Appartement im Viertel "Drumul Taberei", Bukarest verhaftet
und musste die oben publizierte Erklärung abgeben.

Wie es heißt, wurde er "eingeladen", eine Erklärung abzugeben,
"freiwillig"!

Teile der Erklärung wurden dem jungen Deutschen aus dem Banat in die Feder diktiert,
speziell der Passus, er wolle "nur" ausreisen,
diese Ausreise durch den Protest und die Unterzeichnung der Petition Gomas beschleunigen -
er strebe aber keine "politisch-gesellschaftlichen Veränderungen" an.


Foto: Carl Gibson

Der Triumphbogen in Bukarest,
unweit das Diplomatenviertel mit der Deutschen Botschaft,
der Carl Gibson auf der Suche nach Unterstützung seit 1976 regelmäßig Besuche abstattete.

Die Aktion, an Paul Gomas kommunismuskritischer Menschenrechtsbewegung mitwirken zu wollen, sollte für Carl Gibson noch zahlreiche Konsequenzen haben,
Verfolgung, Bespitzelung, ein "Schauprozess" in der Vorzeige-Fabrik "1. Juni" , Verhöre, U-Haft u. a. mehr.



"Schauprozess" nach stalinistischer Art in der Fabrik "1 "Juni" -

Kritik und Autokritik Dokumente CNSAS




Stalins Erben in Rumänien - vor dem "Tribunal der Arbeiter"

Es war Partei - und Staatschef Nicolae Ceausescu persönlich,
der anordnete, alle Unterzeichner und Sympathisanten der
"Paul Goma-Menschenrechtsbewegung"
sollten vor ein "Arbeiter-Tribunal" in den Betrieben gestellt,
kritisiert und moralisch verurteilt werden .

Carl Gibson erlebte seinen "Schauprozess" nach stalinistischem Muster in der Trikotwarenfabrik "1 Iunie" in Temeschburg.

Vor einer Abordnung von "Securitate", Partei ( Rumänische Kommunistische) , Betriebsleitung und einer Anzahl von etwa 150 Arbeitern ( die Zahl stammt aus dem Report von Securitate-Major Köpe) sollten Arbeiter des Unternehmens den Rebellen aus ihren Reihen
"demaskieren",
ordentlich kritisieren und zur Räson rufen.

Die Veranstaltung wurde durchgeführt - sie brach aber in sich zusammen und musste bald abgebrochen werden, als die Fabrikarbeiter sich mit dem angeklagten Kollegen Carl Gibson solidarisierten, dafür aber tatsächliche Probleme des sozialistischen Alltags anzusprechen begannen.

Carl Gibson wurde nach der Maskerade aus dem Betrieb entfernt und ohne jede Kündigung entlassen.



Das Arbeitsverhältnis bricht im Juli 1977 abrupt ab.
Damit wird Carl Gibson die Grundlage entzogen, den Weg zum Abitur im "Nikolaus Lenau-Gymnasium" (Abendkurs) weiter zu beschreiten.


Das hier weiter unten publizierte Dokument ist "schön gefärbt" und enthält
die "Kritik-Berichte" loyaler Arbeiter und der Betriebsleiterin,
Direktorin Iulia Pasca, die bei der sonderbaren Veranstaltung nicht einmal anwesend war.

Die Schönfärberei wurde dann von der Securitate in Timisoara (Temschburg) ins Innenministerium nach Bukarest übermittelt.



Es war die Rumänische Kommunistische Partei selbst,
die auf ihrem Parteitag zu Kritik und Autokritik aufgerufen hatte -
nur am obersten Führer der RKP Nicolae Ceausescu war keine Kritik zugelassen - wie bei Kim und Mao!



Securitate- Major Köppe vermerkt den Vorgang in einem Bericht:



Nach der Entlassung aus dem Betrieb war Carl Gibson "vogelfrei"
und konnte jederzeit wegen "Parasitismus" verhaftet
und auf der Grundlage des Dekrets 153 abgeurteilt und ins Gefängnis geworfen werden.

Köpe bestätigt mein Festhalten an der Ausreise in die BRD.




Die Rumänische Kommunistische Partei Ceausescus ist Auftraggeber der "Securitate" -

Wichtiges Dokument

In linken Kreisen wurde bereits 1985 und dann nach dem Zusammenbruch des Kommunismus in Osteuropa die These in Umlauf gebracht,

der repressive Geheimdienst der Ceausescu-Diktatur "Securitate"sei "ein Staat im Staat" innerhalbdes real sozialistischen Systems gewesen.

Das war und ist eine Selbstlüge im Versuch, die eigene Mitgliedschaft in der Rumänischen Kommunistischen Partei klein zu reden,

zu verniedlichen,

um so von der Mitverantwortung aller Partei-Mitglieder abzulenken.

Die Kommunistische Partei -

und das ist die Summe aller Mitglieder und Funktionäre -

ist für den ökonomisch-politischen Niedergang des Landes und den totalen Ruin in Rumänien allein verantwortlich.

Die Linken und langjährigen KP-Mitglieder auch deutscher Zunge,

die ursprünglich wohl von idealistischen Antrieben geleitet eigentlich die unzulängliche "real sozialistische" Gesellschaft über Kultur und Literatur positiv zu verändern gedachten,

wollen nun, nachdem sie die Fronten gewechselt haben und im Freien Westen Aufnahme und ein Auskommen gefunden haben,

plötzlich nur noch quasi apolitische "Mitläufer"gewesen sein, Opportunisten, die allein aus Laufbahngründen der Kommunistischen Partei Ceausescus beitraten.

10, 15 Jahre Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei sind über Nacht vergessen?


