Mittwoch, 29. Dezember 2021

Rezensenten Oder Wenn Unproduktive über die Werke Schaffender schreiben - zu Lenaus Zeiten und auch heute

 

 

Rezensenten Oder Wenn Unproduktive über die Werke Schaffender schreiben - zu Lenaus Zeiten und auch heute

 

 

Ein offner Wald am Straßensaume

Ist dein Gedicht, du mußts ertragen,

Reibt sich an seinem schönsten Baume

Ein Schwein mit grunzendem Behagen."

Lenau

Dann ist immer das Ressentiment am Werk, der Neid der von der Natur Benachteiligten, der Schlechtweggekommenen, wie Nietzsche es ausdrücken würde, manchmal gar der Neid der Etablierten, die einem Neuankömmling auf der Geistesbühne das nicht gönnen, was er hervorgebracht hat, ganz egal, ob es nun ein Gedicht ist – wie bei Lenau, der ein reiner Dichter war – oder eine Studie, wie in meinem Fall in einem Buch über Lenau.

Der Dichter kannte das Problem gut und hat sich prägnant dazu geäußert, speziell zu den geistigen Missgeburten jener „Krüppelwichte“ und der „Oberleichthindrüberhuscher“, die über Dichtung und Wissenschaft reden wie der Blinde von der Sonne.

Rezensenten sind fast alle

Obenleichthindrüberhuscher,

Und die dümmsten mit Gelalle

Auch versifikante Pfuscher[1].

 

Als ich vor langer Zeit Lenaus – auf boshafte Rezensenten gemünzten - Verse öffentlich zitierte, hieß es postwendend, ich hätte meine Landleute mit den Schweinen verglichen! Das Schwein ist ein edles Tier verglichen mit manchen „Menschen“!

Wer schreibt eigentlich Rezensionen? Wenn es nicht die Leute sind, die - im Auftrag und angestiftet von wem auch immer - „Verrisse“[2] schreiben, um akademische Laufbahnen zu verhindern[3], später aber nicht mehr zu dem stehen, was sie damit angerichtet haben, so sind das in der Regel Schreibende aller Art, Provinzjournalisten ohne Fachkompetenz, Autoren im Kleinformat, die nie ein Buch zustande brachten, die aber froh sind, wenn sie irgendwo ein paar lächerliche Zeilen zum Besten geben dürfen, um sich auch einmal gedruckt zu sehen.

Zu sagen haben diese Leute nur das, was ihr bescheidenes Gehirn begriffen hat. Also schwafeln sie über Kunst und Wissenschaft auf gleichem Durchdringungsniveau, seicht und kleinkariert – wie jüngst, wo ich mich als wissenschaftlicher Autor, der zwei Dutzend Bücher vorgelegt hat, wieder - und genau wie schon vor dreißig Jahren – mit allerlei Unterstellungen konfrontiert sehe in einer Arbeit im pseudowissenschaftlichen Duktus, in der über eines meiner zentralen Werke paraphrasiert wird, über ein Buch, das der Betreffende, ein kleiner Dozent der Geschichte aus England, nicht einmal gelesen hat, der aber so tut, als hätte er mehr rezipiert als wenige Seiten von tausend.

Darf man sich wundern, wenn dieser komische Mann der Wissenschaft, der zudem auch noch sein Thema verfehlt hat und dem die Konzeption eines so komplexen und vielschichtigen Werkes, wie das von mir vorgelegte, ewig fremd bleiben wird, sich in seiner Argumentation auf die kleinsten aller kleinen Lichter und Irrlichter beruft, auf „Rezensenten“ [4]und dabei – auch das noch falsch und schlecht recherchiert – die Erkenntnisse dieser „Autoritäten“ ins Feld führt, um das von mir Geschaffene schlecht zu reden, der Welt erklärend, was mir nicht gelang und wo überall ich auf meinen ominösen Kreuzzug gegen wen auch immer versagte.

Als Genesender nach schwerer Krankheit soll und will mich nicht aufregen – und doch, wenn ich bei Recherchen im Netz auf die dummdreisten Formulierungen stoße, die ungeniert und gewissenlos in alle Welt gestreut werden, auch noch in der lingua franca, in der englischen Sprache, werden, nur um - eingereiht in die Schar der Etablierten und angepasste Positionen weiterführend s sich selbst zu empfehlen, rege ich mich trotzdem auf. Je weniger Gestalten dieses Schlages wissen, desto aufgeblähter reden sie fern jeder Sachkompetenz über ein Sujet, dass sie überhaupt nicht kennen.

Schließlich ist es einfacher und leichter mit der Strömung zu schwimmen, sich mit der Mode und Masse treiben zu lassen, eingebettet in die große Herde, als allein, doch frei gegen den Strom zu schwimmen.

Von der Wahrheit sollen die Allzuvielen nichts wissen – und wer etwas davon erkannt, den hat man von je her „gekreuziget und verbrannt“.

Nur haben die Scheiterhaufen von heute ein anderes Gesicht.

 



[1] Nikolaus Lenau: Sämtliche Werke und Briefe. Band 1, Leipzig und Frankfurt a.M. 1970, S. 481-482.

Der Reiter von W.

Auf dem krit'schen Schusterbänklein

Nahmst du dich noch aus erträglich,

Hattest manchmal ein Gedänklein;

Doch als Dichter bist du kläglich!

 

Rezensenten sind fast alle

Obenleichthindrüberhuscher,

Und die dümmsten mit Gelalle

Auch versifikante Pfuscher.

 

Kommt der Bursch in seinem Streitwahn,

Unter tausend Stümperängsten,

Tief zu Esel auf die Reitbahn,

Dröhnend von arabschen Hengsten.

 

Hei! hei! heil du krit'scher Bummler,

Zeige dich nun selbst als Reiter!

Zeige dich als kecker Tummler!

Sporne! peitsche! vorwärts!! weiter!!!

 

Hörst du's wiehern? hörst du's rufen?

Doch dein Graugaul sträubt die Ohren,

Stampfend möcht er mit den Hufen

In die Erde sich verbohren.

 

Und die Reiter nehmens Kränzlein,

Das du ihnen gabst zur Ehre,

Und sie bindens an das Schwänzlein

Lachend deiner grauen Mähre.

 

Raschelnd mit den Lorbeerbauschen

Peitscht der Esel sich die Flanken,

Unter Spottgelächters Rauschen

Bricht er scheu aus unsern Schranken.

 

Die zerzauste Panegyrik

Hat der Wind davongetragen,

Lachend denkt man nur der Lyrik,

Die dein Esel aufgeschlagen.

 

Reiter, die dir nicht gefallen,

Die du jüngst so scharf gescholten,

Haben spottend jetzt vor allen

Schadenfreudig dirs vergolten.

 

Willst du richten unser Dichten,

Laß die Vers' im Halse stecken;

Sie zernichten dir dein Richten!

Laß den Grauen bei den Säcken!

 

Laß als Müller du dein Fohlen

Immerhin zur Mühle gehen;

Und als Schuster flick die Sohlen

Schlechtbeschlagnen Renommeen!

[2] Das Machwerk einer gewissen Frau Beatrix Müller-Kampel aus Graz, die als einzige Stimme unter vielen Rezensenten mein weltweit verbreitetes Werk über „Lenau“, 1989, negativ bewertete und polemisch niedermachte, hat viel Schaden angerichtet und geistert auch heute noch durch das Internet. Auf meine spätere Nachfrage, wer sie eigentlich dazu brachte, mein Werk öffentlich in den Dreck zu ziehen, wusste diese „Wissenschaftlerin“ keine rechte Antwort und machte Ausflüchte mit dem – wohl der Politik entlehnten Argument, sie könne sich nicht mehr erinnern! Ergo zog ich seinerzeit die Konsequenzen, verzichtete auf die formale Promotion mit dem Werk und kehrte für immer dem akademischen betrieb den Rücken.

Viele weitere Buchbesprechungen der positiven Art – auch aus Übersee – kamen zu spät, u. a. die Feststellung des Lenau-Forschers Jean-Pierre Hammers aus Paris in „Etudes Germaniques“, 1992, mein Werk über Lenau sei würdig, ins Französische übersetzt zu werden.

 

[3] Mein Abgang von der Uni Würzburg wurde von mir abgehandelt und ist im Internet auffindbar unter: Vom Ende meiner akademischen Freiheit

[4] An anderer Stelle habe ich mich zur Fachkompetenz dieser Rezensenten geäußert. Man kann – was bei meinen Publikationen mehrfach der Fall war - Glück haben und auf einfühlsame Wissenschaftler oder Journalisten treffen, die auch ein dickes Buch ganz durchlesen, bevor sie kritisch darüber schreiben; es gibt aber auch Schreiberlinge, die so tun als ob – und so, wie sie es in den Studierstuben und Redaktionen der roten Diktaturen lernten, intellektuell unredlich, inkompetent, an den Fakten vorbei.

Weil gute Rezensenten, die nicht Teil einer Seilschaft sind und im Auftrag für Geld Lobhudeleien schreiben, selten sind und kaum zu finden, sinkt auch die Bereitschaft mancher Zeitungen, über komplexere Bücher zu berichten. 

 

 


 

Carl Gibson, 

Natur- und Lebensphilosoph, ethisch ausgerichteter Zeitkritiker,

Naturfotograf, im August 2021





Mehr zu Carl Gibson, Autor,  (Vita, Bibliographie) hier:

https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Gibson_(Autor)

https://de.zxc.wiki/wiki/Carl_Gibson_(Autor)

(Das Wikipedia-Porträt Carl Gibsons in englischer Sprache)


https://www.worldcat.org/identities/lccn-nr90-12249/

 Bücher von Carl Gibson, zum Teil noch lieferbar.



Copyright: Carl Gibson 2021.



 

 

 

 

 Vgl. auch:

 

"Ein offner Wald am Straßensaume
Ist dein Gedicht"


Lyrik und Kritik - 

Perlen vor die Säue? 

Vor und nach Nikolaus Lenau! 

"Ihr kriegt mich nicht nieder,  Ohnmächtige Tröpfe!"


Nikolaus Lenau

"Ein offner Wald am Straßensaume
Ist dein Gedicht, du mußts ertragen,
Reibt sich an seinem schönsten Baume
Ein Schwein mit grunzendem Behagen."


Die Eber von Eberbach


Poesie, Lyrik, Epik - Perlen vor die Säue?


Vielleicht!
Totzdem machen die "Dichter von heute" unbeirrt weiter!

Gut so, auch wenn ihre Bändchen praktisch unverkäuflich sind!

Kaum ein Verleger will Lyrik veröffentlichen in der platten Welt des Geldes,
wo die Tiefe der Oberflächlichkeit zu weichen hat.


Lyriker haben es heute schwer,
noch viel schwerer als zu Zeiten eines Horaz, eines Ovid oder in den Tagen Lenaus,
als Gedichte noch nach festen, verifizierbaren Regeln gezimmert wurden.

Heute ist die Lyrik weitgehend "frei",
sie kommt ohne Rhythmus, Versmaß und Reime aus - 

und ist bisweilen "unlyrisch".

Die Subjektivität, kennzeichen des Lyrischen,  ist geblieben -
und somit auch der Anspruch des Dichters,
zu sagen, was er leidet.

Die Bosheit der Kritiker hingegen ist auch noch da. Znisch, essentimentbestimmt wie eh und je! Wer selbst nichts an Kunst zuwege bringt, lästert über die Werke anderer, nicht nur ohne Sensibilität und Empathie, sondern oft auch ohne jeden Kunstverstand.

Wen wundert es dann, wenn der Sarkast im Dichter zum Zyniker wird,
wenn der zarte Poet dann doch noch zurückschlägt, wuchtig und unverblümt:

"Ihr kriegt mich nicht nieder,
Ohnmächtige Tröpfe!
Ich komme wieder und wieder,
Und meine steigenden Lieder
Wachsen begrabend euch über die Köpfe."

So wehrt sich Lenau in  

"Trutz euch"!

Trotzig der Welt den produktiven Willen entgegensetzen!
Im Protest!

Das ist mehr als Dichtung,
das ist ein existenzielles Programm,
eine Haltung, die das man beherzigen sollte,
wenn Rückschläge aller Art eintreten.






Neckarlandschaft bei Eberbach.
Der Zufall wollte es, dass ich einige Zeit meines Lebens an diesem schönen Ort über
Poesie, Geist und Kritik nachdenken durfte.





Sau mit Ferkeln (gesehen in Appenzell, in der Schweiz)  -
auf dem Weg zum Schafott (?)
nachdem versehnetlich ein Bändchen moderner Lyrik aufgefressen worden war?





Mehr über

Nikolaus Lenau
unter



Interpretationen zur Dichtung Lenaus in meinem Werk:




Carl Gibson, Lenau. Leben - Werk - Wirkung.
Heidelberg 1989, 321 Seiten.

Dieses viel zitierte Standardwerk der Lenau-Forschung ist -
laut World Cat Identities und neben einer Studie des Freud Schülers Isidor Sadger über das Liebesleben Nikolaus Lenaus -
das weltweit am meisten verbreitete Werk über den Spätromantiker und Klassiker der Weltliteratur Nikolaus Lenau .

Der leider viel zu früh verstorbene Germanist und Nietzsche-Forscher Prof. Dr. Theo Meyer erkannte in diesem Werk
"einen Markstein der Lenau-Forschung.
Es ist überhaupt die prägnanteste Lenau-Monographie. es dürfte zum Besten gehören, was über Lenau überhaupt geschrieben worden ist."

Das Werk, das mir, dem Autor bisher noch kein Einkommen generiert hat, wurde in acht Teilauflagen gedruckt. 
Die Leinen-Ausgabe ist seit vielen Jahren vergriffen. Ein Restbestand der kartonierten Ausgabe liegt - ungeachtet anderer Meldungen im Internetbuchhandel - noch vor und kann beim Winter Verlag, Heidelberg bezogen werden.

Trotzdem ist eine grundlegend überarbeitete Neu-Edition dieser Monographie angesagt,
da die Werke und Briefe Lenaus inzwischen in einer historisch-kritischen Ausgabe vorliegen.


Fotos: Carl Gibson

©Carl Gibson

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen