Donnerstag, 23. Dezember 2021

Wurden im Konzentrationslager Buchenwald kurz vor der Befreiung 150 000 Gefangene erschossen? Belletristisch „verfälschte Geschichte“ in Marguerite Duras verfilmten Roman „Der Schmerz“ und in den Selbst-Stilisierungen Herta Müllers in der ZEIT, 2009

 

     Wurden im Konzentrationslager Buchenwald kurz vor der Befreiung 150 000 Gefangene erschossen? Belletristisch „verfälschte Geschichte“ in Marguerite Duras verfilmten Roman „Der Schmerz“ und in den Selbst-Stilisierungen Herta Müllers in der ZEIT, 2009

Mit der Aussage zu der angeblichen Massenerschießung von Internierten und Häftlingen im Konzentrationslagers Buchenwald bei Weimar, wurde ich vor einigen Tagen konfrontiert, als ich mir zum Ausklang des zweiten, beklemmenden und existenzbedrohenden Pandemiejahres 2021 den französischen Spielfilm „Der Schmerz“[1] ansah, der sich an dem – gleichnamigen – autobiografischen Roman der französischen Bestseller-Autorin Marguerite Duras orientiert.

Die drastische Botschaft in der 113. Filmminute rüttelte mich auf und versetzte mich in Unruhe, weil ich, der Historiker, der das berüchtigte, unmittelbar vor der deutschen Kultur- und Geistesstätte Weimar gelegene Konzentrationslager bereits vor einem Jahrzehnt besucht und mich mehrfach mit der Materie auseinandergesetzt hatte.

Stimmt die Aussage?

Stimmt gar die schrecklich hohe Zahl der Opfer?

Wurden nahe am Wirkungsort Goethes und Schillers tatsächlich 150 000 Menschen exekutiert, liquidiert?

Oder war das nur antideutsche Kriegspropaganda im Rahmen der psychologischen Kriegsführung, eine reine Deviationsbehauptung, eine irreführende, gezielt konstruierte Falschmeldung, die von der alliierten Propaganda kurz vor dem Kriegsende um 1944/45 in Umlauf gebracht wurde, um die Kriegsmoral der Wehrmacht und des deutschen Volkes zu schwächen, um weite Kreise im verzweifelten Ausharren zusätzlich zu verunsichern und von Deutschen besetzte Regionen zu Widerstand und Aufruhr zu veranlassen?

Marguerite Duras, die selbst dem antideutschen Widerstand in Frankreich angehörte und deren Lebenspartner nach der Internierung als Kriegsgefangener nach Deutschland verschickt wurde, namentlich nach Buchenwald, in das dortige KZ, stellt diese Zahl so in den Raum – und der Spielfilm aus dem Jahr 2017 lässt die drastische Aussage nicht überprüft und unkommentiert so stehen, verbreitet sie weiter, obwohl längst wissenschaftlich erwiesen und allgemein bekannt sein müsste, dass in im KZ Buchenwald bei Weimar keine[2] 150 000 Kriegsgefangenen erschossen wurden.

Dort, wo - der in der DDR hochverehrte, ja, zelebrierte Kommunist - Ernst Thälmann ermordet wurde, gab es auch keinen systematischen Genozid an Juden; den gab es in Auschwitz und an anderen weniger bekannten und unbekannten Stellen. Weshalb also diese nicht stimmige Zahl aus der Zeit um 1945 kurz vor dem Zusammenbruch des Hitlerreiches nun in einem Spielfilm aus dem Jahr 2017? Waren hier Geschichtsfälscher am Werk, Provokateure, antideutsche Hetzer, die auch heute noch, lange nach der Aussöhnung und in Zeiten einer deutsch-französischen Freundschaft im Kulturellen, im Politischen und im Zwischenmenschlichen auf Feindschaft und Spaltung setzen?

Wie viele Zuschauer, die sich den Film ansehen, werden die Aussage über die Massenerschießung von Kriegsgefangenen in Buchenwald überprüfen?

Man wird der Autorin Marguerite Duras glauben, die das autobiografische Werk verfasst hat – und man wird auch darauf vertrauen, dass die Verfilmung des Romans „Der Schmerz“ Autorin historisch korrekt erfolgte, ohne dass andere – Regisseure oder Drehbauchautoren - Behauptungen und Zahlen in das Drehbuch hinein zu interpretieren, die nicht aus der Feder der Verfasserin Duras stammen.

Also bleibt am Ende der Filmrezeption eine Aussage im Umlauf, die einfach nicht stimmt[3], die nicht den historischen Tatsachen entspricht.

Und diese Falschinformation erreicht viele Menschen, letztendlich, wie von mir tags darauf festgestellt, auch über den Sender „arte“, der sich als deutsch-französischer Kultursender doch konzeptionell dem Positiven und Konstruktiven verschreiben hat, nicht der Destruktion.

Muss also übertrieben werden, im Roman, im Film? Muss der Teufel noch schwärzer gemalt werden, als er ist? Muss – und das akzentuiere ich aufgrund der Tragweite erneut - eine Aussage, die aus sich auf den Frühling 1945 und somit auf die Tage kurz vor dem Zusammenbruch des Dritten Reiches bezieht, aber falsch ist, im Jahr 2017 noch einmal in einen Spielfilm eingebaut werden, obwohl man weiß, dass die Abläufe und Fakten anderer Natur sind?

Auf diese Weise, so unverantwortlich ohne Rücksicht auf die Folgen einer unstimmigen Aussage oder einer drastischen, aus der Luft gegriffenen, frei erfundenen Zahl mit enormem Anklagepotential wird Geschichte verfälscht – aus reiner Unwissenheit heraus oder mit Absicht!?

Mich hat diese Roman-Verfilmung, die auch gut ohne diese eine Zahl auskommt, von der Machart her betrachtet nicht ganz überzeugt, doch sie enthält beachtenswerte und auch gut filmisch gut umgesetzte Elemente, die von Marguerite Duras vorgeben wurden: den differenziert eingefangenen Kollaborateur, das Phänomen der Euthanasie, etwas wage und nur Rande auch die Judenverfolgung und -vernichtung in den Lagern und schließlich das zentrale Thema der belletristischen Kreation autobiografischen Zuschnitts überhaupt – der Schmerz, den die Zurückgebliebene erleidet und an dem auch die Lebenspartnerschaft zerbrechen wird.

Da ich von frühesten Tagen an und fast mein gesamtes - wissenschaftliches – Leben hindurch unter diesen Phänomenen historischer Verfälschungen zu leiden hatte, habe ich – beginnend mit der Zurückweisung der ideologisch motivierten, stilisierten „kommunistischen Historiografie“ - auch immer wieder dagegen angekämpft, seinerzeit, in der kommunistischen Diktatur als Menschenrechtler und Dissident, aber auch heute, in Deutschland, im freien Europa, wo – wider besseres Wissen und ungehemmt - Lügen verbreitet werden und wo – wie im Film - gezielt gestreute „Gerüchte“ die Wahrheitsfindung erschweren und eine korrekte Interpretation der Geschichte unmöglich machen.