Altkommunisten,

die seinerzeit die "Zeichen der Zeit"eklatant verkannten

und auf eine totalitäre Monopol-Partei Nicolae Ceausescus setzten,

wollen nun selbst als Verfolgte gelten,

als Widerständler -

und, wie damals schon, wieder als die "Guten und Gerechten",

wo sie doch nur opportunistische Wendehälse sind, schnöde Pharisäer,

die Fakten verdrehen, um eigene Ziele zu verfolgen - jenseits der historischen Wahrheit.

Dass einige aus ihren Reihen "ideologische Scharfmacher" waren,

echte Propagandisten der Kommunisten-Partei

wie Herta Müllers zweiter Ehemann, Dichter Richard Wagner aus Perjamosch im Banat,

wird verschwiegen, verdrängt und der deutschen Öffentlichkeit vorenthalten.


Foto: Carl Gibson


In diesem Palazzo hatte sich die Arbeiter- und Bauern-Partei der Kommunisten wohlig eingenistet.

Das Beste war für die Parvenus aus dem Nichts gerade gut genug.

Als Carl Gibson seinen Bürgerprotest in dieser Machtzentrale loswerden wollte, quittierten RKP und "Securitate" das mit Entrüstung - non licet!


Aus dem unten publizierten Dokument, wo der Fall Carl Gibsons auf dem Schreibtisch des

"Ersten Sekretärs der Rumänischen Kommunistischen Partei (RKP) "Genosse Telescu"

landet,

der dann "genehmigt", wie weiter zu verfahren sei,

wird ein gewichtiger Aspekt überdeutlich:


Es ist allein die "Kommunisten-Partei" von Diktator Nicolae Ceausescu ,

die im "sozialistischen Rumänien" nach 1965 das Sagen hat.

Der repressive Geheimdienst "Securitate" ist als Teil der Exekutive der Kommunisten-Partei untergeordnet und ein Vollzugsorgan, dass Ideologie umsetzt und Befehle der obersten Parteiführung ausführt.


In der DDR war es nicht anders:




Die "Staatssicherheit der DDR"war "Schwert und Schild der Partei" -

und die SED mit ihren Vasallen-Parteien "hatte immer recht"!







Nach der Mitwirkung Carl Gibsons an "Paul Gomas Menschenrechtsbewegung" ist Aktionismus angesagt.



Um das seinerzeit noch positive Image von Partei- und Staatschef Nicolae Ceausescus auf der politischen Weltbühne nicht zu gefährden, wird Druck aus dem Kessel abgelassen -

Paul Goma wird im Jahr 1978 ausgewiesen.

Er lebt bis heute in Paris, im Exil.



Unterzeichner und Sympathisanten der mit Gomas Namen verbundenen Menschenrechtsbewegung dürfen zum Teil ausreisen.


Carl Gibson soll "allein" ausreisen,
 ohne Eltern und Bruder.

Die Familie soll quasi als Geisel in Rumänien zurück bleiben, um den Ausgereisten im Westen mundtot zu machen.

Carl Gibson lehnt diese bei anderen aus einem Umfeld erfolgreich praktizierte Methode ab und setzt seine Regimekritik unbeirrt fort.

Ab diesem Zeitpunkt übernimmt der große KP-Chef im Kreis Temesch das Heft des Handels, "Genosse Telescu "-



Er wird bald bestimmen, dass die gesamte Familie Jakob und Anna Maria Gibson aus Sackelhausen, unmittelbar neben Temeschburg gelegen, die so genannten "großen Formulare" erhalten wird.

Dessen ungeachtet wird Bukarest diese Ausreise nach lange Zeit blockieren.

Die Unterschriften "Major Köpe" etc. beweisen, dass die "Securitate"

der "politischen Führung im Land" ,

der Rumänischen Kommunistischen Partei (RKP), den Fall Carl Gibson unterbreitete

und Weisungen abwartete.

Kurioserweise wird der Name "Gibson Karl" im oben veröffentlichten Dokument einmal sogar "richtig" geschrieben,

nach diversen Abweichungen "Gipson", "Gybson", "Chibson"

bzw. "Carol" oder Karol" etc. etc.






Das lange erwartete Ausreisedokument Carl Gibsons -
Ein "Reisepass für Staatenlose",
ausgestellt vom Innenministerium der Sozialistischen Republik Rumänien am 21.Mai 1979.
(Carl Gibson saß zu diesem Zeitpunkt im Gefängnis Popa Sapca in Timisoara ein.)



"Hungerstreik" in Bukarest -

Verzweifelter Bürgerprotest im Innenministerium Rumäniens 1977



Carl Gibsons Hungerstreik-Erklärung im Innenministerium, Bukarest, 21. September 1977




Verzweiflungstaten dieser Art waren ohnmächtige Formen des Bürgerprotests gegen selbstgefällige Parteifunktionäre und einen ignoranten Staat auf dem Weg in die Diktatur.



Verwarnung nach dem "erklärten Hungerstreik" beim Innenministerium in Bukarest (21. September 1977) bzw. nach dem Verhör von Vater Jakob Gibson durch Capitan Petru Petre Pele (Untersuchungsrichter) und Securitate-Offizier Major Balan.





Securitate-Bericht zur "Hungerstreik"-Aktion von Carl Gibson am 21. September im Innenministerium in Bukarest.

Das Vorbild schlechter Berater aus dem Ausland wird ebenso hervorgehoben wie künftige "Maßnahmen der Bearbeitung und Überwachung" von Carl Gibson und der gesamten Familie.

Verzweiflungstaten im Versuch, elementare Menschen- und Bürgerrechte gemäß den KSZE-Beschlüssen von Helsinki durchzusetzen, kulminierten gar in Selbstverbrennungen nach dem Vorbild von Jan Palach in Prag beim Einmarsch der Sowjets 1968.


