Sonntag, 2. Oktober 2022

„Suum cuique!“ – Der Nazi und die deutsche Sprache der Gegenwart

 

     „Suum cuique!“ – Der Nazi und die deutsche Sprache der Gegenwart

„Suum cuique?“ Dem Lateiner sein Latein – und dem Deutschen sein „geliebtes Deutsch“?

Wollte man alles vermeiden, was Nazis an deutschen Begriffen und Redewendungen in mehr als dreizehn Jahren an der Macht gebrauchten, dann müsste man konsequenterweise die gesamte deutsche Sprache abschaffen. Deutsche Nazis haben eben deutsch geredet; und sie haben auch manchen Ausdruck pervertiert, doch war das Zitierte oft viel älter als etwa die Sentenz „Suum cuique!“, die aus dem Mittelalter herstammt kommt und die sich schon bei Karl Marx findet, dem Urvater des Kommunismus, der, bei Gott, kein Nazi war.

Jedem das Seine!?

Die Nazis überschrieben damit den Eingang zum KZ, nicht weniger zynisch als das „Arbeit macht frei“ am Eingangstor zum Vernichtungslager Auschwitz, in ferner Erinnerung an das Höllentor aus Dantes Göttliche Komödie, wo der Eintretende aufgefordert wird, jede Hoffnung fahren zu lassen!

„Suum cuique!“ – ein von mir oft gebrauchter Ausdruck, ein Stein des Anstoßes, ein Stolperstein, der immer wieder dazu anregt, über bestimmte Phänomen nachzudenken, über den Zynismus der Mächtigen, aber auch über die Zensurfreudigkeit der politisch Überkorrekten, die dem Menschen, genauer dem kritischen Staatsbürger, das Denken abnehmen wollen, indem sie seine Denkbahnen ihn sprachlich kanalisieren, ihn also unfrei machen.

Oft schon schrieb ich über dieses Mittel der Gängelung in einem freien Staat, der seine Bürger zu erziehen will.

Jetzt wehrte sich - die recht kontrovers wahrgenommene – Bundesverteidigungsministerin Lambrecht angeblich erfolgreich gegen das Abschaffen des Leitspruchs „Suum cuique“, der bisher bei den Feldjägern der Bundeswehr galt und nun auch weiter gilt, damit nolens volens auch darauf hinweisend, dass die Sprachpervertierung der Nazis differenziert behandelt werden muss, von Fall zu Fall unterscheidend, ohne gleich zur Tabula rasa überzugehen und zum „Deleatur“ des Zensors.

Zensur findet in Deutschland nicht statt – und doch zensiert sich der – politisch überkorrekte – deutsche Journalist und Autor selbst, indem er das vermeidet, was missverständlich sein und was anecken könnte.

Wie schnell der Einzelne zum Nazi abgestempelt wird, nur, weil er einen bestimmten Begriff gebraucht, etwa den schlechthin verpönten Ausdruck „Volksgesundheit“, der ideologisch vorbelastet ist, nur, weil man sich der sprachlochen Auseinandersetzung nicht stellen will, noch der wissenschaftlichen Tradition dahinter.

War Heinrich Harrer, der Eiger-Nordwand-Bezwinger und Pionier auf dem Dach der Welt ein Nazi?

War Konrad Lorenz ein Nazi, nur, weil er die Kategorie Gesundheit biologisch herleitet, der Natur folgend und inspiriert von der Natur wie Alexander von Humboldt oder Ernst Haeckel?

Der Deutsche von heute setzt seine ideologischen Scheuklappen auf und betreibt so, nebenbei politisch korrekt redend und sich ausdrückend, Wissenschaft, während die Deutschen – ganz so neben bei aus Freude an der Wahrheit - Lügner und Täuscher importieren, diese ehren und prämieren, obwohl die „Hochgelahrten“ auf dem Podest weder das Denken beherrschen noch das Deutsch[1] eines Luther, Kant oder Goethe.

„Suum cuique?“ Auch in diesem Punkt bekommen die Deutschen das, was sie verdienen!



[1] Zum grottenschlechten Deutsch der Herta Müller, grammatikalisch voller Defekte und vorgetragen mit scheußlichem Akzent, gibt es aus meiner Feder zahlreiche Beiträge.

Müllers Defizite auf vielen Ebenen werden in Deutschland unkritisch hingenommen – vom Publikum in Lesungen ebenso wie in der „Wissenschaft“.

  


 

Carl Gibson, 

Natur- und Lebensphilosoph, 

 ethisch ausgerichteter Zeitkritiker, 

politischer Essayist,

Naturfotograf, 

 im September 2022 

(zwei Jahre nach der Krebs-Erkrankung bzw. Operation)



Mehr zu Carl Gibson, Autor,  (Vita, Bibliographie) hier:

https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Gibson_(Autor)



https://www.worldcat.org/identities/lccn-nr90-12249/

 Bücher von Carl Gibson, zum Teil noch lieferbar.



Copyright: Carl Gibson 2022.

 

 

 

Zum Thema Sprache vgl. auch:

 

 

„Alles für nix!“ - Angelsächsischer Kulturimperialismus über Internet-Großkonzerne wie Microsoft oder Google und die 

Pervertierung der deutschen Sprache

Wenn es um nationale Aspekte geht, um Fragen deutscher Identität in der Kultur und Sprache, nimmer der geknickte Deutsche inzwischen so ziemlich alles hin, was man ihm vorsetzt oder einfach nur aufdrückt, auch, weil es so etwas wie Nationalgefühl oder nationale Ehre schon längst nicht mehr gibt. Wir leben in einer Zeit der geistigen Nivellierung ohne Anspruch, in der die eigentliche Bildung auf dem Rückzug ist – und die Wenigen, die noch Bildung, Kultur du Wissen haben, sich nicht mehr zur Wehr setzen, wenn das, was die aufgeklärte Kulturnation ausmacht, von außen untergraben, zersetzt und vernichtet wird.

Manches geschieht so nebenbei, über das Internet, wo Großkonzerne wie Microsoft und Google die Spielregeln bestimmen, doch nicht etwa, um gezielt zu manipulieren, zu verfälschen, indem man einen Kulturimperialismus promulgiert und durchsetzt, sondern nur, weil es der „amerikanischen Art“ und Sicht der Dinge entspricht.

Wenn ich nicht zu Appel ausweichen will oder kann, zwingt mir Microsoft zwingt nicht nur sein Betriebssystem Windows auf, weil die EU das zuließ[1] und zulässt, sein Schreibprogramm Word, das für anspruchsvolle Schriftsteller ungeeignet ist, da es sehr viele Begriffe – etwa aus dem philosophisch-geistesgeschichtlichen Bereich – schlicht nicht kennt, noch mit Wort-Zusammensetzungen oder Wort-Neubildungen in anderer Schreibweise zurechtkommt: ich muss auch Browser-Bilder ertragen, obwohl ich mit dem kleineren, freieren „Mozilla“ arbeite.

Die mehr oder weniger aufdringlichen Browser-Bilder von Microsoft kann als weltinteressierter Mensch, der sich täglich weiterbildet, gerne dazulernt, seinen Gesichtskreis kosmopolitisch erweitert, zwar hinnehmen – der Deutsche aber wird an dieser ihm und anderen Nationen vorgesetzten Weltsicht den Kulturbeitrag seines Volkes vermissen, denn deutsche Bilder, Landschaften, Kulturgüter kommen in der Auswahl kaum vor. Amerikanisches hat Priorität, dann Bilder aus dem Königreich Großbritannien, ferner Kuriose von touristischem Interesse, während Bilder aus Deutschland eindeutig zu kurz kommen. Also findet über die Bevorzugung des Eigenen die Verdrängung des Fremden statt, was in die Erziehung der Massen eingreift.

Irgendwann während der Arbeit am Rechner flattert dann aus dem Hause des vielbeschimpften, dar dämonisierten Microsoft-Gründers Bill Gates eine Einladung zu einem „freien Upgrade“ des Betriebssystems Windows herein, zu einer freiwilligen Aktualisierung, die „ohne Kosten“, also „umsonst“ angeboten wird.

„Alles für nix!“ wie der ägyptische Händler auf dem Basar in Kairo ausruft!?

Wenn etwas in Amerika nichts kostet, sagt man dort es sei „free[2]“. Nun ist aber, was in den USA „frei“ ist, in Deutschland anders frei, wirklich frei – und nicht nur umsonst!

Wenn Microsoft also dem deutschen Nutzer die Botschaft einblendet „Freies Update“, dann wandelt er den Sinn des Wortes frei und verfälscht so die deutsche Sprache, da man im Deutschen die amerikanische Bedeutung nicht kennt. Man kann sich zwar denken, was gemeint ist, korrekt aber ist der Ausdruck des US-Giganten nicht!

Auch sollte es Gegenwehr geben, denn die – sprachverfälschende Botschaft – erreicht Millionen Deutsche und verändert – nolens volens - ihr Sprachgefühl, und das nur, weil Microsoft auf sprachgemäße Anwendung im Ausland keinen Wert legt.

Was sagen die Schlafenden von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung dazu, die auch sonst gut, finden, was die Politik gut findet, weil es angeblich „politisch korrekt“ ist und von oben her vorgegeben, promulgiert wird?

Die Leute dort haben ihre gut dotierten Pöstchen und ihre Zusatzeinkommen in der Wirtschaft oder an anderen „Akademien“ – und schlafen wohl ruhig weiter wie der Michel mit seiner Zipfelmütze, fern jeder Kritik und ohne Lust, sich mit einem Software- und Internet-Riesen anzulegen, nur weil dieser die deutsche Sprache pervertiert, sinnentstellend verfälscht!



[1] Das gilt auch für Google, die sich auf dem Gebiet der Suchmaschinen de facto ein Monopolstellung erarbeitet haben, aber auch für Intel im Prozessoren-Bereich.

[2] Vor Jahrzehnten fragte ich – mit meinem unsystematisch selbst angeeigneten Ostblock-Englisch auf einer meine USA-Reisen in Kalifornien nach einem „free room“, also nach einem Hotel-Zimmer. „Vacancies“, also freie Zimmer, gäbe es, antwortete man mir, aber diese seien nicht „free“, nicht „umsonst“! Was man in den USA von Deutschen erwartet, nämlich dass sie die Landessprache „sprachgemäß“ anwenden, dürfen die Deutschen doch auch von Microsoft und Co. erwarten - oder?

 

 

 

 

 

 

 


 

 


 

      „Boostern“, angenehm und nützlich wie das „Recyceln“ - Oder Die Verblödung deutscher Sprachhüter schreitet weiter voran

Die Abwandlung und Eindeutschung des englisch-amerikanischen Ausdrucks hat sich inzwischen durchgesetzt und wird von in gewissen Kreisen, die sich für die Pflege der deutschen Sprachkultur zuständig sehen, auch noch emphatisch begrüßt!

Wo man über Dekadenzphänomene nachdenken sollte, wird begeistert gejubelt!

Das „Boostern“ ist inzwischen ein Begriff! Die deutsche Sprache ist um ein Substantiv reicher, auch noch um ein Verb.

Man wird „geboostert“- „man lässt sich boostern!“

Mit großem Vergnügen sogar!

Einige Deutsche können es kaum fassen, wie geschmeidig sich dieser – gut auszusprechende – Neologismus in die Sprache Luthers, Goethes und Kants einfügt – das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden?

Wohlan! Es ist vollbracht!

Und das, nachdem es doch mit anderen Sprach-Neuschöpfungen verbale Verrenkungen gab, etwa mit dem – von mir mehrfach kritisch thematisierten Ausdruck „recyceln“, der in diversen Verbiegungsformen existiert, weniger angenehm, noch nützlich, da der – noch nicht dekadente - Deutsche durchaus in der Lage ist, das „Wiederverwertbare“ und die „Wiederverwertung“ von „Werten“, die nicht der Philosophie entstammen oder im Banktresor liegen, mit seinem Zungenschlag auszudrücken, dazu auch noch prägnant, allgemeinverständlich.

Wird, was nicht zum „Boostern“ gebraucht wird, einfach weggeworfen, vernichtet oder gar „„recycelt“?

 


 

 „Lass dich boostern!“ - Ein neues Verb ist im Vormarsch, ein neues deutsches Wort, ein Unwort?

 

Die deutsche Sprache verkommt immer mehr – und die „Corona-Pandemie“ hat diesen sprachlichen Niedergang über die noch überüberschaubare Neuaufnahme fremder Termini auf undifferenzierte Weise in das aktuelle, gegenwärtig gesprochene und geschriebene Deutsch noch um ein Vielfaches beschleunigt!

Wohin geht diese Sprachreise?

Wie aufnahmefähig ist das Deutsch noch, bevor es ganz untergeht, weil es von weiten Teilen der einheimischen Bevölkerung nicht mehr verstanden wird?

„Lass dich boostern!“

Den Ausdruck hört man in diesen Herbsttagen, in welchen die Infektionen mit dem Corona-Virus explodieren, statt endlich abzunehmen, nachdem angeblich achtzig Prozent der bundesdeutschen Einwohnerschaft geimpft sind, häufig.

 Ein neues Verb ist im Vormarsch, eine Entlehnung aus dem Englischen, das ohne größere Bedenken auch hier von Bürgern eingesetzt wird, die nicht weiter über Sprache nachdenken, die sprachlich unreflektiert kommunizieren, denen das Deutsche egal ist, speziell das gute, das gepflegte Deutsch, denen man nicht nur die Liebe und den Respekt zur Muttersprache, sondern gleich die deutsche Identität überhaupt und mit Stumpf und Stiel ausgetrieben hat.

Leisten wir uns doch eine deutsche Nobelpreisträgerin für Literatur, die die Sprache, in der sie zu schreiben versucht, nicht beherrscht!?

Und eine deutsche Akademie für Sprache und Dichtung, die, wenn sie nicht schläft, Literaten ehrt, die kein würdiges Deutsch einsetzen, wenn sie schreiben und reden!?


Wie Experten versichern, soll das „Boostern“ nicht das Überleben besonders gefährdeter Menschen sichern, älterer Personen über 70 und von so genannten „Risikopatienten“ mit Vorerkrankungen, zu denen ich – nach meiner OP und einer weiteren in Corona-Zeiten – auch zähle, mit dem Argument, die „Booster-Impfung“ würde das schon geschwächte Immunsystem der gesundheitlich Angeschlagenen stärken und die Antikörperbildung im Blut verzehnfachen.

Vielleicht wird bei Einzelnen, die noch unreflektiert handeln, auch die Gehirnfunktion aktiviert, so dass sie in die Lage versetzt werden, wie Gesunde zu denken und – über die Dinge und Phänomene dieser Welt nachsinnend - vom gesunden Menschenverstand guten Gebrauch zu machen.

 

 

  Die „Booster-Impfung“ 

Oder 

Über „sprachliche Korrektheit“ und über die sprachliche Umerziehung der Deutschen durch die Hintertür

Was ist eine „Booster-Impfung“? Noch-Minister Jens Spahn, der diesen Nonsens-Ausdruck jüngster Stunde in einer Phrase zur aktuellen Impfpraxis gleich zweimal gebraucht, wohl in der Hoffnung, dass jedermann den deutschen Politiker versteht, auch wenn dieser sprachlich wirr um sich schlägt, schwer nachvollziehbar für viele Bürger, was er meint und will, weiß es wohl – andere verstehen ihn schlechthin nicht. Und dabei hätte er durchaus in allgemein verständlichem Deutsch auch „Auffrischungsimpfung“ sagen können, so, wie das in der ARD-Tageschau möglich ist, während mein innig geliebtes ZDF – wie schon so oft – den nichtdeutschen Ausdruck gebraucht! Nur so – oder mit Absicht? Soll der Fernsehzuschauer verwirrt werden, statt informiert?

Irgendwo hat man das Gefühl, der Deutsche soll sprachlich umerzogen werden, quasi durch die Hintertür, indem man ihm – während die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung schläft und somit untätig bleibt – immer mehr Wörter aus Fremdsprachen, genauer aus dem Englischen, aufzwingt, ganz egal, ob ihm das gefällt oder nicht, ob er den Sinn des Ausdrucks begreift oder auch nicht. Denken und Handeln vollzieht sich über eine funktionierende Kommunikation. Langsam habe ich den Eindruck, dass die Kommunikation zwischen Politik und Gesellschaft nicht mehr funktioniert, dass deutsche Politiker über Fremdwörter und fremd am Volk vorbeireden, die anders als die Journalisten in diversen Medien, die eigentlich die politische Botschaft – und vielleicht auch noch etwas Kritik – mittransportieren sollen.

Der Franzose, auch ein Europäer, hält seine Sprache rein – der - schon vielfach umerzogene - Deutsche, der wohl in vorauseilendem Gehorsam nicht nur „politisch“, sondern auch „sprachlich korrekt“ sein will, jedoch nicht.

In einem Land, in welchem alles Deutsche inzwischen suspekt ist, keinen Wert an sich mehr darstellt; in einem Land, in welchem das Antideutsche öffentlich geehrt wird, in diesem Deutschland fällt auch „mein geliebtes Deutsch“ unter den Tisch!

 

 

Vgl. auch:

 



    Weshalb spricht man überhaupt noch deutsch in Deutschland? 

Gibt es ein „korrektes Deutsch“ oder nur noch ein „politisch korrektes“? 

Die „Selfies“ und die Sprachverhunzung als Selbstläufer dank unsensibler Akteure in den Medien

Was ist ein Selfie[1]?

Was sind Selfies?

Wie fies sind Selfies? Und wie fies ist es, wenn ein kultivierter Mensch eine Sprache nicht sprachgemäß gebraucht, wenn ein mündiger Bürger seine Muttersprache nicht mehr korrekt gebraucht, auch, weil er – bei aller „politischen Korrektheit – nicht mehr recht weiß, wie er reden soll, soll, „deutsch“, nicht mehr recht deutsch wie Luther und Goethe oder nur noch „neudeutsch“, als in einer Kunstsprache, in der es vom fremdbegriffen wimmelt, von Anlehnungen primär aus dem Englischen, die von weiten Kreisen der Bevölkerung nicht mehr verstanden werden.

In letzter Sekunde vor der Wahl, als Armin laschet nicht mehr recht wusste, wo er noch punkten konnte, fiel es ihm ein, sich aus das „freie Wort“ zu berufen, den politischen Gegnern dabei unterstellend, sie würden, die Deutschen über die Sprache geistig gängelnd, den Bürgern vorschreiben, wie sie – politisch korrekt - zu denken und zu reden haben. Ganz abgesehen davon, dass die so genannten Christ-Parteien nichts anders tun, wenn sie sich um politische Korrektheit bemühen und diese in der Gesellschaft einfordern, also höchst heuchlerisch agieren, stellt sich die Frage, die bereits von Hugo von Hofmannsthal in seinem Essay zum „Wert und Ehre deutscher Sprache“ aufgeworfene hatte: Kann man Deutsch überhaupt korrekt sprechen? Oder gibt es heute nur noch ein „politisch korrektes Deutsch, dass, unterstützt von der Politik, über willige Medien und geistig duckmäuserische, servile Journalisten medial durchgeboxt wird?

Nicht nur Sprachphilosophen und Schriftsteller, die noch in der Sprache Kants schreiben, sollten darüber nachdenken, sondern jeder Deutsche, der sich noch zu seiner Nation und somit zu seiner Muttersprach bekennt!

Dem Italiener, dem Franzosen, ja, selbst dem Lingua-Franca-Engländer gefällt es nicht, wenn ein Fremder, einer, der kein „native speaker“ ist, seine geliebte Sprache entstellt gebraucht, grammatikalisch falsch, verzerrt, verhunzt. Der Franzose hält seine Sprache rein, nicht anders, als der Deutsche seine Stube reinhält. Sprachlich aber hat der Deutsche längst kapituliert: er schämt sich, deutsch zur reden; ergo „recycelt[2] er und pendelt zum „Recyclinghof“[3], wo er seinen Abfall wegwirft, aber den Ungeist einer pervertierten Sprache im Kopf zurückbehält, frei für neue Anwendungen diverser Art, zur Abspeicherung von Neologismen, die dem neuzeitlichen Deutschen, der modern erscheinen will und gebildet, wohl leichter fallen als die Suche nach einem treffenden Ausdruck in seinem – inzwischen überhaupt nicht mehr geliebten - Deutsch!?

Motor dieses – offiziell gutgeheißenen und im Rahmen der Destruktion alles Deutschen und Nationalen betriebenen – Dekadenzprozesses ist der - weltanschaulich geläuterte - Journalist und Fernseh-Journalist, der es fertig bringt, den aus der englisch verfärbten Jugendsprache importierten Neologismus „Selfie“ in einer „heute“-Sendung[4] des ZDF rund um die Wahlnachwehen mehrfach zu gebrauchen, unkritisch, servil, ja, verblödet, weil es nicht mehr auffällt, wenn man in den deutschen Nachrichten nicht mehr deutsch redet, sondern „neudeutsch“, dabei Begriffe gebrauchend, die von weiten Teilen der fremdsprachlich nicht geschulten Bevölkerung kaum nachvollzogen werden können.

Wie weit wird diese Entwicklung der offensichtlichen Mutterspracheverleugnung noch gehen?

Fällt der Deutsche zurück in die Jugendsprache der Schulkinder, in die Baby-Sprache, in ein neues, infantiles „Dada“ mehr als hundert Jahre nach dem Dadaismus, in ein „Herta-Müller-Deutsch“, in dem man bald die Quintessenz deutscher Sprachmagie erkennen wird?

Da Deutschland sich mehr und mehr als „Einwanderungsland“ begreift, ja, schon definiert, und mehr und mehr Bürger aus der - inzwischen 25 000 000 starken - Gruppe mit Migrationshintergrund die „deutsche Gesellschaft“ verändern werden, indem sie sich gezielt in das Politikgeschehen einbringen, sollte der Deutsche, bald eine aussterbende Spezies im eigenen Vaterland, sich auf die Zukunft im Untergang einstellen; und der sollte sich nicht mehr länger mit englischen Wortfetzen abgeben, sondern türkisch lernen und arabisch. Denn dorthin geht die Reise, sprachlich wie existenziell.

 

 



[1] Ich habe im Duden nachgesehen, in der neuen Ausgabe aus dem Jahr 2006, und den Begriff „Selfie“ nicht gefunden. Doch mit der voranschreitenden Zeit verändert sich – während die Akademie für Sprache und Dichtung wacht – auch das Deutsch der Deutschen.

[2] Mehrfach schrieb ich darüber und habe das „Tätigkeitswort“, das „Verb“ – mit etwas Mühe und Verrenkung – durchaus „konjugiert“. Was kaum noch auffällt: Verben aus Fremdsprachen, besonders in dem englisch-lastigen IT-bereich, Ausdrücke wie „streamen“, werden dem Deutsche irgendwie angepasst und so eingesetzt, als gebrauche man ein deutsches Wort, wobei, etwa bei Plural-Bildungen, die englischen Regeln befolgt werden, was gerade die Menschen überfordert, die kein Englisch sprechen.

 

[3] Auch dazu liegt ein Beitrag aus jüngster Zeit vor; da ich fast täglich an diesem „Unort“ vorbeigehe, bin ich auch immer wieder gezwungen, über dieses einfach so übernommene „Sprachmonster“ nachzudenken … und darüber hinaus über andere Dekadenz-Phänomene, die die deutsche Gesellschaft prägen und dieses Volk nahezu unbemerkt verändern.

 

[4] Ausgestrahlt am 29. September u 19 Uhr und mehrfach gebraucht von dem sympathischen Moderator Christian Sievers, der am tag danach seinen Hut nahm, vielleicht, um sich neuen Herausforderungen zu widmen!?

 


 

 

 "Recyclinghof!" - ein schönes, deutsches Wort! Oder Unwort?

 

 


 Die Sprachwächter und Hüter der Reinheit von der deutschen Akademie für Sprache und Dichtung mögen auch darüber nachdenken!

 "Wert und Ehre deutscher Sprache" !?

Mehrfach schrieb ich darüber!

 

Die Wohlstandsbürger haben viel, was weggeworfen werden kann, aber ein deutsches Wort für "Wiederverwertbares" hat man in diesem Deutschland nicht.

Wie der "Recyclinghof" wohl in Frankreich heißt, wo eine andere Akademie wacht 

und die Sprache der Franzosen reinhält?

 


Der Deutsche gewöhnt sich an alles, schluckt alles. 

Ist das typisch deutsch?



 

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen