Sonntag, 7. November 2021

Kurze Freude – mein Buch über Heines Atta Troll kam zur Unzeit … und wurde auch noch ein Opfer der Pandemie

 

  Kurze Freude – mein Buch über Heines Atta Troll kam zur Unzeit … und wurde auch noch ein Opfer der Pandemie

Die Freude, das gedruckte Werk in den Händen zu halten, währte nur wenige Tage. Das Erfolgserlebnis nach langer Arbeit in stiller Abgeschiedenheit, das Auftrieb geben sollte, Kraft für die weiteren Projekte, die demnächst der Vollendung entgegensahen, wurde überschattet durch eine Diagnose, die plötzlich alles sinnlos erscheinen ließ: Krebs! 

Auf mich kamen zwei schwere Jahre zu, eine hochgiftige Chemotherapie, eine schädliche Bestrahlung, dann eine schwere Operation in Heidelberg und schließlich eine weitere in Eberbach, am Neckar. Ein weiteres Jahr ging ins Land, ohne dass ich, immer noch nicht ganz genesen, recht hätte arbeiten können.

Das Buch über Heines tierische wie satirische Dichtung fand seinen Weg in einige Bibliotheken, wurde aber – wie so vieles – durch die Corona-Pandemie ausgebremst, die das Bibliographieren in der Fachwelt ebenso zum Erliegen brachte wie das Anschaffen wissenschaftlicher Publikationen und die Forschung zur Thematik ebenso.

Was kümmert es die Welt, wenn ein Autor dabei zu Grunde geht, seelisch, geistig, physisch, ohne seine sinnsetzenden Tätigkeiten fortsetzen und ohne die Früchte seines Schaffens auch nur im Ansatz genießen zu können?

 Die Zeit arbeitet gegen den Autor, gerade wenn dieser ein Einzelkämpfer und Selbstverleger wider Willen ist. 

Der Staat fördert diejenigen unter den Schreibenden und aus der Wissenschaft, die ihm dienen. Alle anderen bleiben auf der Strecke.

 

https://carl-gibson-essays.blogspot.com/2013/10/herta-muller-und-heinrich-heine-ein.html

 

 




 


 

Carl Gibson, 

Natur- und Lebensphilosoph, ethisch ausgerichteter Zeitkritiker,

Naturfotograf, im August 2021





Mehr zu Carl Gibson, Autor,  (Vita, Bibliographie) hier:

https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Gibson_(Autor)

https://de.zxc.wiki/wiki/Carl_Gibson_(Autor)

(Das Wikipedia-Porträt Carl Gibsons in englischer Sprache)


https://www.worldcat.org/identities/lccn-nr90-12249/

 Bücher von Carl Gibson, zum Teil noch lieferbar.



Copyright: Carl Gibson 2021.




 

 

Vgl. auch:

 

 

 „Menschenrechte“ und Menschenhass oder Wenn aus dem tierischen Melancholiker ein rechter Misanthrop wird - zu Caput V.  Auszug und Leseprobe aus: Carl Gibson, „Atta Troll“ -  Heinrich Heines poetische Zeitkritik   Gesamtinterpretation.    Geistige Strukturen in Heines vorrevolutionärem Kulturkampf gegen „Tendenzdichtung“, Pseudo-Humanismus, -Nationalismus, Religion und Biedermeier-Heuchelei, das neueste Werk von Carl Gibson, überall im Buchhandel!

 

    „Menschenrechte“ und Menschenhass oder Wenn aus dem tierischen Melancholiker ein rechter Misanthrop wird - zu Caput V

Bereits in diesem Kernstück der Dichtung wird zum zentralen Generalangriff auf das Menschengeschlecht geblasen - in direkter Ansprache. Es ist die Abrechnung eines malträtierten Bären, der, krank am Herzen, nun Bilanz zieht:

„In der Höhle, bei den Seinen, / Liegt gemütskrank auf dem Rücken / Atta Troll, nachdenklich saugt er / An den Tatzen, saugt und brummt:

»Mumma, Mumma, schwarze Perle,

Die ich in dem Meer des Lebens

Aufgefischt, im Meer des Lebens

Hab ich wieder dich verloren!

Werd ich nie dich wiedersehen,“

 

Alte Sehnsüchte werden wach, Allzutierisches, Sensualistisches, lecken, schnüffeln, Honig und Rosendüfte, an schöne Zeiten aus der Vergangenheit erinnernd, während die Realität eine triste ist. Der Bär musste die Gefährtin zurücklassen. Das wird dem melancholisch Gestimmten jetzt schmerzvoll bewusst:

 

„Aber ach! die Mumma schmachtet

In den Fesseln jener Brut,

Die den Namen Menschen führet,

Und sich Herrn der Schöpfung dünkelt.“

 

Die gesamte Menschheit - eine „Brut“!?

Der - in der Bibel, im Alten Testament formulierte Anspruch, Krone der Schöpfung zu sein, wird - über den pejorativen Ausdruck „Brut“ - zurückgewiesen und als arrogant angeprangert, garniert mit einem Fluch[1]:

 

„Tod und Hölle! Diese Menschen,

Diese Erzaristokraten[2],

Schaun auf das gesamte Tierreich

Frech und adelstolz herunter,

 

Rauben Weiber uns und Kinder,

Fesseln uns, mißhandeln, töten

Uns sogar, um zu verschachern

Unsre Haut und unsern Leichnam!“

 

Die Legitimität dieses Tuns wird bestritten, strikt zurückgewiesen:

 

„Und sie glauben sich berechtigt,

Solche Untat auszuüben

Ganz besonders gegen Bären,

Und sie nennen's Menschenrechte!“

 

Verkehrte Welt[3]

 

Nicht nur im Gedicht, auch in der Realität stellen die Menschen alles auf den Kopf, das Naturrecht ebenso wie den pervertierten Begriff „Menschenrechte“, der eingesetzt wird, um das Recht des Stärkeren durchzusetzen, das oft Unrecht ist.

Das Merkwürdige daran - und das ist ein schlauer Schachzug Heines - besteht darin, dass der Dichter hier mit der Ambivalenz des Begriffes spielt: Der Mensch, der noch nicht in der Lage war, „Menschenrechte“ für alle Menschen durchzusetzen, nutzt das - von Menschen gemachte - Recht, um Macht auszuüben, um über andere Menschen zu herrschen, aber auch über den Rest der Schöpfung, über Tiere, Pflanzen, ja - unter Missbrauch aller Ressourcen - über die Schöpfung selbst. Rücksichtlos stellt sich der Mensch außerhalb der Schöpfung und übt - zynisch, in Berufung auf Pseudo-Rechte und Gesetze - seine Macht aus.

 

„Menschenrechte! Menschenrechte!

Wer hat euch damit belehnt?

Nimmer tat es die Natur,

Diese ist nicht unnatürlich.

 

Menschenrechte! Wer gab euch

Diese Privilegien?

Wahrlich nimmer die Vernunft,

Die ist nicht so unvernünftig!“

 

Statt Naturrecht umzusetzen - und das Menschenrecht[4] ist ein Naturrecht, ein elementares, angeborenes Recht - entfernt der Mensch sich im egoistischen Drang mehr und mehr von der Natur, macht sie sich - auch noch in Berufung auf den Gottesauftrag aus der Bibel - untertan und beherrscht sie mit Macht.

Nicht nur „unnatürlich“ ist dieses Handeln aus der unmoralischen Machtentfaltung heraus, sondern auch „unvernünftig“, weil es in die Zerstörung mündet und später einmal sogar in die Selbstzerstörung führen wird.

Heines Bär, der die Naturrechtsdebatte[5] - beginnend mit Locke und Hume bis hin zu Kant genau verfolgte - hat es treffend auf den Punkt gebracht, im Geist der Franzosen seit Descartes klar und deutlich. Der Mensch versündigt sich an der Natur und handelt ohne Verstand gegen die Gebote der Vernunft aber auch der Moral.

Einmal in Fahrt gekommen, fährt der aufgeklärte Bär, der nicht nur tanzen kann, fort, dem teilweise der Hybris verfallenen, teils dekadent gewordenen Menschen den Marsch zu blasen, ohne zu vergessen, ihm einen echten Spiegel vorzuhalten, einen, der kein konstruiertes Zerrbild zeigt, sondern eine wahre Fratze.

 

„Menschen, seid ihr etwa besser

Als wir andre, weil gesotten

Und gebraten eure Speisen?

Wir verzehren roh die unsern,

 

Doch das Resultat am Ende

Ist dasselbe – Nein, es adelt

Nicht die Atzung; der ist edel,

Welcher edel fühlt und handelt.“

 

„Edel sei der Mensch, hilfreich und gut“, verkündete Goethe in der Hoffnung, man werde das Dichter- und Denkerwort eines Tages, wenn der Mensch zur Vernunft gekommen sei, beherzigen. Es war ein Ruf in der Wüste, in den Wind gesprochen: Goethe, Voltaire, Rousseau, Kant und andere aufgeklärte Mahner wurden überhört, weil der Mensch immer noch dort steht, wo er herstammt, nahe an der Bestie, fern vom geläuterten Humanismus, der Mitgefühl und Mitleiden auch mit den Tieren kennt. Edel fühlen und handeln - eine Fiktion, eine regulative Idee, die - vielleicht, wenn Nietzsche recht hat - dem Übermenschen vorbehalten bleibt, jenem höheren Neuentwurf, der sich zum Menschen verhält wie der Mensch zum Affen.



[1] Zum Aspekt des „Fluches“ und des „Verfluchens“ siehe den Exkurs zu Lenau und Heine weiter unten.

[2] Nach Ludwig Börne verhielt sich Heine - nicht anders als ein Platen in Italien - selbst wie ein Aristokrat, unsolidarisch mit dem Vierten Stand, mit der Arbeiterklasse, eine Haltung, die erst 1844, lange nach Börnes Tod, in dem Webergedicht revidiert wurde.

 

[3] Vgl. dazu Heines gleichnamiges Gedicht „Verkehrte Welt“

Das ist ja die verkehrte Welt,

Wir gehen auf den Köpfen!

Die Jäger werden dutzendweis'

Erschossen von den Schnepfen.

 

Die Kälber braten jetzt den Koch,

Auf Menschen reiten die Gäule;

Für Lehrfreiheit und Rechte des Lichts

Kämpft die katholische Eule.

 

Der Häring wird ein Sansculott',

Die Wahrheit sagt uns Bettine,

Und ein gestiefelter Kater bringt

Den Sophokles auf die Bühne.

 

Ein Affe läßt ein Pantheon

Erbauen für deutsche Helden.

Der Maßmann hat sich jüngst gekämmt,

Wie deutsche Blätter melden.

 

Germanische Bären glauben nicht mehr

Und werden Atheisten;

Jedoch die französischen Papagei'n,

Die werden gute Christen.

Im uckermärk'schen Moniteur,

Da hat man's am tollsten getrieben:

Ein Toter hat dem Lebenden dort

Die schnödeste Grabschrift geschrieben.

Laßt uns nicht schwimmen gegen den Strom,

Ihr Brüder! Es hilft uns wenig!

Laßt uns besteigen den Templower Berg

Und rufen: »Es lebe der König!«

 

Heinrich Heine: Werke und Briefe in zehn Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21972, S. 337-338.

[4] Das echte Menschenrecht, diese große Errungenschaft der Aufklärung und der Französischen Revolution, wird zu keinem Zeitpunkt von Heine in Frage gestellt. Selbst in der Darstellung aus der Tierperspektive heraus kommt es darauf an, den Begriff - nicht - zur Floskel verkommen zu lassen. Wer human geworden ist und die Menschenrechte in voller Tragweite erfasste, der respektiert auch die ebenso natürlichen, elementaren Tierrechte und verhält sich - wie von Schopenhauer eingefordert - entsprechend.

[5] Was nicht ignoriert werden darf: Heine, der beiden Rechte Doktor, wurde während des Studiums in Bonn, Göttingen und Berlin mit Fragen des Naturrechts und des Staatsrechts konfrontiert, auch kennt er die moralischen Implikationen. Später hat der Dichter ausdrücklich diese Passagen überarbeitet und konkretisiert, um dem Vorwurf der Kritiker aus der deutschnationalen Ecke und linken zu begegnen, er hätte die Errungenschaften der Französischen Revolution verhöhnt und lächerlich gemacht.

 

 

 Auszug und Leseprobe aus:

Carl Gibson, „Atta Troll“ -  Heinrich Heines poetische Zeitkritik   Gesamtinterpretation.    Geistige Strukturen in Heines vorrevolutionärem Kulturkampf gegen „Tendenzdichtung“, Pseudo-Humanismus, -Nationalismus, Religion und Biedermeier-Heuchelei, das neueste Werk von Carl Gibson, überall im Buchhandel!








 

  „Atta Troll“ -  Heinrich Heines poetische Zeitkritik

 

Gesamtinterpretation. 

 

Geistige Strukturen in Heines vorrevolutionärem Kulturkampf gegen „Tendenzdichtung“, Pseudo-Humanismus, -Nationalismus, Religion und Biedermeier-Heuchelei, das neueste Werk von Carl Gibson, überall im Buchhandel!



Neuerscheinung 2019:
















Carl Gibson

„Atta Troll“ -
Heinrich Heines poetische Zeitkritik
Gesamtinterpretation

 

 

Geistige Strukturen in Heines vorrevolutionärem Kulturkampf gegen „Tendenzdichtung“, Pseudo-Humanismus, -Nationalismus, Religion und Biedermeier-Heuchelei

 

 

Versuch einer ideengeschichtlichen Annäherung

 

 


ISBN 978-3-947337-10-1

1.  Auflage, 2019
Copyright © Carl Gibson, Tauberbischofsheim. Alle Rechte vorbehalten.



Aus der Reihe:  

Schriften zur Literatur, Philosophie, Geistesgeschichte und Kritisches zum Zeitgeschehen, Band 1, 2019
 

Hardcover, 413 Seiten, Preis: 39,90 Euro.

Bestellungen auch direkt beim Autor Carl Gibson

E-Mail: carlgibsongermany@gmail.com 





Copyright © Carl Gibson

 

 

 

 

 

Die noch nicht perfekte Schöpfung- in den Niederungen des Seins: Radikale Zeitkritik … gegen die Infamie!

Der Rundumschlag gegen das menschliche Geschlecht nimmt seinen Lauf. Vom „Furor poeticus“ entflammt und getrieben, fährt Atta Troll fort, der missratenen Gattung den Pelz zu waschen, den der Mensch überhaupt nicht hat.

 

„Menschen, warum seid ihr besser

Als wir andre? Aufrecht tragt ihr

Zwar das Haupt, jedoch im Haupte

Kriechen niedrig die Gedanken.

 

Menschen, seid ihr etwa besser

Als wir andre, weil eu'r Fell

Glatt und gleißend? Diesen Vorzug

Müßt ihr mit den Schlangen teilen.

 

Menschenvolk, zweibein'ge Schlangen,

Ich begreife wohl, warum ihr

Hosen tragt! Mit fremder Wolle

Deckt ihr eure Schlangennacktheit.“

 

Aufrechter Gang - niedere Gedanken und Kriechertum: das ist der Mensch, die Krone der Schöpfung! Doch jener Schöpfung, die eine „Creatio continua“, aber auch eine noch nicht perfekte Schöpfung ist.

Heine - in gewissen Passagen alias Atta Troll -geht noch weiter in der Abkanzelung der Zweibeiner, die aufrecht gehen, doch nieder handeln. Das Fell des Menschen ist „glatt und gleißend“; wie die aalglatte Gesinnung, ist er nicht zu greifen, nicht zu fassen: er entgleitet und er entzieht sich schleichend der Verantwortung. Die Konstellation Mensch - Schlange wird deutlich und dahinter die Erweiterung: Mensch - Schlange - Teufel!

Der Mensch, der kleine Gott Hegels, ist eine Schlange und somit durch und durch teuflisch, hinterhältig, böse, eben das Gegenteil einer „Krone der Schöpfung“!

Wen wundert es da noch, wenn - der von Heine überhaupt nicht geschätzte - Jehova ständig strafend auf seiner unvollkommen erschaffenen Kreatur herumhackt? Der Mensch ist nicht nur etwas, was überwunden werden muss, wie Nietzsches Zarathustra es predigen würde; sondern der Mensch ist das Böse schlechthin, vor dem sich jedes aufrechte Wesen, jeder anständige Bär hüten soll. Was Hosen trägt, um die Glattheit und Gesinnung zu verdecken, ist gefährlich - für alle Tiere. Der Antagonismus Tier - Mensch spitzt sich zu. Nach dem anklagenden Plädoyer folgt die „Moral“, die im zukünftigen Leben zu der zu beherzigenden Lehre erhoben wird:

„Kinder! hütet euch vor jenen

Unbehaarten Mißgeschöpfen!

Meine Töchter! Traut nur keinem

Untier, welches Hosen trägt!«

 

Dann hält der Dichter, der sich später noch - zur Verblüffung des Lesers - als deutscher Bärenjäger zu erkennen geben wird, vorerst inne und sagt etwas vorgreifend, weshalb:

 

„Weiter will ich nicht berichten,

Wie der Bär in seinem frechen

Gleichheitsschwindel räsonierte

Auf das menschliche Geschlecht.

 

Denn am Ende bin ich selber

Auch ein Mensch, und wiederholen

Will ich nimmer die Sottisen,

Die am Ende sehr beleid'gend.

 

Ja, ich bin ein Mensch, bin besser

Als die andern Säugetiere;

Die Intressen der Geburt

Werd ich nimmermehr verleugnen.

 

Und im Kampf mit andern Bestien

Werd ich immer treulich kämpfen

Für die Menschheit, für die heil'gen

Angebornen Menschenrechte.“

 

Das antike „Homo sum“ ist dem Dichter genauso bewusst wie der „Gleichheitsschwindel“, der sich hier nicht auf das Verhältnis Mensch - Tier bezieht, sondern, realistisch ausgerichtet, die Menschen in der von Ausbeutung und Elend bestimmten bürgerlichen Gesellschaft betrifft.

Heine - ein Kämpfer für Menschenrechte, für die Ideale der großen Französischen Revolution und der noch folgenden Revolution in Frankreich, Ungarn, Polen, in allen Ecken und Enden Europas?

In der Tat: Als Heine sich entschloss, im Jahr 1831 nach Frankreich zu gehen, im freiheitlichsten Land Europas zu leben, das Land der Freiheit zu besingen, um dann auch von Frankreich aus von Freiheiten und Menschenrechte auch im zersplitterten Deutschland mit der Feder in der Hand zu kämpfen, war der Lebensplan bereits abgesteckt. Wie in der „Vorrede“ zu „Atta Troll“ betont, hatte er nicht mehr die Absicht, den Plan zu ändern, wobei das Überleben in der ab 1848 anbrechenden „Matratzengruft“ vollendete Tatsachen schaffen wird. Der Kampf für bürgerliche Freiheiten und Menschenrechte, den deutsche Patrioten, der angestammten Heimat verwiesen, exiliert im eigenen Vaterland auf ähnliche Art betrieben, schreibend, veröffentlichend, aufklärend, konnte also weitergehen, auch in einer Posse mit ernsten Elementen.

Um Missverständnisse aus der Welt zu schaffen und, um den Kritikern zu begegnen, die ihm eine Verhöhnung des menschlichen Seins und der Menschenrechte vorwarfen, bekennt sich Heine zur Conditio humana und zu diesem Kampf für bürgerliche Freiheiten und Rechte an exponierter Stelle, in der klarstellenden Endstrophe:

„Und im Kampf mit andern Bestien

Werd ich immer treulich kämpfen

Für die Menschheit, für die heil'gen

Angebornen Menschenrechte.“

 

Was der Bär Atta Troll vor der Klarstellung verbittert-zeitkritisch zu Protokoll gibt, muss von dieser Warte aus in einer Rückschau noch einmal gelesen und verinnerlicht werden.

Heine thematisiert das Sujet „Menschenrechte“ nicht nur, um die Perspektive der Tiere heraus zu kristallisieren, mit Voltaire die menschliche Heuchelei exponierend, sondern er verfolgte die Materie „Menschenrechte“ an sich, um in seiner Zeit, wenige Jahre vor dem Ausbruch der Revolution von 1848, den Menschen jener Tage die brisante Thematik aufzutischen, damit zu konfrontieren, um so[1] überhaupt über „Menschenrechte“ zu debattieren.

Die Deutschen in den 36 Einzelstaaten und im Habsburgerreich unter Metternich sollten erreicht werden. Tier-Emanzipation und Tierrechte hatten noch keine Priorität in einer Zeit, in welcher Minderheiten - nahezu Tieren gleichgestellt - ausgegrenzt wurden, Zigeuner und Juden, und „Menschenrechte für alle“ im demokratischen Staat noch eine Illusion waren.

Dessen ungeachtet ist die Zeitkritik aus dem Blickwinkel eines Bären wichtig, weil sie Gesellschaftskritik ist, speziell Kritik an der - dem Besitz und Eigentum verpflichteten - bürgerlichen Gesellschaft ist. Es geht an die Substanz: die Grundlagen dieser materialistischen Gesellschaftsordnung werden in Frage gestellt.



[1] Missverständnisse waren absehbar. Man kann darüber diskutieren, ob und wie gut es Heine gelingt, seine Zeitkritik, formuliert aus der Perspektive der geschundenen Kreatur, hier eine Art Quadratur des Kreises, zu entwickeln und poetisch umzusetzen. Nicht legitim ist jedoch die Bestrebung einzelner Kritiker - von frühester Stunde bis hinein in die heuchlerische Literaturwissenschaft der DDR ausgeübt - die dargestellte Ideenwelt zur Parodie zu reduzieren und somit zu entschärfen, nur weil sie über eine „Allegorie“ vorgetragen wird, die eigentlich mehr als nur eine „Allegorie“ ist.

 

Auszug und Leseprobe aus:

Carl Gibson, „Atta Troll“ -  Heinrich Heines poetische Zeitkritik   Gesamtinterpretation.    Geistige Strukturen in Heines vorrevolutionärem Kulturkampf gegen „Tendenzdichtung“, Pseudo-Humanismus, -Nationalismus, Religion und Biedermeier-Heuchelei, das neueste Werk von Carl Gibson, überall im Buchhandel!








 

  „Atta Troll“ -  Heinrich Heines poetische Zeitkritik

 

Gesamtinterpretation. 

 

Geistige Strukturen in Heines vorrevolutionärem Kulturkampf gegen „Tendenzdichtung“, Pseudo-Humanismus, -Nationalismus, Religion und Biedermeier-Heuchelei, das neueste Werk von Carl Gibson, überall im Buchhandel!



Neuerscheinung 2019:

















Carl Gibson

„Atta Troll“ -
Heinrich Heines poetische Zeitkritik
Gesamtinterpretation

 

 

Geistige Strukturen in Heines vorrevolutionärem Kulturkampf gegen „Tendenzdichtung“, Pseudo-Humanismus, -Nationalismus, Religion und Biedermeier-Heuchelei

 

 

Versuch einer ideengeschichtlichen Annäherung

 

 


ISBN 978-3-947337-10-1

1.  Auflage, 2019
Copyright © Carl Gibson, Tauberbischofsheim. Alle Rechte vorbehalten.



Aus der Reihe:  

Schriften zur Literatur, Philosophie, Geistesgeschichte und Kritisches zum Zeitgeschehen, Band 1, 2019
 

Hardcover, 413 Seiten, Preis: 39,90 Euro.

Bestellungen auch direkt beim Autor Carl Gibson

E-Mail: carlgibsongermany@gmail.com 


Mehr zu Carl Gibson, Autor, Philosoph, (Vita, Bibliographie) hier: 

https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Gibson_(Autor)

 https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/person/gnd/111591457

https://www.worldcat.org/identities/lccn-nr90-12249/

 


 Copyright © : Carl Gibson 2020.


 

 

 

 

 „Ein gerechtes Animalreich“ - die große Vision! Von Heinrich Heines Satire zu George Orwells „Animal Farm“? Auszug und Leseprobe aus:  Carl Gibson, „Atta Troll“ -  Heinrich Heines poetische Zeitkritik   Gesamtinterpretation.    Geistige Strukturen in Heines vorrevolutionärem Kulturkampf gegen „Tendenzdichtung“, Pseudo-Humanismus, -Nationalismus, Religion und Biedermeier-Heuchelei, das neueste Werk von Carl Gibson, überall im Buchhandel!

 

 

Ein gerechtes Animalreich“ - die große Vision! Von Heinrich Heines Satire zu George Orwells „Animal Farm“?

Was seinerzeit für entrechte Menschen durchgesetzt wurde, soll, das erkennt Atta Troll, deutlich, für die gesamte Schöpfung gelten, für alle Kreatur, speziell für die Tiere - durch die Überwindung der Gegensätze, in der Vereinigung, in der Einheit und Geschlossenheit. Um das große Ziel zu erreichen, geht das einzelne Tier in der Gesamtheit aller Tiere auf.

 

„Einheit, Einheit ist das erste

Zeitbedürfnis. Einzeln wurden

Wir geknechtet, doch verbunden

Übertölpeln wir die Zwingherrn.

 

Einheit! Einheit! und wir siegen,

Und es stürzt das Regiment

Schnöden Monopols! Wir stiften

Ein gerechtes Animalreich.

Grundgesetz sei volle Gleichheit

Aller Gotteskreaturen,

Ohne Unterschied des Glaubens

Und des Fells und des Geruches.“

 

Aus diesem - von Heine genial formulierten - Umsturz-Entwurf hat George Orwell, wahrscheinlich ohne „Atta Troll“ gekannt[1] zu haben, sein weltbekanntes Werk „Die Farm der Tiere“ konstruiert, eine Geschichte, in welcher Haustiere aller Art, Schweine, Pferde, Hühner, Schafe, den Besitzer der Farm verjagen wie einst die unterdrückten Franzosen die königlichen Unterdrücker.

Das Machtmonopol des Menschen wird durchbrochen, die Tiere emanzipieren sich:

 

„Wir stiften / Ein gerechtes Animalreich!“

 

Eine schöne Vision! Bemerkenswert die Wortwahl Heines:

 

Animalreich“ -

 

Der Ausdruck ist frappierend; in Orwells „Animals Farm“ wurde dieser Idealzustand für wenige Tage durchgesetzt, bevor aus den eigenen Reihen ein Usurpator auftauchte, ein Schwein mit dem bezeichnenden Namen „Napoleon“, das, sich selbst zum Diktator erhebend, der Status quo ante, die Gesellschaft des Unrechts und der Ungleichheit, wieder herstellte.

Was Heine noch nicht ahnte, bei Orwell aber schon historisch bestätigte Gewissheit war: aus einer egalitären, sozialistischen, ja kommunistischen Gesellschaft kann über Nacht eine brutale Diktatur erwachsen, braun und nationalsozialistisch definiert und ausgerichtet oder eben rot und genauso verbrecherisch, jenseits von Ethos und Moral.

 

Wie der Zufall es will, habe ich - bei Berücksichtigung der Dichtung Orwells, doch ohne Heines „Atta Troll“ mental präsent zu haben, ein ähnliches Werk in die Welt gesetzt, „Faustinus, der glückliche Esel, und die Revolution der Tiere“, 2018, und in dem Buch die eigene Lebensgeschichte inszeniert, als Fabel, wobei in meiner Fassung kein Kampf zwischen Menschen und Tieren ausgetragen wird; im Mittelpunkt steht die Auseinandersetzung zwischen friedlich existierenden Eseln, die, an der eigenen Identität festhaltend, unfreiwillig in einer „Diktatur der Wölfe“ überleben müssen, in einer - vom Willen zur Macht durchdrungenen Welt der Bestien, die nur das Recht des Stärkeren als das Maß aller Dinge anerkennen[2]. Der an sich selbst scheiternde Mensch ist - nach vielfachem Versagen, längst aus der geschilderten Welt verschwunden.

 

Heine wäre nicht Heine, wenn er das - an sich sehr ernste - Sujet nicht doch noch ironisch brechen würde. Es muss sein und es geschieht:

 

„Strenge Gleichheit! Jeder Esel

Sei befugt zum höchsten Staatsamt,

Und der Löwe soll dagegen

Mit dem Sack zur Mühle traben.

 

Was den Hund betrifft, so ist er

Freilich ein serviler Köter,

Weil Jahrtausende hindurch

Ihn der Mensch wie 'n Hund behandelt;

 

Doch in unserm Freistaat geben

Wir ihm wieder seine alten

Unveräußerlichen Rechte,

Und er wird sich bald veredeln.“

 

Der Stigmatisierte, der Ausgebeutete, der immer schon verspottete Esel soll erhöht werden, der König der Tiere aber erniedrigt und zum Lastenträger degradiert, um die hehre Vision von Gleichheit und Brüderlichkeit durchzusetzen. Selbst der Hund, vom Menschen aus dem wilden Wolf zum Hund geformt, domestiziert, dann in allen möglichen Dekadenzformen gezüchtet, soll wieder zum aufrechten Geschöpf werden, nach angemessener Rückzüchtung[3], zurück zu den Ursprüngen, die - entgegen der perversen Einmischung des Menschen durch „Zucht, Züchtung und Züchtigung“ - die Natur definierte.

Ja, in der Tat:

 

„Grundgesetz sei volle Gleichheit

Aller Gotteskreaturen,

Ohne Unterschied des Glaubens

Und des Fells und des Geruches.“

 

Der Bär „Atta Troll“, der nicht nur belesener Philosoph ist, ein echter Lebensweiser, wird noch auf die hier exponierte

 

Gleichheit / Aller Gotteskreaturen“

 

zurückkommen, denn dieser Bär hat auch Religion!

 

Heine macht mit seiner Ironisierung auch vor dem eigenen Volk nicht Halt:

 

„Ja, sogar die Juden sollen

Volles Bürgerrecht genießen

Und gesetzlich gleichgestellt sein

Allen andern Säugetieren.

 

Nur das Tanzen auf den Märkten

Sei den Juden nicht gestattet;

Dies Amendement, ich mach es

Im Intresse meiner Kunst.

 

Denn der Sinn für Stil, für strenge

Plastik der Bewegung, fehlt

Jener Rasse, sie verdürben

Den Geschmack des Publikums.«“

 

Ohne in den Verdacht zu geraten, antisemitisch zu polemisieren, spricht der Bär, der eigene, künstlerisch wie religiös definierte Vorstellungen hat, wie ein echter Tanz sein muss, den Juden die Tanzbegabung ab, ganz so, wie der Dichter Heine dem Tonsetzer Meyerbeer[4] die Fähigkeit abspricht und das Talent, gute Opernmusik in die Welt zu setzen.

Schlechte Künstler, ohne natürliches „Talent“, wenn auch mit „Charakter“, ganz egal, ob sie nun dichten wie Freiligrath oder ohne Sinn für Stil, für strenge Plastik der Bewegung“ - tanzen: Sie verderben den guten Geschmack des Publikums!



[1] Kaum bekannt: Auch Eduard von Bauernfeld, ein Dichter aus dem Umfeld Lenaus, schrieb im Revolutionsjahr 1848 unter dem Eindruck der Umwälzungen ein ähnliches Werk, das „phantastische“ Schauspiel „Die Republik der Tiere“.

[2] Näheres, auch zur Konzeption bzw. zur „individuellen Heine-Rezeption“ im Anhang.

[3] In meinem Fabelwerk ist diese Fragestellung ebenso abgehandelt, als gewichtiges Thema.

[4] Vergleiche dazu den ausführlichen Beitrag zu Heines Meyerbeer-Kritik in dem Parallel-Werk.

 

 

Auszug und Leseprobe aus:

Carl Gibson, „Atta Troll“ -  Heinrich Heines poetische Zeitkritik   Gesamtinterpretation.    Geistige Strukturen in Heines vorrevolutionärem Kulturkampf gegen „Tendenzdichtung“, Pseudo-Humanismus, -Nationalismus, Religion und Biedermeier-Heuchelei, das neueste Werk von Carl Gibson, überall im Buchhandel!








 

  „Atta Troll“ -  Heinrich Heines poetische Zeitkritik

 

Gesamtinterpretation. 

 

Geistige Strukturen in Heines vorrevolutionärem Kulturkampf gegen „Tendenzdichtung“, Pseudo-Humanismus, -Nationalismus, Religion und Biedermeier-Heuchelei, das neueste Werk von Carl Gibson, überall im Buchhandel!



Neuerscheinung 2019:

















Carl Gibson

„Atta Troll“ -
Heinrich Heines poetische Zeitkritik
Gesamtinterpretation

 

 

Geistige Strukturen in Heines vorrevolutionärem Kulturkampf gegen „Tendenzdichtung“, Pseudo-Humanismus, -Nationalismus, Religion und Biedermeier-Heuchelei

 

 

Versuch einer ideengeschichtlichen Annäherung

 

 


ISBN 978-3-947337-10-1

1.  Auflage, 2019
Copyright © Carl Gibson, Tauberbischofsheim. Alle Rechte vorbehalten.



Aus der Reihe:  

Schriften zur Literatur, Philosophie, Geistesgeschichte und Kritisches zum Zeitgeschehen, Band 1, 2019
 

Hardcover, 413 Seiten, Preis: 39,90 Euro.

Bestellungen auch direkt beim Autor Carl Gibson

E-Mail: carlgibsongermany@gmail.com 


Mehr zu Carl Gibson, Autor, Philosoph, (Vita, Bibliographie) hier: 

https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Gibson_(Autor)

 https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/person/gnd/111591457

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 Copyright © : Carl Gibson 2020.





 

 

 

 

 

 

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