Foto: Carl Gibson

Bürgerprotest im "demokratischen Rumänien" Anno Domini 2010, 3. Oktober
vor dem Gebäude des ZK der RKP, der ehemaligen Machtzentrale Ceausescus.

An diesem Ort lief die "Revolution"ab, die zum Sturz des Diktators führte:

Eine Gruppe Oppositioneller ruft die "Miscarea verzilor" ins Leben -
es ist der Versuch, eine bewegung bzw. Partei der "Grünen" in Rumänien zu gründen,
um eine alternative, vor allem gegen Korruption gerichtete Politik durchzusetzen.
Zufällig erlebt und fotografisch dokumentiert.


Für mich bedeutete die direkte Konfrontation mit der Staatsmacht seinerzeit 1977 eine Radikalisierung des konkreten politischen Kampfes und der offenen Regimekritik.

Die Freie Gewerkschaft SLOMR -

Geschichte und Dokumente zur SLOMR- Gründung in Temeschburg, Banat



Um es vorweg zu nehmen:

Der Geheimdienst "Securitate" war bestrebt, das Bürger-Protest-Phänomen

Freie Gewerkschaft rumänischer Werktätiger" SLOMR,

ein wichtiger Vorläufer der ein Jahr später entstehenden
Freien Gewerkschaft "Solidarnosc" in Polen,
von Anfang an aus der Öffentlichkeit zu verbannen.

Nachdem die Bürger- und Menschenrechtsbewegung SLOMR
die erste "koordinierte", überindividuelle ihrer Art in Rumänien -
niedergeschlagen worden war, bemühte sich die Securitate,
"SLOMR" auch aus den "Akten" der Dissidenten, Regimekritiker und Oppositionellen zu verbannen,
auch aus meiner Akte.

Es sollte nicht aktenkundig werden, dass es diese erste frrei gewerkschaft größeren Ausmaßes in osteuropa überhaupt gegeben hatte, denn die Idee einer Freien Gewerkschftsgründung war gefährlich und konnte überspringen.
(Mir ist nicht bekannt, ob die polnischen Intellektuellen seinerzeit ( Februar/März 1979) möglicherweise über den Sender Radio Freies Europa von der SLOMR-Gründung in Bukarest und temeschburg erfuhren und sich insspirieren ließen.
Eines steht aber fest:

Ende und Untergang des Kommunismus in Osteuropa nahmen ihren Anfang bereits im Rumänien des Jahres 1979!


Wie mir vor Ort mitgeteilt wurde, lagern bei der rumänischen Gauck-Behörde CNSAS in Bukarest noch 6 weitere Bände Aktenmaterial zur Thematik SLOMR, die noch nicht ausgewertet sind.


In meiner "Opfer-Akte" ist noch einiges zu SLOMR übrig, auch wenn kräftig "gesäubert" wurde.



Davon ausgehend, dass mein "Beitrittsschreiben zur SLOMR Bukarest" an den Initiator Ionel Gheorghe Cana von der "Securitate" abgefangen wird, fügte ich dem Brief mit der Erklärung noch folgenden Zusatz bei:

"Mein Fall ist bei der UNO in Genf bekannt, ebenso bei westlichen Gesellschaften für Menschenrechte. Wenn dieser Brief seinen Bestimmungsort nicht erreicht, werde ich selbst zum Adressaten reisen".

Damit war die bald darauf erfolgende Vierer-Fahrt nach Bukarest - zu Botschaften (BRD, USA, GB) und den Dissidenten dort sogar angekündigt.




Original-Briefumschlag - Schreiben an SLOMR-Begründer Cana, Bukarest, Rückseite: Abs. Carl Gibson




Der "Rückschein" des "Einschreibens" an SLOMR-Gründer Ionel Gheorghe Cana, Bukarest.
Er wurde mit dem Brief abgefangen bzw. auf der Poststelle der "Securitate" ausgehändigt.


Zu Ionel Cana: http://www.romanialibera.ro/opinii/aldine/s-l-o-m-r-lupta-celor-putini-46265.html

Auch d inzwischen "demokratischen" ie Rumänen haben es bisher versäumt, die Geschichte der ersten größeren freien Gewerkschaft in Osteuropa aufzuarbeiten.

Der Arzt und Gründer von SLOMR lebt noch und betreibt ein Blog zur Thematik:

http://iocan-drcanaionel-slomr.blogspot.com/2010/06/cronica-la-o-serata-regala-pe-15-iunie.html

Immerhin wurde Ionel Cana von König Michael empfangen, nachdem Präsident Traian Basescu bereits SLOMR-Mitstreiter Vasile Paraschiv die Ehre erwiesen hatte.

König Michael erinnerte im Jahr 1981 in seiner Botschaft an das Land aus dem Genfer Exil auch an SLOMR, zum gleichen Zeitpunkt, als Carl Gibson in Genf die UNI-Beschwerde gegen das Ceausescu-Regime als SLOMR-Auslandssprecher vorbereitete.

Wie Ionel Cana auf einem seiner Blogs berichtet, erfuhr er erst kürzlich übers Internet bzw. über diese Veröffentlichungen von Carl Gibsons Beitritt zur SLOMR und die SLOMR-Gründung in Timisoara im März/April 1979.




Beitrittserklärung von Carl Gibson zur SLOMR ( Freie Gewerkschaft rumänischer Werktätiger).

Eine Übersetzung des Textes werde ich bei Gelegenheit noch einfügen.
Der Text enthält Gesellschaftskritik bzw. die MotivationsgründeSLOMR beizutreten.


Foto: Carl Gibson

Das Königsschloss.

König Michael und die Königliche Familie leben heute wieder in Rumänien.
Einige Besitztümer wurden ihnen zurückgegeben, nicht aber der "Palast", heute als Kunstmuseum genutzt, wo neben großen Meistern Europas auch die wichtigsten rumänischen Gemälde ausgestellt sind.



Foto: Carl Gibson

Eine Einfahrt zur Residenz des Rumänischen Staatspräsidenten, Cotroceni, Bukarest


Inzwischen normalisiert sich das Leben in der Hauptstadt, die zur Zeit Ceausescus eher als Zentrale von Terror, Angst und Schrecken erlebt wurde.

Geschichte der "Freien Gewerkschaft rumänischer Werktätiger" "SLOMR" im Banat -

Dokumente aus den Securitate-Akten der CNSAS



Das Gründungsdokument von SLOMR- Temeschburg (Timisoara) ist nie von der Securitate gefunden worden.
Es wurde von Erwin Ludwig und Carl Gibson nach der Entlassung aus dem Versteck geholt und vernichtet.

Ein "Offener Brief" mit Namen von Ausreisewilligen, rumänische Staatsbürger überwiegend deutscher Nationalität, ging der Gründungserklärung von SLOMR- Temeschburg voraus,
gewissermaßen als ein "eiserner Kern" der neu zu gründenden Bürgerprotest-Bewegung:


Je eine Kopie dieser Liste Ausreisewilliger,
die sich auf die
universelle Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte berufen,
die nach der KSZE-Konferenz in Helsinki auch von Rumänien unterzeichnet bzw. ratifiziert worden war,
händigten Erwin Ludwig und Carl Gibson Botschaftsvertretern der BRD; der USA und des Vereinigten Königreichs Großbritannien eigenhändig aus,
mit dem Hinweis,
dass diese Personen sich bereit erklärt hätten, auch der freien Gewerkschaft rumänischer Arbeiter SLOMR beitreten zu wollen.

Die Securitate orientierte sich bei ihren Verhaftungen an diesen Dokument, das wohl im Rahmen einer der Hausdurchsuchungen nach dem 4. April 1979 gefunden worden war.


Vor der Gründung von SLOMR.Temeschburg nahm Carl Gibson eine Tätigkeit als "Hilfsarbeiter" in dem Elekrtobetrieb "ELBA" (Electrobanat) an,
wo Mitstreiter Erwin Ludwig bereits arbeitete.


Fast alle Unterzeichner durften unmittelbar nach der SLOMR- Niederschlagung mit ihren Familien in die BRD ausreisen.

SLOMR - der Weg in die Freiheit!

Exemplarisch abgeurteilt und ins Gefängnis geworfen wurden nur Erwin Ludwig und Carl Gibson

Auf der Liste: Zwei bis drei "rumänische" Namen.

Noch fehlt der Name des späteren Präsidenten von SLOMR- Temeschburg:

Prof. Dr. Fenelon Sacerdoteanu.

Er sollte zwei Wochen später dazu stoßen und das Ehren-Amt übernehmen.

Die "Securitate" hat später in der Bereinigung der SLOMR-Akten alles getan,
um den prominenten rumänischen Repräsentanten der Oppositionsbewegung SLOMR zu tilgen.

Prof. Dr. Fenelon Sacerdoteanu war als Opfer des Stalinismus mehr als 10 Jahre in kommunistischer Haft - Details in meinem Buch "Symphonie der Freiheit".






Bericht von Securitate-Oberst Colonel Istrate über die "Gründung von SLOMR" in Temeschburg/ Timisoara,
verkürzt dargestellt "aus der Sicht der Securitate".

Da die Securitate nach den Verhören aller der mehr als 20 Unterzeichner und deren Familienangehörigen nicht heraus gefunden hatte, wie die Gründungs-Nachricht zu Radio Freies Europa (RFE) nach München gelangt war, wurde willkürlich ein Name aus dem fernen Bekanntenkreis als "Kurier" eingesetzt.

Immerhin wird die Oppositionsbewegung ( in dem internen Papier) beim Namen genannt :

"so genannte SLOMR"!


Bildunterschrift hinzufügen

Der "Entlassungsschein" carl Gibsons aus dem Gefängnis Popa Sapca in Temeschburg/ Timisoara.

Das Dokument wurde von Carl Gibson beim Abflug von Bukarest in einer Zigarettenpackung in den Westen geschmuggelt.


Bespitzelung in kommunistischer Gefängniszelle -

Aus Carl Gibsons Securitate-Opfer-Akte bei der CNSAS




Nach einem "kurzen Prozess" ohne "Verteidiger" in "öffentlicher Verhandlung"
mit ausschließlich Securitate- und Miliz-Kader als Zuschauer und Publikum,
wurden Erwin Ludwig und Carl Gibson in das Gefängnis Popa Sapca
( nur 300 Meter von Gericht und der Securitate-Zentrale am damaligen Leontin-Salajan Boulevard entfernt) eingeliefert.


Foto: Carl Gibson

Im neuen Glanz - Die "Folterkammer der Securitate" am damaligen Leontin Salajan- Boulevard. heute.

Nach "Stalinisten" benannte Straßen wurden inzwischen in Rückbesinnung auf bürgerliche und monarchische Traditionen umbenannt,
Fassaden wurden neu gestrichen -
das Innenleben der Gebäude ist aber oft noch identisch mit dem der Geist der alten Zeit.

Polizei und Miliz (links im Bild) nutzen das Bollwerk der Unterdrückung und massiver Menschrechtsverletzungen weiter.


Hauptmann und Untersuchungsrichter Petre Pele verbrachte die Verurteilten Erwin Ludwig und Carl Gibson in seinem Dienst- PKW "Dacia" in die Haftanstalt -

ein bis dahin einmaliger Vorgang.

Gefängnisdirektor Deleanu ordnete eine Audienz mit Ludwig und Gibson an - ein weiterer, nie dagewesener Vorgang, meinten alt einsitzende Häftlinge.