Eine deutsche „Belletristin“, deren „Literatur“ weder „schön“ noch „geistig“ daherkommt, der man aber trotzdem sogar den „Nobelpreis für Literatur“ (2009) auf obskure Weise und zum Staunen der Welt zugeschanzt hat, ist Herta Müller, die durch und durch verlogene „Erfinderin“ aus dem Banat, deren ethisch-moralische Haltung und Skrupellosigkeit ich seit mehr als einem Jahrzehnt öffentlich und in Büchern bekämpfe.

Auch Müller, nur bedingt mit der Französin aus Indochina[4] vergleichbar, schreibt autobiographisch ausgerichtet wie Marguerite Duras; doch ist diese Deutsche, die zwar irgendwie deutsch schreibt, sich aber schämt, eine Deutsche sein, ergo das Deutsche in vielen Formen bekämpft, viel erfindungsreicher als die – nicht unbedingt wissenschaftlich ausgerichtete - Marguerite Duras.

Die ganz und gar wissenschaftsferne Müller, der ich anfangs glaubte und deren Verfolgung durch Ceausescus Geheimdienst Securitate ich für glaubhaft hielt, bevor ich später als Forscher das Gegenteil in Erfahrung brachte, „erfindet“ am laufenden Band; sie lügt einfach und ohne Skrupel, setzt Mythen in die Welt, doch hauptsächlich, um sich selbst darzustellen, um sich als Opfer der Diktatur zu inszenieren, während die von ihr instrumentalisierte und auf Schritt und Tritt verfälschte Geschichte fast ausschließlich genutzt wird, um zu eigenen Zwecken zu gelangen, unkritisch gegenüber den in Rumänien regierenden Kommunisten, doch umso boshafter in der in der Regel zynisch-verächtlichen Auseinandersetzung mit den eigenen Landsleuten deutsche Zunge im Banat. Dass dabei Wahrheit und Ethos auf der Strecke bleiben, ergibt sich von selbst. So entsteht reinfiktional neben dem bezweckten Selbstbild einer Jeanne d’Arc aus dem Banat, die, gleich Siegfried, den Lindwurm erschlägt, den roten Drachen in Bukarest, ein – wie von mir oft herausgestellt – „Zerrbild“ der Diktatur, des Lebens und des Opponierens in einer Diktatur, die es so nie gab, die es nirgendwo gab oder gibt. Die echten Opfer der Diktatur überall auf der Welt und zu jeder Zeit werden über dieses absurde Konstrukt verhöhnt, alle tatsächlich Verfolgten aus den Gefängnissen und Lagern mit echten Leiden und Schmerz werden dabei in grotesken Szenen mit Eierfolter und ähnlichen skurrilen Erfindungen buchstäblich verhöhnt[5].

Was heute oft vergessen, ignoriert wird: je berühmter, bekannter, hochgeschaukelter die Protagonisten solcher Zerrbilder sind, desto gefährlicher sind die synthetisch erzeugten Mythen für die Gesellschaft; denn die freche Lüge wird geglaubt.

Herta Müller schießt bei der verfälschten Darstellung der rumänischen Gesellschaft während der Ceausescu-Zeit den Vogel ab – und die Rumänen haben es bisher noch nicht geschafft, im eigenen Interesse eine realistische Darstellung des Lebens und Leidens in jener tristen Zeit der verfälschten, entstellenden Sicht der Dinge entgegenzuhalten.

Also glaubt man – gerade im Westen - der aufs Podest gehobenen Lügnerin weiterhin, oft unkritisch und nur deshalb, weil ihr ein „Nobelpreis“ zugeschanzt wurde, ignoriert dabei aber nicht nur die Gegenstimmen von Zeitzeugen, sondern die konkret vorliegenden Fakten.

Die Prinzipien „Ehrlichkeit“, „Aufrichtigkeit“, „innere Wahrhaftigkeit“, „innere Redlichkeit“, sind dieser – zutiefst ahistorisch agierenden, antideutschen Schriftstellerin, die – in meinen Augen – intellektuelle Null ist, von Anfang an ebenso fremd und wird ihr auch ewig so fremd bleiben wird wie das Prinzip „Verantwortung“, das sie nicht wahrhaben will, wenn sie – sich selbst inszenierend – Mythen als Wahrheiten ausgibt, speziell bei der Verzerrung und Entstellung des Lebens in der Diktatur, inszeniert.

Nun, heroisiert auch Marguerite Duras sich selbst, die historischen Umstände verfälschend? Vergleicht man die „belletristischen Produktionen“ der Französin aus der Kolonie, die sich – ähnlich wie später Müller - fast bis zum Prix Goncourt hochgeschrieben hat, mit den „literarischen Kreationen“ der Kolonisten-Tochter aus dem – heute rumänischen – Banat, so kann man da deutliche Parallelen erkennen, wobei in beiden Fällen egoistische Antriebe die objektive Faktendarstellung überlagern. Doch schreibt Duras angelehnt an die Geschichte, während Müller – ohne Rücksicht auf historische Ereignisse und Fakten – nur die eigene Geschichte schreibt, Geschichten fabriziert, die in ihrer Absurdität nichts mit der Realität zu tun haben. Aus der anfangs der Welt noch vorgegaukelten „Authentizität“ – etwa bei der Darstellung des Securitate-Hauptmanns und Untersuchungsrichters Petre Pele in „Herztier“, den sie nur vom Hörensagen her kennt – werden später nur noch makabre Fiktionen wie Eierfolter und andere Malträtierungen, durch den Geheimdienst der Diktatur, denen die Autorin angeblich ausgesetzt gewesen sein will, die aber mit der tatsächlichen Wirklichkeit nichts zu tun haben, was ich, der in einem Zeitraum von über drei Jahren von Pele verhörte Verfolgte vielfach nachgewiesen habe.

Während Duras, die die historischen Abläufe 1945 über die Presse – mit allen dort verbreiteten Informationen und Desinformationen – rezipiert, sich darum bemüht, historisch zu schreiben und zugleich authentisch, wahrhaftig, aber doch nur ein subjektiv geprägtes, unvollständige Bild der Zeit schildern und abliefern kann, schreibt Müller an der Geschichte vorbei, einmal, weil diese Schreibende das strenge, logisch diskursive Denken nicht beherrscht, dann aber auch, weil sie die tatsächlichen Ereignisse der Vergangenheit und der Gegenwart schlicht ignoriert, um, sich selbst erhebend, Welten erfindet, die es nie gab und nicht gibt, immer darum bemüht, in eine Rolle zu schlüpfen, die ihr nicht zukommt, nämlich in die Rolle einer echt verfolgten Regimekritikerin und Dissidentin!

Dieses Image einer heroischen Opponentin, die im Wirklichkeit eine privilegierte Nutznießerin der Ceausescu-Diktatur war, wurde Müller später in Deutschland angedichtet, von linken Autoren in linken Medien zunächst, im Spiegel aus Hamburg, dann von Konservativen rund um die KAS und publizistisch fortgeführt in antikommunistisch ausgerichteten Medien wie „Cicero“, „Die Welt“, und „Die Zeit“, die intellektuell und liberal sein will, und doch irrationalen Humbug druckt und weltweit verbreitet wie den Lügenartikel Herta Müllers aus dem Jahr 2009 „Die Securitate ist noch im Dienst“, der gut geeignet ist, jedem vernünftigen Leser nach einer halben Stunde der Lektüre vor Augen zu führen und bewusst zu machen, wer diese mit Nobelpreis, Bundesverdienstkreuz und „Pour le Mérite“ ausgezeichnete Autorin wirklich ist – eine verlogene Hasspredigerin und Kalte Kriegerin in obskurer Mission, eine Marionette im Dienst der aktuell in Deutschland regierenden, eine ethisch-moralisch suspekte Gestalt jenseits der Integrität, auch literarisch ästhetisch wie stilistisch fragwürdig, kurz eine Machwerk wie die Machwerke aus der Feder dieser „Literatin“, die eine Schande für die deutsche und europäische Literatur und Geisteskultur ist.

Ein Schriftsteller darf alles sagen!

Ja, in der Tat. Die künstlerische Freiheit gibt ihm das Recht dazu!

Doch darf er sich auch als Werkzeug der Propaganda missbrauchen lassen? Und vor allem, darf er als aufgeklärter Mensch europäischer Prägung und freier Geist, dem die Schrecken der Weltkriege und die repressiven Auswirkungen der jüngsten Diktaturen unter rotem und braunem Vorzeichen bekannt sind, das Wesen des Bösen entstellen, indem das Gesicht dieser Gewaltherrschaften verzerrt und verfälscht wird?

Wozu der Wahrheit verpflichtet sein und mit der historisch korrekten Darstellung von Fakten anecken, wenn man mit frechen Lügen besser fährt, Ehre und Gold anhäufen kann? Das sagen sich einige Zyniker auch in der Literatur, die ohne Bedenken und Skrupel Verdummung betreiben, wenn dieser sonderbare Weg zum Erfolg über Volksverdummung auch noch gutes Geld einbringt.

In den Jahren meiner frühen Kindheit im Banat, als mit Nicolae Ceausescus Machtantritt die Volksrepublik Rumänien ihr Äußeres wandelte, um als „sozialistische“ Republik zu einer liberaleren Staatform mit humanem Antlitz zu gelangen, musste ich, der rumänische Staatsbürger „deutscher Nationalität“, mir noch zahlreiche Propaganda-Kriegsfilme billiger Machart und fast ausschließlich sowjetischer Provenienz ansehen, ehrrührende, kränkende Filme, in welchen der deutsche Soldat der Wehrmacht als Trottel und Idiot dargestellt wurde. Der Geist des Stalinismus hatte das so vorgegeben – und so wurde das auch umgesetzt, bis hinein in das Frühwerk Herta Müllers, in ein von Kommunisten gefördertes Werk, in welchem die - gegen die Deutschen im Land eingesetzte - Gleichsetzung des Deutschen mit Hitler undifferenziert durchschimmert.

Das linke Umfeld Herta Müllers, Schreibende deutscher Zunge aus jener so genannten „Aktionsgruppe Banat“ ohne Aktion, brave Mitglieder der KP des angehenden Diktators Ceausescu, sie alle haben die Stigmatisierung und Ausgrenzung der deutschen Minderheit im Land mitgetragen, was letztendlich den Exodus der Deutschen aus Rumänien eingeleitet hat.

Ein Leben in Würde muss auf einer korrekten Darstellung der Geschichte aufgebaut sein.

Verfälschte Geschichte hingen führt zu Hass und Hetze, zu Unheil und Krieg!

Nicht begriffen haben das die rumänischen Kommunisten, die ihre eigene Geschichte als Widerstandsgeschichte inszenierten und auf erfundene Heroenmythen aufbauten, vom Daker Decebalus, über Georghe Doja, der ein Ungar war, den Aufständischen Horia, Closca und Crisan, Pandur Tudor Vladimirescu bis hin zu den Arbeiterhelden Vasile Roaita, Ilie Pintilie und – dem „geliebtesten Sohn des Vaterlandes“ – Nicolae Ceausescu.

Dafür abgestraft wurden sie in später Stunde von der Wirklichkeit, nicht anders als in anderen Ostblockstaaten und in der schnell zerfallenden Sowjetunion unter Michael Gorbatschow.



[2] Von der Aussage verunsichert, habe ich auf der Website des Lagers nachgesehen, unter:

 

https://www.buchenwald.de/72/

 

Dort findet sich folgender Text: Konzentrationslager Buchenwald 1937–1945. Im Juli 1937 lässt die SS auf dem Ettersberg bei Weimar den Wald roden und errichtet ein neues KZ. Mit dem Lager sollen politische Gegner bekämpft, Juden, Sinti und Roma verfolgt sowie "Gemeinschaftsfremde", unter ihnen Homosexuelle, Wohnungslose, Zeugen Jehovas und Vorbestrafte, dauerhaft aus dem deutschen "Volkskörper" ausgeschlossen werden. Schon bald wird Buchenwald zum Synonym für das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Nach Kriegsbeginn werden Menschen aus ganz Europa nach Buchenwald verschleppt. Im KZ auf dem Ettersberg und seinen 139 Außenlagern sind insgesamt fast 280.000 Menschen inhaftiert. Die SS zwingt sie zur Arbeit für die deutsche Rüstungsindustrie. Am Ende des Krieges ist Buchenwald das größte KZ im Deutschen Reich. Über 56.000 Menschen sterben an Folter, medizinischen Experimenten und Auszehrung. In einer eigens errichteten Tötungsanlage werden über 8000 sowjetische Kriegsgefangene erschossen. Widerstandskämpfer bilden im Lager eine Untergrundorganisation, um das Wüten der SS nach besten Kräften einzudämmen. Gleichwohl wird das "Kleine Lager" zur Hölle von Buchenwald. Noch kurz vor der Befreiung sterben Tausende der entkräfteten Häftlinge. Als die Amerikaner im April 1945 Buchenwald und seine Außenlager erreicht haben, schreibt Dwight D. Eisenhower, der Oberbefehlshaber der Alliierten Streitkräfte: "Nichts hat mich je so erschüttert wie dieser Anblick."

[3] Ergo publiziere ich – aus aktuellem Anlass, weil der Streifen noch läuft und wirkt – auch diesen Essay bereits jetzt, online, auf dem Blog, behalte mir aber vor, die Thematik bis hin zur Drucklegung des Buches noch weiter zu erforschen und zu vertiefen.

[4] Nicht zuletzt bekannt geworden durch das sehr erfolgreich verfilmte Werk „L‘ amant“, der Liebhaber.

[5] Meine zwischen 2014 und 2016 publizierten Bücher zur Thematik transportieren richtungweisend meinen Protest und Anklage bereits in der Überschrift, die dem absurden Werk Herta Müllers teils als Zitat entnommen ist.

 

      „Geschichtsklitterung“ – mit und ohne Absicht - in der Belletristik und im Film. Zahlen, Fakten, Daten, die nicht stimmen, aber trotzdem unverantwortlich und zur Unzeit verbreitet werden - Wasser auf die Mühlen der Revisionisten und Holocaust-Leugner!?

„Geschichtsklitterung“[1] findet de facto immer wieder statt, wenn auch – oft nur aus der Unwissenheit heraus - ohne Täuschungsabsicht, ohne Intention, historische Abläufe zu einem bestimmten Zweck verfälschen zu wollen – und das in der wissenschaftlich weniger genauen, oft unprätentiösen „Belletristik“, wo, an historische Ereignisse angelehnt, bestimmte Behauptungen und Mythen in die Welt gesetzt werden, die fast nichts mit der Wirklichkeit, den tatsächlichen Ereignissen und der „exakten Historiografie“ zu tun haben.

Herta Müllers „Werk“ ist voll davon – und ich habe in mehreren Studien mit Argumenten und Bewiesen dagegengehalten.[2] Aber es gibt immer wieder auch andere belege dafür, auf die man unfreiwillig stößt und mit deren Falschaussagen man konfrontiert wird, wenn man nur zur Entspannung einmal einen Spielfilm sehen will, der – vom Thema her – etwas verspricht, der nicht nur fiktive Welten vorgaukelt, sondern Phänomene problematisiert, die den Rezipierenden – neben dem Filmgenuss – auch im Erkenntnisbereich weiterbringen. Gelegentlich aber wird der Kinofreund enttäuscht, nämlich dann, wenn Drehbuchautor und Regisseur das darzustellende Sujet verzerren, gelegentlich aufbauend auf einer „literarischen“ Vorlage, die Fakten ignoriert und Phänomene, Dinge, Daten, Zahlen, die es nicht gibt, einfach „erfindet“. Danach kursieren Mythen, die böses Blut schaffen, die Hass und Hetze schüren, die durch und durch destruktiv wirken, alte Dämonen wachrufen. Hier und dort, und die das gefährden, zurückwerfen, was andere mit Einsicht und Empathie bereist erreicht hatten.[3]

Wer heute – ohne große Ahnung von Geschichte, von Propaganda und gezielter Deviation als Instrument der Machpolitik in Friedens- und Kriegszeiten – sich den kaum erst gedrehten Streifen „Der Schmerz[4] ansieht, wird geschockt sein, wenn er die dort genannte drastische Erschießungszahl vernimmt.

Aber er wird, gutgläubig und im Vertrauen auf die Medien, heute, lange nach 1944, die Aussage über den angeblichen Massenmord als bare Münze nehmen, als gültige, überprüfte Sachinformation, die man doch so nicht verbreiten würde, wenn sie nicht der Wahrheit entspräche.

Was bedenklich stimmt: kaum ein Wissenschaftler wird sich ad hoc finden, der bereit wäre, in diesem Punkt zu widersprechen oder gar das Thema „wissenschaftlich“ aufzugreifen aus der Befürchtung heraus, von ideologisch korrekten Gutmenschen in die rechte Ecke gerückt, ja, als vorschnell Revisionist der Geschichte eingestuft und somit öffentlich wie wissenschaftlich erledigt zu werden.

Zahlenwerke, die heute viel Verwirrung stiften, überprüfen – das klingt nach Aufrechnen von Verbrechen gegen die Menschlichkeit!

Ich sage: ein Opfer ist ein Opfer zu viel!

Und doch poche ich – als Philosoph. Mensch und Geist – auf die volle Wahrheit! Einfach so, gedeckt nur durch die künstlerische Freiheit und in Berufung aus diese, mit Opferzahlen um sich werfen: das geht nicht! Das darf keiner!

Auch ich, der langjährige Zeitkritiker, zufällig auch „Historiker“, war verblüfft, als ich von den 150 000 Erschossenen in Buchenwald hörte.

Da ich aber – nicht ganz zufällig – das unmittelbar vor den Toren Weimars gelegene Konzentrationslager besichtigt, darüber nachgedacht und geschrieben hatte, ohne je auf diese schreckliche Aussage gestoßen zu sein, fragte ich mich:

„Stimmt das, kann das sein, habe ich da etwas übersehen?“

Fragen dieser Art hatte ich mir seinerzeit auch gestellt, in kritischer Nachfrage, als ich bei der Ausarbeitung meines Dissidenten-Testimoniums „Symphonie der Freiheit, 2008, in dem Lügenwerk Herta Müllers auf die gesammelten und gebündelten Erfindungen der mit absurder Fantasie ausgestatteten Autorin aus einem kleinen Dorf im Banat stieß, dargeboten in „literarischer“ Form, über deren Qualität man genau so unterschiedlicher Meinung sein kann, wie das bei der nicht ganz unumstrittenen Marguerite Duras der Fall ist.

Was hat Herta Müller, die Ewig Verfolgte, im Securitate-Staat des Diktators Ceausescu, wo sie angeblich gequält, ja, gefoltert wurde, nicht alles erlebt?

Ein Artikel in dem Zeit-Magazin aus dem Jahr 2009, als sie noch keine Nobelpreisträgerin war, aber in Stockholm auf obskure Weise nominiert, reicht aus, um in diese abstruse Welt der Münchhausiaden einzutauchen!

Und in mehreren Büchern aus meiner Feder findet man die Erläuterungen dazu, nachdem die märchenhaften Aussagen mit den Fakten und dem tatsächlichen Geschehen konfrontiert worden waren.

Dürfen Dichter lügen?

Danach fragt schon die Antike nach Homer und Platon bis hin zu Nietzsche! Dürfen moderne Schriftsteller nach Dada willkürlich Mythen in die Welt setzen, die dann von anderen, von unkritischen Lesern und Blauäugigen aller Art als Fakten angesehen und als solche weiterverbreitet werden?

Wohin führt diese Kultur der Lüge?

Zahlen, die nicht stimmen – das ist Wasser auf die Mühlen der Revisionisten und der Holocaust-Leugner, denn dieser Personenkreis, der Verschwörungstheorien aller Art nährt und kultiviert, wird nach der Verbreitung solcher Zahlen sagen: nichts stimmt, alles ist Propaganda, alles ist gelogen!

Und diese Leute werden weiter und mir ihren wirren Zersetzungstheorien weiter großen Schaden anrichten, Menschen verunsichern, über hetze Feindschaft säen, die Gesellschaft und die Völker spalten – und mit einer Aura der Verunsicherung und der Angst Unfrieden stiften, ja, den heißen, echten Krieg vorbereiten.



[2] Hauptsächlich in „Herta Müller im Labyrinth der Lügen“, 2018. Mein Herta Müller gemachten Vorwürfe einer „Geschichtsklitterung“, erreichte über den umfassend angelegten Pressebericht in den „Fränkischen Nachrichten“ aus der Feder von Inge Braune „Carl Gibson gegen Herta Müller“ bereits im Jahr 2013 die breite Öffentlichkeit. Herta Müller, die durch und durch ahistorisch schreibt, lehnt sich nur indirekt an die Geschichte an, „erfindet“ Fakten, um sich dann über die selbst geschaffene Wirklichkeit, also über eine „verzerrte Welt“, selbst zu inszenieren – und zwar, erneut an der Realität vorbei als Opfer.

Da Literaturwissenschaftler nur selten mit den tatsächlichen Verhältnissen in einer kommunistischen Diktatur vertraut sind und die Geschichte Osteuropas nahezu unbekannt ist, gingen diese - nicht durchschauten oder korrekt bewerteten - belletristischen Täuschungsmanöver der Herta Müller bisher unter.

 

[3] Etwa die deutsch-französische Aussöhnung und die deutsch-französische Freundschaft.

 

 

 Vgl. auch:

 

Auszug aus dem Werk: Carl Gibson, Symphonie der Freiheit. Widerstand gegen die Ceausescu-Diktatur. 2008.



Hommage 

 

dem deutschen Widerstand 

 

 

gegen die Hitler-Diktatur -


 

In Memoriam 20. Juli 1944

 

Neuzeitliches Requiem – 

 

Sprech-Drama mit Trauermusik,



http://de.wikipedia.org/wiki/Gedenkst%C3%A4tte_Pl%C3%B6tzensee


Krematorium im ehemaligen KZ Buchenwald bei Weimar -
zuerst wurden im "Land der Dichter und Denker" Bücher" verbrannt ...
und dann ...
verbrannten "Richter und Henker"
Menschen.

Memento!

Foto: Carl Gibson



                                                                       Es lebe die Freiheit! Hans Scholl

Der sittliche Wert eines Menschen beginnt erst dort, wo er bereit ist für seine Überzeugung sein Leben hin zu geben.
Henning von Tresckow am 21. Juli 1944.


Es ist Zeit, dass jetzt etwas getan wird. Derjenige allerdings, der etwas zu tun wagt, muss sich bewusst sein, dass er wohl als Verräter in die deutsche Geschichte eingehen wird. Unterlässt er jedoch die Tat, dann wäre er ein Verräter vor seinem eigenen Gewissen.
Claus Schenk Graf von Stauffenberg

http://de.wikipedia.org/wiki/Attentat_vom_20._Juli_1944



Es gibt Orte, wohin man nicht gerne geht, weil einem das eigene schlechte Gewissen im Wege steht; Orte des Grauens, vor denen man zurückschreckt, wenn man sich den Terror vergegenwärtigt, der von ihnen ausging.
Vergessen wird dabei, dass es auch Orte sind, wo die Würde des Menschen, der Anstand und die sittliche Haltung am greifbarsten werden, trotz des Schreckens. Ein solcher Ort ist die Gedenkstätte Plötzensee; ein ehemaliges Gestapo-Gefängnis, in welchem in ganz kurzer Zeit nahezu dreitausend Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus und die Hitlerdiktatur in menschenverachtender Weise hingerichtet wurden, darunter illustre Charaktere, die heute das Gewissen der Nation verkörpern und das bessere Deutschland repräsentieren.
Dorthin wollte ich allein gehen. Es wurde ein individueller, ein aufwühlender Gang, denn das eigene Gehirn hatte vieles noch nicht bewältigt. Als ich nach Deutschland kam, kam ich aus einer langen Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte. Sie hatte meinen Werdegang deutlich mitgeprägt. Und ich kam aus einer Widerstandsbewegung gegen ein totalitäres System. Nur bewältigt war noch gar nichts. Dafür waren die historischen Abläufe zu vielschichtig und zu komplex. Mir fehlte die geistige Durchdringung der Gesamtmaterie und noch mancher historische Baustein, um die Abläufe im deutschen Widerstand gegen Hitler bis hin zum Attentat am 20. Juli ganz zu verstehen. Einiges hatte ich mir bereits erarbeitet.
Mit unbestimmtem Grauen betrat ich die Anlage - als ein Eingeweihter in Sachen Menschenvernichtung. Sie hatte etwas von einer Schlachtbank, die an den Großen Terror während der Endtage der Französischen Revolution erinnerte. Die Guillotine, deren Anschaffung Hitler persönlich angeregt hatte, um das systematische Abschlachten von Menschen in industrieller Weise zu ermöglichen, war nicht mehr zu sehen. Sie war entfernt worden, um die Empfindungen der Nachwelt zu schonen. Nur die Haken waren noch da an einem Stahlträger – wie in einer Metzgerei – an denen die edelsten Köpfe der Nation aufgehängt worden waren, beim Kerzenschein und selbst in der Nacht, während draußen Bomben fielen.
Nun stand ich stand da, nach Jahrzehnten, und schaute in einen Raum, in dem es nichts zu sehen gab bis auf wenige Symbole des Schreckens, die zum Nachdenken anregen sollten, erfüllt von Bitterkeit und Grausen. Biographien einiger der Opfer rollten vor mir ab, individuelle Leidensgeschichten, Einzeltragödien mit Namen, deren Wohlklang ich schon im fernen Temeschburg vernommen hatte, ohne Details zu kennen; Namen aus dem Umfeld des Kreisauer Kreises und aus dem militärischen Widerstand gegen Hitler. Während ich starr da stand und stumm ins Leere blickte, drängten sich mir spärliche Bilder auf, verschwommene, vom Gehirn künstlich zusammengefügte Szenen aus dem Leben jener Charaktere, die hier hingemordet worden waren, nachdem sie ein perverses Polittribunal unter Rechtsbeugung im Schnellverfahren zum Tode verurteilt hatte.
Berthold Graf von Stauffenberg war in diesem Hinrichtungsschuppen würdelos erhängt worden; und mit ihm Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg und Korvettenkapitän Alfred Kranzfelder, nachdem der so genannte Volksgerichtshof ihnen einen schnellen Prozess gemacht und sie abgeurteilt hatte.
Ein kurzer Prozess? Leider wusste ich, was das war – den ich hatte selbst einen erleben müssen, mit glücklicherem Ausgang! Kein echter Vergleich – aber eine Ahnung davon.
Claus Schenk von Stauffenberg war bereits am 20. Juli – nach dem Scheitern des Attentats auf den Diktator Hitler – von einem Erschießungskommando in Berlin erschossen wurden. Mit ihm starben auf die gleiche Weise seine Mitverschwörer Albrecht Mertz von Quirnheim, Friedrich Olbricht und Hans-Bernd Haeften. Viele weitere Widerstandskämpfer folgten. Bevor Claus von Stauffenberg erschossen worden war, hatte er noch ausrufen können: Es lebe das geheiligte Deutschland!
Jetzt stand ich an der Stelle, wo Ströme Blut geflossen waren – so lange, bis die Guillotine versagte.
Dann wurde gehängt, makaber im Schein der Fackel.
Im Licht der Bombenfeuer und im Kampfgetöse des Zusammenbruchs waren die aufrichtigsten und wahrhaftigsten eines Volkes einfach aufgeknüpft worden wie Strolche und Tagediebe im rechtsfreien Raum!
Viele Unbeteiligte ahnten nichts davon. Viele Informierte blickten weg. Manche sahen zu. Und manche agierten, blind, fanatisiert oder aus reiner Bosheit heraus. Dass sich immer Menschen fanden, die bereit waren, andere Menschen umzubringen, einfach hinzumorden … Der Mensch – die Krone der Schöpfung? Und das im Volk der Dichter und Denker?
Wie dünn war das kulturelle Substrat wirklich? Wann wurde der Mensch zur Bestie? Auch darüber hatte ich bis zum Exzess, bis zur Grenze der Verzweiflung räsoniert, ohne eine Antwort zu finden.
In meiner Rückschau sah ich Helmuth James Graf von Moltke, den aufgeklärten Urgroßneffen des preußischen Feldherrn, der auf seinem Gut in Schlesien den Kreisauer Kreis begründet und am Leben gehalten hatte. Sein Tun war auf ein demokratisches Deutschland nach Hitler gerichtet. Und er handelte, vom Gewissen getrieben. An einem dieser Haken vor mir musste er unwürdig sterben.
Dann  sah ich Adam von Trott zu Solz, den Spross einer alten Diplomatenfamilie, der bereits 1939 im Widerstand agierte und als Diplomat in London und New York um Kontakte zu den dortigen Regierungen bemüht war, aber überhört wurde. Weder in England, das, wie man heute weiß, damals vor der Münchner Konferenz den Krieg noch hätte verhindern können, wenn es Hitler mit einer Kriegsandrohung Einhalt geboten hätte, noch in Amerika war er ernst genommen worden. Vielleicht, weil er sehr früh opponierte. Aber verhöhnt wurde er und zynisch abgewiesen, als die Logik des Krieges ihrer Autodynamik verfiel. Also flog er auf und musste hängen, weil das Unrechtssystem der Braunen Diktatur es so befahl.
Und ich sah Peter Graf Yorck von Wartenburg und Hans von Dohnanyi, zwei andere konservative Intellektuelle, Widerstandskämpfer frühester Stunde, die sterben mussten, damit ein kranker Diktator weiter leben und im Endkampf nochmals Millionen Menschen in den Tod schicken konnte.
Weiter sah ich vor meinem geistige Auge Carl Friedrich Goerdeler, den aufrechten konservativen Politiker und Widerständler, gedemütigt vor dem Volksgericht stehen, einem schreienden Richter Freisler ausgeliefert, der mit der gleichen Dämonie schrie wie Hitler geiferte.
Goerdeler sollte nach Hitlers Sturz der künftige Reichskanzler sein. Da, wo ich jetzt stand, wurde er enthauptet, nachdem seine schon angefertigten Minister-Listen den Schlächtern weitere Opfer ans Messer geliefert hatten. Wie gut, dass unsere Liste nicht gefunden worden war. Listen, das sind oft Todeslisten ….
Die Reihe der aufrechten Charaktere, die nur an dieser Stelle von Verbrechern hingemordet wurden, fern von Recht und Gesetz, fern von Gnade, wollte kein Ende nehmen. Es gab doch aufrechte Deutsche, die, ihrem Gewissen folgend, in schwerer Zeit das Richtige taten. Manche von Anfang an; andere wie die Hitlerattentäter Henning von Tresckow und Claus von Stauffenberg später, nachdem die Menschheitsverbrechen, die aus der Logik des Krieges resultieren, die verbrecherischen Führerbefehle aus dem Bunker und der befohlene Mord an Frauen und Kindern nicht mehr zu rechtfertigen waren. Aber sie handelten aus höherer Einsicht und von wahrer Verantwortung für Volk und Vaterland getrieben!
Die Tat Stauffenbergs hatte mich immer schon beschäftigt; schon damals, als unser kleiner Widerstandskreis sich formierte, in den Tagen der Untersuchungshaft und in den langen Nächten des Gefängnisaufenthalts.
Jetzt war ich hier am Ufer der Spree in Plötzensee, am Ort des Geschehens. Hier war, Stunden nach dem Attentat, die Operation Walküre angelaufen, der Auftakt zu einem Staatsstreich, der ein demokratisches und freies Deutschland begründen sollte. Eine Reihe ungünstiger Zufälle und befehlsblinde Offiziere - wie der von Hitler zum Generalmajor beförderte Ernst Otto Remer, dem ich bald darauf unter anderen Umständen begegnete - führten zum Scheitern des letzten großen Aufbegehrens für Freiheit und Gerechtigkeit. Während Revisionisten wie Remer, der die Widerstandskämpfer um Graf von Stauffenberg öffentlich als Vaterlandsverräter bezeichnet hatte, Hetze und Hass verbreitend weiterlebten und bis ins hohe Alter hin der weltanschaulichen Haltung ihrer persönlichen Glanzzeit treu blieben, mussten die eigentlichen Widerstandskämpfer und mit ihnen ungezählte andere aufrichtige Deutsche, die an dem politischen Umsturz mitgewirkt hatten, ihr Leben lassen, während ihre Familien in Sippenhaft genommen und lange diskriminiert wurden. War das gerecht? Nach Remers Putschvereitelung forderten die kommenden Monate des fortgesetzten Krieges an allen Fronten mehr deutsche Opfer als die Kriegsjahre seit dem Ausbruch.
Etwas von dieser schier unbegreiflichen Tragik rollte in meinem Gedächtnis ab, nach Szenen, die ich aus Büchern kannte, aus Dokumentationen und vom Bildschirm. Viel Mut war bewiesen worden in einem Aufstand des Gewissens gegen massives Unrecht: Ich sah Trott zu Solz’ entschlossene Selbstbehauptung gegenüber dem Scheusal Freisler, und sah, wie Erwin von Witzleben von derselben Bestie in Robe niedergeschrieen wurde.
Das Bildnis Dietrich Bonhoeffers einsam in der Zelle sitzend, drängte sich mir auf, ein Christ vor Gott, in Gebete, in Verse vertieft, Zeilen eines geistigen Vermächtnisses aufsetzend, den Blick voller Zuversicht zum Himmel erhoben.
Miserere domine!
Und dann hörte ich erneut, klar wie die Posaunen von Jericho, die leitmotivische Mahnung des Claus von Stauffenberg:
Es lebe das geheiligte Deutschland!
An diesem Ort verblutete das andere Deutschland; seine Edelsten und Besten ließen hier ihr Leben im bewussten Opfergang für das gesamte deutsche Volk, um ihm, dem geopferten Phönix, nach dem Zusammenbruch eine Reinwaschung zu ermöglichen von den Menschheitsverbrechen, in die es der dämonische Diktator Hitler gestürzt hatte und ein österliches Wiederauferstehen.
Doch war Stauffenbergs Tat repräsentativ für den deutschen Widerstand gegen Hitler kein letztes müdes Aufbäumen kurz vor dem Untergang, als das Gewissen gegen das maßlose Unrecht und Leid aufbegehrte, sondern eine bewusste Gegnerschaft, ein luzider Widerstand gegen ein totalitäres System, der von frühester Stunde an da war und konsequent durch gehalten wurde – bis in den Tod.



Foto: Carl Gibson

Die Dichter und Denker blicken oft weg, wenn Urecht geschieht - damals ...
 und heute?


Es entspricht nicht der historischen Wahrheit, wie vor allem im Osten Europas immer wieder behauptet worden war, das gesamte deutsche Volk hätte geschlossen hinter Hitler gestanden, es hätte seine Aggressionspolitik mitgetragen, sein Hegemoniestreben, seinen Imperialismus; und es hätte seine Verbrechen gedeckt.
Richtig ist, dass es aus dem deutschen Volk heraus einen höchst beachtlichen Widerstand gegen Hitler gab – und dies von Anfang an aus Prinzip, lange noch bevor die schlimmen Wahrheiten bekannt wurden.
Wie vom Teufel persönlich beschützt, überlebte der Führer vierzig Anschläge! Eine makabre Groteske des Zufalls, eine Undenkbarkeit! Und Ceauşescu, dem wir kleine Dissidenten nichts entgegen zu setzen hatten, was mit der Operation Walküre vergleichbar gewesen wäre? Keinen!
Doch vom systematischen Kampf gegen Hitler wusste selbst ich, der historisch interessierte Europäer, der westliche Medien auswertete, wenn sie erreichbar waren, im fernen Banat fast nichts.
Erst späte westliche Quellen und die intensive Beschäftigung mit der Materie über Jahre erschlossen mir die volle Dimension des deutschen Widerstands gegen den Nationalsozialismus, der von allen Teilen der Bevölkerung getragen wurde, vom einfachen Mann aus den Volk wie Georg Elser im Münchner Bierkeller bis in die Spitzen der Wehrmacht zu Persönlichkeiten wie General Ludwig Beck, dem Gehirn des versuchten Staatsstreichs vom 20. Juli.
General Beck durchschaute die kriminellen Machenschaften Hitlers schon sehr früh und setzte seit 1938, also noch vor dem Einmarsch in die Tschechoslowakei, alles daran, den Widerstand gegen Hitler zu fördern, um den Diktator von der Macht zu entfernen. Die Generalität unterstützte ihn – nur England zögerte, als um Mitwirkung angesucht wurde. Wenn wir euch gegenüber so aufrichtig gewesen wären wir ihr im Gespräch mit uns, dann hätten Hitlers imperialistische Expansion, der Zweite Weltkrieg und mit ihm 55 Millionen Opfer vermieden werden können, bekennen die Briten heute offenherzig. Sie haben ihre moralischen Hausaufgaben inzwischen fast erledigt und einiges zur Vergangenheitsbewältigung beigetragen.
Auf andere kommt dieser Komplex noch zu – auch auf die Rumänen!
An dieser matten Stelle in der ehemaligen Reichshauptstadt Berlin starben für ihr Vaterland – aus einer ethischen Überzeugung und tiefer protestantischer Gesinnung heraus – innerhalb von Monaten fast dreitausend Menschen. Unter den Opfern waren auch herausragende Repräsentanten der militärischen Elite: Erwin von Witzleben und Karl Heinrich von Stülpnagel. Sie opferten ihr Leben für höhere Werte, für Gerechtigkeit, politische Freiheit und Vaterlandsliebe.
Erwin von Witzleben war als Generalfeldmarschall der ranghöchste Soldat, der von den Nationalsozialisten ermordet wurde, nachdem sie auch ihn, den General der noch vor Jahren als erster jene verhängnisvolle Vereidigung der Wehrmacht auf den Führer durchgeführt hatte, öffentlich degradiert, vor den Volksgerichtshof gezerrt und in einem schäbigen Schauprozess, ohne Hosenriemen der Lächerlichkeit preisgegeben, entwürdigt, beleidigt und gedemütigt hatten.


Foto: Carl Gibson

Das KZ-Gelände von Buchenwald - Locus terribilis, 
Ort des Grauens,
Ort des Schreckens,
ort des Verbrechens,
die Diktaturen mahnen. 

Erwin von Witzleben, dessen Stammbaum bis ins 12. Jahrhundert zurückverfolgt werden kann, ging bereits 1934 auf Distanz zu Hitler. Die Ermordung Ernst Röhms auf Befehl Hitlers, wobei Teile der Wehrmacht mit involviert und somit instrumentalisiert wurden, sowie die ebenfalls von Hitler angeordneten und öffentlich im Reichstag verteidigten Ermordungen der Generale von Schleicher und von Bredow bei krasser Hinwegsetzung über die geltenden Gesetze hatten ausgereicht, um diese Haltung, die er mit General Beck, General von Stülpnagel, mit Henning von Tresckow und anderen oppositionellen Militärs teilte, herbei zu führen.
Erwin von Witzlebens Plan, den Usurpator Hitler bereits 1938, also zu einem Zeitpunkt von der Macht zu entfernen, als Europa noch nicht an allen Ecken brannte, scheiterte an einem dummen Zufall der Geschichte – an der Beschwichtigungspolitik der Engländer, am Appeasement Chaimberlains und dem verhängnisvollen Münchner Abkommen, das die Tschechoslowakei dem Diktator auslieferte und ihn mit diesem - so genannten diplomatischen - Erfolg nach innen hin stärkte; der Opposition hingegen jeden Wind aus den Segeln nahm. General Halder und von Witzleben konnten bei entsprechender politischer Kulisse ihren Plan, Hitler verhaften zu lassen nicht durchsetzen. Die späteren Blitzkriegerfolge in Polen und Frankreich erzielten den gleichen Effekt und zementierten noch den Mythos der Unfehlbarkeit.
Auch der gemeinsame Plan General von Stülpnagels, damals Oberkommandierender der Wehrmacht in Frankreich, und von Generalfeldmarschall Erwin Rommel, der die Abwehrmaßnahmen einer drohenden Invasion am Kanal koordinierte, Hitler zu einer Besichtigung der Wehranlagen nach Westfrankreich zu locken, um ihn dort durch loyale Truppen der Wehrmacht verhaften zu lassen, scheiterte an einem dummen Zufall. Hitler, der bis dahin immer wieder Gründe finden konnte, nicht nach Frankreich zu reisen, blieb endgültig fern, nachdem eine nach England gelenkte V 1 versehentlich im Abwehrgebiet einschlug.


Foto: Carl Gibson

Hier ermordeten NS-Schergen der Kommunist Ernst Thälmann.

Nach dem gescheiterten Staatsstreich von 20. Juli nahmen sich General von Beck, Generalfeldmarschall Rommel, Henning von Tresckow und andere Mitverschwörer selbst das Leben, nicht zuletzt, um keine anderen Mitwisser in drohenden Verhören zu belasten. 
Heinrich Karl von Stülpnagel richtete seine Pistole an die Schläfe und schoss sich durch den Kopf. Er überlebte schwer verwundet – und wurde wahrscheinlich noch von der Gestapo gefoltert bevor er in dieser Halle an diesem Haken wie ein Strauchdieb erhängt wurde.
Wie er starb hier, wo meine Füße ruhten, der andere aufrechte Soldat, der nach einem Umsturz die Führung der Wehrmacht übernommen hätte: Erwin von Witzleben.

Wie viel menschliche Größe war hier verrauscht, hier vor mir?
Wie konnte ich alle würdigen und die Erinnerung an ihre altruistischen Taten wach halten? Und das große Aufbegehren jedes einzelnen Opponenten, jedes offenen Regimekritikers ins rechte Licht rücken? Die Taten von Tausenden, die gegen das Unrecht aufstanden und ihr Leben hingaben, um es zu beseitigen?
Wo war jetzt die heitere Gelassenheit eines Dietrich Bonhoeffer, der mit Gottvertrauen zuversichtlich in den Tod ging, in der Hoffnung auf das wahre Leben? Tragische Betroffenheit überkam mich – und ein spätes Schaudern vor der Dämonie des Bösen, auf die ich keine Antwort fand.

Wie viele einfältige Leute hatte ich über das Böse plaudern hören, philosophisch abstrakt und ironisch wie Mephisto in Faust. Das Böse der Geschichte war echt und immer noch real. Gleichzeitig spürte ich aber auch etwas von der Macht des Ethos, das über Jahre aufrechterhalten und von ganz unterschiedlichren Charakteren vorgelebt wurde.
An solchen Taten verblasste das eigene Tun.
Doch die Botschaft der Geschichte ist eindeutig – der Mensch muss in jeder Situation am Humanum festhalten und alles menschenmögliche tun, um es zu beschützen. Die Würde des Menschen, Freiheit und Gerechtigkeit sind Grundwerte, die über allem positiven Recht angesiedelt sein müssen – auf nationaler wie auf internationaler Ebene. Die Verfassung der Bundesrepublik ist eine nationale Antwort darauf – die Charta der Vereinten Nationen die Antwort der Völkergemeinschaft.
Wir hatten auch einiges erlebt in unserer Auseinandersetzung mit dem repressiven System einer Diktatur. Doch was waren unsere Erlebnisse gemessen an der Tragik, die an dieser Stelle kulminierte und im Vergleich mit dem Grauen in den Konzentrationslagern mit dem millionenfachen Tod, Leid und Schrecken, der sich im Anonymen und Namenlosen vollzog?
Das Böse hatte wieder einmal über das Gute und Gerechte triumphiert. Und das Feige über Mut und Tapferkeit! Die gesamte Weltordnung schien für alle Zeiten erschüttert. Wie schwer war es doch, in kritischer Zeit aufrecht zu gehen?
Vor dem schweren Gang an den Unort hatte ich mir eine Liste besorgt – schon wieder eine Liste - mit den Namen der Beteiligten des nationalen Aufstandes vom 20. Juli 1944, die für die Sache der Freiheit ihr Leben hingegeben hatten. Darunter waren viele illustre Persönlichkeiten bis hin zu legendären Gestalten wie Feldmarschall Erwin Rommel. Jede von ihnen wirkte als Vorbild. Und jede von ihnen verdient eine würdige Auseinandersetzung. Denn hinter jedem individuellen Einsatz für Freiheit und Demokratie bei Preisgabe des eigenen Lebens steht eine schwere Gewissensentscheidung, ein Golgotha-Erlebnis, zu dem in schwerer Zeit nur die wenigsten Menschen fähig waren.
Noch einmal sah ich zu den Haken hin und erkannte dort die Gnade meines Schicksals durch die späte Geburt. Wäre das Baumeln dort am Haken mein Los gewesen, wenn ich einige Jahrzehnte früher gelebt hätte? Wie hätte ich mich entschieden? Hätten mein Patriotismus und mein Ethos ausgereicht, um dort zu hängen?
Berechtigte Zweifel kamen auf … Wir hatten es einfacher! Wir wussten, wo wir zu stehen hatten und wo wir standen! Dafür musste ich dankbar sein. Die Zweifel an der eigenen Festigkeit wurden deutlicher, je mehr ich über die innere Entscheidungssituation der Widerständler nachdachte. An ihrer Entschlossenheit verblasste die meine. Als ich ging, ging ich in tiefer Betroffenheit, doch unerfüllt über den Verlauf der Geschichte.

Auszug aus dem Werk: Carl Gibson, Symphonie der Freiheit. Widerstand gegen die Ceausescu-Diktatur. 2008.


Foto: Monika Nickel

Auf den braunen Totalitarismus folgte der rote - Reste der "Berliner Mauer", 
entdeckt: 
1000 Kilometer südlich der deutschen Hauptstadt
irgendwo in Südbaden - sie erinnern und mahnen.

Die Opfer der beiden Diktaturen auf deutschem Boden im 20. Jahrhundert sollen nicht umsonst gewesen sein. 


Dort, wo die Würde des Menschen bedroht wird, ist Widerstand angesagt - überall, weltweit.



Mehr zum Thema Kommunismus hier:

Carl Gibsons neues Buch

zur kommunistischen Diktatur in Rumänien -

über individuellen Widerstand in einem totalitären System.





Allein in der Revolte -

im Februar 2013 erschienen.

Das Oeuvre ist nunmehr komplett.
Alle Rechte für das Gesamtwerk liegen bei Carl Gibson.

Eine Neuauflage des Gesamtwerks wird angestrebt.


Carl Gibson

Buchrückseite





Fotos von Carl Gibson: Monika Nickel

©Carl Gibson. Alle Rechte vorbehalten.
 
 
 

 

 

 


 

Carl Gibson, 

Natur- und Lebensphilosoph, ethisch ausgerichteter Zeitkritiker,

Naturfotograf, im August 2021





Mehr zu Carl Gibson, Autor,  (Vita, Bibliographie) hier:

https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Gibson_(Autor)

https://de.zxc.wiki/wiki/Carl_Gibson_(Autor)

(Das Wikipedia-Porträt Carl Gibsons in englischer Sprache)


https://www.worldcat.org/identities/lccn-nr90-12249/

 Bücher von Carl Gibson, zum Teil noch lieferbar.



Copyright: Carl Gibson 2021.



 

 

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