Donnerstag, 23. Dezember 2021

Gut vernetzt, schlecht vernetzt … und das „vernetzte Denken“ auf dem absteigenden Ast

In der unreflektierten deutschen Gesellschaft unserer Tage, in der oft nicht darüber nachgedacht wird, was ausgesprochen wird, ist „gut vernetzt“ ein - in der Regel positiv konnotierter[1] - Ausdruck, während „schlecht vernetzt“ negativ belegt ist und als ein Kompatibilitätsdefizit interpretiert wird.

Anders als Karl Lauterbach, der beinahe kein Minister geworden wäre, weil er anglich sehr „schlecht vernetzt“ war und ist in der SPD, angeblich ein Eigenbrötler aus der Wissenschaft, ohne echten Rückhalt unter den Genossen, gilt nun der neue Mann an der Spitze der Bundesbank, Joachim Nagel, ein kleines Gegengewicht zur „Madame Inflation“ aus der EZB, deren fragwürdige Finanzpolitik den freiwilligen Abschied des bisherigen Bundesbankchefs Jens Weidmann[2] bewirkt hatte, als erfahren und „gut vernetzt“.

Aus meiner Sicht des kritischen Zeitphilosophen, der ausschließlich auf das Schaffen aus der eigenen Kraft heraus setzt und an diesem Prinzip - allen Widerständen zum Trotz – ein Leben lang festhielt, und somit an dem freien, aufrechten Gang, an dem dornigen Weg ohne jede Protektion, fern von Seilschaften, ohne politische Krücken und Stützen, ohne Förderung durch ominöse Dritte aus Stiftungen der Wirtschaft und anderen halbgeheimen Organisationen der intransparenten Art, verhält es sich genau umgekehrt:

für mich ist „gut vernetzt“ schlecht und „schlecht vernetzt“ gut!

Schließlich ist auch die Mafia „gut vernetzt“, bis hinein in die Spitzen der Macht – und das nicht nur in Italien.

[1] Nicht ganz korrekt abgeleitet vom „vernetzten Denken“ des Vielwissenden, das heute, in der Zeit der Spezialisten, nur noch wenige „Geister mit breiter Klaviatur“ beherrschen.

Echtes, komplexes Wissen ist leider nicht mehr gefragt. Also muss auch ich heute ohnmächtig und bedauernd mit ansehen, wie jenes - auch mir immer attestierte - „vernetzte Denken“ schwindet, um einer Welt den Platz zu räumen, die auf die simple Art, mit frechen Lügen und Taschenspielertricks ihr Täuschungswerk vollendet, die Volksverdummung in allen Bereichen der Existenz.

[2] Wie es den Anschein hat, ging Weidmann – aus „persönlichen“ Gründen, wie es offiziell heißt – wohl, weil die inflationären Maßnahmen der Französin Lagarde nicht mehr mittragen konnte oder wollte. Eine Gewissensentscheidung vor gehorsam und Pflicht? Chapeau!

https://de.wikipedia.org/wiki/Jens_Weidmann