Foto: Carl Gibson

Das Gericht (Dikasterialgebäude) in Temeschburg, Banat heute.

Hinter diesen Mauern wurden Erwin Ludwig und Carl Gibson,
die Gründer der
"Freien Gewerkschaft rumänischer Werktätiger "SLOMR" in Timisoara "
am 6. April 1979 zu je sechs Monaten Gefängnishaft verurteilt.

Das Gerichtsurteil von Richter Nicolae Busuioc fehlt in der Akte Carl Gibsons.

Es wurde aber in den Westen geschmuggelt und auf der Homepage Carl Gibsons veröffentlicht,
- nachdem alle Ereignisse in dem Buch zur Geschichte von "SLOMR"

"Symphonie der Freiheit. Widerstand gegen die Ceausescu-Diktatur", 2008

vom Autor beschrieben worden waren,
(neben Entlassungsschein und anderen Dokumenten.).





Der "Securitate- Beauftragte" im Gefängnis erhält Carl Gibsons "Akte" (62 Blatt mit allen bisherigen Schandtaten).

Direktor Deleanu verfügt, die beiden eng befreundeten Häftlinge
Erwin Ludwig und carl Gibson
für die gesamte Haftzeit von einander zu trennen.
um jede Kommunikation zu unterbinden bzw. um sie besser
professionell von eingeschleusten Spitzeln ausspionieren und aushorchen zu lassen.

Die Spitzel des Geheimdienstes Securitate warteten bereits in der Gefängniszelle,
bereit, als "agent provocateurs" die Intentionen der politischen Häftlinge auszuloten.






Den eindeutig "politischen Häftlingen" Erwin Ludwig und Carl Gibson war beim Haftantritt "absolutes Schweigen" über SLOMR, Widerstand, Opposition, Unzufriedenheit mit dem kommunistischen System im Land Nicolae Ceausescus auferlegt worden.

Aus den Spitzelberichten, die sich in Carl Gibsons Securitate- Opfer-Akte finden,
ist zu erkennen,
dass die beiden "Politischen" -
die es "offiziell im sozialistischen Rumänien" überhaupt nicht hätte geben dürfen,
trotz des Verbotes und der angedrohten Konsequenzen (Haftzeit-Ausweitung etc.) über die "freie Gewerkschaftsbewegung" ( Sindicatul liber al oamenilor muncii din Romania) redeten und ihre Mitgefangenen über die oppositionellen Ereignisse informierten.

Das war im April 1979.

Weiterführendes zur Gründung und Geschichte der Freien Gewerkschaft SLOMR:

http://de.wikipedia.org/wiki/Sindicatul_Liber_al_Oamenilor_Muncii_din_Rom%C3%A2nia

bzw: http://istoriabanatului.wordpress.com/2010/02/21/mircea-rusnac-s-l-o-m-r-sindicatul-liber-al-oamenilor-muncii-din-romania-1979-aspecte-banatene/

http://en.wikipedia.org/wiki/SLOMR

http://de.wikipedia.org/wiki/Freie_Gewerkschaften_(Osteuropa)


http://origin.europalibera.org/content/article/1458425.html (Audio)

http://www.dw-world.de/dw/article/0,,4191832,00.html


(Leider sind viele Quellen, Dokumente, Interviews, Beiträge etc. in rumänischer Sprache, was die rezeption der materie in Westeuropa deutschlich einschränkt.)


Die erfindungsreichen "Quellen" "Prolog" "Doraimanu" u. a. schmücken ihre Spitzelberichte aus,
um sich interessant, ja unverzichtbar zu machen und tragen so zur Verfälschung der Angaben bei.

So wird etwa Carl Gibson der belastende Satz in den Mund gelegt,
er wollte "ein zweiter Paul Goma werden".

In den Akten legt sich die Securiate ihre Variante zurecht.
So behauptet die Securitate mehrfach, die Gründung von SLOMR sei vom Sicherheits-Apparat selbst gestoppt worden,
was so nicht zutrifft.


Foto: Carl Gibson

Der "Knast" oder "Bau" in der Popa Sapca-Straße, heute -

Das Gefängnis, wo immer schon "politische Häftlinge" einsaßen.
Eine Tafel am Eingang erinnert heute daran.

Ein seltenes Foto - Freunde weigerten sich mehrfach, die Haftanstalt auf meine Bitte hin zu fotografieren;
die Angst vor Repressalien steckt immer noch in den Knochen ehemaliger Staatsbürger.




Die Abenteuerliche Reise zur CNSAS nach Bukarest



"Keine zehn Pferde bringen mich wieder nach Rumänien",
meinte mein alter Mitstreiter Erwin Ludwig von SLOMR Temeschburg, als ich auszuloten versuchte, ob ich vielleicht auch ihn zu dieser "Heimkehr" bewegen könnte.

Heinrich Heine war irgendwann heimgekehrt aus dem fernen Paris in das in fast 40 Staaten zerspliltterte Deutschland, obwohl die Grenzer nach Konterbande suchten und der frivole Poet mit "scharfer Feder und Zunge" vielleicht sogar steckbrieflich gesucht wurde.
Daraus entstand schönste Dichtung - "Deutschland, ein Wintermärchen".

friedrich Nietzsche war einst heimgekehrt in seine Einsamkeit von Sils-Maria!
Weshalb, das beschreibt er nicht in seiner Polemik gegen Richard Wagner,
sondern in "Zarathustra", in dem Buch "für alle und keinen".

Weshalb sollten wir es nicht auch noch wagen, nach 30 Jahren "Exil" in der Fremde,
die nie richtig "Heimat" werden konnte,
trotz "Vaterland " und "Mutterland?

Endlich wollte ich es wissen:

Was war aus Rumänien geworden?
Nach Nicolae Ceausescus Sturz,
nach dem Fall des Kommunismus, den wir von der freien Gewerkschaft SLOMR bereits 1979 mit eingeleitet hatten?
War die "Securitate immer noch im Dienst"?

Herta Müller hatte sich dort im Land ihrer Herkunft erneut verfolgt gefühlt im Jahre Domini 2008!
Und sie war trotzdem hingereist, mutig, wie sie ist!

Ungeachtet vieler Gefahren am Wegrand und auf noch unbekannten Bahnhöfen war sie mit ihrem früheren Gatten aus Perjamosch bzw. der RKP Richard Wagner bald darauf wieder in die ehemalige Diktatur Ceausescus gereist!

Um Brücken zu bauen?

Um dort mit der Konrad Adenauer-Stiftung (KAS) an einem Tisch in Hermannstadt (Sibiu) zu sitzen,
zu tafeln und dabei über die
EU-Integration Rumäniens zu reden,
namentlich mit KAS-Präsident Dr. Bernhard Vogel,
Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Thüringen a. D.,
um zu diskutieren,
wohin Rumäniens Reise geht - noch vor dem Nobelpreis!

Von der "Securitate" und ihrer Nachfolgeorganisation SRI,
die bei der CNSAS die Dossiers der Verfolgten nachträglich gefälscht haben soll,
berichteten Herta Müller und die KAS seinerzeit nichts.

( Ich schrieb darüber auf http://www.siebenbuerger.de/ ellenlange Kommentare . umsonst!)

Einmal wurde sie von der alten oder neuen Securitate (SRI) verfolgt - und einmal nicht!?

Mein Mistreiter Erwin Ludwig blieb bei seiner Meinung:

"In Rumänien regieren immer noch die Kommunisten!

Traian Basescu ist nicht besser als Ion Iliescu!
Hat einer seine CNSAS-Akte zu Gesicht bekommen?"

Wohl kaum!

Was konnte ich erwidern?
Nicht viel!

Ich konnte nur reisen, mir selbst ein Bild von der "neuen", veränderten Lage im "EU-Land Rumänien" machen oder es gleich bleiben lassen!

Die CNSAS hätte mir die Kopien meiner Akte auch per Post zugeschickt!

Doch wollte ich Gewissheit haben, um Ruhe zu finden, dann musste ich schon selbst dahin,
in die Höhle des Löwen,
in die Mausefalle, um kritisch zu überprüfen,
wie die rumänische Gauck-Behörde CNSAS tatsächlich arbeitet und
ob die demokratisch geläuterten Rumänen es diesmal ernst meinen mit der
kommunistischen Vergangenheitsaufarbeitung.

Ein Versuch war der
"Bericht zur Analyse der kommunistischen Diktatur in Rumänien", auch "Raport final" oder "Raportul Tismaneanu" genannt.

Der Koordinator des von Präsident Traian Basescu in Auftrag gegebenen Berichts, Professor Vladimir Tismaneanu, heute in Maryland, USA,
an der dortigen Universität mit der Geschichte des Kommunismus in Osteuropa beschäftigt, auch mit Dissidenz und Widerstand,
wurde hundert-, ja tausendfach angefeindet : für diese Aufklärungsarbeit!

Er macht weiter, unter anderem auf seinem Blog: http://tismaneanu.wordpress.com/

während andere zwielichtige Gestalten der Zeitgeschichte, die Vergangenheit auf den Kopf stellen, nur um das eigene Versagen unter den Roten zu verdecken, vergessen zu machen.


Was hatte da eine dieser zwielichtigen Gestalten öffentlich gemeint?
Seine Akte will er nicht sehen - und unsere will er auch nicht sehen ...

Doch, doch!

Mich interessieren alle Akten, die etwas zur Wahrheitsfindung beitragen, Genosse Tarnkappendichter!

Und ich analysiere und interpretiere die Akten auch gerne selbst - über die ausgewählten und vorgesetzten erlesenen Zitate hinaus!

Nachdem ich als "Forscher bei der CNSAS akkreditiert" und eine erste Kurzvisite ins Banat und nach Siebenbürgen im Mai dieses Jahres erfolgt war, wagte ich es im September noch einmal -
die Fahrt in die "Mausefalle" bzw in die "Höhle des Löwen" ,
der zu meiner Zeit noch quicklebendig war und kräftig zubeißen konnte,

diesmal begleitet, nicht von der Malerin Monika Nickel, wie im Frühling,
sondern von Maler, Graphiker und Buch-Illustrator Michael Blümel aus Bad Mergentheim.

Monika kannte die "Mausefalle" bereits aus eigener Anschauung - und Michael, der waschechte Bundesbürger und Illustrator der "Symphonie der Freiheit" wollte sie erst kennen lernen -

und mit ihr den "A-posteriori-Kitzel" einer roten Diktatur.

Die "Mausefalle" als Schreckens-Phänomen an sich hatte ich schon mehrfach erlebt
:
Im großen Gefängnis Ostblock,
im Land Rumänien ,
in der "Folterkammer der Securitate" mit und ohne Erwin Ludwig,
dann
- nach meiner Ausreise - bei einer Fehlausfahrt vor Berlin in der DDR,
wo nach mir gefahndet wurde (1984),
schließlich in Kiew (1995), wo ich nie richtig wissen konnte, ob ich noch einmal "entrinnen" werde, ohne von einer allmächtigen Katze aufgefressen zu werden, die am Ausgang der Mausefalle wartet.

Also reiste ich mit Michael, dem Maler, 2000 Kilometer gen Osten, nach Bukarest.

Nach mehreren Tagen und zum Teil unfreundlichen Berührungen mit der allpräsenten Polizei in Rumänien erreichten wir schließlich das Ziel, Bukarest, die Hauptstadt Rumänies,
die in Sachen Verkehr "das vollendete Chaos" ist - noch jenseits von Italien und Kairo.

Wir waren da - zwei Tage vor dem Termin am 4. Oktober bei der CNSAS,
in der Matei Basarab Straße Nr. 41.

Da war noch viel Zeit für Malerei, Kultur, Stadtbesichtigung und Architektur, auch wenn mir stressbedingt die Muße fehlte:

Bauten vom Feinsten zogen uns magisch an:


Foto: Der freundliche Taxifahrer Emil


Diktator Ceausescus Protzbau im stalinistischen Stil.
Die halbe Nation arbeitete jahrelang, um diesen Prestigeklotz zu vollenden.

Heute: Sitz des Parlaments, Leute wie Emil sind stolz darauf, dass Rumänien das zweitgrößte Gebäude der Welt aufweisen kann - später Dank an den Führer der Nation!?


Nach der Prolet-Kultur des schlechten Geschmacks sahen wir uns noch ein paar historische Sehenswürdigkeiten an, Bauten, die Bukarest zum "Kleinen Paris" machten:


Foto: Michael Blümel

Imposanter Jugendstil-Bau - Das Museum "George Enescu"



Foto: Carl Gibson

Die Ienei-Kirche.
Das Schicksal von Vacaresti blieb ihr erspart - sie überdauerte auch Ceausescu, der andere Kirchen niederreißen ließ.


Foto: Carl Gibson

Eine Adresse für Bonzen - Offizierskasino, auch heute?


Foto: Carl Gibson

Die "Dimbovita" - Fluss und Kanal



Foto: Carl Gibson

Der "Cismigiu"-Park


Foto: Carl Gibson

Einer darf nicht fehlen: Graf Dracula - Rumänien gedenkt "Vlad Tepes" - dem Vorbild für "Dracula"

Vor der Pflicht kam die Kür - Wir sahen uns die berühmten Gemälde an, im Königsschloss, fanden aber keine Zeit mehr für den berühmten "Pfähler"!


In der "Höhle des Löwen" -

Bukarest zwischen Pflicht und Kür im Intermezzo mit einer Herta Müller- Lesung


Nach mehr als 30 Jahren!
Bukarest zwischen Pflicht und Kür im Intermezzo mit einer Herta Müller- Lesung


Wer in einem Land entwürdigt, gedemütigt, misshandelt, gefoltert und ohne Grund in ein Gefängnis geworfen wurde, der wird es sich gut überlegen, ob er sich noch einmal exponiert, ob er noch einmal die schwer errungene "Freiheit" aufs Spiel setzt, sich in Gefahr begibt und riskiert, aufs Neue "alles" zu verlieren.

Was brachte mir die "Heimkehr"?
Die anschließende Fahrt zur CNSAS in die "Höhle des Löwen" nach Bukarest, an den Ort,
wo ich mehrfach verhaftet, verprügelt, gedemütigt worden war?
Die Ruhe der Seele?

Ein kluger Kopf begibt sich nicht ohne Grund in die Höhle des Löwen,
wenn er denn Äsops Fabel gelesen und die Botschaft auch verstanden hat?

Der "Horror-Trip" in das "Land aller Möglichkeiten", Rumänien, das auch heute noch ein von Polizei durchsetzter Staat ist, begann mit einer ersten Polizei-Kontrolle und dem Ruf nach einer "Vignette".

Das moderne Wegelagerertum der Weststaaten,
ausgerichtet, den Autofahrer überall zur Kasse zu bitten und zu melken, wo es nur geht (Maut, Toll!!!) via "Vignette"
hat nun auch den EU-Staat Rumänien erreicht. Abkassieren ist angesagt in Zeiten knapper Kassen.

Die Rumänen erheben eine Straßenbenutzungsgebühr - fällig für alle Straßen,
denn Autobahnen haben sie nicht, bis auf ein kleines Stück zwischen Pitesti und Bukarest, kaum 150 Kilometer.

Wer keine Vignette hat, riskiert sehr hohe Geldstrafen.
Wir hatten Glück - der Polizist wurde durch einen Anruf abgelenkt, und wir durften weiter fahren, bis zu einer Tankstelle, wo eine "Vignette" erworben werden konnte.

Dann fuhren wir in eine der zahlreichen Radar-Falle!
(Die Behörden der Rumänen haben schnell begriffen, wie man Geld verdient, ohne zu arbeiten: Mit Vignetten und Radar - nicht anders als hier überall! )

Der Dorfpolizist in Traian Vuia auf dem Weg vom Banat nach Siebenbürgen wollte gleich den Wagen stilllegen, nachdem wir die "Grüne Versicherungskarte" nicht auf Anhieb finden konnten, die in einem EU-Land nicht einmal benötigt wird, oder?

Ein Horrorszenario - mit Angstschweiß und viel Adrenalin!

Was hätten wir getan in der Einöde vor Transsylvanien "ohne Auto"?

Mit "Furcht und Zittern" ging es weiter,
durch Roma-Siedlungen bei Tirgoviste und neue Polizei-Kontrollen, bis nach Bukarest in das alte "Miliz- Ghetto" im Umfeld der Matei Basarab-Straße.

In dieser Stress-Konstellation erlebte ich Bukarest - nach mehr als 30 Jahren!

Es wurde ein Deja- Vu mit hoher emotionaler Belastung!
Überall Spuren früherer Verfolgung - überall Polizei!
Das Gehirn regte sich, ich erinnerte mich, auch an viel Unerquickliches.

Trotzdem begaben wir uns auf Spurensuche - ich wollte die Stellen sehen,
wo ich früher "opponiert" "protestiert" hatte,
damals als einige meiner deutschen Landsleute noch hier an der

Partei-Kaderschmiede "Stefan Gheorghiu" studierten.

Die deutschen "KP-Genossen" von gestern" leben heute saturiert in der Bundesrepublik Deutschland
- ihren Opportunismus von einst, als sie noch mit den "roten Wölfen" heulten,
haben sie längst verdrängt, ja vergessen.

Die Unverschämtesten aus ihren Reihen beschimpfen heute von scheinbar sicherer, protegierter Warte aus sogar die ehemaligen antikommunistischen Dissidenten,
die Aufrechten des Widerstands gegen die Diktatur, als Helfershelfer der Securitate und als "nützliche Idioten",

ohne zu bedenken, dass sie selbst über viele Jahre "nützliche Idioten der Kommunisten" waren.

Aber, weil sie selbst der verbrecherischen Partei Ceausescus als "Mitglied" angehörten und dem System, diesem huldigten und stützten, waren sie damals für all die Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen blind.

Nur noch ein paar Dissidenten und "Betroffene" erinnern an das,
was in der Ceausescu-Diktatur Alltag war.


Foto: Carl Gibson


Die Kader-Schmiede der Rumänischen Kommunistischen Partei -

Die marxistisch- leninistische Hochschule "Stefan Gheorghiu" -
Wer als RKP- Politiker, Journalist, Historiker etc. im Rumänien Ceausescus
Karriere machen wollte, musste hier studiert haben.
Davor: "Der Löwe"!

In dem kommunistisch-nationalistischen Hymnus "Pui de lei" werden die Rumänen
als "Junge Löwen" glorifiziert, die, aus dem Fels gebrochen, überall wachsen und gedeihen -

vivat, crescat, floreat!?

Ja, ich erinnerte mich!

Vis – à-vis des Löwen liegt der Präsidentenpalast Traian Basescus – und
nicht sehr weit entfernt …. „Cartierul Primaverii“, das „Stadtviertel des Frühlings“,
wo Ceausescu und sein Clan lebten
und wo heute immer noch die Bonzen hausen,
die Nomenklatura der Neuzeit, Wölfe im Schafsfell, Wendehälse und Chamäleons aller Art, Demagogen der Sonderklasse, oft als lupenreine Demokraten kaschiert.

Fürst Potjomkin lässt grüßen, mit neuen Fassaden –
und der Pawlowsche Hund auf der Straße,
der fügsam den Schweif absenkt und nach dem Knochen schnappt,
den man ihm gnädig zuwirft – für gute Dienste!

Foto: Carl Gibson

Wachturm vor der Residenz des Präsidenten der Republik.
Vom Palast sieht der Bürger nichts.


Foto: Carl Gibson

Das "Rumänische Athenäum"


Der Zufall wollte es, dass in diesen Tagen am 27. und 28 September die aus Rumänien stammende Herta Müller in diesen "heiligen Hallen" lesen sollte -
in dieser "Arena" oder "Circus" wie die Nobelpreisträgerin im Gespräch mit
Gabriel Liiceanu (Phänomenologe und Chef des Verlagshauses "Humanitas) sagte.

Eine "Dissidentin", betonte Herta Müller vor Ort,
sei sie nicht gewesen,
aber sie hätte im Kindergarten mit der Leiterin des Kindergartens lebhaft kritisch diskutiert.

Ob sie auch der RKP und der "Securitate" seinerzeit etwas "Kritisches" zu berichten hatte, damals zu Ceausescus Zeiten,
das sagte Herta Müller nicht.


Foto: Michael Blümel

Carl Gibson, einer der schärfsten Kritiker von Herta Müllers Werk,
vor der "Humanitas"-Buchhandlung neben der Ienei-Kirche im Herzen der Hauptstadt Bukarest.

Eine Teilnahme an der Werbeveranstaltung im "Rumänischen Athenäum" wollte ich mir dann doch nicht zumuten.

Gabriel Liiceanu von der Phänomenologischen Gesellschaft in Rumänien und Kopf des Verlages "Humanitas", der gerade Herta Müllers "Atemschaukel" in rumänischer Sprache herausgab,
dachte wohl mehr ans Geschäft, als an "kritische Fragen" und historische Wahrheiten.

Den "Dingen auf den Grund gehen", die "Wesenheit schauen", "des Pudels Kern" entlarven - das wollte dieser wohlwollende Intellektuelle nicht.

Foto: Michael Blümel

Bürgerprotest am Piata Unirii in Bukarest - Was aussieht wie Werbung, ist eigentlich der friedfertige "Aufruhr" eines Bürgers, der sich von einem ausländischen Konzern benachteiligt fühlt.


Es folgte ein besinnlicher Ausklang am Abend im Hotel:


Foto: Carl Gibson

Sonnenuntergang über den Neubau-Dächern von Bukarest - Folgt bald die "Morgenröte"?



































 Gerhard  Ortinau: 

Verteidigung des Kugelblitzes mit : "Kleine Geschichte", ein Werk, in welchem die Baragan_Deportation moralisch gerechtfertigt wird.





 G. Ortinau: "Kleine Geschichte" - Geier unterstellt mir, den Text nicht zu kennen.
















Copyright: Carl Gibson

 

 

 

 

 


 

Carl Gibson, 

Natur- und Lebensphilosoph, ethisch ausgerichteter Zeitkritiker,

Naturfotograf, im August 2021





Mehr zu Carl Gibson, Autor,  (Vita, Bibliographie) hier:

https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Gibson_(Autor)

https://de.zxc.wiki/wiki/Carl_Gibson_(Autor)

(Das Wikipedia-Porträt Carl Gibsons in englischer Sprache)


https://www.worldcat.org/identities/lccn-nr90-12249/

 Bücher von Carl Gibson, zum Teil noch lieferbar.



Copyright: Carl Gibson 2021.










 

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen